Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

22. Fortsetzung

»Ich frage nicht nach diesem Schutz und erkenne ihn auch nicht an,« fuhr der Major fort. »Ich gebe Ihnen noch fünf Minuten Zeit. Ist bis dahin der Deutsche nicht ausgeliefert, so werdet Ihr sehen, daß wir uns ihn holen!«

»Ihr würdet nur in Euer Verderben rennen, Sennor!«

»Oho! Glaubt Ihr, daß er so sicher bei Euch ist, weil Sie ein Bruder sind? Das bilden Sie sich nicht ein. Ihre Amtswürde ist uns sehr gleichgültig. Wenn Sie uns widerstreben, so machen wir Sie ebenso nieder, wie jeden andern!«

»So machen Sie Ernst! Versuchen Sie es! Ich will Ihnen die Gelegenheit dazu geben.«

Er verschloß das Loch und griff nach den Riegeln. Die beiden schweren Balken flogen zurück, als ob sie Bleistifte seien. Der Frater mußte wahre Riesenkräfte besitzen. Dann öffnete er die beiden Flügel des Tores, so weit es möglich war. Wir konnten hinaussehen und die Kavalleristen herein. Wir sahen sie und sie uns.

»Dort steht der Hund, der mir den Säbel zerbrochen hat!« rief der Major. »Drauf, Leute!«

Er war ein ganz anderer geworden. Als ich sein Gefangener war, hatte er mich mit wirklicher Höflichkeit behandelt. Jetzt aber war er rücksichtslos. Er hatte seine Pistolen wiedergefunden. In jede Hand eine nehmend, schritt er auf den Frater zu. Seine Leute folgten ihm zögernd. Der Bruder stand mitten in der Toröffnung, hoch aufgerichtet und stolz.

»Zurück!« gebot er.

Die Bolamänner blieben stehen; der Major aber gehorchte nicht; er schritt weiter.

»Zurück, oder – –!« wiederholte der Bruder, indem er den Arm gebieterisch erhob. Jetzt hielt auch der Offizier den Schritt an. Ich konnte das Gesicht des Bruders nicht sehen; es mußte in demselben ein Ausdruck liegen, welcher dem Major imponierte. Er getraute sich nicht, an ihm vorüberzugehen, doch rief er in zornigem Tone:

»Nun gut, ich will nicht ohne Erlaubnis ein fremdes Haus betreten. Da Sie mir aber den Deutschen nicht ausliefern wollen, so mag die Sache schnell zu Ende gehen. Die Exekution mag gleich jetzt und hier stattfinden.«

Er erhob den Arm, um mit der Pistole auf mich zu zielen.

»Halt! Nieder mit der Waffe!« donnerte der Frater ihn an.

Der Major erschrak wirklich vor dieser Stimme. Er ließ den Arm sinken, schien sich aber doch zu schämen, denn er richtete die Waffe von neuem auf mich und sagte:

»Pah! Ich lasse mir nichts befehlen, am allerwenigsten von einem Mönche. Dieser Deutsche soll zur Hölle fah – –«

Er kam nicht weiter, denn in demselben Augenblicke hatte er keine Pistolen mehr. Der Bruder hatte sie ihm blitzschnell aus den Händen gerissen und warf sie in den Hof herein. Dann packte er den Major an beiden Armen, drückte sie ihm fest an den Leib, hob ihn empor und trug ihn wie eine Puppe herein. Neben der Türe stand eine aus gut gestampfter Erde bestehende Bank. Auf diese steifte er den Offizier auf und fuhr ihn an:

