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Anstatt journalmäßig alle Begebenheiten aufzuzählen, scheint es mir zweckmäßiger, das Resultat meiner auf Nukahiwa gemachten Beobachtungen zusammenzufassen und auf diese Art einen allgemeinen Überblick über diesen Archipel und seine Bewohner zu geben. – Ich muß aber noch vorausschicken, daß außer dem genannten Engländer Roberts sich auch noch ein Franzose namens Jean Baptiste Cabri aus Bordeaux hier aufhielt. Dieser hatte eine Einheimische zur Frau und beherrschte die Sprache dieser Insulaner. Da er und Roberts schon viele Jahre auf der Insel lebten, waren sie für uns sehr wertvolle Dolmetscher und Gewährsleute. Ich suchte von beiden Erkundigungen einzuziehen und sah erst dann irgendeine meiner Beobachtungen als wahr an, wenn ich sie von beiden bestätigt fand.
Die Marquesas-Gruppe wurde, von Alvaro Mendaña de Neyra im Juli 1595 entdeckt, er benannte sie zu Ehren des Marquis Mendoca de Cañete, des damaligen Vizekönigs von Peru. Diese Inseln wurden erst wieder von Cook aufgesucht, der dann 1774 die bis dahin noch unbekannte Insel Fetugu oder Fataugu fand und sie Hood-Insel benannte. Seitdem ist diese Gruppe von vielen andern Seefahrern wieder besucht worden.
Die Insel Nukahiwa besteht aus nackten, schroffen, größtenteils unzugänglichen Bergen, die von fruchtbaren und wasserreichen Tälern zerschnitten nach der Küste zu steil abfallen und ohne Zweifel vulkanischen Kräften ihr Dasein verdanken. In der Nachbarschaft unseres Ankerplatzes lagen die Siedlungen von Tayo-Hoae, Home und Hapoa, die zusammen 3000 streitbare Männer aufbringen können.
Aus dieser und anderen Angaben über die Besiedlung der Täler kann man die gesamte Volksmenge von Nukahiwa auf 18000 Menschen schätzen, doch scheint mir diese Zahl nach den vielen Siedlungen, die wir kennengelernt haben, fast zu gering.
Kriege raffen weniger Menschen hinweg als Hungersnot und vor allem die mit ihr verbundene Abscheulichkeit, den Hunger mit Menschenfleisch zu stillen. Dadurch haben nach Aussage unserer Dolmetscher allein im vorigen Jahre im Tal Tayo-Hoae viele hundert Menschen ihr Leben verloren, so daß jetzt vier Männer auf eine Frau gerechnet werden und sehr wenige Kinder übriggeblieben sind. Es ist deshalb möglich, daß die Insel zu einer andern Zeit viel bevölkerter war und sich nach wenig Jahren wieder erholen wird.
Das Pflanzenreich bietet dem Menschen Früchte des Brotfruchtbaumes, Kokosnüsse und Bananen, Taro, Yams und Bataten, ebenso ist Zuckerrohr häufig, obgleich es wenig gebraucht wird. Die tahitischen Brennüsse dienen hier wie dort zu Beleuchtungszwecken, das Kasuarinenholz zu Speeren, Keulen und andern Waffen. Der Bast des Papiermaulbeerbaumes wird zur Herstellung der Kleidung benutzt. Aus Bambusrohr bauen sie ihre Häuser. Aus Kokosnußschalen fertigen sie Wasser- und Trinkgefäße.
Nach Aussage aller Seefahrer, welche die Tonga- und Gesellschaftsinseln besuchten, übertreffen die Bewohner der Marquesas-Gruppe alle Südsee-Insulaner an Wuchs und Schönheit. Die Männer sind fast alle groß und kräftig. Man bemerkte keinen einzigen mißgestalteten Menschen, sondern meistens Schönheiten, die unsere Bewunderung erregten. Der Bart ist glänzend schwarz, für gewöhnlich aber dünn, da sich viele das Haar ausrupfen. Das Kopfhaar ist lang, lockig, stark und schwarz, nur bei einigen fanden wir es heller.
