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4. Kapitel.
Wasser im Raum.

Eine Woche mochte nach meinem Besuch in Bristol vergangen sein, da erhielt ich einen Brief von dorther und zwar von Herrn James Fletcher. Er übertrug mir den Posten des Obersteuermanns an Bord der ›Hebe‹ und bewilligte mir eine Monatsheuer von vier Pfund und fünfzehn Schilling. Meinen Dienst sollte ich jedoch erst am Tage vor der Abreise der Brigg antreten.

Er hatte mich, so schrieb er, aus einer Anzahl Bewerber ausgewählt, einesteils, weil ich der Sohn eines Geistlichen war, andernteils, weil Kapitän Bradfords Zeugnis über meine Befähigung so günstig lautete. Er habe eine hohe Meinung von der Geistlichkeit im allgemeinen, besonders aber respektiere er die Diener der anglikanischen Kirche. Er hoffe annehmen zu können, daß mir, einem Predigersohn, Gottesfurcht, Nüchternheit und gute Sitten anerzogen seien. Es wäre seine Absicht, die Reise zur Kräftigung seiner Gesundheit mitzumachen und er hoffe, daß ich keine Mühe scheuen werde, im Verein mit Kapitän Cadman und ihm selber der Mannschaft mit gutem Beispiel voranzugehen und in den Leuten den Sinn für religiöse Dinge nach Kräften zu wecken.

Der Brief gab mir allerlei zu denken. Mochte des Mannes Frömmigkeit Heuchelei und Maske sein, das focht mich nichts an. Was mich aber in Erstaunen setzte, war, daß ich erst am Tage vor dem Auslaufen des Fahrzeuges an Bord kommen sollte. Ich kannte die Pflichten und Obliegenheiten eines Obersteuermannes sehr genau. So lange das Schiff im Dock lag, war er, und nicht der Kapitän, der eigentliche Befehlshaber. Die Arbeit kam ins Stocken, wenn er dieselbe nicht im Gang hielt. Er überwachte von der Großluk aus das Einnehmen und Verstauen der Ladung; dabei aber mußten seine Augen auch noch an fünfzig anderen Orten des Schiffes zugleich sein. Und hier wurde ich ersucht, mich erst am letzten Tage, nachdem alle Arbeiten gethan sein mußten, an Bord einzufinden. Das war seltsam und sicherlich neu. Immerhin aber wurde mir dadurch noch ein längeres Verweilen daheim gestattet, und das war mir schon recht.

Der Tag des Abschiedes kam endlich heran. Ich war diesmal sehr lange zu Hause geblieben und die Trennung fiel mir schwer. Derselbe Fuhrmann, der mich im August von der Bahnstation geholt hatte, lud auch jetzt meine Seekiste wieder auf seinen lumpigen Karren, und mit dem letzten Kuß der Mutter auf der Wange und des Vaters Händedruck noch warm in der Rechten kehrte ich dem alten, lieben Hause den Rücken, mir nicht träumen lassend, was für merkwürdige und außerordentliche Erlebnisse mir bevorstanden.

In Bristol angelangt, begab ich mich zuerst nach dem Anmusterungsbureau und dann mit meiner Kiste an Bord der ›Hebe‹.

Das Schiff war segelfertig, das sagte mir der erste Blick.

Ich fand niemand an Bord, als den Steward und den Zimmermann. Der letztere legte grüßend die Hand an seine Mütze und kam auf mich zu.

»Sind Sie der Steuermann, Herr?« fragte er.

»Ja,« antwortete ich.

»Ich bin der Zimmermann und thue auch Dienst als zweiter Steuermann,« berichtete er. »Der junge Mensch da ist George, der Steward.«

Dann rief er den letzteren herbei und trug mit dessen Hilfe meine Seekiste in meine Kammer. Ich folgte den beiden.

»Wie ich sehe, ist alles bereit zum Ausholen aus dem Dock,« sagte ich zu dem Zimmermann, der gern noch ein wenig plaudern zu wollen schien. Der Steward war in seine Pantry (Geschirrkammer) gegangen.

