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Radack, Ralick, Repith-Urur, Bogha, die Cornvallis-Inseln.

Wir hatten auf Radack Gelegenheit, die Bildung der niedern, Korallen-Inseln genauer zu untersuchen, und unsere früheren Beobachtungen über diesen Gegenstand zu ergänzen und zu berichtigen.

Wir denken uns eine Inselgruppe dieser Bildung als eine Felsenmasse, die sich mit senkrechten Wänden aus der unermeßlichen Tiefe des Oceans erhebt und oben, nahe an dem Wasserspiegel, ein überflossenes Plateau bildet. Ein von der Natur rings um am Rande dieser Ebene aufgeführter breiter Damm, wandelt dieselbe in ein Becken um. Dieser Damm, der Riff, ist mehrstens auf der Seite des Umkreises, die dem Winde zugewendet ist, etwas erhöht und ragt da bei der Ebbe, gleich einer breiten Kunststraße, aus dem Wasser hervor. Auf dieser Seite und besonders an den ausspringenden Winkeln, sammeln sich die mehrsten Inseln auf dem Rücken des Dammes an. Unter dem Winde hingegen tauchet derselbe meist unter das Wasser. Er ist da stellenweis unterbrochen und seine Lücken bieten oft selbst grösseren Schiffen Fahrwege dar, durch welche sie mit dem Strome in das innere Becken einfahren können. Innerhalb dieser Thore liegen öfters einzelne Felsenbänke, die wie Bruchstücke der eingerißnen Mauer oder Andeutungen derselben sind. Andere ähnliche Bänke liegen hie und da im Innern des Beckens zerstreut. Sie scheinen von gleicher Beschaffenheit als die Ringmauer zu seyn, überragen aber den Wasserspiegel nie. Das innere Meer, die Laguna, hatte in der beträchtlichern Gruppe, Kaben 25-32 Faden Tiefe, in der geringeren Eclu, bei häufigen Untiefen gegen 22 Faden. Der Grund ist feinerer oder gröberer Korallensand und stellenweise Korallen. Das Meer ist schon bei dieser Tiefe mit dem tiefen dunklen Blau gefärbt, das die reinen Gewässer dieses Oceans auszeichnet. Das Auge erkennt die Untiefen von Weitem und das Senkblei wird entbehrlich.

Der Theil des Riffes, der aus dem Wasser ragt, oder untersucht werden kann, besteht aus fast wagerechten Lagern, eines harten, schwerzerbrechlichen Kalksteins, der aus bald gröberen, bald feineren Madreporentrümmern mit beigemengten Muscheln und Echinus-Stacheln zusammengesetzt ist und der in großen Tafeln bricht, welche stark unter dem Hammerschlag erklingen. Der Stein enthält die Lythophyten nur als Trümmer und nirgends in der Lage worin sie gewachsen find und gelebt haben.

Die Oberfläche des Dammes, ist gegen seinen, dem äußern Meere zugekehrten Rand, durch das Ausrollen der brandenden Welle gefegt und ausgeglättet. Auf dem äußersten Rande selbst, wo die Brandung anschlägt, sind Blöcke des Gesteins außer Lage aufgeworfen.

Solche Blöcke finden sich wieder auf der Seite, die nach der Laguna liegt, hin und wieder zerstreut. Diese Seite ist abschüßig und der minder scharf bezeichnete Rand liegt unter dem Wasser. – Es scheint die Lagerung nach innen zu abschüßig zu seyn, und die oberen Lager nicht so weit als die, auf welchen sie ruhen, zu reichen. Die Ankerplätze, die man in der Laguna, im Schutze der windwärts gelegenen Hauptinseln, der Gruppen bei 4-6, 8 Faden Tiefe findet, sind solcher Abstufung der Steinlager zu verdanken. Meist aber fällt, innerhalb und längs dem Riffe das Senkblei von 2 bis 3 Faden Tiefe unmittelbar auf 20 bis 24, und man kann eine Linie verfolgen, auf welcher man von einer Seite des Bootes den Grund sieht und von der andern die dunkle blaue Tiefe.

Ein feiner weißer Sand, aus Madreporentrümmern, bedeckt den wasserbespülten Abschuß des Dammes. Wenige Arten zierlich ästiger Madreporen oder Milleporen, erheben sich stellenweis aus diesem Grunde, in welchem sie mit knollenförmigen Wurzeln haften. Andere und mehrere wachsen an den Steinwänden größerer Klüfte, deren Grund Sand erfüllt, unter diesen auch die Tubipora Musica, die wir in lebendigem Zustande gesehen, und deren Erzeuger wir für einen sternförmig achttheilig aufblühenden Polypen erkannt haben. Arten, die den Stein überziehen oder sich kuchenförmig gestalten ( astrea) kommen in stets bewässerten Aushöhlungen des Bodens zunächst der Brandung vor. Die rothe Farbe des Riffes unter der Brandung, rührt von einer Nullipora her, die, überall wo Wellen schlagen, das Gestein überzieht, und sich unter günstigen Umständen stalactitenartig ausbildet. Farbe und Seidenglanz, die an der Luft vergänglich sind, bestimmten uns gleich, diesem Wesen thierische Natur beizumessen, und die Behandlung des gebleichten Skelets mit verdünnter Salpetersäure, bewährte unser auf Analogie gegründetes Urtheil. Der flüchtige Blick unterscheidet nur an der Färbung und einem gewissen sammetartigem Ansehen die Lythophyten-Arten mit feineren Poren im lebendigen Zustande von ihren todten, ausgebleichten Skeletten. Wir haben bloß die Millepora caerulea und die Tubipora musica und eine gelblich röthlich bräunliche Distichopora mit an sich gefärbten Skeletten gefunden, letztere aber nie lebend beobachtet. Die Arten mit größeren Sternen oder Lamellen, haben größere bemerkbarere Polypen. So überzieht die Endzweige einer Art Caryphyllia, die wir auch über der Linie des niedrigsten Wasserstandes lebendig angetroffen, ein Actinienähnliches Thier, Stämme und Wurzel scheinen ausgebleicht und erstorben. Man sieht an den Lythophyten oft lebendige Aeste oder Theile bei anderen erstorbenen bestehen, und die Arten, die sich sonst kugelförmig gestalten, bilden an Orten, wo Sand zugeführt wird, flache Scheiben mit erhöhtem Rande, in dem der Sand den obern Theil ertödtet und sie nur an dem Umkreise leben und fortwachsen. Die enormen Massen aus einem Wuchs, die man hie und da auf den Inseln oder auf den Riffen als gerollte Felsenstücke antrifft, haben sich wohl in den ruhigen Tiefen des Oceans erzeugt. Oben unter wechselnden Einwirkungen können nur Bildungen von geringer Größe entstehen. Eine breitgliedrige Corallina hat im lebendigen Zustande eine vegetabilische grüne Farbe, die sie ausgetrocknet, verliert. Es kommt nur eine kleine unansehnliche Art Fucus vor, welche noch unbeschrieben ist. ( Fucus radaccensis Mertens.) Die Algen, die den Nieder-Inseln gänzlich zu fehlen scheinen, finden sich auf den Rissen, am Fuße des hohen Landes wieder ein. Wir haben aus den Riffen von O-Wahu, Fucus natans und andere, mehrere Alven u. s. w. gesammelt.

Der Sand, der auf dem innern Abschuß des Riffes abgesetzt wird, häuft sich da stellenweis zu Bänken an. Aus Sandbänken werden Inseln. Diese sind, wie wir bereits bemerkt haben, häufiger, von größerem Umfang und reicher an Humus auf der Windseite und an den ausspringenden Winkeln der Gruppe. Geringere, gleichsam anfangende Inseln, sind auf dem Riffe nach innen gelegen, und das innere Meer bespült stets ihren Strand. Einige Inseln ruhen auf Steinlager, die sich gegen das innere Meer abschüßig senken. Dann bemantelt meist diese Lager, wo sie gegen das äußere Meer an das Licht kommen sollten, ein anderes Lager desselben Gesteins, welches aus gröberen Madreporentrümmer besteht, und an seiner obern Fläche ungleich und angefressen erscheint. Dieses äußere Lager ist oft zertrümmert und liegt in großen Tafeln außer Lage. Man beobachtet bei andern Inseln auf äußerer und innerer Seite nur mantelförmige Lagerung, die Bildung erscheint neu, und Lager von Sand wechseln meist mit denen des Kalksteins ab. Dieses ist am Strande des innern Meeres immer der Fall.

Eine auf diesem Grunde aufgeworfener Damm großer Madreporengerolle, bildet nach der Brandung zu, den äußerlichen Rand der Inseln. Das innere derselben begreift Niederungen und geringe Hügel. Gegen den Strand des inneren Meeres, ist der Boden etwas erhöht und von feinem Sande. Auf der Insel Otdia, Gruppe gleiches Namens, greifet das innere Meer an einer Stelle auf das Land wieder ein, und Lythrum Pemphis erhält sich mit entblößten Wurzeln auf dem Wasser bespülten Felsen. Auf Otdia befindet sich im Innern ein Süßwassersee, und auf Tabual, Gruppe Aur, morastiger Grund. Auf den größern Inseln ist an süßem Wasser kein Mangel, es quillt hinreichend in die Gruben, die man zu dem Behufe gräbt.

