Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Wenn wir hier das Leben des Herrn Louis Lycurgue, Marquis von Migurac, eines Edelmannes aus Périgord schildern, so könnten wir ohne Mühe manche Entschuldigung dafür finden. Es wäre uns erlaubt, philosophische anzuführen, die großen Eindruck machen würden. Aber uns liegt nur daran, die wohlwollende Neugierde wachzurufen, die andre Persönlichkeiten von ebenso geringer geschichtlicher Bedeutung erregt haben, zum Beispiel Don Quichotte de la Mancha, Gil Blas von Santillane, oder der melancholische Herr von Sigognac, deren Abenteuer immer noch Einfältige und einige verständige Leute in Verwunderung setzen.
Es ist kein Zweifel, daß der Name des Herrn von Migurac die eben erwähnten bald verdunkeln wird. Denn in solchen Geschichten, wo der Erzähler die Aufgabe hat, im Hintergrund zu bleiben, kommt es nur auf den Helden, desgleichen auf den Geschmack des Publikums an. Nun aber tragen wir kein Bedenken, zu erklären, daß keine Biographie über diese gestellt werden könnte, sowohl wegen des edeln Charakters als wegen der unglaublichen und erhabenen Verkettung der Handlungen. Und mit welchem Rechte dürften wir auch voraussetzen, daß unsre Leser weniger Verständnis für das Verdienst hätten als die des Cervantes, Lesage oder Gautier? Wir unserseits wollen ihnen nicht wie ein übellauniger Autor eine solche Beleidigung zufügen, und der Erfolg dieses Buches wird sie auch davon freisprechen.
Vielleicht sollten wir hier nach dem Beispiel der Historiker eine Liste der Manuskripte und gedruckten Dokumente einfügen, denen der Inhalt dieser Erzählung entnommen wurde; und wir könnten leicht die Quellenangaben häufen, indem wir die Titel von Werken, Memoiren, Briefwechseln, Inventarien und Berichten vermehrten und das ganze Geschreibsel aufzählten, das im Staube manches Archives schlummert. Doch mißfällt uns eine solche Schaustellung in einem Werke, das nicht der Gelehrsamkeit, sondern womöglich der ehrbaren Unterhaltung dienen soll: kommt es doch weniger auf die Herkunft seines Stoffes an, als auf dessen Beschaffenheit und die Art, wie er dargeboten wird. Wir beschränken uns auf die kurze Andeutung, daß unsre Hauptquelle, außer den zahlreichen Schriften, in denen Herr von Migurac die Begeisterung seiner Seele und die Glut seines Denkens ausströmte, die Denkwürdigkeiten des Herrn Abbé Laurent-Cyprien-Exposit Joineau bilden.
Herr Abbé Joineau, der, wie man erfahren wird, der Person des Marquis von frühester Kindheit an beigegeben war, behielt ihn während seiner ganzen Laufbahn aufmerksam im Auge, von nah und von fern. Nach dem Tode des Marquis beschäftigte er sich damit, sein Lebensbild und seine Biographie sorgsam aufzuzeichnen. Er erreichte ein vorgerücktes Alter und starb friedlich zu einem nicht genau festgestellten Zeitpunkt, annähernd in den ersten Jahren der Restauration. Wir bemerken, daß er der letzte Bewohner des Schlosses Migurac war, dessen eingestürzte Mauern bald nachher manche Landstraße von Périgord pflasterten. Es ist hier nicht der Ort, sich bei dem Charakter dieses liebenswerten Geistlichen aufzuhalten, wir wollen nur sagen, daß Herr von Migurac sich zweifellos keinen andern Biographen gewünscht hätte als ihn, der für die Einfalt des Herzens und die liebenswürdige Offenheit des Geistes besondere Achtung hegte.