»Ja, Herr,« nickte er, »das haben die Schauerleute besorgt, alles miteinander. Nicht einer von der ganzen Besatzung hat einen Finger dabei gerührt. So was habe ich noch nicht erlebt. Wenn ich Schiffer wäre, dann dürfte kein anderer, als meine eigenen Leute, Hand anlegen, sowohl beim Segelunterschlagen, beim Aufsetzen der Pardunen und Wanten und bei der übrigen Riggerarbeit, als auch beim Stauen der Ladung. So gehört sich das. Denn wenn's zum Sinken kommt, so weiß man dann doch, was man an Bord hat und wie das Schiff sich verhalten wird.«

»Ist die Mannschaft schon angemustert?«

»Jawohl. Lauter tüchtige Leute; ich war mit ihnen auf dem Musterbureau.«

»Wie stark ist die Besatzung?«

»Acht Mann und ich und der Steward, den Schiffer und Sie nicht eingerechnet.«

Der Mann gefiel mir nicht übel und ich plauderte noch eine Weile mit ihm. Er mochte fünfundvierzig Jahre alt sein, hatte ein offenes, seemännisches Wesen und ein ehrliches Auge. Er erwähnte mehrere große Schiffe, auf denen er gefahren hatte, und ich konnte ihm anmerken, daß er sich an Bord dieser Brigg etwas heruntergekommen vorkam.

Kapitän Cadman und Herr Fletcher erschienen erst um zehn Uhr abends an Bord. Sie kamen aus der Wohnung des Reeders, wo ein Abschiedsschmaus stattgefunden hatte.

Fletcher stolperte, als er die Kajütstreppe herabkam, setzte sich aber möglichst in Positur, als er meiner ansichtig wurde. Es war zu sehen, daß er ein wenig angetrunken war. Er ergriff meine Hand, drückte und schüttelte sie und sagte, er hoffe, ich werde den Erwartungen entsprechen, die er auf mich, als den Sohn eines Geistlichen der Landeskirche, gesetzt habe.

»Ich werde mein Bestes thun,« antwortete ich.

»Mehr verlange ich nicht!« rief er mit einer theatralischen Geste. »Wer sein Bestes giebt, giebt alles! Cadman, ist da was zu trinken an Bord?«

Der Schiffer, der ganz nüchtern war, holte eiligst eine Flasche und Gläser herbei. Ich lehnte Fletchers Aufforderung, mitzutrinken, höflich ab, zog mich in meine Kammer zurück und ging zu Bett. Dabei hörte ich den Reeder noch sagen, daß er vor niemand einen größeren Respekt habe, als vor der Geistlichkeit der englischen Landeskirche.

Als eine nahe Turmuhr halb zwölf schlug, schwatzten die beiden noch immer.

Am nächsten Morgen um acht Uhr kam die Mannschaft an Bord und kurz nach neun Uhr holten wir aus dem Dock. Dann kam der Schleppdampfer und der Lotse, und nun hatte ich alle Hände voll zu thun. Ein leichter, kalter Wind wehte aus Nordosten. Nach einer Weile warf der Schlepper die Trosse los, auch der Lotse verließ uns und Kapitän Cadman befahl die Segel zu setzen. Herr Fletcher spazierte in einem dicken und langen Ueberrock und den Kopf mit einer Pelzmütze bedeckt auf dem Achterdeck hin und her und betrachtete mit würdevollen und gönnerhaften Blicken die weite, glitzernde See.

Ich befand mich vorn auf der Back, um die Inbordnahme des Ankers zu leiten. Dabei konnte ich nicht unterlassen, die kleine Brigg zu betrachten. Von hier vorn gesehen, erschien sie mir als das wunderlichste, altmodischste und ungeschickteste Fahrzeug, das jemals auf der Salzflut einhersegelte. Die Leinwand saß schlecht; die Schoothörner der Bramsegel waren mehrere Fuß weit von der Marsraa entfernt, und ich hätte einen Eid darauf abgelegt, daß das Vormarssegel niemals für die Brigg zugeschnitten gewesen war. Der Klüver und das Bramstagsegel sahen aus, als gehörten sie zu einem Schiffe, das mindestens um ein Drittel kleiner war, als die ›Hebe‹. Dabei war die Leinwand vielfach geflickt und ganz grau vor Alter und Abnutzung. Ich konnte mich kaum des Lachens enthalten. Das Schiff sah ungefähr so aus, wie ein großer Junge, dem die Jackenärmel und Hosenbeine viel zu eng und zu kurz sind.

