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155. Dem natürlichen Laufe des Seelenlebens, das von der Aufnahme äußerer Eindrücke durch eine mannigfaltige innere Verarbeitung derselben zu Bewegungen und Handlungen übergeht, wird auch unsere Betrachtung in gleicher Ordnung zu folgen haben. So führt sie uns zunächst zu der Entstehung der einfachen Sinnesempfindungen, aus deren Aufbewahrung im Gedächtnis und vielfacher Verknüpfung unter sich der wechselreiche Lauf der Gedanken sich entwickelt. Schon in diesen ersten Anfängen des Seelenlebens glauben wir häufig eine nach außen greifende Tätigkeit des Geistes zu erblicken, und das Empfinden erscheint uns nicht sowohl als ein leidendes Bestimmtwerden durch ankommende Reize der Außenwelt, sondern vielmehr als eine in die Ferne wirkende Spürkraft, welche die entlegenen Objekte aufsucht und sie unserem Bewußtsein annähert. Nicht durch empfangenes Licht der Gegenstände glauben wir im Sehen gereizt zu sein, sondern mit nach außen strahlender Sehkraft des Blickes sie in der Ferne leise zu belasten. Aber hier, wie in ähnlichen Fällen täuscht uns nur das Gefühl jener andern Selbsttätigkeit, durch die wir in der Erwartung äußerer Reize unsere Organe für ihre Aufnahme empfänglich machen. Wir nehmen die Bewegungen wahr, durch welche wir unsere Augenachsen richten oder den Blick für bestimmte Entfernungen akkommodieren; wir fühlen im Lauschen auf Geräusche eine mittelbar bewirkte Spannung des Trommelfells und kleine Bewegungen der Ohrmuschel. Und so glauben wir, durch diese und ähnliche Anstrengungen etwas zur Annäherung des Reizes beizutragen, obwohl eine kurze Überlegung uns bald lehrt, dass sie alle nur zur Herstellung der Empfänglichkeit für Anregungen dienen, deren Ankunft wir nicht beschleunigen, sondern nur erwarten können. Nirgends ist daher das Empfinden ein Hinauswirken in die Ferne; überall muß vielmehr die Seele zuwarten, bis Wirkungen, die von den Gegenständen ausgehen, nach physischen Gesetzen sich bis zu den reizbaren Punkten der Körperoberfläche fortpflanzen, und von da ab durch eine Reihenfolge vermittelnder Vorgänge die Seele zur Erzeugung einer Empfindung nötigen.
156. Unter dem Namen der äußeren Reize wollen wir nun jene Einwirkungen als das erste Glied der Kette von Prozessen bezeichnen, an deren Ablauf die Entstehung der Empfindung gebunden ist. Als Vorgänge der Außenwelt, die nur zufällig die Grenzen des lebendigen Körpers berühren, gehören die äußern Reize nicht zu den eigentlichen Objekten unserer Untersuchung, die vielmehr nur ihren psychischen Wert für die Erzeugung der Empfindungen zu bedenken hat. Auch über diesen aber sind die Vorurteile älterer Zeiten längst überwunden. Niemand glaubt mehr, dass in den äußern Reizen irgend etwas von jener sinnlichen Qualität der Empfindung schon vorhanden sei, deren Anschauung sie mittelbar in unserem Bewußtsein erwecken. Von einem rotglänzenden Körper löst sich keine fertige Röte, von einem tönenden keine Melodie ab, um durch die Pforten der Sinnesorgane nur in uns einzudringen. Alles, was die materiellen Objekte der Außenwelt leisten können, besteht in Bewegungen von mannigfach verschiedenen Formen, Intensitäten und Rhythmen, die sie ihren Nachbarn oder allgemein verbreiteten Medien wägbarer und imponderabler Substanz mitteilen, und diese Bewegungen sind zugleich die einzigen Botschaften, durch welche die Objekte sich mit den empfänglichen Sinnesorganen in Verbindung setzen. Folgt nun der Oszillation des Äthers eine Farbenempfindung in uns, der Luftschwingung ein Ton, so haben wir die Quelle dieser qualitativen Sinnesempfindungen nur in uns selbst zu suchen, dürfen aber in den äußern Reizen nichts sehen, als physische Vorgänge irgend welcher Art, zwar geeignet, die Seele zur innerlichen Erzeugung jener Anschauungen zu veranlassen, nicht aber, sie ihr als schon fertige zuzuführen.
