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Im Jahr 1860 hat der Hacker Jörgele den linken Schächer spielen dürfen beim Oberammergauer Passionsspiel, weil er ein ganz Verwilderter gewesen ist und ein so schiaches G'schau gehabt hat, zum Fürchten schiach.
Und ein recht Unbändiger ist er auch gewesen; deswegen haben sie ihn immer recht fest ans Kreuz gebunden, daß er sich ja nicht hat loßreißen können und Sachen anrichten in seinem Unverstand. Ein biss'l ein Dalketer ist er auch gewesen, der Hacker Jörgele.
Und wie sie ihn wieder einmal recht malefizisch ans Kreuz hingebunden haben, da ist's ihnen im Eifer gar nicht aufgefallen, daß der Jörgele immer noch die Pfeif' im Maul gehabt hat, die Pfeif', aus der er den ganzen lieben Tag raucht und ohne die er einmal nicht leben mag.
Ist schon zu spät gewesen, wie sie's gemerkt haben, der Vorhang ist grad aufgegangen.
»Jörgele, tu die Pfeif' aus dem Maul!« hat der Spitzer Anderl gewischpert, der den Hauptmann Longinus mit der Lanzen gemacht hat.
»Kann nit – soviel fest bin ich gebunden – höllsaggra, und ich kann nit!«
Die Worte sind ihm ganz undeutlich herausgegangen, weil er mit den Zähnen die Pfeif' hat halten müssen, der Jörgele. Aber an den Stricken hat er zogen wie ein Wilder – haben aber seine Müh' schon ausgehalten.
»Die Pfeif'!« hat der römische Hauptmann Longinus wieder gesagt.
»Wann ich die Hand nicht losbring!« zischt der Jörgele.
Bis dahin hätt's das Publikum noch gar nicht gemerkt, weil sie alle den Christus angeschaut haben. Aber da hat's den Jörgele mit dem Reden getroffen und da muß er die zwei schönen Vers hersagen:
»Bischt du der Gottessohn,
Wo uns nicht helfen konn – – saggra, saggra, iatzt ischt die Pfeif' auch beim Teifl!«
Recht hat er, der Hacker Jörgele: die Pfeif' ist ihm außerg'schloffen und den Pfeifenkopf hat's in drei Trümmer gehaut.