»Hier bleibst du sitzen, Mann! Sobald du aufstehst, spreche ich noch anders mit dir!« Er kehrte an das Tor zurück, machte es zu und schob die beiden Riegel vor, ohne daß einer der Kavalleristen es gewagt hätte, ihn daran zu hindern. Der Major saß gehorsam und bewegungslos da wie ein Kind. Jetzt hatte ich gesehen, worin die Macht des Fraters lag, nämlich in seinen Augen. Diese hatten einen Glanz angenommen und einen Blick gehabt, welche beide ganz unbeschreiblich waren. Der rätselhafte Mann trat jetzt wieder an die Bank heran und sagte, indem er die Arme über der Brust kreuzte:

»So, jetzt haben Sie Ihren Willen, Sennor. Sie haben Einlaß erhalten und sehen den, dessen Auslieferung Sie verlangen, neben mir stehen. Sagen Sie mir, was Sie mir zu sagen haben, denn ich habe nicht Zeit, lange mit Ihnen zu verhandeln!«

»Das geht mich nichts an!« knurrte der Major grimmig. »Ich bleibe hier im Rancho, so lange es mir gefällt.«

»Oder vielmehr, so lange es mir gefällt! Denn wenn ich Sie nicht mehr hier sehen will, so werfe ich Sie über die Mauer hinaus. Sehen Sie, ungefähr so!«

Er faßte ihn an den beiden Hüften, hob ihn empor und schwenkte ihn hin und her, daß der Mann voller Angst schrie:

»Dios Mio! Wollen Sie mich denn schon jetzt hinauswerfen, Sennor? Da gehe ich doch lieber selber!«

»Wenn Sie das tun wollen, so beeile ich mich, Ihnen zu erklären, daß Sie weder bleiben können, so lange es Ihnen beliebt, noch gehen dürfen, sobald es Ihnen paßt. Seit ich Sie hierher auf diese Bank gesetzt habe, besitzen Sie keinen freien Willen mehr, da Sie unser Gefangener sind.«

Der Major starrte ihn erschrocken an; dann fuhr er von der Bank auf und rief:

»Was fällt Ihnen ein, mich für Ihren Gefangenen zu erklären! Welches Recht haben Sie dazu?«

»Dasselbe Recht, welches Sie hatten, diesen deutschen Sennor und seinen Gefährten gefangen zu nehmen, nämlich das Recht des Stärkeren. Ich füge hinzu, daß unser Recht eine weit bessere Begründung hat als das Ihrige. Die beiden Sennores hatten Ihnen gar nichts getan, als Sie sich derselben bemächtigten; Sie aber hatten uns mit Ihren Pistolen und sogar mit Einäscherung dieses Rancho bedroht, bevor ich Sie gefangennahm.«

»Sennor, ich bin Major und werde nächstens Oberst sein!«

»Das ist mir völlig gleichgültig. Sie haben Ihre Uniform und Ihren Rang befleckt. Sie haben Privatpersonen ergriffen und eine derselben hinrichten wollen; Sie sind also Polizist und Henker in einer Person gewesen. Wenn Sie glauben, dies mit Ihrer militärischen Würde vereinbaren zu können, so muß ich dagegen anderer Meinung sein. Übrigens flößt mir diese Würde nicht den geringsten Respekt ein, da Ihnen Ihr Säbel zerbrochen worden ist, was ja bekanntlich für die größte Beleidigung gilt, welche einem Offizier widerfahren kann.«

»Sennor!« brauste der Major auf, indem er die Fäuste ballte.

»Still! Mäßigen Sie sich, und setzen Sie sich gefälligst nieder! Sie dürfen nur dann, wenn ich Ihnen die Erlaubnis dazu erteile, sich von Ihrem Platze erheben, denn Sie haben keinen Willen mehr.«

Er drückte ihn wieder auf den Sitz nieder. Der Major wußte sichtlich nicht, ob er sich zornig oder nachgebend verhalten solle. Das erstere wäre unklug und das letztere gegen seine Ehre gewesen. Er machte überhaupt ganz und gar nicht den Eindruck eines »schneidigen« Kavallerieoffiziers. Seine Beinkleider waren bis zum Sitze durchnäßt, und an dem Fracke fehlte das große Stück, welches ich ihm losgerissen hatte.

