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Walther.

Herr Walther lehnt am Fichtenbaum,
Verloren Arm in Arm verschlungen;
Vom Hute hängt des Straußen Flaum,
Im Hauch der Nachtluft sanft geschwungen;
Gelöst am braunen Lederrocke
Quillt nebelfeucht die schwarze Locke,
Und um die träumende Gestalt
Nachlässig von der Schulter nieder,
Sich schmiegend an die schlanken Glieder,
In Falten reich der Mantel wallt.
Sein Aug' ist groß in sie versenkt,
Und in ihr Leid er ganz sich denkt,
Als ob er ganz sie selber wäre.
Er blickt, wie sie, so freudenleer,
Sein Herz schlägt, wie das ihre, schwer,
Sein Aug' wird trüb' in ihrer Zähre;
Und wie sie seinen Namen rief,
Da schmerzt es ihn, wie sie, so tief;
In ihrem Leid er ganz vergißt,
Daß er ja selber Walther ist,
Und aus dem Dorn nur dürfte brechen,
Und einzig ihren Namen sprechen,
Und all das Leid wär' ihr genommen.
Doch mählig hat sein Angesicht
Ein selig Freuen überkommen;
Inmitten aus der Zähre bricht
Der Minne Stern mit mächt'gem Prangen,
Ein Wölklein nur der alten Trauer
Hält seiner Stirne Ernst umfangen. –
So starrt der Wald im Frühlingsschauer,
Wenn seine ersten Knospen springen,
Die ersten Schwalben wiederkehren,
Und schwellend glühn die ersten Beeren;
Das erste Nest die Amseln schlingen,
Die ersten Wipfel sich belauben:
Da faßt, noch voll vom Winterschmerz,
Mit scheuem Zagen nur sein Herz
Von Frühlingsluft den süßen Glauben.

Er möcht' so gern jetzt niedersteigen,
Sein Haupt zu ihrem traulich neigen,
Und möcht' den Arm um's Herz ihr schlagen,
Das Auge küssen, und ihr sagen:
»Ich bleib' ja ewig nun dein eigen,
Ich küsse dir dein Auge trocken,
Nun weine nimmer, du mein Kind!«
Doch wie's ihn auch will niederlocken,
Es zieht ihn rückwärts unsichtbar;
Er hört es fern im Herbsteswind
Verschwimmen süß, wie Spiel der Glocken,
Wie Orgelrauschen, himmlischklar,
Daß weinend er möch niedersinken;
Durch den entlaubten Buchengang
Sieht er sein Schloß am Neckarhang
Im Kerzenschimmer festlich blinken;
Und in den hohen Sälen drinnen,
Da füllen sie mit weichen Linnen
Die aufgeschlossnen Truhen reich;
Da flechten sie das Hochzeitreis,
Und sticken einen Schleier weiß,
Und Mägdlein, ganz den Engeln gleich,
Bestreu'n mit Blumen alle Gänge.
Jetzt tönen heilige Gesänge,
Der Priester mit dem Sakristan
Tritt feierlichen Schritts heran,
Und aufgethan wird die Capelle;
Er sieht sich selbst mit Amaranth,
Und viele Häupter traut ihm nicken;
Die Mutter nur lehnt an der Schwelle,
Die Hand nach seinem Haupt gewandt,
Und sieht ihn an mit stummen Blicken,
Als ob bekümmert sie ihn frage,
Ob sie zum mütterlichen Segen
Nicht dürf' die Hand auf's Haupt ihm legen,
Bevor den ernsten Gang er wage. –
Da zieht nach ihres Segens Wort
Es mit geheimer Macht ihn fort.
Noch einmal stumm nach Amaranth
Zum Lebewohl den Arm gebreitet,
Den feuchten Blick ihr zugewandt,
Er immer weiter rückwärts schreitet,
Als wie von höh'rer Macht gelenkt;
Und wie sie seinem Aug' verschwommen,
Da bleibt er stehn, in sich versenkt:
Welch Zauber doch ihn überkommen,
Von Kindesliebe wunderbar
Um sein beklommnes Herz geschlungen.
Und vor ihm steht die Reiterschaar,
Zum Ritte winkt er stumm das Zeichen;
Behend zum Sattelsitz geschwungen
Gibt er den Sporn den zarten Weichen,
Und reitet in die Nacht der Eichen.



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