Auf dem Trümmerdamm, der die Inseln nach außen umsäumt, wachsen zuerst Scaevola Königii und Tournefortia sericea, diese schirmenden Gesträuche erheben sich allmählig, und bieten nach außen dem Winde mit gedrängt verschlungenem Gezweig eine abschüßige Fläche dar, unter deren Schutz sich der Wald oder das Gesträuch des Inneren erhebt. Der Pandanus und mit ihm, wo der Humus reicher ist, eine Cerbera machen den Hauptbestandtheil der Vegetation aus. Guettarda speciosa, Morinda citrifolia, Terminalia Moluccensis sind auf allen Inseln gemein; Hernandia sonora fehlt auf den reicheren selten, Calophyllum inophyllum, Dodonea viscosa, Cordia sebestena u. s. w. kommen einzeln vor. Auf den nördlichern dürftigern Gruppen wachsen Lythrum Pemphis und Suriana Maritima am Strande des innern Meeres auf dürrem Sande. Sie fehlen auf Kaben und Aur. Das Ufer des innern Meeres allein ist wirthbar für den Menschen und er baut da seine Hütten unter den Cocosbäumen, die er gepflanzt hat.

Die Flora dieser Insel ist dürftig, wir haben auf der Kette Radack nur 59 Pflanzenarten gefunden, die, welche nur angebaut vorkommen, sieben an der Zahl mit eingerechnet. Drei und zwanzig von dieser Zahl, worunter Fünf cultivirte, hatten wir bereits auf O-Wahu angetroffen, und Zwölf, den Cocosbaum mit eingerechnet, auf der Insel Romanzoff, wo überhaupt nur Neunzehn Arten gesammelt wurden. Wir fanden gegen Zwanzig derselben auf Guajan wieder. Wir bemerken, daß weder Orangen noch Kohlpalmen, Erzeugnisse, die man auf zweifelhafte Anzeigen, den Mulgrave-Inseln zugeschrieben hat, auf der Kette Radack, so weit wir sie kennen gelernt, vorkommen. Siehe The voyage of Governor Phillip, second edition. London 1790. p. 218. die Reise von dem Scarborough Capt. Marshall.

Wir sind nicht der Meinung, daß die Flora von Radack, auf die oben angeführte Pflanzenzahl beschränkt sey, wir glauben vielmehr, daß selbst auf den Gruppen, die wir besucht, und auf welchen wir nicht alle Inseln durchforschen konnten, etliche Arten unserer Bemühung entgangen sind. Vorzüglich aber daß die südlichern Gruppen, die wir nicht gesehen (Arno, Meduro und Millé), bei älterer Vegetation und reicheren Humus, mehrere Gewächse hervorbringen müssen, die auf den dürftigern nördlichern gänzlich fehlen. Die Vegetation scheint auf dieser Inselkette im Süden begonnen zu haben und der Mensch ihren Fortschritten nach Norden gefolgt zu seyn.

Bygar, noch wüst und ohne süßes Wasser, wird nur des Vogel- und Schildkrötenfanges wegen besucht. Udirick, ein Riff von geringem Umfang und arm an Land, hat nur zwei bewohnte Inseln. Auf ihnen erhebt sich zwar der Cocosbaum über den übrigen Wald empor, dennoch scheint die Vegetation dürftig und der Brodfruchtbaum ist selten. Tegi bei Udirick, wüst und spärlich begrünt, ist kaum dem Namen nach unter dem Volke von Radack bekannt. Eilu (vielleicht richtiger Eilug) ist die ärmlichste der Gruppen auf denen wir gelandet sind. Udirick und Eilu beziehen ihren Bedarf an Aromä, Pflanze die ihnen fehlt, von der westlicher liegenden Gruppe Ligiep. Auf Ligiep fehlt der Brodfruchtbaum, und der Cocosbaum erhebt sich nicht über den Wald. Temo, auf dem halben Weg nach Ligiep, ist eine kleine wüste Insel, auf welcher auf der Reise dahin übernachtet wird. Mesid, eine ostwärts, abseits von der Kette liegende einzelne Insel, von beiläufig zwei Meilen in ihrem größten Durchmesser, gewährte uns nicht auf der Seite unter dem Winde, wo wir ihr nahten, den Anblick einer sonderlich üppigen Vegetation. Man sieht nur einzelne Cocosbäume sich aus ihrer Mitte erheben und das süße Wasser, das uns zum Trinken angeboten ward, war ausnehmend schlecht. Nichts destoweniger zeichnet sie sich vor allen Gruppen Radack, die wir besucht, durch ihre stärkere Bevölkerung aus. Wir schätzten auf mindestens Hundert die Zahl der bei unserem Nahen auf Boten und am Strande versammelten Menschen. Die beträchtliche Gruppe Otdia, die wir am genauesten kennen gelernt, hat, Weiber und Kinder mit eingerechnet, kaum eine gleiche Anzahl Bewohner. Man sieht auf Otdia nur auf einer Insel alte hochstämmige Cocosbäume, und nur auf dieser einen mehrere Wurzeln und Spuren früher ausgegangener Bäume. Erigup bei Otdia, ist eine ärmliche unbedeutende Gruppe nur von fünf Männern und etlichen Weibern bewohnt. Wir fanden Kaben, die größte der von uns gesehenen Gruppen in älterer Kultur und blühenderem Zustande. Die Flora bereicherte sich um mehrere Pflanzen, und wir entdeckten da zuerst den Pisang, welcher jüngst angepflanzt worden zu seyn schien. Die Insel Tabual, die einzige der Gruppe Aur auf die wir gelandet, zeigte sich uns in ungewohntem Flor. Hinter einem gedrängten Wald hochstämmiger Cocospalmen, sind in den Niederungen Pflanzungen von Bananen und Arum, und etliche Pflanzen wachsen da, die den andern Gruppen fremd sind. Die südlichern Gruppen Meduro, Arno und Millé, sollen an Bananen und Wurzeln reicher seyn und beide ersten vergleichen sich allein den übrigen der Kette zusammengenommen an Bevölkerung und Macht. Limmosalülü im Norden von Arno, ist ein Riff, eine Klippe, worauf das Meer brandet, und die den Seefahrern von Radack zum Wahrzeichen dient.

Die Ansicht aller dieser Gruppen und ihrer einzelnen Inseln, hat eine ermüdende Einförmigkeit. Man möchte schwerlich vom äußern Meere, da wo die Cocospalme sich nicht über den Wald erhebt, die Gegenwart des Menschen ahnen. Man sieht vom Innern seine Ansiedelungen und die Fortschritte seiner Kultur. Eine Insel nur der Gruppe Otdia, zeichnete sich aus, und zog schon am äußern Meer unsere Aufmerksamkeit auf sich, durch den Anschein erhöhten Landes. Sie wölbte sich wie ein schönbegrünter Hügel über den Spiegel der Wellen. Diese Insel nimmt einen aussprengenden Winkel des nördlichen Riffes ein. Sie hat, von andern Inseln an Gestalt verschieden, eine geringere Breite und mehr Tiefe, indem sie sich auf einer Spitze erstreckt, die da den Riff nach dem innern Meere zu bildet. Strömungen dieses Meeres bewirken auch an dem Strande, den es bespühlt, eine starke Brandung. Was Berg erscheint, ist Wald. Ein Baum, den zu bestimmen die Umstände nicht erlaubten, erreicht dort auf niederm Grunde von großen Madreporengerollen, eine erstaunliche Höhe und Stärke. Auf andern Inseln, wo er ebenfalls vorkömmt, gelangt er zu keiner beträchtlichen Größe. Umgestürzte Bäume haben häufig ihre emporgerichtete Wurzeln wieder zu Stämmen umgewandelt, indem ihr niederliegendes Gezweig Wurzel gefaßt, eine Erscheinung, die auch sonst auf Radack nicht selten ist, und auf Orkane schließen läßt. Der gegen den Rand der Insel zu, niedrige Wald, scheint deren fortschreitende Erweiterung anzudeuten. Der Pandanus ist verdrängt, nichts zieht an diesen Ort den Menschen an. Eine Seeschwalbe Sterna stolida, nistet in unendlichen Schaaren in den hohen windgeschlagenen Wipfeln. Zu Erigup sahen wir auch über einer Insel, die sich übrigens vor andern nicht auszeichnet, denselben Vogel in gleich unzählbaren Flügenschwärmen.

