Poggio Fiorentino
Die Facezien des Poggio Fiorentino
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90.
Von einem Venezianer, der sein Pferd nicht wiedererkannte.

Einige gelehrte Männer sprachen einmal über die Einfältigkeit und Dummheit vieler Menschen. Da erzählte Antonio Lusco, ein sehr witziger Mann: Als er einmal von Rom nach Vicenza reiste, war sein Begleiter ein Venezianer, der allem Anschein nach sehr selten zu Pferde gesessen hatte. In Siena stiegen sie in einer Herberge ab, wo sich noch viele andere Reiter mit ihren Pferden befanden. Als sich am andern Morgen alle zur Weiterreise vorbereiteten, blieb allein der Venezianer, obwohl gestiefelt und gespornt, müßig unter der Tür sitzen. Lusco, der sich über die Lässigkeit und Gemütsruhe des Mannes wunderte, der, während die andern schon fast alle im Sattel waren, allein tat, als ginge ihn die Sache nichts an, mahnte ihn, aufzusteigen, wenn er mit ihm weiter wolle, und fragte ihn nach dem Grunde seines Zögerns. »Freilich will ich mit Euch reiten,« antwortete der Venezianer, »aber ich kann mein Pferd gar nicht unter den anderen herausfinden. Daher warte ich ab, bis die anderen fort sind; dann weiß ich doch, daß das allein im Stalle zurückbleibende Pferd das meine ist.« Als Antonio in der Beschränktheit 92 seines Begleiters den Grund seines Zögerns erkannt hatte, wartete er eine Zeitlang, bis dieser Dummkopf das einzige übrig gebliebene Pferd als das seine in Besitz genommen hatte.

 


 


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