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5. Kapitel.
Das Vermächtnis der Märtyrerin


Die Krone, die die Väter uns erstritten,
Um die sie todesmutig einst geblutet,
Wir halten sie als Gottes Gnadengabe
Und lassen nicht das Kleinod unsres Glaubens.

Hell und freundlich blickten die warmen Strahlen der Märzsonne in das kleine, behagliche Wohngemach eines alten Hauses, schräg gegenüber dem Franziskanerkloster zu Schwerin. Der letzte Schnee lag noch auf den spitzen Giebeldächern und auf den Ästen des alten Nußbaums, der mit den kahlen Zweigen an die Scheiben pochte und verkündete, daß es nun ein Ende habe mit den Stürmen des Winters.

Hörten die da drinnen ihn gar nicht? Der Magister war doch sonst immer so hinter den Veilchen und was sonst zum Frühling gehört, hergewesen, und das Mägdlein, das dem ernsten Manne so mäuschenstill gegenüber saß – der ausgelassenste Wildfang war's im gewöhnlichen Leben, der Nußbaum hatte es ja oft gesehen, wie es die Treppen heraufgestürmt kam, zwei Stufen nahm's immer auf einmal, manchmal auch drei, und war doch schon ein angehendes Jungfräulein! Wer sie in diesem Augenblick sah, mußte freilich die Vierzehnjährige für älter halten, so ernst und gereift erschien ihr Wesen. Kein Wort von den Lippen des Lehrers entging ihr, sie hörte ihm nicht nur mit den Ohren zu – bis in die tiefsten Tiefen ihrer Seele drangen seine Worte und fielen auf fruchtbaren Boden. Jetzt schlug der Magister das Buch zu und betete das heilige Vaterunser. Dann erhob er sich und sagte, dem Mägdlein die Hand gebend: »Kommst du morgen wieder, Ilsabe?«

»Darf ich?« fragte sie bescheiden.

»Ja gewiß, mein Kind,« erwiderte er herzlich, »es ist meine größte Freude, daß wir uns gefunden haben, oder vielmehr, daß Gott uns zusammengeführt hat, und ich dir endlich das teure Vermächtnis deiner seligen Mutter geben und dir das Heil verkünden darf. Komm' nur morgen wieder und so oft du kannst,« fuhr er, die Hand auf ihre Schulter legend, fort, »die Zeit ist kostbar! Wie lange bleibst du noch?«

»Drei Wochen.«

»Gut, komm' nur jeden Tag, wenn du irgend im Schlosse abkommen kannst.«

Die großen, dunklen Augen sahen dankbar zu ihm auf, dann beugte sie sich über seine Hand und drückte ehrerbietig die zarten Lippen darauf.

»Habt tausend Dank,« sagte sie, »durch Euch hab' ich es erfahren, daß ich einen Heiland habe!«

Er sah ernst zu ihr nieder. »Glaubst du das, Ilsabe?«

»Ja,« sagte sie und blickte voll zu ihm auf. Es war derselbe Blick der sterbenden Augen, die ihn im Kerker zu Penzlin im bittersten Scheiden so glaubensfröhlich angeschaut, derselbe Blick, denn die Augen hatte das Mägdlein nicht von der Mutter. Tiefbewegt hielt er die Kinderhand in der seinen; es war ihm, als träte ein Engel zu ihm und brächte ihm die Grüße der Märtyrerin.

»Ich kann es nicht ertragen, daß mein Kind das Heil nicht empfängt, das ich empfangen! Es muß es wissen, daß es einen lebendigen Heiland hat, der es erlöst hat zum ewigen Leben – sonst ist das Leben kein Leben« – wohl hundertmal war's durch seine Seele gezogen, und er hatte zu Gott gebetet, tagtäglich, daß er ihm den Weg zeigen möchte. Schon wollte er zagen und zweifeln, weil sich keine Aussicht bot, der kleinen Ilsabe näher zu kommen, und nun hatte Gott sie ihm zur Beschämung für seinen Kleinmut wie ein Geschenk in den Schoß gelegt und ihm das Mägdlein selbst ins Haus geführt.

