Poggio Fiorentino
Die Facezien des Poggio Fiorentino
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9.
Von einem Stadthauptmann

Ein Stadthauptmann, der nach Florenz gesandt worden war, hielt am Tage seines Einzugs in die Stadt, wie der Brauch es verlangte, im Dom in Gegenwart der Prioren eine Rede, die überaus lang und langweilig ausfiel. Denn er begann damit zu seiner Empfehlung zu erzählen, wie er einmal Senator in Rom gewesen, was 18 er dort getan, und was die andern ihm zu Lob und Ehr getan und gesagt hätten; dann beschrieb er seinen Auszug aus der Stadt und das Gefolge, das ihn begleitete. Weiter berichtete er, daß er sich am ersten Tage nach Sutri begeben, und was er dort alles besorgt hatte. Darauf wies er nach, wo er an jedem Tage gewesen, von wem er dort gastlich aufgenommen worden war, und was er dort im Einzelnen gemacht hatte. Es waren bereits mehrere Stunden während dieser Erzählung verflossen, und noch war er nicht einmal in Siena angekommen. Aller Zuhörer bemächtigte sich Unwille über die Länge dieser abscheulich öden Rede, deren Ende noch gar nicht abzusehen war; denn es schien wirklich, als sollte der ganze Tag mit solchem Geschwätz hingehen. Da näherte sich, als schon die Nacht herankam, einer der Versammelten, ein witziger Mann, dem Redner und sagte ihm ins Ohr: »Es ist schon spät, Herr! es empfiehlt sich, daß Ihr die Reise beschleunigt. Denn wenn Ihr heute, an dem für Eure Ankunft festgesetzten Tage, nicht in Florenz einzieht, verliert Ihr Euer Amt.« Als er dies hörte, beeilte sich der einfältige und geschwätzige Mensch und sagte endlich, daß er in Florenz angekommen sei. 19

 


 


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