Auch der Zimmermann mußte immer von neuem nach oben blicken, worauf er jedesmal den Kopf schüttelte, ein Gleiches thaten die Matrosen, die bei mir auf der Back waren; sie schienen sich mit dieser kuriosen Ausstellung von Segeltuch gar nicht abfinden zu können.

Im Kanal von Bristol stand nur eine geringe See, dennoch begann die Brigg hier auf eine so seltsame und schwerfällige Weise zu stampfen, daß sogleich alle Mann darauf aufmerksam wurden.

»Der Deubel soll mich holen,« sagte der Matrose, der in meiner Nähe beim Krahnbalken stand, »der Deubel soll mich holen, wenn ich nicht glaube, daß der alte Kasten halb voll Wasser ist.«

»Wenn das Biest hier schon so anfängt, was soll da werden, wenn wir erst in die offene See kommen?« bemerkte ein anderer.

»Ruhe da!« befahl ich.

Jetzt aber trat der Zimmermann an mich heran.

»Steuermann,« sagte er leise, »ich glaube, die Leute haben recht. Dies Stampfen bedeutet drei oder vier Fuß Wasser im Raum, wenn ich mich noch darauf verstehe.«

Das machte mich stutzig. Ich beobachtete die Bewegungen der Brigg mit Aufmerksamkeit und konnte nun nicht umhin, mich der Ansicht des Zimmermanns anzuschließen. Ich ging achteraus zum Kapitän.

»Soll der Zimmermann die Pumpen peilen?« fragte ich. »Er meint, wir hätten drei oder vier Fuß Wasser im Raum.«

»Haben wir auch,« versetzte Cadman ganz kühl.

Fletcher stand hinter ihm und betrachtete einen dreimastigen Schoner, der in einiger Entfernung unter einer Wolke schneeweißer Segel über das lichtblaue Wasser glitt.

Ich blickte den Schiffer erstaunt und schweigend an.

»Jawohl, Steuermann,« nickte der mir zu, »wir haben zwei oder drei Fuß Wasser im Raum. Sagen Sie nur den Leuten, das hätten wir einlaufen lassen, um die Planken dadurch dicht zu machen und zu konservieren. Es sind einige Faden neues Holz eingesetzt worden, und das soll sich vollsaugen, so hat uns der Schiffsbauer geraten. Wir wissen, was wir thun, Steuermann. Sagen Sie den Leuten, wenn es ein dichteres Schiff gäbe, als diese Brigg, so alt sie auch sein mag, dann solle Herr Fletcher das ganze Geld, das mir für diese Reise zukommt, unter sie verteilen.«

Ich schaute den Reeder an; der lächelte bloß und setzte seinen Spaziergang fort.

»Nachmittag pumpen wir das Schiff lenz (leer),« fuhr Cadman fort. »Der Kasten ist so dicht wie eine Flasche. Meinen Sie vielleicht, daß mein Leben mir nicht lieb ist? Wenn die Leute also noch reden sollten, so beruhigen Sie sie, Steuermann.«

Ich ging nach vorn, wo der Zimmermann mich erwartete.

»Der Skipper sagt, es wäre alles in Ordnung,« berichtete ich. »Er weiß, daß Wasser im Raum ist. Sie hätten das einlaufen lassen, um die neu eingesetzten Planken dadurch zu konservieren.«

»Um – was?« fragte der Zimmermann erstaunt.

»Um das frische Holz zu konservieren.«

Er starrte mich sprachlos an, dann schüttelte er den Kopf.

