Georg Queri
Die Schnurren des Rochus Mang
Georg Queri

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Die Notbeicht

Der Tierarzt flucht immer, wann er in den Haggensteiner Hof gerufen wird. Der Herr Pfarrer schon auch ein bissel, wann da hinten jemand krank ist und verlangt nach seiner. Denn man muß seine geschlagenen fünf Stunden gehen über die Breitsamter Alm und an der Bitschenleiten vorbei und dann ins Pfadwangtal, bis man endlich den Haggensteiner Hof findet.

»Zieht sich ein bissl in die Läng, der Weg da herauf bis zu uns!« sagt dann der Haggensteiner zum Tierarzt. Und den Herrn Pfarrer tröstet er: »Unser Herr Jesus hat auch einen recht schweren Bergweg gehen müssen, nit wahr, Hochwürden?«

Der Herr Pfarrer kann nit nein sagen, wann ihn der Haggensteiner so fragt. Aber das hat er ihm geschworen, dem Haggensteiner: Wann's einmal bei dem ans Sterben geht, dem will er sie noch ein bissel heiß machen, die Höll.

Aber der Haggensteiner denkt gar nit ans Sterben. Eher seine Bäurin. Schau, die wird eines Abends totkrank, daß man's gar nit hätt vorhersagen können, und legt sich hin und sagt: »Bauer, jetzt wird wohl 's letzte Stünderl für mich geschlagen haben!«

»Meinst?« sagt der Haggensteiner. »Willst einen letzten Willen aufsetzen lassen?«

»Nein, und das will ich nit. Das Sach hinterlaß ich halt Dir, wo wir keine Kinder nit haben.«

»Hab mir schon auch denkt, Du wirst das Sach mir hinterlassen.«

»Aber ein letztesmal beichten möcht ich halt noch!« jammert die Haggensteinerin. Man merkt's an der Stimme, daß sie schon schwach wird.

»Alsdann, so muß der Herr Pfarrer geholt werden,« meint der Haggensteiner.

»Ja,« sagt die kranke Bäurin, »aber ich werd ihn halt nit mehr derwarten können. Der Knecht braucht vier Stund hinein und der Herr Pfarrer braucht fünf heraus. Tut neun Stunden. Das werd ich halt nit mehr derwarten können.«

»Wann Dir schon so wuscht ist und Du meinst, es geht schon an die letzten Züg, dann muß ich Dir halt die Notbeicht abnehmen.«

»Wann ich schon eine Notbeicht haben mag, aber dann mag ich sie nit bei Dir haben. Nein, das mag ich nit!«

»Dann wär der Knecht da, aber das mag ich nit, daß Du dem Knecht beichst, das mag ich nit. Und der Dienstbub ist erst fünfzehn, vor so einem darfst Du auch nit beichten. Mußt halt so sterben, ohne die Notbeicht. Machst halt die doppelt Reu und Leid und ich bet eine Litanei dazu. Was willst für eine Litanei, daß ich beten soll?«

»Ich will keine Litanei nit, ich will eine Beicht, die will ich.«

Der Haggensteiner setzt sich ans Bett schier so wie er weiß, daß der Herr Pfarrer im Beichtstuhl sitzt.

»Jetzt kannst mir alsdann beichten.«

»Dir nit!« jammert die Bäurin.

»Alsdann nit!« sagt der Bauer und steht wieder auf.

Käsweis wird sie da, die Bäurin. So wird man, wenn man an die Höll denken muß.

»Haggensteiner«, sagt sie ganz matt, »alsdann beicht ich bei Dir. Aber so wie Du dasitzen tust, so sitzt der Herr Pfarrer nit im Beichtstuhl. Da muß ein Gattern sein zwischen dem Herrn Pfarrer und dem, das wo beichten tut.«

»Alsdann nehm ich den Hennengattern«, sagt der Haggensteiner und nimmt den Gattern vom Hennensteig. Und setzt sich wieder nieder und hört die Bäurin beichten, während er durch die Lücken des Gatters auf ihr Gesicht blinzelt.

»Darfst aber mich nit anschaun«, sagt die Haggensteinerin, »der Herr Pfarrer hat auch blos das Ohr am Gattern.«

»Alsdann schau ich Dich nit mehr an.« Und sie beichten wieder.

Ja ja, wohl hat er dran denkt, früher schon einmal, daß sie auch ein Luderweibsbild ist, die Haggensteinerin. Schau, da hat sie's richtig mit dem Knecht gehabt!

Schier will er aufspringen bei ihrem Bekenntnis. Nein, aufspringen, das tut er nicht – erst muß er sie absolvieren, daß ihre Seel keinen Schaden nimmt in der andern Welt.

Aber dann sagt er's ihr: »Siehst, wann ich jetzt nit dagesessen wär an Gottesstatt, dann hätt ich Dir aber den Hennengattern an den Grind geschlagen, Du ganz Schlechte, Du!«

Und dann ist sie selig gestorben, die Haggensteinerin.


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