Georg Queri
Die Schnurren des Rochus Mang
Georg Queri

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Das Prophylaktikum

Da ist ein ganz kleines Dörferl in Tirol, das heißt Pizzen und hat etliche vierzig Einwohner. Die täten die hohen Feiertäg soviel gern in Ehren halten, die vierzig Leut, aber es ist halt nix los in Pizzen an den hohen Feiertagen. Vielleicht trinkt einer ein paar Rötele mehr an solchen Tagen und vielleicht tanzen sie dann einmal auf dem Tennenboden – aber das ist auch alles.

Wenn sie wenigstens wohin gehen könnten zum Gaudieren, die Pizzener; aber das ist auch nichts: nach Gratsammen sind's vier Stund – und in Gratsammen ist ja auch nichts los – und nach Pfeirachen sind's gar sechs Stund, aber da ist der Rötele gar nicht so gut als wie in Pizzen. Höchstens, daß man nach Saguz gehn könnt, wo gerauft wird und wo man einem noch die Augen mit dem Daumen ausdrucken darf beim Raufen.

Darum müssen sie schon daheim bleiben an den hohen Feiertagen, die Pizzener.

Dann schauen sie, daß was mit dem Tanzen zusammengeht auf dem Tennenboden. Und wenn nachher auch die Zeit da ist, und die Kinder auf die Welt kommen, überflüssigerweis, das ist ganz gut für das Dörfl Pizzen. Dann wird es doch auch einmal über seine vierzig Einwohner hinauskommen. Und wenn einmal recht viel Kinder da sind, wo das Tanzen dran schuld ist, dann muß der Herr Bischof den Pizzenern doch einen Pfarrer schicken, von wegen der Sündhaftigkeit im Dörfl. Und für die vielen Kindl muß halt dann auch ein Lehrer her.

Dann ist endlich was los in Pizzen; und die Gratsammener kommen nach Pizzen, weil sie einen guten Rötele haben wollen. Und die von Saguz, weil die Pizzener auch gern raufen und den Daumen setzen.

Vorderhand aber – Du lieber Gott!

Nur einmal im Jahre schickt der Pfarrer von Gratsammen seinen Kooperator nach Pizzen in die alte Kapellen. Das ist am Kirchweihtag. Er kommt gern, der Kooperator, weil der Pizzener Rötele so gut ist.

Der Bader von Gratsammen kommt immer mit dem Kooperator. Der Kooperator für die sündhafte Seel, der Bader für den Leib.

Und wenn der Kooperator fertig ist, dann fängt der Bader an.

Dann sitzen die Bauern auf der Kirchhofmauer und bekommen ihr Klystier. Das ist ein Prophylaktikum, sagt der Bader, und das muß schon was besonderes sein und für ein ganzes Jahr taugen von Kirchweih zu Kirchweih, wann es einen solchen Namen hat, das Klystier.

Und will auch ein jeder seine ordentliche Portion, daß sie herhält für das Jahr.

Zahlt auch gern ein jeder Pizzener die zehn Kreuzer, die der Bader verlangt.

Natürlich, der Castozzer, der ein recht Habsüchtiger ist, der Castozzer hat sich einmal das Prophylaktikum einspritzen lassen und hat nachher gesagt: »Ein Geld hab ich aber nit, Bader!«

»Ein Geld hast Du aber nit, Castozzer?« hat der Bader zurückgeben. »Glaub aber schier nit, daß Du den Bader von Gratsammen wirst frozzeln können, völlig nit!«

Spricht's, der Bader, und setzt dem Castozzer das Werkzeug wieder an und entzieht ihm das Prophylaktikum wieder.

Und hat's dem nächsten Pizzener verabreicht, der Bader von Gratsammen.


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