Das nutzbarste Gewächs dieser Inselkette, ist der gemeine Pandanus der Südsee-Inseln ( Wob). Er wächst wild auf dem dürrsten Sande, wo erst die Vegetation anhebt, und bereichert den Grund durch die vielen Blätter die er abwirft. Er wuchert in den feuchten Niederungen reicherer Inseln. Er wird außerdem mit Fleiß angebaut, zahlreiche Abarten mit veredelter Frucht, die der Cultur zuzuschreiben sind, werden durch Ableger fortgepflanzt. Ihr Samen bringt die Urform der Art (der Eruan) wieder hervor. Man zählt dieser Abarten über zwanzig, und unterscheidet sie an der äußern Gestalt der Frucht, oder der zusammengesetzten Steinfrüchte die sie bilden, und an der Zahl der in jeglicher enthaltenen einfachen Früchte oder Kerne. Der männliche Baum heißt Digar, der wildwachsende weibliche Eruan, Abarten sind: Buger, Bugien, Eilugk, Undaim, Erugk, Lerro, Adiburik, Eideboton, Eromamugk, Tabenebogk, Rabilebil, Tumulisien, Lugugugubilan, Ulidien etc. (Die Frucht die wir 1816 von Udirick erhielten, war Lerro, der Pandanus auf der Insel Romanzoff Eruan). Der Theil der Frucht, woraus auf Radack und Ralick, die Menschen ihre Nahrung ziehen, wird auf den Sandwich- Marquesas- und Freundschafts-Inseln, zu wohlriechenden goldglänzenden Kränzen angewandt. Wir bemerken beiläufig, daß die Gattung Pandanus, eine fernere schwierige Untersuchung erfordert, da die Charactere, die die mehrsten Botaniker gewählt haben, die Arten, die sie aufgestellt, zu unterscheiden, von keinem Gewicht sind. Loureiro flor. Cochin. bemerkt ausdrücklich, daß die Frucht des P. odaratissimus ungenießbar sey. Die Frucht des Pandanus macht auf Radack die Volksnahrung aus. Die zusammengesetzten faserigen Steinfrüchte, aus denen die kugelförmige Frucht besteht, enthalten an ihrer Basis, dem Punkte ihrer Anheftung, einen würzigen Saft. Man klopft erst, diesen Saft zu genießen, die Steinfrucht mit einem Stein, kauet sodann die Fasern, und drehet sie in dem Munde aus. Man backt auch die Früchte in Gruben, nach Art der Südsee, nicht sowohl um sie in diesem Zustande zu genießen, als um daraus den Mogan zu bereiten. Ein würziges trocknes Confect, das, ein köstlicher Vorrath, sorgfältig aufbewahrt, für Seereisen aufgespart bleibt. Zur Bereitung des Mogan sind alle Glieder einer oder mehrerer Familien geschäftig. Aus den Steinfrüchten, wie sie aus der Backgrube kommen, wird der verdickte Saft über den Rand einer Muschel ausgekratzt, dann auf ein mit Blättern belegtes Rost ausgebreitet, über ein gelindes Kohlenfeuer der Sonne ausgesetzt und ausgedörrt. Die dünne Scheibe, sobald als sie gehörig getrocknet, wird dicht auf sich selbst zusammengerollt, und die Walze dann in Blättern des Baumes sauber eingehüllt und umschnürt. Die Mandel dieser Frucht ist geschmackvoll aber mühsam zu gewinnen, und wird öfters vernachläßigt. Aus den Blättern des Pandanus, verfertigen die Weiber alle Sorten Matten, sowohl die zierlich umrandeten, viereckigen, die zu Schürzen dienen, als die, die zu Schiffsseegeln verwendet werden, und die dickeren, woraus das Lager besteht.

Nach dem Pandanus gehört dem Cocosbaum ( Ni) der zweite Rang. Nicht nur seine Nuß, die Trank und Speise, Gefäße und Oel zum häuslichen Gebrauch gewährt, macht ihn schätzbar, sondern auch und hauptsächlich der Bast um dieselbe, woraus Schnüre und Seile verfertigt werden. Auf dem Pandanus beruht die Nahrung, auf dem Cocosbaum die Schifffahrt dieses Volkes. Die Verfertigung der Schnüre und Seile, ist eine Arbeit der Männer und man sieht selbst die ersten Häuptlinge sich damit beschäftigen. Die Fasern des Bastes werden durch Macerazion in Süßwasser-Gruben ausgeschieden und gereinigt. Die Schnur wird zugleich mit den zwei Fäden, aus welchen sie besteht, gesponnen, indem jeglichem vorläufig bereitete gleiche Bündel Fasern hinzugesetzt werden. Das Holz des alten Cocosbaum zu Pulver gerieben und mit dem Saft der Hülle der unreifen Nuß zu einem Teige gemischt, wird in Cocosschalen gekocht oder auf dem Feuer geröstet, zu einer Speise bereitet. Cocosschalen sind die einzigen Gefäße worin die Menschen Wasser mit sich zu tragen vermögen; sie werden in geflochtenen länglichten, eigends dazu bestimmten Körben, mehrere, das Auge nach oben, an einander gereiht, verwahrt. Der Cocosbaum wird überall auf bewohnten und unbewohnten Inseln angepflanzt und vermehrt, aber bei den vielen jungen Pflanzschulen, auf die man trifft, sieht man ihn nur auf bewohnten Inseln Früchte tragen und nur auf wenigen und auf den südlicheren Gruppen seine luftige Krone hoch in den Lüften wiegen. Der Cocosbaum trägt auf Radack nur sehr kleine Nüße.

Der Brodfruchtbaum ( ) ist auf Radack nicht sehr gemein, man findet ihn nur im feuchteren Innern bewohnter Inseln angepflanzt. Alte Bäume befinden sich jedoch selbst auf etlichen der ärmeren. Sein Holz ist wie seine Frucht schätzbar, daraus wird der Kiel zu den Boten gelegt, die übrigen Planken werden meist aus Flößholz gearbeitet. Sie werden mit Schnüren von Cocosbast zusammengefügt, und die Fugen mit Pandanusblättern kalfatert. Der Brodfruchtbaum liefert außerdem ein Harz, welches verschiedentlich gebraucht wird. Es gibt vom Brodfruchtbaum wie von allen kultivirten Gewächsen mehrere Abarten. Die einzige hier vorkommende, ist von der Urform wenig abgewichen, ihre Frucht ist klein, und die Samenkörner darin öfters ausgebildet.

Aus der Rinde von drei verschiedenen Pflanzenarten, die nur wild vorkommen, wird ein nutzbarer Bast gewonnen. Die vorzüglichste ist ein Strauch aus der Familie der Nessel (eine Boemeria?) der Aromä, der nur auf besserem feuchterem Grunde wächst.

Die Aromä liefert einen weißen Faden von ausnehmender Feinheit und Stärke. Der Atahat ( Triumphetta procumbens Forst.) ist eine kriechende Pflanze, aus der Familie der Linden, sie ist gemein und überzieht mit der Cassyta die dürrsten Sande. Aus ihrem braunen Bast werden meist die Männerschürzen verfertigt, die aus freihängenden Baststreifen, um einen Gurt von Matte genäht, bestehen. Daraus werden auch Randverzierungen in die feineren Matten eingeflochten. Der feine weiße Bast des Hibiscus populneus (Lo) den wir auf Radack nur auf der Gruppe Aur gefunden, hat denselben Gebrauch. Auf den Sandwich-Inseln und an andern Orten werden Seile aus diesem Baste verfertigt.

Aus der knolligen Wurzel, der hier sehr häufigen Tacca pinnatifida wird ein nährendes Mehl gewonnen, welches aber selten bereitet und wenig benutzt zu werden scheint.

Drei Arumarten (Caladium) A. esculentum, marcrorhizon und Sagittifolium, die Banane und die Rhizophora gymnorhiza werden einzeln hie und da auf verschiedenen Gruppen und Inseln angebaut. Wir fanden die Bananen auf Kaben erst angepflanzt, und sahen sie blos auf Aur Früchte tragen. Die Arumarten finden hier nirgends den tiefen Moorgrund, der ihnen nöthig ist, ihre Wurzel auszubilden, und eignen sich auf diesen Inseln nicht dazu, einen wesentlichen Theil der Volksnahrung auszumachen.

Außer diesen Gewächsen werden noch zwei der seltner wild vorkommenden allgemein um die Wohnungen angepflanzt, zwei Zierpflanzen, eine Sida und ein Crinum, deren wohlriechende Blumen mit denen der Quettarda speciosa, der Volcameria inermis, und auf Aur der Ixora coccinsa (?) in anmuthigen Kränzen um das lange aufgebundene Haar und in den Ohren getragen werden. Sinn für Wohlgerüche und Zierlichkeit zeichnet das dürftige Volk von Radack aus.