Sabine Maltzan war mit der Tochter eines hussitischen Edelmannes befreundet und hatte Ilsabe, deren Besuche in Schwerin immer häufiger wurden, gebeten, die Gespielin, welche dort inzwischen einen Magister gefreit, einmal aufzusuchen und ihr Grüße zu überbringen. So war Ilsabe in Bruder Laurentius' Haus gekommen, denn er war der ehrsame Magister Tilenius und kein anderer. Bald hatte er den Weg zu dem sehnenden, suchenden, jungen Herzen gefunden, welches so gern den Heiland selbst sehen, besitzen und lieben wollte und das Vermächtnis der Märtyrerin als das heilige Kleinod, den Juwel, den Christi Blut uns erstritten, empfing.

Tag für Tag kam sie vom Schloß herüber, und der Geistliche hätte keine lernbegierigere und gewissenhaftere Schülerin haben können. Mit einem Herzen voll Sehnsucht und Liebe, den zu empfangen, der sie als sein Eigentum ans Herz genommen, war sie gekommen und ruhte nicht, bis ihre Seele ihm klar gegenüberstand. Sie kannte die Sünden, mit denen sie zu kämpfen hatte, genau, aber sie faßte sie auch als Sünden ins Auge und bekämpfte Heftigkeit und Eigenwillen als solche – nicht als Schwächen und Untugenden, wie so viele es thun, die damit das häßliche, unbequeme Wort Sünde einfach vom Programm des Christentums streichen und sich dadurch das Leben, ohne ihrer Ansicht nach die Kraft des Christentums abzuschwächen, wesentlich erleichtern und vereinfachen.

Ilsabe hatte einen Lehrmeister, der selber durch tiefe Fluten gemußt, bis er den Felsen erreicht und das Kreuz umklammert hatte, Fluten, die der natürliche Mensch aus eigener Kraft nicht überwältigt, weil sie über sein Haupt gehen, weil sie ihn ohne den Retter in der Höhe in ihre Strudel und Tiefen hinabziehen. Laurentius Tilenius hatte es persönlich erfahren, daß man nur durch die Schmerzen der Buße zum Glauben kommt, daß eine Menschenseele nur in ihrem Heiland fröhlich sein kann, nachdem sie mit der Last ihrer Sünde unter seinem Kreuz zusammengebrochen ist; daß es nicht die offenbare Schuld und Schande, die den Menschen vor dem Menschen herabwürdigt, nicht des Schächers dunkle Thaten, nicht Judas' Verbrechen zu sein braucht, das uns das Urteil spricht, – sondern daß uns die, menschlich geredet, kleinste Übertretung des heiligen Gebotes der Nächstenliebe, die geringste Nichtachtung eines einzigen der heiligen Worte, die Gott der Herr auf Sinai geschrieben, in den Staub wirft und uns verdammt. Er hatte es erfahren, daß aus dieser tiefen Not heraus allein der Glaube als Gottes Gnadengeschenk kommt, das er jedem, der nicht nur ein gemalter, sondern ein wirklicher armer Sünder ist, und der von Herzen glauben will, schenkt und mit demselben die Freude und den Frieden, die ewig währen.

Tilenius war ein selten begabter Mann, eine Zierde für den Lehrstuhl jeder Universität, eine hervorragende Kraft für das Predigtamt der Zukunft, ein Verkündiger der reinen Lehre, den ein Luther gern als Boten ausgesandt hätte, ein Mann der Energie und des unerschrockenen Bekenntnisses – vor allem ein frohes, demütiges Gotteskind, das nicht auf eigene Vernunft noch Kraft vertraut.

