Iwan Andrejewitsch Krylow
Fabeln
Iwan Andrejewitsch Krylow

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87. Die Kanonen und die Segel

Es waren Segel und Kanonen
auf einem Schiff in Streit entbrannt,
da beide forderten der Ehre Kronen.
Grimm strecken aus des Schiffes Bohlenwand
den Hals hervor die Eisenschlünde
und murren auf zum Himmel: »Was für Gründe
hat denn das grobe leinene Gewebe,
daß es mit uns nach gleicher Schätzung strebe?
Was tun die Segel auf der langen schweren Fahrt?
Sie buhlen mit dem Wind.
Wenn sie ihn spüren, blähn sie sich geschwind,
als wären sie von einer höhern Art,
und zieren sich und rauschen
mit aufgeblasnen Bauschen.
Wir aber donnern in der Schlacht.
Herrscht nicht durch uns das Fahrzeug auf den Meeren?
Wird nicht durch uns der Feind in Not und Tod gebracht?
Wozu denn mit den Segeln noch verkehren?
Wir kommen schon zu Gang
nach unsern eigenen Gesetzen.
Auf, Boreas, stürm an mit vollem Drang
und reiße sie in Fetzen!«
Der Gott gehorcht, braust her, und bald
hat sich der Himmel mit Gewölk bezogen:
Es wandelt drohend sich des Meers Gestalt,
und berghoch bäumen sich die Wogen.
Des Donners Schall betäubt das Ohr,
der Blitzstrahl blendet scharf gezackt die Blicke,
und die sich Boreas zu Opfern kor,
die Segel, reißet er in Stücke.
Danach begann das Wetter sich zu hellen,
doch ohne Segel ist das Schiff nun lahm,
ein Spiel der Winde und der Wellen;
und als der Feind herangesegelt kam,
geriet es ins Gedränge.
Der Feind bestrich es nach der ganzen Länge,
es ward zum Siebe durch der Kugeln Menge
und sank zur Tiefe samt Geschütz.

Die Fabel ist vielleicht dem Staatsmann nütz.
Ein jeder Staat ist mächtig,
solang die Teile wirken drin einträchtig:
Die Waffe soll den Feind in Furcht erhalten –
des Staates Segel sind Zivilgewalten.


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