Das Meer wirft auf die Riffe von Radack nordische Fichtenstämme und Bäume der heißen Zone, (Palmen, Bambus) aus. Es versieht die Eingebornen nicht allein mit Schiffbauholz, es führet ihnen auch auf Trümmern europäischer Schiffe, ihren Bedarf an Eisen zu. Wir trafen bei ihnen, das Holz zu bearbeiten, keine andere Werkzeuge an, als das auf diesen Weg gewonnene kostbare Metall, und fanden selbst, als wir noch die Aussage unserer Freunde über diesen Punkt bezweifelten, ein solches Stück Holz mit eingeschlagenen Nägeln am Strande, einer unter dem Winde liegenden Insel der Gruppe Otdia. Sie erhalten noch auf gleiche Weise einen andern Schatz, harte zum Schleifen brauchbare Steine. Sie werden aus den Wurzeln und Höhlungen der Bäume ausgesucht, die das Meer auswirft; Eisen und Steine gehören den Häuptlingen zu, denen sie gegen eine Belohnung und unter Strafe abgeliefert werden müssen.

Das Meer bringt diesen Inseln den Samen und die Früchte vieler Bäume zu, die meist auf denselben noch nicht aufgegangen sind. Die mehrsten dieser Sämereien scheinen noch die Fähigkeit zu keimen nicht verloren zu haben, und wir haben oft dem Schooße der Erde das ihr zugedachte Geschenk fromm anvertraut. Wir haben dieselben gesammelt, und darunter die Früchte von Pandanusarten gefunden, die nur auf den größern im Westen gelegenen Landen vorkommen, die der Baringtonia speciosa, der Aleurites triloba und anderer Bäume, die der gemeinsamen Flora Polynesiens angehören und die wir zunächst im Westen auf den Marianen-Inseln angetroffen haben. Der größte Theil dieser Sämereien gehört den baumartigen oder rankenden Schotenpflanzen an, die überall zwischen den Wendekreisen gleich häufig sind. Der Samen der Guilandina Bonduc, kommt darunter häufig vor, und wir haben die Pflanze selbst nur einmal auf der Gruppe Otdia und zwar auf einer unter dem Winde gelegenen Insel angetroffen. Wir bemerken, daß Sämereien, die mit der Fluth über den Riff getrieben, auf die innere Seite einer Insel unter dem Winde anlangen, mehr Schutz, bessere Erde und zu deren Aufkommen günstigere Umstände antreffen, als die, so die Brandung auf das Aeußere der Insel auswirft.

Man findet häufig gerollte Bimsteine unter dem Auswurf des Meeres, und dichtgeballte Massen der Cassyta, ähnlich denen, die die Zostera marina auf einigen unserer Küsten bildet, und die man in Frankreich am Mittelländischen Meere Plotte de mer nennt.

Außer den Säugethieren die das Meer ernährt, den Delphinen, die die Radacker nur selten und einzeln erlegen, da sie nicht zahlreich und mächtig genug sind, sie wie andere Insulaner Heerdenweis zu umringen, in ihre Riffe einzutreiben und zu erjagen. Den Kaschelot Wir haben im Jahre 1817 einen Physeter macrocephalus bei Radack gesehen. und den seltneren Wallfischen, wird auf Radack nur die allgemein verbreitete Ratte gefunden, welche sich, da ihr kein Feind an die Seite gesetzt ist, auf eine furchtbare Weise vermehrt hat. Kadu, der die Ratte nur im Gefolge des Menschen zu denken scheint, behauptet, sie befände sich auf Bygar nicht. Man stellt auf den bewohnteren Gruppen und namentlich auf Aur diesen lästigen Thieren zuweilen nach. Man läßt sie bei Lockspeisen sich versammeln, die halb von Feuergruben umringt sind und treibt sie dann in das Feuer, das man für sie geschürt hat. – Die Ratte wird auf Udirick von den Weibern gespeiset, und auch auf Otdia haben unsere Matrosen Weiber sie essen sehen.

Die Hühner finden sich auf Radack wild oder verwildert, sie dienen nur auf Udirick zur Speise, und werden auf andern Gruppen nur zur Lust einzeln gefangen und gezähmt, ohne daß man Nutzen aus ihnen zu ziehen verstünde. Man findet hie und da um die Wohnungen einen Hahn, der mit einer Schnur am Fuß an einen Pfahl gebunden, an den Streithahn der Tagalen erinnert. Ein kleiner weißer Reiher wird gleichfalls gezähmt. Außer dem Huhn und der Taube der Südsee ( Columba australis) kommen nur Wald- und Wasservögel vor, und diese sind auf den bewohnten Gruppen nicht in großer Anzahl. Am häufigsten ist die Sterna stolida, die sich gern in der Nähe der Brandung aufhält.

Die Seeschildkröte wird auf Bygar gefangen; aus der Klasse der Amphibien kommen außerdem vier kleine Arten Eidechsen auf Radack vor.

Die Lagunen im Innern der Inselgruppen, sind an Fischen nur arm. Man trifft außen um die Riffe und an deren Eingängen Schaaren von Hayfischen an, die nur selten in das innere Meer dringen; diese Thiere sollen bei Bygar den Menschen unschädlich seyn. Wir haben beim Eingange in Eilu Boniten gefangen. – Der fliegende Fisch ist in der Nähe der niedern Inseln am häufigsten. Die Radacker stellen ihm Nachts bei Feuerschein nach. Es kommen mehrere Arten von Fischen vor, die nicht gegessen werden, und deren Genuß für tödtlich gilt. Kadu führte uns Beispiele von also erfolgten Vergiftungen an. Dieselben Arten werden auf Ulea, nachdem man einen innern Theil (die Leber?) herausgenommen hat, verspeiset und etliche (namentlich Diodon- und Tetrodonarten) gelten da sogar für leckere Bissen. Unter den giftigen Fischen von Radack, werden zwei Roggen, ( Raja) angeführt, welche eine ausnehmende Größe erreichen; die eine hat, wie Raja Aquila und R. Postinaca, einen großen Stachel am Schwanze, die andere hat deren Fünf. Beide sollen nach Kadu, zu ihrer Vertheidigung diese Stacheln von sich schießen und sie nach deren Verlust, binnen zwanzig Tagen wieder erzeugen. Man greift sie nur von vorn an. Sie werden der Haut wegen, die die Trommeln zu bespannen dient, nachgesucht. Beide Arten werden auf Ulea gegessen.

Man trifft eine reiche Mannigfaltigkeit sowohl einschaliger als zweimaliger Muscheln an. Manche werden gespeiset, und die Schalen von manchen werden verschiedentlich benutzt. Das Tritonshorn dient als Signalstrompete. Die Chamagigas und andere große zweischalige Muscheln, dienen als Gefäße, und werden auch Schneidewerkzeuge daraus verfertigt, die Perlemutter wird zu Messern geschärft und kleinere Schneckenarten, werden zum Schmuck in zierlichen Reihen um Haupt und Nacken getragen.

Unter den Krebsen, machen sich verschiedene kleine Pagurus-Arten bemerkbar, die in erborgten bunten Gehäusen von allerhand Seeschnecken, in das Innere der Insel ihrer Nahrung nachgehen.

An nackten Molusken, Würmern und Zoophyten, ist die Fauna vorzüglich reich. Wir bemerkten einen Tintenfisch, etliche schöne Arten von Seeigeln und Seesternen, etliche Medusen, diese nicht in allen Gruppen, etliche Holothurien. Die dürftigen, um Nahrung bekümmerten Radacker haben in Ueberfluß auf ihren Riffen, eins der Thiere ( Trepang), nach welchem die chinesischen Wollüstlinge so gierig sind, und darben oft, ohne noch versucht zu haben, den Hunger mit diesem ekelhaften Wurm zu stillen. Das Meer wirft häufig eine kleine Physalix ( Physalis pelagica Tiles) auf die Riffe aus. Ein Wurm durchbohrt den Felsen unter der Linie des höchsten Wasserstandes, und lebt im Innern des Kalksteines und unser gemeiner Regenwurm ist auch aus diesen entlegenen Inseln einheimisch.

Insekten gibt es nur sehr wenige, wir bemerkten die Scolopendra morsitans und den Scorpio austral asiae, vor dem die Eingebornen keine Scheu bezeugten, und dessen Stich, nach Kadu, eine örtliche vorübergehende Geschwulst verursachen soll.