»Aber was haben Sie denn mit mir vor?« fragte er.

»Wir werden Sie wegen Bedrohung des Lebens eines Mitmenschen und ebenso wegen Bedrohung mit Brandstiftung zu einer diesen Verbrechen entsprechenden Strafe verurteilen.«

»Donnerwetter! Sie – mich?«

»Jawohl. Nebenbei gesagt, bitte ich Sie, ähnliche Wörter und Flüche, wie ich jetzt hörte, zu unterlassen! Sie sind das mir schuldig.«

»Aber was fällt Ihnen ein! Sie wollen sich zum Richter über mich setzen?«

»Gewiß! Warum etwa nicht?«

»Sie haben doch nicht das geringste Recht dazu!«

»Ich habe dazu wenigstens ganz dasselbe Recht, welches Sie sich anmaßten, als Sie heute ein Kriegsgericht konstituierten. Ich kenne die Rechtsverhältnisse dieses Landes und weiß sehr genau, daß Sie sich einen Übergriff erlaubten. Ja, dieser Übergriff war eigentlich eine Anmaßung, eine Gewalttätigkeit, für welche Sie hart bestraft werden, falls die beiden Betreffenden Anzeige erstatten.«

»Sennor, vergessen Sie ja nicht, mit wem Sie reden! Ich habe Ihnen meinen Namen und Grad genannt!«

»Ich sage Ihnen aufrichtig, daß ich Ihnen keinen Glauben schenke.«

»Donnerw – – – wollte sagen – ja, was wollte ich sagen? Was ich da hörte, das ist so stark, daß ich mich fragen möchte, ob ich es wirklich gehört habe!«

»So will ich es wiederholen: Ich glaube nicht, daß Sie derjenige sind, für den Sie sich ausgeben.«

»Sennor, wissen Sie, welch eine Beleidigung Sie da ausgesprochen haben?«

»Sehr wahrscheinlich ist es gar keine Beleidigung. Die Armee der Banda Oriental zählt nicht nach Hunderttausenden. Sie ist nicht so stark, daß man die Zahl und Namen ihrer Stabsoffiziere nicht zu übersehen vermöchte. Ich rühme mich, die Namen sämtlicher dieser Herren zu kennen; ein Major Cadera aber ist nicht dabei.«

»So sind Sie ungenügend unterrichtet!«

»Bitte, wenn ich mich einmal unterweisen lasse, so pflege ich das genügend zu tun. Wohl aber kenne ich einen Sennor namens Enrico Cadera. Er ist ein argentinischer Parteigänger, von welchem mir erzählt wurde, daß er jetzt zu irgend einem noch unaufgeklärten Zwecke Truppen sammle. Er rekrutiert an den Ufern des Uruguayflusses und soll es sogar einige Male gewagt haben, das diesseitige Gebiet zu betreten. Sonderbarer Weise haben dann allemal die Herdenbesitzer derjenigen Gegenden, welche er mit seinem Besuche beehrte, beträchtliche Verluste an Pferden erlitten, welche ihnen fortgetrieben worden sind.«

Es war ein etwas ängstlicher Blick, welchen der Major auf den Frater warf, als er sagte:

»Von diesem Manne habe ich noch nichts vernommen. Ich kenne ihn nicht.«

»Wie? Sie als Major sollten von einem solchen Parteigänger nichts gehört haben? Das wäre erstaunlich. Sind Sie wirklich Stabsoffizier, so müssen Sie unbedingt benachrichtigt worden sein, daß wegen dieses Enrico Cadera ein Truppenkommando an den Uruguay gesandt worden ist, um derartige Übergriffe zurückzuweisen. Mein Zweifel an Ihrer Identität wird also immer größer. Überdies befürchte ich, Sie werden von der Veröffentlichung Ihrer heutigen Heldentaten wenig Ruhm haben.«