157. Sind nun die äußern Reize in der Tat nur physische Bewegungsprozesse, so kann auch ihre nächste Einwirkung auf uns nur in einer physischen Veränderung in dem Zustande der körperlichen Massen bestehen, die sie an dem Punkte ihres Eintritts in den Organismus antreffen. Man ist gewohnt, dieses zweite Glied in der Kette der empfindungserzeugenden Vorgänge sogleich in dem Einflüsse der Reize auf die Nerven zu suchen. Eine vollständige Betrachtung hat jedoch zuvor ein anderes Mittelglied einzuschalten. Denn es erbebt sich die Frage, ob allgemein die äußern Reize in derselben Gestalt, in welcher sie aus der Außenwelt an uns kommen, auch zur Einwirkung auf die Nerven gelangen, und ob sie nicht vorher, den Teil der Körpersubstanz durchlaufend, welcher die nie ganz freiliegenden Nervenenden bedeckt, eine Umgestaltung ihrer Form erleiden. In dem Auge und dem Ohre freilich findet eine solche Transformation schwerlich statt. Bekannte Erscheinungen beweisen hinlänglich, dass die Lichtwelle als Lichtwelle die Netzhaut erreicht, und als solche sie teils durchdringt, teils von ihr zurückgestrahlt wird; und ebenso gelangen Schallwellen ohne Zweifel als solche durch die festen und flüssigen Mittel des Hörorgans bis zur Ausbreitung seines Nerven. Für die Allgemeinheit des Satzes beweisen jedoch beide Fälle nichts; denn in beiden Sinnesorganen hat gerade die Natur besondere Kunst aufgewandt, dort um ein System durchsichtiger Medien, hier um eine Zusammenstellung gespannter, oszillationsfähiger Membranen und leichtbeweglicher flüssiger Mittel zu konstruieren. Anders verhält es sich vielleicht mit dem Wärmereize. Zwar wird gewiß auch die Wärme als solche den Körper ebenso durchdringen können, wie jede andere Substanz; aber es fragt sich, ob der Reiz, welcher unsere Temperaturempfindung veranlaßt, unmittelbar in einer Einwirkung der Wärme auf das Nervenmark, und nicht vielleicht in einer Dichtigkeitsänderung des umgebenden Parenchyms besteht, die zunächst von der Wärme erzeugt, nun erst sekundär den Nerven in Erregung versetzt. Wie dem auch sein mag, wir glauben im günstigsten Falle doch nur behaupten zu dürfen, dass in jedem Sinnesorgane Anstalten getroffen sind, um eine bevorzugte Klasse adäquater Reize ohne Formänderung bis zum Eingriff auf den Nerven gelangen zu lassen. Da jedoch nichts die Reize hindern kann, alle Wirksamkeit, die sie besitzen, auch auf andere Körperstellen auszuüben, in denen sie diese günstigen Einrichtungen nicht treffen, da z. B, das Licht auf die Hautoberfläche jedenfalls Einflüsse äußern muß, so wird es ohne Zweifel auch Fälle geben, in welchen der äußere Reiz nicht als solcher den Nerven erregt, sondern zuerst einen andern Zustand der bedeckenden Gewebe erzeugt, welcher als innerer Sinnesreiz nun erst dem Nerven einen Anstoß der Tätigkeit gibt. Wahrscheinlich sind alle diese Fälle für den Zusammenhang des ganzen Lebens nur von geringer Wichtigkeit; theoretisch aber scheint es uns dennoch notwendig, diese Transformation des äußern Reizes in einen innern als ein allgemeines zweites Glied der ganzen Empfindungserzeugung anzusehen, welches für die höheren Sinne nur künstlich durch sorgsamen Bau der Organe eliminiert ist.