Die Einwohner von Radack sind weder von großer Statur noch von sonderlicher körperlicher Kraft. Sie sind, obgleich schmächtig, wohlgebildet und gesund, und scheinen ein hohes Alter mit heiterer Rüstigkeit zu erreichen. Wir müssen einer natürlichen Mißbildung erwähnen, die wir an verschiedenen Weibern der Häuptlinge auf verschiedenen Gruppen und an einem jungen Häuptling der Gruppe Eilu bemerkt haben, sie betrifft die Vorderarme. Die Ulna erscheint im Bug der Hand nach oben ausgerenkt und der gekrümmte in seinem Wachsthum mehr oder minder gehemmte Vorderarm, ist in einigen Fällen kaum Spannenlang; die Hand ist klein und nach außen geworfen. – Ein Kind auf Otdia hatte eine doppelte Reihe Zähne im Mund. Noch ist ein Beispiel von Taubstummheit anzuführen. Die Kinder werden lange gesäugt und nehmen noch die Brust wenn sie schon zu gehen und zu sprechen vermögen. Die Radacker sind von dunklerer Farbe als die O-Waihier, von denen sie sich vortheilhaft unterscheiden durch größere Reinheit der Haut, die weder der Gebrauch der Kava noch sonst dort herrschende Hautkrankheiten entstellen. Beide Geschlechter tragen ihr langes schönes schwarzes Haar, sauber und zierlich hinten aufgebunden. Bei Kindern hängt es frei und lockig herab. Die Männer lassen den Bart wachsen, welcher lang obgleich nicht sonderlich dicht wird. Man erzählte uns von einem im Kampf auf Tabual gebliebenen Mann aus Meduro, dessen voller Bart ihm bis auf die Knie hing. Sie haben im allgemeinen die Zähne von der Art ihrer Volksnahrung, von dem Kauen der holzig faserigen Frucht des Pandanus, verdorben und die vorderen oft ausgebrochen. Es ist bei den Häuptlingen weniger der Fall, für die gewöhnlich der Saft der Frucht über den Rand einer Muschel ausgekrazt und ausgeschieden wird. Mann und Weib tragen in den durchbohrten Ohrlappen ein gerolltes Pandanusblatt. Die Rolle hat bei den Männern drei bis vier Zoll im Durchmesser, bei den Weibern unter der Hälfte. Sie wird zuweilen von einer feinen Schildpattlamelle überzogen. Etliche ältere Leute hatten außerdem den obern Rand des Ohrknorpels, zum Durchstecken von Blumen durchbohrt.

Die kunstreich zierliche Tatuirung Wir hatten im Frühjahr 1816 auf Udirick (den Kutusoffs-Inseln) diese Tatuirung übersehen. ist nachdem Geschlecht verschieden, bei jedem gleichförmig. Sie bildet bei den Männern über Schulter und Brust, ein am Nabel zugespitztes Dreieck, das aus kleineren verschiedentlich verbundenen Strichen besteht. Aehnliche wohlgeordnete Horizontalstriche, nehmen den Rücken und den Bauch ein. Bei den Weibern sind nur die Schultern und die Arme tatuirt. Außer dieser regelmäßigen Zeichnung, die am Erwachsenen erst ausgeführt wird und nur bei wenigen fehlt, haben alle als Kinder schon an Lenden, Armen, aber seltener im Gesicht, Gruppen von Zeichen oder Strichen tatuirt. Wir bemerkten etliche Mal unter diesen Zeichen das Bild des römischen Kreuzes. Eingeborne der Mulgrave-Inseln die an Bord der Charlotte stiegen, trugen nach Art der Spanier ein Kreuz, am Halse gehangen. Wir haben diesen Schmuck auf Radack nicht angetroffen und uns vergeblich bemühet in dem Zeichen, dessen wir erwähnten, irgend eine Beziehung auf Christen und Europäer zu entdecken. Die tatuirte Stelle ist sehr dunkel, scharf gezeichnet und über der Haut erhaben.

Das Kleid der Männer besteht im Gürtel mit hangenden Baststreifen, den öfters eine kleinere viereckige Matte als Schürze begleitet; Knaben gehen, bis sie das männliche Alter erreicht haben, völlig nackt. Die Weiber tragen zwei längere Matten mit einer Schnur über die Hüften befestigt, die Mädchen frühe schon eine kleinere Schürze. Die Männer tragen öfters außer den Blumen- und Muschelkränzen, womit sich beide Geschlechter zieren, einen Halsschmuck von gereiheten Delphinenzähnen, mit vornhängenden Platten von Knochen desselben Thieres oder von Schildkröt. Zu diesem Schmuck werden auch dünne runde Muschel- und Cocosschaalenscheiben gebraucht. Wir haben auch unter ihrem Schmuck die Schwanzfedern des Tropicvogels, die Federn der Fregatte und Armbänder aus der Schaale einer größeren einschaaligen Muschel geschliffen, angetroffen.

Die Irus oder Häuptlinge zeichnen sich oft durch höheren Wuchs aus, nie durch unförmliche Dicke des Körpers. Der Häuptling der Gruppe Ligiep, soll hierin eine Ausnahme machen und ein ausnehmend feister Mann seyn. Die Tatuirung verbreitet sich meist bei ihnen über Theile des Körpers, die beim gemeinen Mann verschont bleiben, die Seiten, die Lenden, den Hals oder die Arme. –

Die Häuser der Radacker bestehen blos in einem von vier niedern Pfosten frei getragenem Dache, das mit einem Hängeboden versehen ist. Man kann unter demselben nur sitzen. Man klettert durch eine viereckige Oeffnung in den obern Raum, worin die kleine Habe verwahrt wird. Man schläft auf diesem Boden oder unten in der offnen Halle und etliche zeltförmige offne Hütten umher, dienen zu abgesonderten Schlafgemächern. Die Dächer sind von Cocos- oder Pandanusblättern, der Estrich ist eine Streu von seinen am Strande aufgelesenen Korallen und Muscheltrümmern. Eine bloße grobe Matte dient zum Bett und ein Holzstamm zum Kopfkissen.

Wir hielten anfangs nicht diese Häuser, die wir auch oft verlassen fanden, für die stetigen Ansiedelungen der Menschen. Diese Schiffer ziehen auf ihren kunstreichen Booten Der Verfasser dieser Aufsätze überläßt befugteren, diese Fahrzeuge die im wesentlichen mit den oft erwähnten Prous der Marianen-Inseln übereinkommen, kunstgerecht zu beschreiben. mit Habe und Familie, bald auf die eine bald auf die andere Insel, und so versammelte sich, als wir erst mit ihnen befreundet waren, immer der größte Theil der Bevölkerung einer Gruppe in unserer Nähe.

Der wildwachsende Pandanus, scheint ein gemeinschaftliches Gut zu seyn. Ein Bündel Blätter dieses Baumes (Zeichen des Eigenthums) an den Ast gebunden, woran eine Frucht reift, sichert dem, der sie entdeckt hat, ein Recht darauf. Wir haben oft und besonders auf den ärmlichern nördlichen Gruppen, diese Frucht, fast alleinige Nahrung der Radacker, ganz unreif verzehren sehen. Die Cocosbäume sind ein Privateigenthum. Man sieht öfters die, so in der Nähe der Wohnungen mit reifenden Nüssen beladen sind, mit einem um den Stamm derselben, durch Zusammenknüpfen der entgegengesetzten Blättchen befestigten Cocosblatt, das durch Rauschen das Hinanklettern verrathen soll, verwahrt. Auf den volkreicheren Gruppen Kaben und Aur, sind oft Bezirke und Baumgärten an Umzäunungsstatt mit einer Schnur umzogen.

Außer ihrer Sorge für Nahrung, beschäftigen unsere Freunde nur ihre Schifffahrt und ihr Gesang. Ihr liebstes ihr einziges Gut sind ihre Boote und ihre Trommel, welche schon ihre Kinderspiele ausmachen. Sie führen besonders am Abend, im Kreis um ein hellloderndes Feuer versammelt, ihre sitzenden Liedertänze auf. Berauschende Freude ergreift dann Alle und Aller Stimmen mischen sich im Chor. Diese Lieder gleichen denen der O-Waihier, sie sind aber roher, verzerrter, die allmählig gesteigerten Wellen des Gesanges arten zuletzt in Geschrei aus.

Wir lernten zuerst und hauptsächlich auf der Gruppe Otdia das anmuthige Volk von Radack kennen. Die Menschen, die uns freundlich einladend entgegen kamen, schienen uns eine Zeit lang, im Gefühl unserer Ueberlegenheit, zu scheuen. Die Häuptlinge bewiesen den stärkeren Muth, die größere Zuversicht. Vertrauen machte unsere Freunde nie zudringlich, nie überlästig. Die Vergleichung unseres überschwänglichen Reichthums und ihrer Dürftigkeit, erniedrigte sie nie zum Betteln, verführte sie selten zum Diebstahl, ließ sie nie die Treue brechen, wo ihnen getraut ward. Wir durchwandelten täglich einzeln, ohne Waffen ihre Inseln, schliefen bei weggelegten Schätzen (Messer, Eisen) unter ihren Dächern, entfernten uns auf längeren Zügen auf ihren Booten und vertrauten ihrer Gesinnung, wie wir bei uns dem wachenden Schutze der Gesetze vertrauen. Wir tauschten mit ihnen, von ihnen zuerst aufgefordert, unsere Namen. Die Menschen kamen uns, wo wir erschienen, gastfreundlich entgegen, und reichten uns Cocosnüsse dar. Wir handelten auf Otdia nicht, wir beschenkten und wurden beschenkt. Einzelne schienen zu geben, eine gleiche Lust zu haben als wir und brachten uns noch mit feiner Sitte Geschenke, wann Gegengeschenke nicht mehr zu erwarten waren. Andere betrugen sich eigennütziger. Wo unerhörte Ereignisse nie überdachte Verhältnisse herbeiführen und die Sitte schweigt, muß der eigenthümliche Character der Menschen sich selbstständig offenbaren. Die Frauen verhielten sich schamhaft und zurückhaltend, sie entfernten sich, wo wir uns zuerst zeigten, und kamen nur in dem Schutze der Männer wieder hervor. Gegen unsere kleinen Geschenke, Ringe, Glasperlen, die sie weniger als wohlriechende Holzsplitter von englischen Bleistiften zu schätzen schienen, reichten sie uns mit zierlicher Art den Schmuck den sie eben trugen, dar, ihre Muschel- und Blumenkränze. – Kein Weib von Radack ist je an unsern Bord gekommen.