»Desto größer wird die Strafe sein, welche man Ihnen diktieren wird! Es versteht sich ja ganz von selbst, daß ich Sie vor den Strafrichter bringe!«

»Dazu werde ich Ihnen behilflich sein. Ich bin entschlossen, einen Boten nach Mercedes zu senden, welcher die dort stehenden Truppen herbei holt, damit ich von denselben arretiert werden kann. Da dies für Sie eine Genugtuung sein wird, welche ich Ihnen aufrichtig gönne, so werde ich Sie, wenn nötig mit Gewalt, veranlassen, bis zur Ankunft dieser Leute hier zu bleiben.«

Dem Major kam die Selbstbeherrschung abhanden. Man sah, daß er erschrak.

»Alle Teufel! Das werden Sie bleiben lassen!« rief er aus.

»Glauben etwa Sie, mich zwingen zu können, diesen meinen Vorsatz aufzugeben?«

»Ja. Nötigenfalls werden meine Leute diesen Rancho mit Gewalt stürmen, um mich zu befreien!«

»Sie wollen Gewalt anwenden, um von hier fortzukommen? Sie fürchten also die Ankunft unsers Militärs? Damit liefern Sie den unumstößlichen Beweis, daß meine vorhin ausgesprochene Vermutung richtig ist. Sie sind der Anführer von Freibeutern, deren Treiben ungesetzlich ist. Kommen Sie mit herein in die Stube! Ich werde sofort einen Boten absenden, und Sie haben die Güte, bis zur Rückkehr desselben hier zu verweilen.«

»Was muten Sie mir zu! Ich werde Ihnen zeigen, was ich zu tun beabsichtige oder nicht, und zwar gleich!«

Er schnellte von seinem Sitze auf und sprang nach der Stelle, an welcher seine beiden Pistolen lagen, welche der Bruder hereingeworfen hatte. Ich war darauf gefaßt gewesen, tat einen Sprung, kam ihm zuvor und schleuderte ihn zurück, so daß er mit einem lauten Schlage auf die Bank flog. Das brachte ihn außer sich. Er fuhr schnell wieder auf, stieß einen grimmigen Fluch aus und wollte sich auf mich werfen. Aber der Frater faßte ihn wie vorher an den Armen, drückte ihm dieselben an den Leib und steifte ihn abermals auf die Bank zurück.

»Sie sehen, daß Sie nichts vermögen,« sagte er. »Ergeben Sie sich also in die gegenwärtige Lage! Widerstand ist vergeblich. Sie haben es nicht mit Leuten zu tun, welche sich vor einem Freibeuter fürchten. Sie werden die Früchte Ihrer heutigen Taten ernten, Sie und Ihre Leute, denn auch dieser werden wir uns versichern.

»Wie wollten Sie das anfangen?« fragte der Major kleinlaut-höhnisch.

»Ich will es Ihnen sagen. Sie schließen wir ein, und dann locken wir Ihre Leute herein in den Hof und lassen unsere Toros und Novillos zu ihnen, welche sich da hinter diesem zweiten Tore befinden. Ich bin überzeugt, daß Ihre tapferen Guerilleros diesen Tieren gegenüber ganz andere Gesichter machen, als heute früh, wo es sich um zwei ungefährliche Männer handelte.«

Toro ist ein alter, heimtückischer Stier, welcher leicht auf den Mann geht. Novillos werden die jungen wilden Ochsen genannt, welche sich der Zähmung widersetzen. Beide Arten sind höchst gefährlich, denn ist ein solches Tier einmal in Wut geraten, was bei der geringsten Veranlassung geschehen kann, dann ruht es nicht eher, als bis der Feind ihm aus den Augen gekommen oder vernichtet ist. Die Drohung des Bruders verfehlte deshalb ihren Eindruck nicht, zumal er hinzufügte:

»Oder glauben Sie, daß Ihre Leute meiner Einladung nicht folgen werden? Dann gibt es ein anderes Mittel. Sie sind von den Pferden gestiegen und also nicht zu einer augenblicklichen Flucht vorbereitet. Ich brauche nur das vordere und dieses zum Ochsenplatze führende Tor zu öffnen, so stürmen die Stiere hinaus. Sie kennen das und werden zugeben, daß Ihre Leute dann sicher verloren sind. Soll ich es Ihnen etwa gleich jetzt beweisen, Herr Major?«

Er tat, als ob er zum Tore gehen wolle.