158. Nach erlittener oder vermiedener Umwandlung erreicht nun die Wirkung des äußeren Reizes ein empfängliches Nervenende und erregt in ihm eine Tätigkeit, die wir unter dem Namen des empfindungserzeugenden Nervenprozesses als das dritte Glied dieser Reihe von Vorgängen bezeichnen. Auf die vielfältigen Fragen zurückzukommen, welche über seine Natur obschweben, finden wir noch manche Veranlassung, und begnügen uns deshalb, die Vermutungen über ihn vorläufig nur in weitere Grenzen der Zulässigkeit einzuschließen. Hat man den früheren Irrtum überwunden, als läge schon in den äußern Reizen die Qualität der spätern Anschauung fertig vor, so gibt man sich desto häufiger dem andern Irrtum hin, den Nervenprozeß für einen psychischen Vorgang, für eine schon zur Empfindung gewordene Erregung zu halten, die nur noch der Fortleitung bis zum Gehirn bedürfte, um dem Bewußtsein überliefert zu werden. Wir haben schon früher (10.) zu ausführlich, um hier wieder darauf zurückzukommen, nachzuweisen gesucht, wie ganz eine solche in den Molekülen des Nerven schon bestehende Empfindung für die Erklärung unserer Empfindung verloren sein würde, und wie durchaus der Vorteil, den die Nervenerregung unserm individuellen Bewußtsein gewähren kann, in der Zuleitung physischer Zustände bestehen muß, die unserer Seele als Reize dienen, Empfindungen aus sich selbst zu erzeugen. So wenig der geschlagenen Saite ihr Ton durch das Holz der Taste zugeführt wird, in dessen Natur vielmehr gar keine Hindeutung auf die Tonwelt liegt, so wenig könnte die Seele ihre Empfindungen fertig aus zuleitenden Nerven aufnehmen. Denn wäre es auch wirklich so, dass jedes Nervenmolekül seine physische Erregung durch eigene Empfindungen begleitete, immer würden diese letztern ein fremdes Element für unsere Seele sein, und sie zwar vielleicht, wie andere Reize, zur Erzeugung einer Reaktion nötigen, aber niemals widerstand los in das Bewußtsein hinüberwandern. Eine solche Reaktion aber kann der Seele durch die physischen Erregungen der Nerven ebenso wohl unmittelbar abgewonnen werden, und deshalb haben wir in der Erklärung unserer Empfindungen von allem psychischen Leben des Nerven gänzlich abzusehen und seine Funktion nur in der Erzeugung und Leitung eines irgendwie gestalteten physischen Bewegungsprozesses zu suchen. Ist nun die Nervenwirkung der Empfindung gewiß ganz unvergleichbar, so braucht sie anderseits den äußern Reizen wenigstens nicht notwendig ähnlich zu sein; Vieles überredet uns vielmehr, dass bei dem Übergange in das Nervensystem der äußere Reiz allgemein eine Umgestaltung seiner Form erfahre. Weder nötig noch wahrscheinlich ist es, dass die Lichtwelle als solche sich durch den Sehnerven, die Schallschwingung als solche durch den Gehörnerven fortpflanze, und dass wieder ganz anders geformte Prozesse, ihren veranlassenden Reizen ähnlich, durch Geruchs- und Geschmacksnerven zum Gehirn geleitet werden. Möglich ist es vielmehr und glaublich, dass die Erregungen der verschiedenen Nerven unter einander viel näher verwandte Prozesse sind, als die Sinnesreize, von denen sie ausgingen, oder dass sie überhaupt nur sekundäre Modifikationen einer einzigen Wirkungsweise sind, die im Wesentlichen allen Nerven gleichartig zugehört.
159. Das Zustandekommen der Empfindung setzt nun weiter eine Fortleitung des Nervenprozesses bis zu den Zentralteilen des Gehirns voraus. Die Deutung dieser erfahrungsmäßigen Tatsache ist jedoch sehr verschieden ausgefallen. Man hat bald angenommen, die in dem Nerven schon fertige Empfindung sei doch dem Bewußtsein noch unerreichbar, ehe sie bis zum Sitze der Seele durchgedrungen sei, eine unbegreifliche Vorstellung, deren Widersinn am Tage liegt; man hat ferner gemeint, der physische Nervenprozeß bedürfe jene Fortleitung, um zur Wechselwirkung mit der Seele zu gelangen, und dies ist die Ansicht, die auch wir festhalten werden im Gegensatz zu der dritten Deutung, dass zwar der Nerv nur, physische Erregungen enthalte, dass aber in den Zentralorganen ihre Umsetzung in psychische Elemente erfolge, die