So war Ilsabe in den besten Händen und sah mit inniger Dankbarkeit zu dem treuen Lehrer auf, der das, was sein Eigentum geworden, als ein sorgsamer Gärtner in die junge Seele verpflanzte. Niemand störte sie in ihrem Vorhaben. Das Jahr, das Mecklenburg die Reformation brachte, hatte begonnen, und Herzog Heinrich, ob auch selbst noch Katholik, erwies sich als Schirmherr und Förderer derselben. In Rostock war ja schon 1516 evangelische Lehre gepredigt, im übrigen Mecklenburg fand sie allerdings viel später Eingang, und besonders Schwerin öffnete ihr als eine der letzten Städte, die sich überwunden erklärten, die Thore; aber im Jahre 1523 war es doch in unsern Landen nichts Sonderliches mehr, wenn ein Menschenkind sich zu Luthers Lehre bekannte, und die Erscheinung des hohen Protektors der Reformation ließ ihre Feinde vor Gewaltthaten zurückschrecken.

Seit mehreren Jahren bekleidete Laurentius Tilenius die Magisterstelle zu Schwerin. Als er damals aus Penzlin floh, begab er sich in das Augustiner-Prämonstratenserkloster zu Broda, welches den Flüchtling freundlich aufnahm. Der Augustinerorden war bekanntlich einer der ersten Mönchsorden, die sich der neuen Lehre zuneigten, und so wies er auch den Mönch, dessen Gewissen die Beteiligung an der Ketzerverfolgung nicht ertrug, nicht ab, sondern bot ihm Obdach und Klosterkleid. So schützte er ihn vor den Verfolgungen der Franziskaner und Dominikaner.

Mehrere Jahre blieb er im Kloster, bis die Reformation immer lauter an Häuser und Herzen klopfte. Da sprengte auch er die Fesseln und bekannte sich öffentlich zu Luthers Lehre. Kurze Zeit darauf vermählte er sich mit der Tochter eines hussitischen Edelmannes und zog mit seinem jungen Weibe nach Schwerin, wo er die Magisterstelle erhalten hatte.

Es war noch dieselbe hohe, vornehme Erscheinung, die einst in der braunen Franziskanerkutte das Sakrament in Frau Ilsabes Kerker gebracht, nur etwas kräftiger und stärker war der Mann geworden, der heute den schwarzen Magisterrock trug. Die letzten Spuren der noch nicht ganz verschwundenen Tonsur verrieten den ehemaligen Mönch, dessen dunkles Haar schon eine Anzahl silberner Fäden aufwies – des Lebens Leid und Ungemach, des Glaubens Kämpfe und Anfechtungen waren nicht spurlos an ihm vorübergezogen. Die feinen Züge waren etwas schärfer geworden, aber die klugen grauer: Augen über dem edlen Profil waren dieselben geblieben, und ihr lebhafter, sonniger Glanz war unverändert.

Eben war seine junge Schülerin gegangen; er stand am Fenster und sah der zarten Gestalt nach, wie sie dem Schloß zuwanderte. Da öffnete sich die Thür, und eine junge Frau mit einem dunkellockigen Bübchen auf dem Arm trat ein. »Wollen wir essen, Laurentius, es ist alles fertig,« fragte sie.

»Ja, mein Lieb', ich komme sofort,« erwiderte er, glücklich auf Weib und Kind blickend, indem er die Beinchen seines Erstgeborenen prüfend in den Händen wog. Der Junge schien seines Vaters lebhaftes Temperament geerbt zu haben und tanzte wie ein Kätzchen auf dem Arm seiner Mutter umher, alle die kleinen, niedlichen Töne, über die ein halbjähriges Bübchen zu. verfügen hat, der Reihe nach zum besten gebend.

»Willst du mitessen, Dicker?« fragte Laurentius, und der Dicke gab seine gewöhnliche Antwort, ein selig lächelndes Agüü.

»Nein, wir wollen schlafen,« sagte die junge Frau, »nicht wahr, Herzenssöhnchen, du hast eben so viel getrunken, daß du auf deinen Lorbeeren ruhen kannst?«

Sie hielt dem Gemahl den Kleinen zum Kusse hin, der das Lockenköpfchen faßte und die Lippen auf das dunkle Haar des Kindes drückte. Dann legte Maria das Kind in die Wiege, und beide gingen hinaus. Ein einfaches, kräftiges Mahl erwartete sie. Laurentius sprach das Tischgebet, und sie setzten sich.