»Um Gottes willen!« rief Cadera erschrocken. »Die Bestien würden sich ja zuerst auf uns werfen!«

»Allerdings. Aber den Ranchero und mich kennen sie; wir würden uns vor den deutschen Sennor stellen, und Sie würden es also allein sein, den sie auf ihre Hörner spießen. Es ist gar nicht scherzhaft gemeint, Sennor! Sie befinden sich in großer Gefahr. Sie haben nichts zu erwarten, als das Militär aus Mercedes und obendrein die wilden Stiere. Wir wissen sehr genau, wie man mit fremden Freibeutern umzugehen hat; das sehen Sie nun wohl ein.«

»Ich mag mit Ihnen nichts mehr zu tun haben und verlange, daß Sie mich hinaus lassen!«

»Hm! Dieses Verlangen ist sehr leicht erklärlich, und ich bin vielleicht bereit, Ihren Wunsch zu erfüllen, stelle aber die Bedingung, Sie gegen Ihren Gefangenen auszuwechseln.«

»Darauf lasse ich mich nicht ein! Sie müssen mich hinaus lassen. Sie haben kein Recht, mich hier zurückzuhalten!«

»Und Sie haben noch weniger Recht, sich des Yerbatero zu bemächtigen. Streiten wir nicht. Diese Differenz wird sofort ausgeglichen werden, wenn die Truppen aus Mercedes kommen. Sennor, haben Sie einen sichern Mann und ein schnelles Pferd?«

»Beides ist vorhanden,« antwortete der Ranchero, welcher sich bisher nur mit den Augen und Ohren an der Szene beteiligt hatte.

»Lassen Sie augenblicklich satteln und bringen Sie den Mann zu mir. Ich werde ihm einige Zeilen mitgeben. Die Freischärler halten vorn am Tore; er mag also hinten durch die Öffnung der Hürde reiten. Da sehen sie ihn nicht.«

Bürgli wollte in das Haus treten. Da aber rief der Major:

»Halt! Noch ein Wort! Ich habe die Truppen aus Mercedes nicht zu fürchten, denn sie sind meine Kameraden. Aber ich wäre blamiert, mich von ihnen in der gegenwärtigen Lage finden zu lassen. Ich gehe also auf Ihre Bedingungen ein und liefere den Yerbatero aus. Lassen Sie mich hinaus, so werde ich Ihnen den Mann hereinschicken.«

Der Frater schüttelte lächelnd den Kopf und antwortete:

»In dieser Weise möchte ich die Sache nicht beilegen, Sennor! Ich öffne das Tor, so daß Sie von den Ihrigen gesehen werden und mit Ihnen sprechen können. Sie geben ihnen den Befehl, den Yerbatero frei zu lassen. Sobald er zum Tore hereinkommt, dürfen Sie zu demselben hinaus. Dadurch wird jede Unehrlichkeit von Ihrer oder unsrer Seite ausgeschlossen. Ich denke, Sie gehen auf diesen Vorschlag ein?«

»Ich bin bereit dazu.«

»Gut! Aber ich verlange von Ihnen Ihr Ehrenwort, daß Sie sich dann sofort mit Ihren Leuten entfernen und jeden Versuch unterlassen, uns zu schaden. Unter diesem Wörtchen ›uns‹ verstehe ich die Bewohner dieses Rancho, die beiden Sennores, welche Ihre Gefangenen waren, und auch mich. Ich fordere also, daß Sie einen Eid darauf ablegen. Sind Sie bereit dazu?«

Er gab diese Zusage nur sehr widerstrebend; das war ihm anzusehen, aber er hatte keinen freien Willen mehr.