»Das ist Unsinn,« sagte er. »Das glauben wir nicht. Holz durch Wasser zu konservieren – hat man so was schon gehört? Noch dazu im Raum, der voll Ladung ist! Nein, nein, mit solchem Schwindel darf man uns nicht kommen!«

»Wat is dat?« rief einer der Matrosen, von der Reeling herabspringend, ein untersetzter Gesell mit zottigem Haar und Bart. »Keine Hand rühr' ich mehr, bis dat ich weiß, wat dat Wasser im Schiff zu thun hat un ob noch mehr dazu kommt! Sollen wir etwa mit dem verfluchten Kasten wie Ratten ersaufen?«

Inzwischen waren auch die anderen Matrosen von oben gekommen. Man hatte Segel gesetzt und jetzt sollte das Deck aufgeklart werden. Das Wetter war still und schön und so hatte jeder die lauten Worte des erregten Mannes gehört und verstanden.

»Wat is los, Bill?« rief einer der Leute von der Kombüse her.

»Wat los is? Halb voll Wasser is der verdammte alte Kasten, un Bristol kaum erst aus Sicht!« schrie Bill mit nach hinten gewendetem Gesicht, damit Cadman ihn hören sollte.

Bei dieser Kunde ließen alle ihre Arbeit stehen und liegen und im nächsten Moment sah ich mich von der gesamten Mannschaft dicht umdrängt; nur der Mann am Ruder fehlte.

»Wie verhält sich dat, Stüermann?« fragte ein großer Kerl, drei oder vier andere zur Seite schiebend, um an mich heran zu kommen.

Ich wiederholte, was der Kapitän mir gesagt hatte.

»Drei Fuß Wasser im Raum!« schrie der Mann mit einem Fluch. »Da ist's Zeit, sich die Boote mal anzusehen, die der alte Korb an Bord hat!«

»Meiner Seel'!« rief ein anderer. »Wenn der alte Trog so überholt, fühle ich ordentlich, wie er wegsinkt! Achtet mal drauf, Maaten!«

»Timmermann, peil de Pump!« gröhlte ein dritter. »Wat stehst da und kaust up din Prüntje, wie 'ne alte Kuh? Is din Leben denn nix nich wert?«

»Vorn da!« rief jetzt der Kapitän vom Achterdeck her. »Was haben die Leute da all' auf einem Haufen zu stehen?«

Ich ging achteraus, gefolgt von der ganzen Schar. Die Reden, die hinter mir geführt wurden, waren nichts weniger als gewählt.

Fletcher stand unweit des Ruders, in sicherer Entfernung, aber noch in Hörweite.

»Hab' ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollten den Leuten alles mitteilen und sie beruhigen?« bellte Cadman, mit gespreizten Beinen dastehend und sein Fuchsgesicht so herumschraubend, daß er mich und die Leute nur noch aus dem linken Augenwinkel betrachtete.

»Das habe ich auch gethan,« versetzte ich.

»Dat zieht aber nich!« rief der Matrose mit dem zottigen Kopf. »Bilden Sie sich vielleicht ein, wir machten jetzt unsere erste Reis', dat Sie uns mit so'n Schwindel kommen? Wat? Die neuen Planken sollen mit Salzwasser gepökelt werden, damit dat sie besser halten? Wenn Sie jetzt nich die Pumpen bemannen lassen, so dat wir sehen können, wieviel Wasser die Brigg macht, denn so laufen wir auf der Stell' nach Bristol zurück, ob Sie wollen oder nich!«

Das war offene Empörung; ein Blick auf die Gesichter der Leute zeigte, daß alle Mann fest entschlossen waren, diese Drohung auch auszuführen.

Heute noch entsinne ich mich dieser Szene ganz deutlich. Ich sehe die Schar der zornigen und um ihr Leben fürchtenden Matrosen in malerischer Gruppe achter dem Großmast versammelt: den dürrbeinigen Schiffer, wie er die Leute von der Seite anschielt; den etwas bleich gewordenen Fletcher, wie er gespannt horchend in der Nähe des Ruders steht; die mißfarbigen, geflickten Segel, die in der nachlassenden Brise bald nach innen, bald nach außen schlagen. Die Sonne stand bereits tief im Westen und in der Ferne lag das verschwindende Land wie eine Wolke auf der Kimmung.