als nun fertige Empfindungen der Seele zur Wahrnehmung vorgelegt würden. Diese dritte Ansicht würde so unmöglich sein als die erste, da sie nur einen andern Ort für jene Transsubstantiation des Physischen in Geistiges wählt, welche nun einmal nur in der Seele selbst, nie in irgend einem körperlichen Organe stattfinden kann. Auch ist sie selten so nackt ausgesprochen worden; aber sie liegt häufig dem großen Werte zu Grunde, welchen man auf die Unterscheidung peripherischer und zentraler Teile des Nervensystems legt. Wollte man dieser Ansicht nun einen möglichen Sinn abgewinnen, so würde man sie so wenden müssen, dass man dem Nervenprozesse in der Gestalt, welche er in den Nerven selbst hat, die Fähigkeit abspräche, unmittelbar als passender und genügender Reiz für die Seele zu dienen. Man müßte behaupten, dass auch er einer nochmaligen Transformation bedürfte, die ihm zu Teil würde, indem er vorher auf die zentralen Teile des Gehirns einwirkte. Diese nämlich würden nach Maßgabe ihrer besondern Struktur, Mischung oder anderen Eigentümlichkeiten durch eine neue Form der Erregung antworten, die nun als der vollkommen vorbereitete und adäquate Anstoß auf die Seele weiter wirkte. Hören wir deshalb von einem optischen oder akustischen Zentralorgane, so deuten wir uns dies stets so, dass beide nur die letzte für den Angriff auf die Seele notwendige Umformung des Nervenprozesses in einen andern nicht minder rein physischen Prozeß vermitteln, und lassen die sinnlose Torheit unberücksichtigt, die den Zentralorganen zumutet, etwa aus elektrischen Strömungen der Nerven Farben und Töne zu bereiten. Ob nun, was wir logisch zurechtzulegen suchten, auch in Wirklichkeit vorkommt, stehe einstweilen dahin. So viel ist klar, dass a priori keinerlei Wahrscheinlichkeit für das Vorkommen dieser letzten Umformung des Nervenprozesses vorhanden ist. Dass der äußere Reiz, ehe er den Nerven erreicht, sich umgestalte, war möglich, da zwischen ihm und dem Nervenende sich oft Bedeckungsschichten befinden, die umändernd auf ihn einwirken können; dass ferner wenigstens beim Übergang in den Nerven selbst die Form des Prozesses sich umbilde, war noch wahrscheinlicher: denn im Interesse der tierischen Ökonomie muß es liegen, die Tätigkeiten verschiedener Teile des Nervensystems möglichst durch bloße Modifikationen eines wesentlich gleichartigen Vorganges zu bestreiten. Warum nun aber der Nervenprozeß nicht selbst tauglich sein sollte, die Seele zu erregen, sondern in den Zentralorganen, deren Natur in nichts Erheblichem von der der Nerven abweicht. eine neue Transformation erleiden müßte, ist von vorn herein wenigstens nicht abzusehen. Da es indessen manche Aufgaben in der Begründung des Seelenlebens geben kann, die uns noch entgehen, so müssen wir allerdings unser Urteil zurückhalten und spätem Orten überlassen, ob Tatsachen der Beobachtung die Voraussetzung einer solchen Umformung erfordern, welche wir vorläufig als ein problematisches viertes Glied in der Kette der empfindungserzeugenden Vorgänge bezeichnen.
160. Von hier an verläßt der Verlauf dieser Vorgänge das physische Gebiet und wendet sich zu dem Eindrucke, welchen die Erregungen des Nervensystems in der Seele selbst hervorbringen. Die Natur des ersten Erfolges, den sie hier erzeugen, kann zweifelhaft scheinen und wir finden ihn bald mit dem Namen einer Empfindung, die noch nicht perzipiert ist, bald mit dem einer Perzeption belegt, die noch nicht empfunden ist. Beide drücken die Meinung aus, die der gewöhnlichen Auffassung natürlich zu sein scheint, dass nämlich die unmittelbare Wirkung der nervösen Anregung in einem unbewußten, und eben weil er nie in das Bewußtsein tritt, unserer Kenntnis stets entzogenen Zustande der Seele bestehe, aus den» als spätere Konsequenz erst, und unter Bedingungen, deren Angabe wohl nie vollständig zu leisten sein würde, die bewußte Empfindung hervorgehe. Man kann gegen diese Ansicht geltend machen, dass ein bestimmtes qualitatives Empfinden, das Sehen einer Farbe, das Hören eines Tones sich auch unmittelbar als die