Uns trat überall das Bild des Friedens bei einem werdenden Volke entgegen, wir sahen neue Pflanzungen, fortschreitende Cultur, viele aufwachsende Kinder bei einer geringen Menschenzahl, zärtliche Sorgfalt der Väter für ihre Erzeugten, anmuthige leichte Sitten, Gleichheit im Umgang zwischen Häuptlingen und Mannen, keine Erniedrigung vor Mächtigern und bei größerer Armuth und minderem Selbstvertrauen, keine der Laster durchblicken, die die Völkerschaften des östlicheren Polynesiens entstellen.

Wir erfuhren zuerst auf Aur, daß diese kümmerlich sich nährenden Menschen, auch ihre Kriege führen, daß Herrsch- und Eroberungssucht auch über sie diesen Fluch gebracht. Sie forderten uns auf mit unserm furchtbaren Eisen (die verderblichere Wirkung anderer Waffen, hatten sie durch uns nicht kennen gelernt) in ihre blutigen Fehden wie Schicksalsmächte einzugreifen.

Der gewaltige Lamari ist von Meduro ausgegangen, sich alle nördlicheren Inselgruppen Radacks mit den Waffen zu unterwerfen. Er herrschet nun über Aur, Kaben und dem Norden der Kette, und hat auf Aur seinen Sitz. Die von Meduro und Arno führen gegen ihn und sein Reich den Krieg. Ihre Streifzüge auf dreißig Booten, jedes mit Sechs bis Zehn Menschen bemannt, haben sich bis Otdia erstreckt. Der neuliche Kampf auf Tabual, hat vier Menschen das Leben gekostet, dreien von Seiten Meduros, einen von Seiten Aur. In einem frühern Kriegszug waren auf derselben Insel gegen Zwanzig von jeder Seite geblieben.

Lamari bereiste zu Anfang von 1817 die Inseln seines Gebietes, sein Kriegsgeschwader, eben auch an dreißig Boote stark, auf Aur zusammen zu berufen, von wo aus er gegen Meduro ziehen wollte. Wir erwarteten diesen Fürsten auf Eilu anzutreffen, er war bereits auf Udirick, bei welcher Gruppe er uns in seinem Boote auf offner See besuchte. Als wir gegen das Ende desselben Jahres nach Otdia wiederkamen, war die Kriegsmacht in Aur versammelt. Lamari hatte die Insel Mesid verfehlt und auf andere Gruppen verschlagen, Verzicht auf die Verstärkung geleistet, die er von daher zu erwarten hatte.

Wir werden, was uns von der Religion, der geselligen Ordnung, den Sitten und Bräuchen unserer Freunde kund geworden ausführlich berichten.

Die Bewohner von Radack verehren einen unsichtbaren Gott im Himmel, und bringen ihm ohne Tempel und Priester, einfache Opfer von Früchten dar. In der Sprache bedeuten Jageach Gott, der Name des Gottes ist Anis. Bei zu unternehmenden Kriegen und ähnlichen Gelegenheiten finden feierliche Opfer statt; die Handlung geschieht im Freien. Einer aus der Versammlung, nicht der Chef, weihet dem Gotte die Früchte durch Emporhalten und Anrufen; die Formel ist: Gidien Anis mne jeo, das letzte Wort wiederholt das versammelte Volk. Wenn ein Hausvater zum Fischfang ausfährt oder etwas ihm wichtiges unternimmt, so opfert er unter den Seinen. Es gibt auf verschiedenen Inseln heilige Bäume, Cocospalmen, in deren Krone sich Anis niederläßt. Um den Fuß eines solchen Baumes, sind vier Balken im Viereck gelegt. Es scheint nicht verboten zu seyn, in den Raum, den sie einschliessen, zu treten, und die Früchte des Baumes werden von den Menschen gegessen.

Die Operation des Tatuirens, steht auf Radack in Beziehung mit dem religiösen Glauben, und darf ohne gewisse göttliche Zeichen nicht unternommen werden. Unsere Freunde weigerten sich stets unter verschiedenen Vorwänden uns diese Zierde zu ertheilen. Sie schützten uns oft die bedenklichen Folgen, das Aufschwellen der Glieder, das schwere Erkranken vor. Einst beschied ein Chef auf Aur einen von uns, die Nacht bei ihm zuzubringen, daß er ihn am andern Morgen tatuire; am andern Morgen wich er wiederholt der Zudringlichkeit seines Gastes aus. Die welche tatuirt zu werden begehren, bringen die Nacht in einem Hause zu, auf welches der Chef, welcher die Operation vollziehen soll, den Gott herab beschwört; ein vernehmbarer Ton, ein Pfeifen, soll seine Zustimmung kund geben. Bleibt dieses Zeichen aus, so unterbleibt auch die Operation. Daher sie an Etlichen nie vollführt wird. Im Fall der Uebertretung, würde das Meer über die Insel kommen und alles Land untergehen. Vom Meere bedroht wohlbekannte Gefahr allein den Inseln, und der religiöse Glaube verhängt oft diese Ruthe über die Menschen. Dagegen helfen aber Beschwörungen. Kadu hat auf Radack das Meer bis an den Fuß der Cocosbäume steigen sehen, aber es wurde bei Zeiten besprochen und trat in seine Grenzen zurück. Er nannte uns zwei Männer und ein Weib, die auf Radack diese Beschwörung verstehen.

Die wüste Inselgruppe Bygar, hat ihren eignen Gott. Der Gott von Bygar ist blind, er hat zwei junge Söhne, Namens Rigabuil, und die Menschen, die Bygar besuchen, nennen einander, so lange sie da sind, Rigabuil, damit der blinde Gott sie für seine Söhne halte und ihnen Gutes thue. Anis darf auf Bygar nicht angerufen werden, der Gott würde den, der es thäte, mit schwerer Krankheit und mit Tod schlagen. Unter einem Baume von Bygar werden Opfer von Früchten, Cocos u. s. w. dargebracht. Daß in die Gruben Wasser quelle, helfen wohl und ohne Fehl ausgesprochene Beschwörungsformeln, denn, ist der Erfolg ungünstig, so ist etwas versehen worden und die Worte wurden nicht recht gesagt. Es ist überall wie bei uns. Als Beispiel der Glaube an die Arznei, der Letzte woran der Ungläubige noch hängt. Bei Bygar dürfen die Hayfische dem Menschen nichts thun, Gott läßt es nicht zu. Von allen Gruppen Radacks aus, wird Bygar über Udirick besucht, nur die aus Eilu dürfen es nicht unmittelbar. Sie müssen einen Monat auf Udirick verweilen, bevor sie hinfahren, und müssen nach der Rückkehr einen andern Monat auf derselben Gruppe verharren, bevor sie von dem mitgebrachten Vorrath genießen. – Dieser Vorrath besteht in Fleisch von Vögeln und Schildkröten, welches erst gebacken und sodann an der Sonne getrocknet worden. Der Gebrauch des Salzes ist auf Radack unbekannt.

Die Ehen, die Bestattung der Todten, die Gelage die bei verschiedenen Gelegenheiten angestellt werden, scheinen außer Beziehung mit der Religion zu seyn. Ueber den Begriff der Fortdauer nach dem Tode, ist es uns nicht geglückt, uns mit Kadu zu verständigen.

Obgleich den Häuptlingen keine besondere Ehrfurchtsbezeugung gezollt wird, so üben sie doch über alles Eigenthum ein willkührliches Recht. Wir sahen selbst von uns beschenkte Häuptlinge, gegen Mächtigere unsere Gaben verheimlichen. Sie scheinen in mehreren Graden, einander untergeordnet zu seyn, ohne daß wir recht diese Verhältnisse durchschauen gekonnt. Rarick war der mächtigste auf Otdia, sein Vater Saur-aur, vielleicht der wirkliche Häuptling der Gruppe, lebte auf Aur. Rarick und sein Sohn, ein Knabe von ungefähr zehn Jahren, trugen allein etliche Streifen von Pandanusblättern, worin Knoten geknüpft waren, um den Hals und es schien ein Vorrecht zu seyn. Wir haben ähnliche Streifen in Häusern von Häuptlingen hängen sehen, die, wie gedorrte Fischköpfe, unreife Cocos und Steine, das Ansehn geweihter Gegenstände hatten. Die Erbfolge ist nicht unmittelbar von dem Vater auf den Sohn, sondern von dem ältern Bruder auf den Jüngeren, bis nach Ableben Aller, der Erstgeborne Sohn des Ersten wieder an die Reihe tritt. – Frauen sind ausgeschlossen. – Wo ein Chef auf eine Insel anfährt, wird von seinem Boote aus ein Zeichen gegeben und seinen Bedürfnissen wird sofort mit dem besten Vorhandenen zuvorgekommen. Dieses Zeichen gibt wer am Vorderschiffe sich befindet, indem er den rechten Arm schwenkt und ruft. Dieses wurde, wo Offiziere der Expedition, auf Böten der Eingebornen fuhren, auch beobachtet. Die Häuptlinge zeichnen sich durch freiere Bewegungen in ihrem Gange aus, die der gemeine Mann nicht nachahmen darf.