»Ich kann euch sagen,« brach Cadman heftig und wütend los, »für das Geld, was die Brigg an Reparaturen gekostet hat, könnte man ein ganz neues Schiff bauen! Da steht der Eigentümer« – er deutete mit seinem langen Arm, steif und krumm wie der Schwengel einer Dorfpumpe – »Herr Fletcher von Bristol! Wer kennt Herrn Fletcher von Bristol nicht? Und wer, der ihn kennt, achtet ihn nicht hoch? Hat er vielleicht Frau und Kinder verlassen und eine Erholungsreise unternommen, um in dieser Brigg zu ersaufen, deren Reparaturen ihm ein Vermögen gekostet haben? Was? Ich sage euch, ihr dummen Kerle, auf allen fünf Ozeanen schwimmt kein dichteres Schiff, als unsere ›Hebe‹ ist! Wenn der Mann da, der Zimmermann, nicht weiß, daß durch Wasser einige Holzarten anschwellen, sich dichten und konservieren, und daß gerade aus solchem Holz die innere Verplankung der Schiffe mit Vorliebe hergestellt wird, dann mag er selber sich vielleicht für einen tüchtigen Kerl halten, ich aber sage, dann soll er hingehen und sein Handwerk noch mal von vorne zu lernen anfangen!«

Der Zimmermann begann eine Erwiderung.

»Keine Redensarten!« unterbrach ihn der Schiffer.

»Peilt den Pumpsoot und dann mögen alle Mann lenzpumpen. Und wenn ihr hernach wieder Wasser im Schiff findet« – hier wendete er sich an die Matrosen – »dann soll die Brigg euch gehören und Herr Fletcher und ich gehen in der Jolle an Land.«

Damit ging er nach hinten, stellte sich neben Fletcher, zog die Hutkrempe aus die Nase herab und verschränkte die Arme.

Der Zimmermann peilte vor den Augen der aufmerksam zuschauenden Matrosen den Soot. Es fanden sich etwas weniger als vier Fuß Wasser im Raum. Ich berichtete dem Schiffer dieses Ergebnis. Dann machten sich die Leute ans Pumpen. Gelb und dick ergoß sich das Wasser über das Deck und floß rauschend und gurgelnd durch die Speigatten ab. Fletcher trat an die Reeling und sah hinab; er blickte nicht ins Wasser, sondern nach der Schiffsseite, und plötzlich kam mir der Gedanke, daß diese Unmenge von Wasser heimlich in den Raum gelassen worden sei, um das Schiff zu beschweren und tiefer sinken zu machen, damit es den Anschein habe, als ginge die ›Hebe‹ mit tüchtiger Ladung in See.

Der Zimmermann kam zu mir heran.

»Der Alte braucht mir nicht erst zu erzählen,« brummte er, »daß man Wasser in Fahrzeuge laufen läßt, damit die Planken sich zusammenziehen, man thut das aber, wenn die Schiffe leer, und nicht, wenn sie beladen sind. Wann haben sie hier das Wasser eingepumpt? Doch erst nachdem die Stauer mit ihrer Arbeit fertig waren. Denn welcher Mensch mit gesundem Verstande wird Ladung in einem Schiffe verstauen, in dem vier Fuß hoch Wasser steht?«

»Ich muß gestehen, daß mir die Sache unverständlich ist,« antwortete ich vorsichtig, denn die Schiffsdisziplin steckte mir noch zu fest im Blute, um als Steuermann zum Zimmermann abfällig über den Kapitän zu reden. »Der Skipper ist ein alter Seemann und wird ohne Zweifel wissen, was er zu thun und zu lassen hat.«

Der Zimmermann sah mich an mit einem Lächeln, das ganz deutlich sagte: »Du redest gegen deine Ueberzeugung, ich aber weiß recht gut, was du denkst.«

Darauf senkte er von neuem den eisernen Meßstock in den Soot hinab; das Wasser hatte bedeutend abgenommen. Die Leute pumpten, bis die Pumpen ›lenz schlugen‹, dann gingen sie schwitzend, brummend und ermüdet nach vorn, um ihr Abendbrot einzunehmen, nachdem sie mich zuvor beauftragt hatten, dem Kapitän zu melden, daß sie nun zufriedengestellt wären.


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