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Nach den daselbst angestellten Beobachtungen und gesammelten Mineralien des Herrn Dr. Eschscholz, von Moritz von Engelhardt.
Herr Doctor Eschscholz übergab mir die von ihm gesammelten Mineralien zur Untersuchung, und hatte die Gefälligkeit über die Art des Vorkommens jedes Stücks, Auskunft zu ertheilen; so entstanden nachfolgende Bemerkungen und das sie begleitende Verzeichnis.
Die nördlich auslaufende Landspitze, auf welcher San Johann, die kleine Festung am Eingange der Bucht San Francisco gelegen, besteht aus Serpentinfels, der auch weiter südlich, an der steilen Meeresküste sich findet. Ihm sind: Amiant, Schalentalk, Magneteisenstein und Schillerstein, beigemengt. – Mineralien die in andern Gegenden auf ähnliche Weise den Serpentin zu begleiten pflegen, und hier einen erneuerten Beweis für den geregelten Gang des Bildungsprocesses der Erde liefern. Durch die Art der Lagerung geschieht das gleichfalls. Bekanntlich erscheint der Serpentin in den meisten Urgebirgen nach Außen, d. h. dort wo ihre letzten, die übrigen Felslager gleichförmig deckenden Schichten, an das Flötzgebirge grenzen, in Sachsen z. B., am Umkreise der Weißstein-Gruppe, deren Schiefermantel an neuere Felsgebilde stößt; auf der Südseite der Schweizer-Alpen, (bei Aviglia und Yvrea), dort, wo die Piemontesische Ebene mit Schutthügeln beginnt; in Schlesien im Zobtenberge, der weit ins flache Land rückt, und eben so an der Küste von Neu-Californien. Nicht nur zeigt ein sich blätterndes Stück Serpentin, welches die aus dem Innern der Bucht kommende Strömung auf eine Sandbank geworfen, daß er zwischen Schiefern gelegen, weil der Serpentin nur dadurch das sonst dichte Gefüge ändern konnte, sondern der Thonschiefer selbst tritt am Fuße der Serpentinwand im niedrigen Felsen hervor, und diese grenzen an Sandstein und Conglomerat, dessen Klippen den schmalen Küstensaum einnehmen. Die Nachbarschaft des Meeres hat übrigens der Serpentin in Neu-Californien, mit dem Serpentin am Cap Lizard, auf den Schetland-Inseln und an den Küsten-Cordillern des südlichen Amerikas gemein. Erwägt man aber daß das Meer früher über den Ländern stand welche die versteinerungsreichen Flötzgebirge enthalten, und man läßt die Hypothese gelten, daß Urgebirge die vom Flötzgebirge nicht bedeckt worden, aus diesen Gewässern als Inseln hervorragten, so ergibt sich, wie der Serpentin des jetzigen Binnenlandes ehemals gleichfalls an der Küste gelegen, – eine Analogie des Vorkommens, die künftig an dieser und manchen andern Felsart gründlich erforscht, zu wichtigen Aufschlüssen in der Bildungsgeschichte der Erdoberfläche führen kann.
Herr Doctor Langsdorf berichtet in seiner Reise um die Welt, die Insel bestehe aus Granit und Porphyr, wie denn Kamtschatka und die ganze Inselkette der Aleuten, bis zur NW Küste von Amerika, bloß Urfels enthalte. Aus der schönen Reihe von Felsarten, die von Unalaschka gebracht worden, und welcher nur der Holzstein fehlt, den Herr Eschscholz dort so häufig sah, ergibt sich, daß hier die ältere Sandsteinformation, mit Mandelstein, Porphyr, Thonstein und Jaspis, herrscht. Lavendelblauer und braunrother Eisenthon, bildet den Teig dieser Felsarten, die in einander übergehen. Der Mandelstein enthält Kalkspath, viel Grünerde, Stilbit, glasigen Feldspath, auch kleine Nester von dichtem Rotheisenstein; der Porphyr, eigentlich nur ein verdichteter Mandelstein-Teig, wird zuweilen Jaspis, und hat außer den genannten Mineralien auch kleine Krystalle von gemeinem Feldspath. Wo Grünerde sich anhäufte, wandelte sie die Farbe des Gesteins in graugrün; wo Kieselerde und Eisen herrschen, nimmt es an Härte zu, wo sie zurücktreten, wird es thonig, und geht in Sandstein über, dem der Steinkohlen ähnlich.
