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Der gute Herzog lebte mit seiner schönen Frau in einem großen Schlosse, das hatte lauter rosenrote Fensterscheiben. Darum glaubte der Herzog, die Welt sei rosenrot. Denn er kam niemals aus dem Schlosse heraus.
Eines Tages las er in seiner rosenroten Zeitung, die Bürger lebten der Meinung, die Welt sei nächtens schwarz, bei Tage aber mitunter blau und meistens grau. Da wurde er zornig und rief seinen Schatzmeister. Der mußte ungeheure Schulhäuser im ganzen Lande bauen, darin waren lauter rosenrote Fensterscheiben.
Nun lernten die Schulkinder wirklich, die Welt sei rosenrot, und waren guter Dinge. Wenn sie aber herauskamen aus den Schulhäusern, so erfuhren sie zu ihrem Schrecken, daß die Welt nächtens schwarz war, bei Tage aber mitunter blau und meistens grau. Weil sie nun die Augen an die rosenrote Farbe gewöhnt hatten und weil sie sich über die Fopperei ärgerten, darum erschien ihnen auch der blaue Himmel gräulich.
Der Herzog las in seiner rosenroten Zeitung, daß die Schule die Bürger nicht gebessert hätte. Da ließ er noch zorniger seinen Kriegsfeldherrn kommen und befahl ihm, jeden einzelnen Bürger zu binden und ihm beide Augen mit Gewalt rosenrot anzustreichen. Das tat weh, und die Bürger wurden böse. Sie rotteten sich vor dem Schlosse zusammen und drohten die rosenroten Schloßfenster mit grauen Steinen einzuwerfen. Da erschraken der Kriegsfeldherr und der Schloßkaplan über alle Maßen. »Alles, nur das nicht!« Es gab nämlich eine alte Wahrsagung, daß die Kapelle einstürzen müßte, wenn auch nur eines der rosenroten Schloßfenster zerbrochen würde. Lieber sollte alles beim alten bleiben.
Der gute Herzog aber wollte noch einen Versuch machen. Er berief abermals seinen Schatzmeister und sagte zu ihm:
»Mein lieber Schatzmeister, öffne alle deine Truhen; wir wollen über der Erde einen neuen starken Himmel aus rosenrotem Glase bauen. Dann werden die schlechten Bürger endlich zugeben müssen, daß die Welt rosenrot aussieht.«
»Dann wäre sie es sogar, Hoheit,« sagte der ehrliche Schatzmeister. »Aber dazu langt's nicht.«
Und so blieb alles beim alten.