Die Longobarden zogen vom Wurgondaland:
Sie strebten durch die Wälder zum schönen Isterstrand.
Erreicht war die Ostra, da wehrten den Übergang
Die Schildjungfrauen den wirbelreichen Strom entlang.
Lamissio bohrte das Auge fern in die schimmernden Reihn,
Zu schauen ihre Köngin; da kam ein lichter Schein:
Viel schöner als sein Traumbild durchging sie die herrliche Schar,
Die, von den Rossen gesprungen, ein Schmuck der grünen Ufer war.
Laß uns hinüber! rief da König Agelmund:
Denn wenn darum wir kämpfen, wird manches Haupt euch wund! –
Da sprach die schöne Köngin: kommt her und kämpft!
Hier ward schon manchem Helden der kecke Feuermut gedämpft.
Doch, wollt ihr Blut sparen, schickt einen Mann daher,
Mit mir im Strom zu kämpfen, mit Schwert oder Speer.
Besiegt er mich, so stehe frei der Übergang!
Sie riefs indem sie kühn sich ins wilde Wirbelwasser schwang.
Schon schwimmend rief sie weiter: und sieg ich selbst, so kehrt! –
Es gilt! sprach der König, den Spruch halt ich wert.
Wer der jungen Kämpen will den Kampf bestehn?
Da sah man den Lamissio vor fliegen mehr als gehn.
Hell in Waffen strahlend sprang er in die Flut,
Zu kämpfen mit der Köngin, zu prüfen Mut an Mut.
Da schlugen sie im Schwimmen Schwert an Schwert,
Daß Funken ins Wasser fielen: sie waren beid einander wert.
Lamissio hätte gerne noch lebend sie gefahn
Und sich zum Weib genommen: sie war so wohlgetan;
Doch wehrte sich die Köngin und führte Schlag auf Schlag,
Der Strom entführte beide hinab wo eine Sandbank lag.
Da standen sie empor nun, und troffen Flut und Blut.
Hei, wie dort auf dem Sande entbrannte der Schönen Wut!
Der Held vermied zu schlagen: nach Minne rang sein Sinn;
Da fielen wie Hagel auf Hagel die Schläge der schönen Königin.
Er rief ihr zu im Kampfe: du bist zum Kampf zu fein;
Du solltest Friede geben und meine Königin sein!
Was sollen wir uns schlagen wund auf dem gelben Sand?
Laß uns vereint erobern das golderfüllte Donauland!
Sie sprach: Ich hab verschworen zu werden Mannes Weib.
Nun ficht! und laß uns schauen, wes Seele verläßt den Leib.
Da schlug sie: doch entgegen warf wieder er den Schild
Und warb von neuem um Liebe; sie aber sprach zu ihm unmild:
Geh, wirb um meine Muhme Kunigunde von Kynast!
Dort reite um die Mauer, ob mehr des Glücks du hast
Als fünfzig andre Helden, die sie dem Tod geweiht
Für ihres Vaters Seele in seiner Totenschar Geleit. –
Der Kämpe sprach: Ich werbe um deine Muhme nicht,
Von dir nur träumt ich immer! – Sie aber sprach: nun ficht,
Und spare deiner Worte! – Er wieder sprach geschwind:
Um dich zu werben komm ich! Sie aber schlug das in den Wind.
Von neuem sprach der Hehre: du bist im Streit so kühn:
Vor deiner Augen Blitzen will mein Herz verglühn,
Wie soll ich mit dir fechten, bezwingt dein Zauber mich? –
Die schöne Frau entgegnet: Vor meinen Streichen schirme dich! –
Da schrie ihm nach vom Ufer der Longobarden Drang:
Was zögerst du, Lamissio? Wir harren auf Übergang!
Soll eine Frau hier hemmen unsrer Völker Zug?
Wir finden der schönen Frauen in allen Landen noch genug.
Dreimal nun kämpft er, dreimal hemmt Sehnen ihn,
Das schöne Weib zu minnen. – Als wiederum sie schrien,
Tanzt er den Waffenreigen, bis er die Schöne faßt
Und hochgeschwungen hinträgt die panzerschwere Minnelast.
