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Das Fischermägdlein.

1.

Und an der nahen Felsenwand,
Da spielen mit den Wogen
Zwei Kinder aus der Kahnes Rand
Umarmt hinausgebogen;
Ein Knabe braun, mit keckem Muth
Im schwarzen Augenpaare,
Ein Mägdlein wohl aus deutschem Blut,
Blauäugig, licht von Haare.

»O wär' im Schilf die Lilie mein!«
Spricht's Mägdlein zu dem Knaben;
»Wie flöcht' ich sie in's Haar mir ein!
Die Lilie möcht' ich haben!«
Und traulich an sein Haupt geschmiegt,
Von seinem Arm umfangen,
Sie arglos sich hinüber biegt,
Und will zum Schilfe langen.

Sie hat den Stengel schon erfaßt,
Und ihn herangezogen;
Da bebt sein Arm, es wankt die Last,
Sie ringen ob den Wogen.
Ein Schrei, ein Fall, – die Welle rauscht, –
Er hält sie am Gewande, –
Herr Walther hört's, und stutzt und lauscht,
Und sieht's und stürzt zum Strande.

Springt in den Kahn, springt in die Fluth,
Faßt sie mit raschem Griffe;
Er trägt sie hoch in sichrer Hut,
Er schwimmt mit ihr zum Riffe;
Und wie sein eigen Kind so traut
Hält er's an's Herz gebettet;
Und ruft erschöpft von fern der Braut:
»O sieh'! Was ich gerettet!«

Und jubelnd trägt der Braut er's zu,
Ihm leuchtet Aug' und Wange;
Ghismonda kömmt in frostiger Ruh',
Und harrt auf halbem Gange;
Er sieht's, und staunt – Was naht sie nicht?
Er eilt ihr nah' zu kommen.
Verächtlich schmollt ihr kalt Gesicht,
»Ghismond?« – frägt er beklommen.

Und stolz sie ihm den Rücken dreht,
Schnell im Gebüsch verloren;
Herr Walther wie zerschlagen steht,
Das Blut ist ihm gefroren;
Und was sein Zürnen reden will,
Verschlingt sein bebend Schweigen;
Er senkt auf's Kind die Locke still,
Und starrt: »Sie ist mein eigen!«


II.

Und stumm er um den Felsen biegt,
Des Knaben Hand ihn leitet;
Das Mägdlein an sein Herz geschmiegt,
In's Fischerhaus er schreitet;
Er tritt zur niedern Thür herein,
Die Mutter sitzt am Rocken;
Im Gärtlein legt bei'm Abendschein
Das Netz der Fischer trocken.

Aufschreit das Weib, sie springt empor,
Die Hände hoch gerungen,
Der Fischer hört's am Gatterthor,
Kömmt bleich hereingesprungen.
Und Jedes streckt die Hand zugleich
Nach seinem Kind hinüber;
Herr Walther senkt zum Bett es weich,
Sie beugen bang sich drüber.

Und ruhig liegt's, als schlief's im Tod,
Sein Odem ist gewichen;
Den Wangen leiht das Abendroth
Die Rosen, die verblichen;
Auf seine Aeuglein, zugethan,
Der Eltern Zähren fließen,
Da hebt sein Herz zu schlagen an,
Die Wimpern sich erschließen.

O Walther, dieses Angesicht!
Was bist du so erschrocken?
O dieser Augen blaues Licht!
O diese blonden Locken! –
Kennst du des Rockens häuslich Bild?
Die Wände so verwittert?
Und kennst du wohl von Reben wild
Das Fenster grün vergittert? – –

Da hebt er hoch das Haupt empor,
Um tiefer es zu senken;
Und faltet fest die Hand davor,
Weß mag er wohl gedenken? –
Und vor dem Kreuz, dem Bett zur Sei,
Ist er in's Knie gebrochen;
Er hat gar lang in stummem Streit
Zu ihm hinauf gesprochen.

Drauf steht er auf, beugt immer stumm
Sich zu des Mägdleins Bette;
Er küßt es sanft, er hängt ihm um
Von seinem Hals die Kette;
Er greift zur Thür, sie schau'n ihm nach,
Er wallt im Abendläuten.
Was wohl er mit dem Heiland sprach? –
Sie wissen's nicht zu deuten.



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