»Du glaubst nicht, Maria,« sagte er zu seiner Ehefrau, »wie viel Freude ich an Ilsabes Unterricht habe. Das Mägdlein ist von einer seltenen Begabung und bringt außerdem ein Herz, durstend nach dem Heile, mit.«

Sie nickte ihm lächelnd zu. »Es freut mich, Laurentius, ich habe es nicht anders von Ilsabe erwartet.«

»Von dem Kinde dieser Mutter habe ich auch nichts anderes erwartet, aber meine Erwartungen sind noch weit übertroffen.«

»Fürchtest du nicht für sie, wenn sie nach Penzlin in das katholische Haus zurückkehrt?« fragte Maria.

»Nein,« entgegnete er, »ein Charakter wie Ilsabe leidet nicht so leicht Schiffbruch. Ich habe nie bei einem jungen Wesen, welches so schön und mit so glänzenden Gaben ausgestattet ist, wie sie, so viel Demut gefunden. In manchem ist sie fast unnatürlich weit. Sie besitzt zum Beispiel eine Selbst- und Sündenerkenntnis, wie man sie bei manchem, der alt und grau geworden, mit der Laterne suchen kann und doch nicht findet. Für mich liegt etwas ungeheuer Anziehendes in diesem Charakter, welcher Willensstärke und zähes Festhalten an der Überzeugung mit jungfräulicher Bescheidenheit und Demut vereinigt. Daneben ist Ilsabe so klug, daß mancher Studiosus das Mägdlein um seinen scharfen Verstand beneiden könnte! Sie kommt in schwierige Verhältnisse zurück – gewiß, darin hast du recht, aber sie werden ihr nicht zur Klippe werden. Sie hält, was sie hat, und solchem Herzen hilft der Herr, daß ihm niemand seine Krone nimmt.«


Ein kalter, regnerischer Maitag war's, als Ilsabe langsam Magister Tilenius' Haus verließ. Es war die letzte Stunde gewesen, und schweren Herzens hatte sie Abschied genommen. Mit den Thränen kämpfend ging sie über den Schloßplatz; wie oft war sie diesen Weg frohen Herzens gegangen! Nun war die schöne Zeit vorüber, und wer wußte, wann sie wieder nach Schwerin kam!? Eine Ahnung beschlich sie, daß es fürs erste nicht sein werde. Dreimal war sie nun hier gewesen, seit Herzog Heinrichs Kinder zum erstenmal in Penzlin waren, und dreimal waren die jungen Gäste wieder eingezogen unter Berendt Maltzans Dach. Bei Ilsabes letztem Besuch in Schwerin hatte sie den Magister Tilenius kennen gelernt, und sie dachte im stillen: Wär's doch eher gewesen! Aber sie wußte, daß Gottes Wege die besten sind, und bewahrte glücklich den Schatz, den sie empfangen, in feinem, gutem Herzen. So ging sie denn frohen Mutes nach Penzlin zurück. Noch wollte sie nicht öffentlich übertreten, Tilenius selbst hatte sie gewarnt, diesen Schritt zu übereilen, ein Jahr sollte sie wenigstens noch warten, hatte er gemeint, wenn sie dann noch ebenso dächte, wie heute, dürfte sie sich getrost zu Luthers Lehre bekennen. – – –

Ilsabe ging durch den Burggarten, am Wasser entlang, um zu sehen, ob die »kalte Sophie« Letzter Tag der »gestrengen Herren« im Mai. ihr noch einige Veilchen für die Herzogin gelassen. Nach langem Suchen fand sie einige im Grase versteckt und pflückte sie. Langsam ging sie den Weg zum Hause Heinrichs des Friedfertigen entlang, die Blumen ordnend. Als das Sträußchen fertig war, und sie ausblickte, stand die schlanke Gestalt eines jungen Mannes in gelb und blauer Hoftracht vor ihr. Er verneigte sich ehrerbietig, und sie wollte grüßend vorüber gehen, da traf sie sein leuchtender Blick.