Da sandten vom andern Ufer die Jungfraun wilden Schrei,
Daß sich die Trotzendschöne von seinem Arm befrei!
Und eh er von der Sandbank die ringende Beute trug,
War sie den ringenden Armen entschlüpft und stand und droht und schlug.
Sie schlug ihm vom Helm die Krone, daß die Jungfraun schrien:
Gewonnen! ihr Longobarden müßt zurückeziehn! –
Lamissio aber weilte nachsinnend was er tu;
Da riefen die Longobarden ihm wilde Zornesreden zu.
Die trafen ihn wie Pfeile! Da ward sein Herz zu Stahl,
Nicht mehr der Minne denkend schlug er Strahl auf Strahl
Aus der Königin Helme, aus ihrem hallenden Schild.
Wohl flehte sie nun mit Blicken, er aber war nun ihr unmild.
Sie blickte so bange, weil Minne sie nun bezwang,
Als gleich den Wettern des Himmels sein Schwertgewitter klang.
Ihr Schild fiel zerhauen, ihr Helm zerschmettert brach
Und flog vom Haupte zu Boden: sie aber sank seufzend nach.
Wie die gefällte Tanne lag sie im Sand und schwieg.
Da schrien die Longobarden mit hellem Rufe: Sieg!
Doch von dem andern Ufer erscholl ein Klagelaut,
Als die kühnen Jungfraun der Allerkühnsten Fall geschaut.
Da zitterte Lamissio Mark, Bein und Herz:
Wieder entbrannt er in Liebe; ihr Blick war Schmerz!
Nicht empfand sie die Wunde, nein, nur der Minne Leid;
Nah war den nun sie liebte, und doch entführt sie Tod so weit!
Ruhm hatte längst ihm ihr strahlend Bild gebracht,
Oft seinen Traum erfüllet mit ihrer Schönheit Macht:
Weshalb zum Kampf er eilte und liebend mit ihr rang,
Bis seines Volkes Ruf ihn zum herben Wetterschlage zwang.
Wie wunderbar doch Minne in Menschenseelen ist,
Daß sie empfangne Wunden verzeiht und vergißt,
Und die sie selbst geschlagen ihr wehe tun allein!
So langte die Königin sterbend nach seines Helmes blutgem Schein.
Lamissio hub und küßte, die, schon des Todes Braut,
Küssend gebrochnen Auges liebend nach ihm schaut.
O weh! sprach der Starke und schlug sich an die Brust,
Nun ist dahin die Hehre, des lichten Sonnenscheines Lust.
Indem kam geschwommen der Longobarden Heer,
Zu Fuß und zu Roß, auch die Jungfraun daher:
Vertrauend kamen in Tränen sie die Tote zu schaun:
Bleich, entseelt ruhte die schönste aller Jungfraun.
Sie flehten um die Leiche; die Bitte ward gewährt:
Sie huben sie auf ein heilges silberweißes Pferd,
Und führten sie zum Strande, schwimmend neben hin,
Vom Schaun der schönen Jungfraun entbrannte rasch der Krieger Sinn.
Nachstürmend ihnen rief mancher Held:
Auf! raube jeder die ihm gefällt! –
Der König aber wehrte: Haltet den Vertrag!
Und ehrt die Göttin Ostra, die uns ferner schirmen mag!
Da zogen sie gelaßner am Ufer hinauf,
Und warfen Sühnungszweige in der Strömung Lauf;
Denn Blut war geflossen in der heilgen Ostra Flut,
Und Götter sind mächtig zu strafen kecken Frevelmut.
Die Sonne ging zu Golde, aus Tag ward Nacht,
Am Berge lagert das Heer sich, Lamissio aber wacht,
Blickt zwiefach wund zu Tale wo man die Königin trägt
Und ihr zum Leichenbrande im Schein der Fackeln Tannen schlägt.
Er hört die Klagesänge heraufschallen her;
Allein im Herzen klagt er noch viel mehr:
Er sehnte nach wildrem Kampf sich in großer Männerschlacht,
Und nicht vergebens: gewaltger erschien der, als der Held gedacht. |