Zum Kriege berufen die Fürsten ihre Mannen, der Häuptling jeglicher Gruppe, stößt mit seinen Booten zu dem Geschwader, man unternimmt mit vereinter Macht eine feindliche Gruppe zu überfallen, man landet. Nur auf dem Lande wird gekämpft. Die Weiber nehmen Antheil an dem Kriege, nicht nur wo es dem Feinde auf eignem Boden zu wehren gilt, sondern auch beim Angriff und sie machen auf dem Geschwader, obgleich in Minderzahl, doch einen Theil der Kriegsmacht aus. Die Männer stehen in der Schlacht voran. Ihre Waffen sind zum fernen Kampf, die Schleuder, die sie ohne Geschick handhaben, und ein an beiden Enden zugespitzter Stab, der in Bogen geschleudert, wie der Durchmesser eines rollenden Rades sich in der Luft schwingt, und mit dem Ende, womit er voran fällt, sich einbohrt. Zum nahen Kampf, der Wurfspieß, ein fünf Fuß langer Stock, der gespitzt und mit Widerhaken oder Hayfischzähnen versehen ist; wir haben ein kurzes krummes hölzernes Schwerdt, dessen beide Schärfen mit Hayfischzähnen versehen sind, nur auf Mesid gesehen. Die Weiber bilden unbewaffnet ein zweites Treffen. Etliche ihrer, rühren nach dem Geheiß des Führers die Trommel, erst in langsamen abgemessenem Takt ( Ringesipinem) wenn von fern die Streiter Wurf auf Wurf wechseln, dann in verdoppelten raschen Schlägen ( Pinneneme) wenn Mann gegen Mann im Handgemenge ficht. Die Weiber werfen Steine mit der bloßen Hand, sie stehen im Kampfe ihren Lieben bei und werfen sich sühnend und rettend zwischen sie und den obsiegenden Feind. Gefangene Weiber werden verschont, Männer werden nicht zu Gefangenen gemacht. Der Mann nimmt den Namen des Feindes an, den er in der Schlacht erlegt. Eingenommene Inseln werden aller Früchte beraubt, aber die Bäume werden geschont.

Die Ehen beruhen auf freier Uebereinkunft und können wie geschlossen auch aufgelöset werden. Ein Mann kann mehrere Weiber haben. Das Weib ist die Gefährtin des Mannes und scheint in billigem Verhältniß zu dem Haupt der Familie sich ihm selbstständig und frei unterzuordnen. Beim Wandern gehen die Männer beschützend voran und die Weiber folgen ihnen. Wo gesprochen wird, reden die Männer zuerst, die Weiber nehmen, aufgefordert, Antheil am Gespräch, und auf sie wird gehört. Im Frieden ist ihnen blos, was wir weibliche Arbeiten nennen, auferlegt. Die Trommel, die in Allen die Freude erweckt, ist in ihrer Hand. Unverheirathete genießen unter dem Schutze der Sitte ihrer Freiheit. Das Mädchen bedingt sich Geschenke von dem Manne aus – aber der Schleier der Schamhaftigkeit ist über alle Verhältnisse, die beide Geschlechter vereinigen, gezogen. Wir bemerken, daß die selbst unter Männern auf den Carolinen, wie auf den Inseln des östlichen Polynesiens übliche Liebkosung durch Berührung der Nase, auf Radack nur zwischen Mann und Weib und nur im Schatten, worin Vertraulichkeit sich verbirgt, gebräuchlich ist.

Das Band der ausschließlichen Freundschaft zwischen zweien Männern, welches auf allen Inseln der ersten Provinz sich wiederfindet, leget auf Radack dem Freunde die Verbindlichkeit auf, seinem Freunde sein Weib mitzutheilen, verpflichtet ihn aber nicht zur Blutrache.

Wir erwähnen zögernd und mit Schaudern eines Gesetzes, dessen Grund uns Kadu in dem drängenden Mangel, und der Unfruchtbarkeit der stiefmütterlichen Erde angegeben hat. Jede Mutter darf nur drei Kinder erziehen, das Vierte, das sie gebiert und jedes darauf folgende, soll sie selbst lebendig vergraben. Diesem Gräuel sind die Familien der Häuptlinge nicht unterworfen. Unehliche Kinder werden übrigens, wie die Ehelichen erzogen. Wenn sie zu gehen vermögen, nimmt sie der Vater zu sich. Wo kein Vater sein Kind anerkennt, behält es die Mutter. Wenn die Mutter stirbt, nimmt sich ein anderes Weib des Kindes an.

Die Leichen der Verstorbenen werden in sitzender Stellung mit Schnüren ganz umwickelt. Die Häuptlinge werden auf den Inseln begraben. Ein mit großen Steinen abgemessener viereckiger Raum, bezeichnet unter den Palmen am innern Strand den Ort. Die aus dem Volke werden in das Meer geworfen. Gegen in der Schlacht gefallene Feinde findet nach ihrem Range dasselbe Verfahren statt. Ein eingepflanzter Stab mit ringförmigen Einschnitten, bezeichnet das Grab der Kinder die nicht leben durften. Wir haben selbst beide Arten der Begräbnisse gesehen.

Vor langer Zeit hat sich ein Europäisches Schiff bei Kaben gezeigt und einen Tag lang ohne eine Landung zu versuchen, in der Nähe dieser Gruppe verweilt. Der Häuptling Saur-aur, unser Gastfreund auf Tabual, ist an Bord dieses Schiffes gestiegen. (Wir bemerken, daß er zur Zeit Laelidjù hieß, indem er seither seinen jetzigen Namen durch freundlichen Tausch von einem Häuptling der Inselkette Ralick erhalten hat, welcher nun nach ihm Laelidjù genannt wird.) Die Eingebornen haben von diesem Schiff Eisen und Glasscherben erhandelt. Kadu besaß selbst auf Aur zwei dieser Scherben und erinnerte sich dessen bei Gelegenheit ähnlicher, die er unter uns für seine Freunde aufhob. Man kann das Holz mit Glasscherben schaben, und sie ungefähr wie wir den Hobel gebrauchen. Sie haben einen wirklichen Werth. Kein Lied hat das Andenken dieses Schiffes aufbewahrt. Keine Namen sind der Vergessenheit entrissen.

Wir sind die ersten Europäer, die auf Radack gelandet und dessen anmuthiges Volk kennen gelernt. Wir haben aus Grundsatz und aus Neigung, aus wirklicher inniger Liebe, von dem, was wir für dieses Volk zu thun vermochten, nichts zu unterlassen uns bestrebt. Wir hatten bei unserm ersten Besuch unsere Freunde auf Otdia in Besitz von Schweinen, Ziegen, zahmen Hühnern gesetzt, Ignam waren gepflanzt und Melonen und Wassermelonen waren aufgegangen und in gutem Gedeihen. Wir fanden, als wir nach wenigen Monaten zurückkehrten, die Stelle des Gartens auf der Insel Otdia verödet und leer. Nicht Ein fremdes Unkraut war, unsere fromme Absicht zu bezeugen, zurück geblieben. Die Schweine waren verdurstet, die Hühner waren nicht mehr vorhanden, der Fürst Lamary hatte die Ziegen nach Aur überbracht, und so auch die Igname von der Insel Otdia, die allein der feindlichen Ratte widerstanden, dahin verpflanzt. Der alte Häuptling Laergaß hatte auf einer Insel seines Gebietes andere von uns dort gepflanzte Igname entdeckt. Er hatte diese Wurzeln wohlschmeckend gefunden, und nachdem er sie gegessen, das Kraut sorgfältig wieder gepflanzt. Dieses Verfahren, welches bei der Cultur der Taro beobachtet wird, hatte sein Vertrauen getäuscht.