»Ilsabe, du hier?« rief er in heller Freude.

»Georg,« jubelte sie und flog ihm entgegen, »wo kommst du her?«

»Aus Rostock,« antwortete er, die jungfräuliche Gestalt umfassend – »Ilsabe, wie groß und schön bist du geworden!« – er küßte die Errötende auf den zarten Mund.

Die hellen Thränen stürzten aus den Augen des Mägdleins. »Georg, lieber, lieber Georg,« flüsterte sie zitternd an seiner Brust und versuchte, sich aus seinen Armen frei zu machen.

Er hielt die Widerstrebende fest und sagte: »Nein, so schnell kommst du nicht fort, erst will ich in deine schwarzen Augen sehen, ob sie noch gerade so hell und klar sind, wie damals, als ich dich durch den Wald trug, und will dir sagen, wie lieb ich dich hab'!«

Sie schlug die Augen zu ihm auf. Wie zwei schwarzblaue, sammetene Stiefmütterchen blickten sie zu ihm empor, dann legte sie, als könne es nicht anders sein, das Haupt an seine Brust.

Er sah auf sie nieder, als wollt' er sagen: Sie ist an ihrem Platz! dann fragte er leise: »Soll es so bleiben, Ilsabe, immer, immer?«

Sie lehnte sich still an ihn, und er küßte ihr die Antwort von den Lippen. »Wollen dein Vater und deine Mutter mich auch haben, Georg?« fragte sie endlich. »Es ist leichter, der Tochter der Ketzerin Barmherzigkeit erweisen, als ihr Elternliebe entgegenbringen!«

»Ilsabe,« rief er aus, »wie kannst du das nur denken! Keine liebere Schwiegertochter könnt' ich auf die Burg Penzlin bringen, als dich, Herzlieb! Aber ich muß dich fragen, ob du warten kannst, vielleicht sehr lange!?«

Fast vorwurfsvoll sahen ihn die schwarzen Augen an.

»Ja,« sagte er lächelnd, »gelernt hab' ich noch nicht viel; auf des Vaters und meinen eignen Wunsch bin ich in den letzten Jahren häufig gereist und hab' viel von der Welt gesehen und kennen gelernt, aber die Wissenschaft ist darüber liegen geblieben, und ich muß nun mit doppeltem Eifer ans Werk, denn ich will etwas Tüchtiges lernen. Wenn wir beide etwas älter sind, giebt der Vater mir eine Burg, und ich führe dich heim, mein Sonnenstrahl.«-

Sie mußten sich trennen; Georg, der einen Freund, welcher beim Herzog Dienst that, aufgesucht, wollte noch am selben Tage noch Rostock zurück.

Graue Wetterwolken zogen über den Himmel, Regen mit harten Schlossen kam unbarmherzig auf die junge Obstblüte herab. Die »kalte Sophie« that ihr Möglichstes.

»Das ist das rechte Wetter zum Abschiednehmen,« sagte er, »aber, nicht wahr, es soll uns kein böses Omen für die Zukunft sein?«

»Nein,« erwiderte sie lächelnd,« unsre Liebe steht in Gottes Hut! und wir sind nicht abergläubig.«

Am Portal reichte sie ihm die Hand; er zog sie an die Lippen und sagte: »Lebe wohl, Ilsabe Richardis, übers Jahr komme ich wieder, dann wollen wir fischen und jagen, wie in alter Zeit, dann will ich dich durch den Wald tragen, wie einst im Mai!«

Wie Frühlingsjubel klang's mitten durch das Unwetter, und die beiden jungen Menschenkinder dachten in ihrer Glückseligkeit nicht daran, daß auch über ihre Liebe ein Hagelschauer ziehen könne.

Sie nahm ihr weißes Gewand auf und ging die Marmortreppe hinauf; noch einmal grüßte sie anmutig von oben hernieder, und er schwenkte fröhlich den Federhut.

»Übers Jahr!« jubelte es in ihrer Seele, »übers Jahr! Lebe wohl, Ilsabe Richardis!«

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