Die Frauen hingegen sind kleiner als die Männer, aber ebenfalls von sehr ebenmäßigem Körperwuchs. Sie haben ein volles, mehr rundes als längliches Gesicht, große funkelnde Augen, sehr schöne Zähne, ebenmäßige Gesichtszüge und schwarzes, meist lockiges Haar. Bei mehreren Frauen aus der niederen Volksklasse, die sich täglich am Schiff einfanden, war der Körper klein und ohne Haltung, der Unterleib unverhältnismäßig dick, der Gang schleppend. Für die Frauen aus vornehmeren Kreisen, die sich selten an Bord einfanden, trifft das nicht zu. Sie haben ein gefälligeres Aussehen, sind schlanker und lebhaft, man kann sie wirklich als schön bezeichnen. Von dieser Wahrheit habe ich mich auf einzelnen Spaziergängen überzeugt, da wir in einigen entfernteren Tälern zuweilen Mädchen und Frauen aus vornehmem Stande antrafen, die alle andern aus der Nachbarschaft des Hafens an Schönheit und Größe übertrafen. Sie waren immer bekleidet und ließen sich in kein Gespräch mit uns ein, sondern waren immer schamhaft und zurückhaltend.
Die Hautfarbe dieser Insulaner ist beinahe so weiß wie die der Europäer. Aber durch den Einfluß des Klimas und die Einwirkung der Sonnenstrahlen wird sie nach und nach bräunlich. Dies ist besonders bei den Angehörigen der niedern Klassen der Fall, die bei ihren Arbeiten beständig der Sonne ausgesetzt sind. Neugeborene Kinder, die wir sahen, hatten fast die gleiche weiße Haut wie solche der Europäer. Die vornehmeren Frauen sind ebenso um die Erhaltung ihrer hellen Hautfarbe besorgt wie unsere Schönen, und um sie nicht zu verderben, leben sie zurückgezogen, setzen sich selten den Sonnenstrahlen aus, sind mit Stoffen aus dem Bast des Papiermaulbeerbaumes bedeckt und tragen, wenn sie ausgehen, einen grünen Baumzweig oder ein Bananenblatt statt eines Sonnenschirmes. Die Sucht zu gefallen hat außerdem zur Erfindung eines Mittels geführt, die sonnengebräunte Haut in wenigen Tagen wieder zu bleichen. Zu diesem Zweck reiben sie sich den ganzen Körper mit dem Saft der Blätter verschiedener Pflanzen ein, wie z.B. von Epapha, Hoko-kuh und Ohue. Davon wird die Haut anfänglich ganz schwarz. Während der nächsten 5-6 Tage dürfen die betreffenden Personen ihre Wohnung nicht verlassen und sich nicht der Sonne aussetzen. Dann waschen sie sich den schwarzen Pflanzensaft ab, und die natürliche weiße Haut kommt wieder zum Vorschein.
Außerdem salben sich Männer und Frauen mit Kokosöl, dem sie gelbfärbende Pflanzensäfte zusetzen (besonders von Hibiscus populneus Linn.). Nach ihrer Auffassung wird dadurch die Haut sanft und geschmeidig, eine allzu starke Transpiration verhindert und außerdem das Schwimmen erleichtert. Die Insulaner sehen außerdem sorgfältig darauf, einen völlig glatten, von allen Haaren entblößten Körper zu haben, sie zupfen deshalb diese an allen Körperstellen aus. Als Beweis der Liebe und Freundschaft drücken sich begegnende Freunde ihre Nasenspitzen aneinander. Dies vertritt bei ihnen die Stelle des Kusses, dessen süße Empfindung ihnen unbekannt ist.
Die Vornehmen unter ihnen lassen ihre Fingernägel sehr lang wachsen, um damit zu zeigen, daß sie keine Handarbeit zu verrichten brauchen. Als weitere Merkwürdigkeiten stellten wir fest, daß das Drohen mit dem Zeigefinger als Freundschaftszeichen, hingegen das Herausstrecken der Zunge als Ablehnung galt. Es war ferner erstaunlich, wie frei und willkürlich sie ihre Fußzehen bewegen können. Oft reichten sie, wenn sie an Bord waren, mit den Zehen einem neben dem Schiffe schwimmenden Landsmann ein Stück Eisen.