Diese Felsarten, (welche meist eine täuschende Aehnlichkeit mit denen haben, die innerhalb derselben Formation, an der Nahe, auf dem linken Rheinufer und im nördlichen Teutschland vorkommen), wurden theils an der Ost- theils an der West-Seite des Capitain-Hafens, (einer Bucht der Nordküste), in schroffen zackigen Felsen gefunden, die fortwährenden Veränderungen unterworfen sind. Wo frühere Reisende Kegelgipfel sahen und zeichneten, (wie Saritschew), waren jetzt sattelförmige Vertiefungen; die ehemalige Spitze deckte, in Trümmern, die Seiten; wo Herr Eschscholz, bei seiner ersten Anwesenheit in Unalaschka im Jahr 1816, diese Vertiefungen flach gesehen, fand er sie, bei dem zweiten Besuch, im Jahr 1817, schon weiter ausgehöhlt, und die ehemals niedrigen Kuppen der Seitenbegrenzung, in kleine Pics umgewandelt. Erdbeben waren jetzt nicht die Ursache, solcher Aenderungen, wahrscheinlich also die ungleiche Festigkeit des Gesteins der übereinander gelagerten Felsmassen. In Gegenden, wo ich diese Formation zu beobachten Gelegenheit hatte, sah ich, analog dem Wechsel der thonigen, kieseligen und sandigen Stellen, in ein und derselben Lager, auch die Massen von bröcklichem Schieferthon, lockerem Sandstein und Conglomerat, festem Porphyr und Mandelstein, mit einander wechseln, und von letztern beiden groteske Klippen und zackige Felswände, – durchs Auswaschen und Zusammensinken der weichen Zwischenlagen entstanden, – aus wüster Trümmerstätte hervorragen.
Nicht minder interessant als die eben betrachteten Felsarten ist auch die Erscheinung des Porphyrschiefers und basaltähnlichen Gesteins auf Unalaschka. Gehören sie hier zur Formation des ältern Flötzsandsteins, oder zu der des Flotztrapps? Diese Fragen welche sich uns aufdringen, können zwar bei mangelnder Kenntniß der Lagerung beider Felsarten, nicht entscheidend beantwortet werden, doch mag vorläufig die Vermuthung gewagt seyn, daß jene Gesteine dem Flötztrapp angehören. Unschmelzbarkeit, größere Härte wodurch sich das Stück No. 30. vom ächten Basalt unterscheidet, scheinen von Quarz und Augit herzurühren, der hier einen Hauptgemengtheil des Gesteins ausmacht, da er sonst nur porphyrartig im Basalt eingesprengt ist. Daß aber jenes Gestein Augit enthält, spricht eben für die Verwandtschaft mit dem ächten Flötztrapp, die noch durch den Porphyrschiefer bestätiget wird, der nur in dieser Formation gekannt, gleichfalls jenes Fossil enthält.
Ist die Vermuthung welche auf Unalaschka Glieder aus der Familie des Flötztrapps annimmt, richtig, so bestätiget sich die schon anderweitig oft wahrgenommene nahe Beziehung zwischen diesen Gebilden und den Vulcanen; eine Beziehung die auch hier den sogenannten Neptunisten wie den Vulcanisten interessant seyn muß, wenn gleich sich auch wenig Hoffnung zeigt, daß ihr Streit auf dem entfernten Kampfplatz entschieden werde.
Von den Ufern des St. Peter- und Paul-Hafens in Kamtschatka, wurde grüngelber und braunrother Jaspis gebracht, der dort in horizontalen Bänken anstehen soll; auch haben wir von der Halbinsel, ohne Angabe des Fundortes, eine schöne Kalkspath-Druse ( H's équiaxe), auf Schalen von Chalcedon und braunem Halbopal, das Bruchstück einer Kugel aus dem Mandelstein. Das südliche Kamtschatka enthält also wahrscheinlich dieselben Felsarten wie Unalaschka, und da nach Hr. Langsdorf, die Aleutischen Inseln, welche zwischen beiden gelegen, im Aeußern wie in der Vulcanität Unalaschka gleichen, so ist zu vermuthen, daß die ganze Inselreihe aus Flötzgebirge bestehe.