Der eigentliche Zweck unseres zweiten Besuches war, unsern Freunden wohlthätig zu seyn. Wir brachten ihnen Ziegen, Schweine, Hunde, Katzen, zahme Hühner, Bataten aus den Sandwich-Inseln ( Ipomoea tuberosa Lour. Cock.), die Melone, die Wassermelone, Kürbisse verschiedener Arten, solche, wovon die Frucht zu schätzbaren Gefäßen benutzt, und andere, wovon sie gegessen wird, das Zuckerrohr, die Weinrebe, die Ananas, den Apfelbaum der Sandwich-Inseln (nicht eine Eugenia), die Tea root (Dracaena terminalis), den Citronenbaum, und den Samen verschiedener auf den Sandwich-Inseln nutzbarer Bäume, des Kukui ( Aleurites triloba), dessen Nüsse als Kerzen gebrannt werden und Oel und Farbestoff gewähren, zweier der Sträucherarten, deren Bast zur Verfertigung von Zeugen dient u. a. m.

Wir haben mit frommem Sinn den Samen ausgestreut, dessen zu warten unser Freund Kadu übernommen hat.

Möge Kadu in seinem schönen Beruf mit Weisheit und Kraft verfahren, möge ihm gelingen, was ohne ihn nicht zu hoffen stand. Möge der Gute das Gute, was er will, bewirken, möge er, der Wohlthäter eines liebenswerthen Volkes, dessen Wohlstand begründen, es friedlich und volksthümlich zum Besseren leiten, und es bald bewegen, ein Natur empörendes Gesetz abzuschwören, welches nur in der Noth begründet war.

Wir müssen es uns gestehen, unser Freund steht allein dem Neid seiner Ebenbürtigen, der Begehrlichkeit und Macht seiner Fürsten blos, und die Schätze, womit ihn unsere Liebe überhäuft, ziehen das Gewitter über sein Haupt zusammen. Unsere Besorgniß kann noch weiter gehen. Der wirkliche Reichthum an Eisen, welchen wir mit Lust auf Radack vergeudet, kann zwischen dem Süden und dem Norden dieser Kette, und zwischen ihr und Ralick einen verderblichen Krieg schüren, und Blut die Frucht unserer Milde seyn.

Die dürftigen und Gefahr drohenden Riffe Radacks haben nichts, was die Europäer anzuziehen vermöchte, und wir wünschen unsern kindergleichen Freunden Glück, in ihrer Abgeschiedenheit zu beharren. Die Anmuth ihrer Sitten, die holde Schaam, die sie ziert, sind Blüten der Natur, die auf keinem Begriffe von Tugend gestützt sind. Sie würden sich unsern Lastern leicht bildsam erweisen, und wie das Opfer unserer Lüste, unsere Verachtung auf sich ziehen.


Ralick ist nah im Westen von Radack eine ähnliche Kette niederer Inselgruppen, deren Geographie selbst Weibern auf Radack geläufig ist. – Ralick ist fruchtreicher und bevölkerter als Radack. Das Volk, die Sprache, die Tatuirung sind dieselben. Es werden keine Kinder gemordet, die Frauen ziehen nicht mit in den Krieg. Die Menschen sind wohlhabender, wohlgenährter als auf Radack, sie tragen einen noch größeren Ohrenschmuck. Etliche Männer werden namentlich angeführt, die die erweiterten Ohrlappen über den Kopf zu ziehen vermögen.

Zwischen beiden Inselketten finden Reisen, feindliche und freundliche Berührungen statt. Ein Häuptling von Eilu zeigte uns Narben von Wunden, die er auf Ralick empfangen; Ralick hat auf 50 Booten den Krieg in Radack geführt, Häuptlinge von Radack fuhren hinüber, ein freundschaftliches Verhältniß ward wieder hergestellt.

Es ist einmal ein Europäisches Schiff nach Ralick gekommen. Dieß Schiff soll eine längere Zeit (angeblich ein Jahr) in Odia (einer Hauptgruppe dieser Kette) vor Anker gelegen haben.

Wir vermuthen, daß gleichfalls auf Ralick die südlichern Gruppen die reicheren sind. Nicht alle Erzeugnisse, Bananen, Wurzeln u. a. m. kommen auf allen Gruppen vor.


Repith-Urur wird uns als eine beträchtliche Gruppe niederer Inseln geschildert; durch häufige von dorther auf ihre Riffe verschlagene Boote den Einwohnern von Radack bekannt. Die Böte und die Tracht der Menschen sind auf Repith-urur dieselben als auf Radack. Die Sprache ist eine eigene, die Tatuirung ist verschieden. Sie nimmt die Seiten des Körpers ein und erstreckt sich auf das Aeußere der Lenden und Beine. Hausthiere sind da nicht, die Brodfrucht, der Cocos, die Bananen, Wurzeln und, wie auf Radack, die Frucht des Pandanus, dienen zur Nahrung.

Die Eingebornen von Repith-urur leben in fortwährendem Kriege unter sich. Der Mann hat fortwährend die Waffen in der Hand, und wenn er sich, um zu essen, niedersetzt, so legt er einen Wurfspieß zu seiner Rechten und einen andern zu seiner Linken neben sich. Menschenfleisch wird auf Repith-urur gegessen.

Auf die Insel Relich der Kette Ralick kamen einmal vor langer Zeit fünf Menschen aus Repith-urur auf einem Boote an. Sie fischten, und fingen keine Fische, an Früchten war kein Mangel, sie schlachteten einen aus ihrer Zahl, backten und aßen ihn. Ein Zweiter ward eben so geschlachtet und verzehrt. Die Bewohner von Relich bezwangen und tödteten die drei Uebrigen.

Auf der Insel Airick, der Gruppe Kaden, leben ein Mann und ein Weib, auf der Gruppe Arno zwei Männer und ein Weib aus Repith-urur, die auf Booten auf Radack getrieben sind. Ein zweites Weib, welches letztere noch bei sich gehabt, war zur See während der langen Irrfahrt vor Durst gestorben. Diese fünf Menschen waren schon vor Kadu's Ankunft auf Radack. Zu seiner Zeit sind noch zwei Böte zugleich aus Repith-urur auf der Gruppe Aur, wo er sich befand, angelangt, in jeglichem ein Mann und ein Weib. Sie waren, nach ihrer Angabe, seit neun Monaten zur See und hatten fünf Monate vom Fischfange ohne frisches Wasser gelebt. Die Eingebornen von Radack wollten gegen diese Menschenfresser zu den Waffen greifen. Die Häuptlinge beschützten die Fremden, ein Chef auf Tabual hat einen Mann und ein Weib aufgenommen, ein Chef auf Aur die anderen.


Bogha ist der Name einer geringen niederen Inselgruppe, welche den Radackern durch folgendes Ereigniß bekannt geworden. Ein Weib von Bogha ward, als sie längs dem Riffe von einer Insel dieser Gruppe zu der andern eine Ladung Cocos zog, von der Fluth weggespült. Ihre Cocos dienten ihr zu einem Floß und trugen sie; sie trieb mit Wind und Strom an Bygar vorüber und ward am fünften Tag auf Udirick ausgeworfen. Dieses Weib lebt noch auf der Insel Tabual, der Gruppe Aur. Bogha erscheint uns in seiner Abgesondertheit als der Sitz einer verschollenen Kolonie von Radack, deren Sprache daselbst gesprochen wird.

Die von Capit. Johnstone auf der Fregatte Cornwallis im Jahre 1807 gesehenen und von uns wieder aufgesuchten Inseln im Nordosten von Radack (dieselben nach Krusenstern Beiträge zur Hydrographie p. 114 No. 24 und p. 119, die Ferdinand Quintana auf dem Schiffe Maria 1796 und die Nassauische Flotte 1625 gesehen, wie auch das Gaspar rico der alten Karten) bilden eine niedere sichelförmige Gruppe geringen Umfangs, deren Rundung gegen den Wind gekehrt ist. Nur auf der Windseite hat sich Erde auf dem Riffe angesammelt. Es ragt meist unter dem Winde nackt aus den Wellen hervor und senkt sich zu seinem Eingange in das innere Meer. Die Inseln bilden eine dicht gedrängte Reihe, auf ihnen erscheint aber die Vegetation dürftig und der Cocosbaum ragt nirgends empor.

Das wüste Ansehen dieser Gruppe und die Menge der Seevögel, der Fregatten, die uns in deren Nähe umschwärmten und auf die rothe Wimpel unseres Schiffs wie auf eine Beute schossen, überführen uns, daß sie wirklich unbewohnt sind, und wir können nicht unserem Gefährten Kadu beistimmen, der in derselben Bogha erkennen gewollt. Der Nordostpassat und die starke westliche Strömung, die wir auf der Fahrt von Udirick dahin empfanden, wie sie in diesem Meerstrich mit Beständigkeit zu erwarten ist, weisen bei der Geschichte des Weibes auf Tabual eine östlichere Lage der Gruppe Bogha an. Sie müßte vielleicht noch östlich von der durch Udirick und Bygar angegebenen Richtung in geringerer Entfernung von Radack zu suchen seyn.

Daß auf Bogha die Cocosbäume nur niedrig seyen und die Menschen keine Boote besäßen, mag aus der vorgefaßten Meinung unseres Freundes, die vor ihm liegenden Inseln seyen eben Bogha, in seiner Schilderung dieser Gruppe übergegangen seyn, von der er erst bei dieser Gelegenheit zu erzählen begann.


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