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Die niedern Inseln der Südsee und des indischen Meeres haben meistens ihren Ursprung dem geschäftigen Baue mehrerer Korallenarten zu verdanken. Ihre Lage zu einander, da sie oft Reihen bilden, ihre Vereinigung an einigen Orten zu starken Gruppen und ihr gänzliches Ausbleiben in andern Gegenden desselben Meeres lassen uns schließen, daß die Korallen ihr Gebäude auf Meeresuntiefen, oder besser zu sprechen, auf die Gipfel von unter Wasser befindlichen Gebirgen gegründet haben. Einerseits nähern sie sich im Fortwachsen immer mehr der Oberfläche des Meeres, anderer Seits vergrößern sie den Umfang ihres Werks. Die größeren Korallenarten, welche einige Faden in der Dicke messende Blöcke bilden, scheinen die am Außenrande des Riffs stärkere Brandung zu lieben; dieses und die Hindernisse, die ihrem Fortleben in der Mitte eines breiten Riffs durch die aufgeworfenen von den Thieren verlassenen Muschel- und Schneckenschalen und Korallenbruchstücke in den Weg gelegt werden, sind wohl die Ursachen, weßhalb der Aussenrand eines Riffs zuerst sich der Oberfläche nähert. – Ist er bis zu der Höhe gelangt, daß er bei niedrigem Wasserstande zur Zeit der Ebbe fast trocken wird, so hören die Korallen auf höher zu bauen; Muschel- und Schneckenschalen, Korallenbruchstücke, Seeigelschalen und deren abgefallene Stacheln vereinigt die brennende Sonne durch den bindenden Kalksand, der durch Zerreibung der vorhin genannten Schalen entstand, zu einem allgemeinen Ganzen, zu einem festen Steine, der allmälig, durch die immer neu aufgeworfenen Materialien verstärkt, an Dicke zunimmt, bis er endlich so hoch wird, daß nur noch zu einigen Jahreszeiten hohe Fluthen ihn bedecken. In der Trockenheit durchglüht die Sonne die Steinmaße so sehr, daß sie an vielen Stellen spaltet und sich in Schichten ablöset. Durch Brandungen bei hohen Fluthen werden diese getrennten flachen Steine gehoben und auf einander gethürmt. Die immer geschäftige Brandung wirft Korallenblöcke (oft von einem Faden an Länge und drei bis vier Fuß Dicke) und Seethierschalen zwischen und auf die Grundsteine, nachher bleibt auch der Kalksand ungefährdet liegen und bietet den strandenden keimenden Baum- und Pflanzensamen einen schnell treibenden Boden zur Beschattung seines weißen blendenden Grundes dar. Auch ganze Baumstämme, von andern Ländern und Inseln durch die Flüsse entführt, finden hier nach langer Irrfahrt ihren endlichen Ruheplatz. Mit diesen kommen kleine Thiere, wie Eidechsen und Insekten, als erste Bewohner an. Ehe noch die Bäume sich zu einem Walde vereinigen, nisten hier die eigentlichen Seevögel, verirrte Landvögel nehmen ihre Zuflucht zu den Gebüschen, und ganz spät, nachdem die Schöpfung längst geschehen, findet sich auch der Mensch ein, schlägt seine Hütte auf der fruchtbaren Erde auf, die durch die Verwesung der Baumblätter entstand, und nennt sich Herr und Besitzer dieser Welt.