»Nun, so will ich öffnen,« erklärte der Frater.

Er ging zum Tor, schob die Riegel zurück und machte beide Flügel auf. Mitten im Eingange blieb er stehen. Die Bolamänner waren abgestiegen und hielten in kurzer Entfernung von ihm. Der Yerbatero wurde von ihnen eingeschlossen und war an den Händen gebunden. Ich stand neben dem Major und hielt ihn scharf im Auge. Er hatte nun den betreffenden Befehl zu erteilen. Sein Auge sah das Tor offen; die Freiheit lag vor ihm; es schien ihm leicht zu sein, uns zu entkommen, ohne sein Versprechen zu halten; er schnellte plötzlich vorwärts, dem Ausgange zu. Aber er kam nicht weit. Ich sprang ihm nach und faßte ihn am Arme. Er versuchte, sich loszureißen, doch vergeblich.

»Herbei, herein!« schrie er seinen Leuten zu. »Zu Hilfe!«

Ich schleuderte ihn zu Boden und hielt ihn dort fest. Mehrere der Bolamänner wollten seinem Rufe folgen; aber der Frater rief ihnen zu:

»Ihr bleibt draußen! Wer wagt es, meinem Befehl entgegen zu handeln?«

Sie wichen zurück. Er allein hielt fünfzig Männer in Schranken. Es war, als ob sein Blick lähmend auf sie wirkte.

»Verräter, Lügner!« wendete er sich an den Major. »Sie wollen Offizier sein und besitzen doch so wenig Ehrgefühl, daß Sie ein gegebenes Wort nicht achten! Ich sollte Sie dafür züchtigen, will es aber nicht tun, sondern auch jetzt noch unser Übereinkommen festhalten. Geben Sie den Yerbatero frei, so lassen wir Sie hinaus. Entschließen Sie sich schnell! Wollen Sie?«

»Ja,« knirschte er. »Laßt mich nur auf!«

»Nein!« antwortete ich, ihm auf der Brust kniend. »Erst geben Sie den Befehl!«

»Nun denn, laßt den Kerl herein!«

Er mußte dieses Gebot wiederholen, bevor es befolgt wurde. Montesos Fessel wurde gelöst, und er kam in den Hof.

»Nun aber will ich fort!« rief der Major. »Ich habe Ihre Bedingungen erfüllt. Lassen Sie mich also frei!«

»Ich werde es tun, sobald Sie jetzt in aller Form Ihr Ehrenwort wiederholen, sich mit den Ihrigen sofort zu entfernen und allen Feindseligkeiten gegen uns zu entsagen.«

»Ich gebe es ja! Wir werden diese Gegend augenblicklich verlassen und nichts gegen Sie unternehmen.«

»Gut! Und das Pferd des Yerbatero verlange ich auch.«

»Nehmen Sie es sich! Aber schnell, damit ich endlich loskomme!«

Monteso holte es sich selbst, und nun erst ließ ich die Hände von dem Major, welcher schnell aufsprang und zum Tore hinaus rannte. Draußen stieg er, ohne ein Wort zu sagen, auf und ritt mit seinen Leuten davon. Der Frater war so vorsichtig, ihnen einen Gaucho von weitem nachzusenden, welcher aufzupassen hatte, daß sie sich auch wirklich entfernten und uns nicht etwa für unsere Rückkehr nach der Estanzia del Yerbatero einen Hinterhalt legten. Er meldete uns später, daß sie über den Fluß gegangen seien, ein sicheres Zeichen, daß sie nicht die Absicht hatten, sich weiter mit uns zu beschäftigen.


 << zurück weiter >>