Salinischer Marmor, dem gleich, welcher die zertrümmerten Felsen an der St. Lorenz-Bay bildet, kommt in der Regel als Lager im Glimmerschiefer vor, und wahrscheinlich ist das auch an der Tschuktschen-Küste der Fall, da die von dort gebrachten Stücke weissen körnigen Kalksteins, silberweissen Glimmer eingesprengt enthalten, und auch Graphit in der Nähe gefunden wird, welcher dem Glimmerschiefer anzugehören pflegt. Von der Felsart selbst haben wir ein Stück aus dem gegenüberliegenden Kotzebue-Sunde, wo sie in den benachbarten Bergen anstehen mag. Der Glimmer ist silberweiß wie der den der Kalkstein enthält; sollte daher nicht die Hypothese zu gestatten seyn, daß das Urgebirge aus Asien nach Amerika fortsetze, und beide Continente einst an der Beerings-Straße zusammenhingen? Da die eine Küste, (die asiatische), steil, die gegenüberliegende flach seyn soll, so verhalten sich beide wie Flußufer und Thalseiten welche strömendes Gewässer formte; der Annahme einer spätern Trennung widerspricht also die Beschaffenheit der Meerenge nicht.
Welche Felsarten den Raum zwischen der Beerings-Straße und den Aleutischen Inseln einnehmen, sagt uns keine direkte Beobachtung, da aber an der Nordseite von Unalaschka ein Geschiebe von Gneus-Syenit, im Kotzebue-Sunde ausgezeichneter Syenitporphyr gefunden wurde, so dürften vielleicht diese Felsgebilde dem Flötzgebirge der Aleuten zur Unterlage dienen. In diesem Fall erschiene das weite Becken zwischen der genannten Inselkette und Neu-Californien, als Vertiefung, von zwei Urgebirgs-Gruppen begrenzt, und mit Flötzgebirge erfüllt, dessen gleichartige Gebilde, (Sandstein, Conglomerat, Jaspis), sich an beiden Rändern des Beckens herausheben. Die Einlagerung derselben scheint regelmäßig; denn zieht man zwischen den Conglomerat-Klippen und dem Serpentin bei San Johann eine Linie zur Nordseite der Bucht S. Francisco, wo Hr. Eschscholz rothbraune Felsen sah, die für Conglomerat gehalten wurden, und verlängert die Linie gegen SW, so trifft sie die vulcanischen Sandwich-Inseln, und hat eine durchaus gleiche Richtung mit den Aleutischen Inseln, von Aljaksa bis Atha.
Merkwürdig ist es daß, wie an mehreren andern Stellen wo Landmassen getrennt worden, auch hier, vulkanische Inseln, dem Durchbruche der Beerings-Straße vorliegen! Sollte etwa die ganze Kette der Aleuten, wie die dort im Jahre 1795 oder 97 unweit Umnak aus dem Meer emporgestiegene Insel, aus der Tiefe gehoben seyn? Oder sind hier nur Gipfel einer auf dem Meeresgrunde fußenden Bergreihe? Oder Ueberreste eines zerrissenen Felsendammes? Die Antwort auf diese Fragen fände sich vielleicht, wenn die Felsbeschaffenheit der Küste Asiens und Amerikas, von der Beerings-Straße bis zur Kette der Aleuten, und wenn letztere selbst untersucht würde, doch ist dazu wohl keine Hoffnung, so lange man bei den Entdeckungsreisen, überall, auch an zugänglichen Küsten, nur darauf bedacht ist, nach altem Herkommen bloß Pflanzen und Thiere sammeln zu lassen, den Bau der Erde aber nicht berücksichtigt, obgleich in ihm allein die sichere Grundlage der physischen Erdkunde zu suchen ist. Bis die Wichtigkeit der Geognosie allgemeiner erkannt, und genaue Beobachtungen auch in entfernten Gegenden der Erde angestellt worden, sind über die Beschaffenheit derselben nur Vermuthungen möglich, geschöpft aus der Vergleichung blos angedeuteter Structurverhältnisse mit anderweitig genauer bestimmten.
Von der Küste Neu-Californiens.