In dem Vorhergehenden haben wir gesehen, wie der äußere Rand eines untermeerischen Korallengebäudes sich zuerst der Oberfläche des Wassers nähert, und wie dieser Riff allmählig in die Rechte eines Landes tritt; die Insel hat also nothwendig eine ringförmige Gestalt und in ihrer Mitte einen eingeschlossenen See. Aber ganz eingeschlossen ist dieser See nicht; (und könnte es auch nicht seyn, denn ohne Zufluß vom Meere würde er bald durch die Sonnenstrahlen ausgetrocknet werden) sondern die äußere Mauer besteht aus einer großen Anzahl kleinerer Inseln, die durch einen bald größern, bald kleinern Zwischenraum von einander getrennt sind; die Zahl dieser Inselchen beläuft sich bei größern Koralleninseln auf sechzig; und zwischen ihnen ist es nicht so tief, daß es nicht zur Zeit der Ebbe trocken würde. Der innere See hat in der Mitte gewöhnlich eine Tiefe von dreißig bis fünf und dreißig Faden, aber nach allen Seiten dem Lande zu, nimmt die Tiefe allmälig ab. In denjenigen Meeren, wo die Passatwinde herrschen, wo also das ganze Jahr hindurch die brandenden Wellen nur an eine Seite der Insel oder des Riffs schlagen und sich zerstäuben, da ist es natürlich, daß diese dem immerwährenden Toben des wogenden Elements ausgesetzte Seite des Riffs vorzüglich durch losgerissene Korallenblöcke und Muscheltrümmer ausgebildet wird und zuerst über ihre geschäftige Schöpferin erhaben dasteht. Diese Inseln sind es auch nur, über deren Bildung und Beschaffenheit man jetzt etwas genaueres weiß; über die des indischen und chinesischen Meeres, welche in der Region der Moussone sich befinden, fehlt es fast gänzlich noch an Beobachtungen. Aus den von ihnen gegebenen Karten läßt es sich schließen, daß jede Seite gleich weit in der Ausbildung sey. – Die unter dem Winde befindliche Seite eines solchen Korallenriffs in dem von Passatwinden regierten stillen Meere blickt oft noch gar nicht aus dem Wasser hervor, wenn die entgegengesetzte schon seit undenklichen Zeiten im atmosphärischen Reiche zu großer Vollkommenheit gelangte; jener Riff ist sogar an vielen Stellen noch durch ziemlich breite mit dem innern See gleich tiefe Zwischenräume unterbrochen, welche von der Natur dem suchenden Schiffer zum innern ruhigen und sichern Hafen als offene Thore gelassen sind. In der äußern Gestalt sind die Koralleninseln sich einander nicht gleich, sondern diese und der Umfang einer jeden hängt wohl von der Form und Größe des zur Grundlage dienenden untermeerischen Berggipfels ab. Diejenigen Inseln, die mehr lang als breit sind, und mit ihrer größten Ausdehnung dem Winde und den Wellen entgegenstehen, sind reicher an fruchtbaren Inseln, als andere, deren Lage zu ihrer schnellen Ausbildung nicht so geeignet ist. Es gibt unter den einzelnen Inselchen der großen Inselkette immer einige, welche das Ansehen von hohem Lande haben: diese haben ihre Lage auf einer ins Meer hineinreichenden Ecke, sind von zwei Seiten den Brandungen ausgesetzt, bestehen daher fast aus lauter großen Korallenblöcken, haben Mangel an kleinern, die Zwischenräume ausfüllenden Muscheltrümmer und Korallensande, sind also nicht geeignet Erdreich erfordernde Pflanzen zu ernähren, sondern bieten blos eine Grundlage den mit epigäischen Wurzeln versehenen hohen Bäumen (wie Pisonia, Cordia Sebastiana L., Morinda citrifolia L. und Pandanus odoratissimus L.) dar, welche diesen immer sehr kleinen Inseln von weitem die Bergform geben. Die dem innern See zugekehrten Ufer der Inseln, an der der Brandung ausgesetzten Seite, bestehen aus feinem Sande, der durch die allmählig herantretende Fluth aufgespühlt wird. Zwischen den Inselchen, in ihrem Schutze und selbst mitten im innern See finden sich kleinere Korallenarten ein, die eine ruhigere Wohnung suchen, bilden mit der Zeit, obgleich sehr langsam, auch endlich bis an die Oberfläche des Wassers reichende Bänke, die allmählig an Umfang zunehmen, sich mit den sie einschließenden Inseln vereinigen, endlich den innern See ganz füllen; und der anfängliche Inselreif wird ein einziges zusammenhängendes Land. Diese so weit gelangten Inseln behalten in der Mitte eine Fläche, die immer niedriger, als die sie umgebende an den Ufern aufgeworfene Mauer ist, weßhalb sich später daselbst nach anhaltendem Regen Wasserpfützen bilden: die einzigen Brunnen und Quellen. – Zu den Eigentümlichkeiten dieser Inseln gehört, daß des Abends kein Thau fällt, daß sie keine Gewitter verursachen und die Winde nicht aufhalten. Die große Niedrigkeit des Landes setzt zuweilen die Einwohner in Schrecken und Lebensgefahr, indem die Wellen über die Inseln hinweggehen, wenn es sich so fügt, daß Tag- und Nachtgleiche und Vollmond auf einen Tag fallen (also das Wasser seinen höchsten Stand erreicht) und zu derselben Zeit ein Sturm das Meer in Unruhe setzt. Auch sollen diese Inseln durch Erdbeben erschüttert werden.