nächste Wirkung fassen lasse, die aus dem Zusammentreffen des Reizes mit der Natur der Seele entstehe, so dass die Empfindung nicht notwendig als eine Reaktion auf einen von ihr noch verschiedenen unbewußten Erregungszustand der Seele anzusehen sei. In der Tat würde es in einem einfachen Falle unrichtig sein, diese beiden Elemente sich geschieden zu denken wie Flut und Ebbe, so dass nach einer Zwischenzeit die Empfindung auf jene Erregung folgte; beide müssen vielmehr, Reiz und Reaktion, in jedem Momente der Zeit zugleich geschehen. Aber es fragt sich, ob es nicht ein Interesse hat, sie beide doch im Begriffe getrennt zu halten; es könnte sein, dass in dem zusammengesetzten Verlaufe des Seelenlebens Bedingungen eintreten, welche die Entwicklung der Reaktion hemmen, während sie doch den Eingriff des nervösen Reizes, mithin einen Erregungszustand der Seele nicht verhindern können. In diesem Falle würde als das nächste fünfte Glied unserer Kette von Vorgängen allerdings ein unbewußter Seelenzustand aufzuführen sein, der noch nicht Empfindung, und mit dieser nicht unter dem unbesonnenen Namen einer unbewußten Empfindung zusammenzuwerfen ist. Aus ihm aber würden unter ergänzenden Bedingungen Empfindungen sich ebenso entwickeln können, wie im Vergessen die Vorstellungen sich in unbewußte Seelenzustände verwandeln, und unter entgegengesetzten Bedingungen sich diese wieder zu bewußten Vorstellungen ergänzen.
161. Nennen wir nun als das sechste Glied des ganzen Vorganges die einfache Empfindung selbst, so verstehen wir unter diesem Namen stets das bewußte Empfinden einer einfachen Sinnesqualität, eines Tons, einer Farbe. Denn weder von der Tätigkeit des Empfindens wüßten wir zu sagen, was sie wäre, wenn sie nicht vom Bewußtsein begleitet würde, noch von dem Empfundenen, dem Ton oder der Farbe, worin sie beständen, sofern sie noch nicht gewußt würden. Diese einfachen Empfindungen nun sind rein psychische Zustände, zu deren Erzeugung aus ihrer eigenen Natur heraus die Seele zwar zuerst nur durch den Eingriff der Reize bewogen wird, ohne dass jedoch in diesen Reizen, den äußeren sowohl, als den Nervenprozessen, die Qualität der Empfindung schon enthalten wäre, und ohne dass umgekehrt in der letztern irgend eine Erinnerung an jene sich erhielte. Eine Analyse der Lichtwelle läßt in ihr nirgends einen Grund wahrnehmen, warum sie leuchtend empfunden werden müßte; sie ist an sich weder hell noch finster, nichts als eine Bewegung des Äthers. In der Farbenempfindung umgekehrt wird nie eine Analyse eine Hindeutung auf die Natur der äußeren Reize, auf die Oszillationen eines imponderablen Medium entdecken, und ebenso wenig eine Erinnerung an irgend etwas, was in dem Sehnerven geschah. Selbst dies ist daher nicht richtig, dass wir in dem Empfinden uns zunächst nur unsers eigenen Zustandes bewußt werden, wenigstens dann nicht richtig, wenn unter diesem Zustande der unserer körperlichen Organe verstanden wird. Die Empfindungen stehen vor dem Bewußtsein stets als fertige Erscheinungen, die lediglich ihren eigenen qualitativen Inhalt darstellen, den sie veranlassenden physischen Vorgängen dagegen, der Außenwelt wie des Nervensystems, ganz unähnlich sind, und auf keinen von beiden zurückdeuten. Sie sind wohl Konsequenzen, aber nicht Abbilder derselben.
162. Obwohl hiermit die Kette der Vorgänge abgeschlossen ist, durch welche im einfachen Falle die Empfindungen entstehen, so übt doch im wirklichen Seelenleben auf die entstandenen die übrige Lage des Bewußtseins noch mitbedingend ein, und wir müssen als letztes Glied dieser ganzen Betrachtung noch die Aufmerksamkeit erwähnen, die bewußten Empfindungen in verschiedenen Graden zu Teil werden kann. Eine nähere Erörterung ihrer Natur wird uns jedoch erst später möglich sein; unsere nächsten Betrachtungen werden sich bemühen, die zahlreichen Fragepunkte aufzuklären, die sich in Bezug auf die ersten Glieder jener Kette finden, sobald man ihre allgemeine Übersicht mit den Tatsachen der Erfahrung und den Einrichtungen der Organisation in Zusammenhang bringt.