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Ultima ratio virginis.

» Adjüs, Mutter!«

»Susi! Susi! Mädchen lauf doch nicht so! Bertha war hier. Sie suchte Dich.«

»Hat sie ihr Herz erleichtert? Ihr erzählt es mir, wenn ich wiederkomme.«

»So warte doch! Will Herr Liborius Dich freien, Susi?«

»Hat Bertha das gesagt? Die soll ganz still sein. Neidisch ist sie. Jeden Tag paßt sie ihm auf. Und die will reden!«

»Du magst ihn leiden. Ich höre es schon. Mach dem Mann keine Hoffnung, Susi!«

»Ich versteh Euch nicht, Mutter. Ich weiß ja gar nicht, ob er mich haben will.«

»Laß es nicht erst zu einer Frage kommen, Susi! Du weißt, wie Vater ist.«

»Und wenn Herr Liborius mich leiden möchte, was wäre dabei? Giebts einen bessern Mann im ganzen Dorf?«

»So höre doch, Susi! Du bist unsere Einzige. [77] Du kriegst den Hof. Du kannst bloß einen Bauer brauchen, daß der Hof einen Herrn hat. Eins muß sich ins andere schicken.«

»Dann soll sich der Hof nach mir richten! Er hat schon Herrn genug gehabt und kriegt noch viel mehr. Ich bin nur einmal jung. Einen Mann will ich. Für mich.«

»Liborius ist bloß ein Lehrer, Susi.«

»Bloß? Was heißt das, bloß ein Lehrer??

»Er hat nichts. Gar nichts hat er als sein bißchen Gehalt und seinen Haselstock.«

»Einen Stock hat er nicht mal. Die Kinder sind auch ohnedies artig. Wir können unsere Äcker und Wiesen auch nicht aufessen. Mutter ich will einen Mann. Grade so einen, wie er ist, will ich haben. Adjüs, Mutter! Ich komme bald wieder.«

* * *

»Guten Tag, Frau Werbig!«

»Willkommen, Ferdinand! Das ist ja seltener Besuch. Setz Dich ein bißchen! Was bringst denn Du uns Neues?«

»Mit Jochen Werbig hätte ich gern ein paar Worte gesprochen.«

»Die Bienen schwärmen. Er ist im Garten. Kann ich es bestellen?«

»Sagen muß ich es ihm selbst. Am Ende legt [78] Ihr ein gutes Wort für mich ein, wenn ich um Susi freie?«

»Du um Susi?!«

»Nun ja! Ich bin ihr gut.«

»Die Leute sagen doch, Du hältst es mit … Na, wirst ja wissen, was sie von Eurer Magd erzählen.«

»Dumme Rederei. Weiter nichts. Mein Bruder ist älter. Ich muß mich irgendwo hineinheiraten. Geld bringt Euch keiner mehr ins Haus. Ihr seht, der Vorteil liegt auf beiden Seiten.«

»Was meint Susi dazu? Hast Du schon mit ihr gesprochen?«

Der Freier war beinahe beleidigt. »Aber Frau Werbig! Das thut doch keiner, der ans Heiraten denkt. Wer eine Frau will, geht erst zum Vater. Bei einer Liebschaft, nun ja, da macht mans anders. Ein Mädchen läßt sich nötigen, eh' sie mit einem geht. Und wenn sie's thut, braucht keiner drum zu wissen.«

»Am Ende erfahren es die Leute doch, so wie von Dir und Eurer Magd.«

»Glaubt doch die Dummheit nicht! Wenn Werbig meint, daß die Verhältnisse zusammenstimmen … Susi wird auch nicht ewig Jungfer bleiben wollen.«

»Vielleicht hat sie sich's anders gedacht.«

»Ach so! Ihr meint wegen der Geschichte mit dem Schulmeister. Grade deswegen komme ich. Man [79] mag doch nicht gern, daß die künftige Frau mit so einem im Gerede ist. Dem Hungerleider traue ich zu, daß er unter Susis Schürze in Euren Hof möchte. Mädchen hören gern glatte Worte. Auch die Klügste vergißt mal, was sie weggiebt, wenn sie sich verschenkt.«

»Das hast Du gewiß bei Eurer Magd gemerkt.«

»Gott, Frau Werbig! Was soll mir die?! Sie hat doch keinen Hof.«

»Vielleicht weiß sie sonst was zu verschenken.«

»Geld und Gut muß zusammenkommen. Ruft nur den Bauer! Wir bringens schon in Ordnung.«

* * *

Jochen Werbig hörte Ferdinands Werbung mit behaglichem Lächeln an. Dann setzte er sich breitspurig nieder. »Daß Du mir kommen würdest, war nicht schwer zu raten. Dir fehlt ein Hof.«

»Und Euch ein Schwiegersohn.«

»Davon kann ich jeden Tag ein Dutzend haben. Im Dorfe ist kein zweiter Hof wie meiner.«

»Stimmt! Es giebt auch keinen zweiten Schwiegersohn im Dorf, der Euch zwölftausend Thaler mitbringt wie ich.«

»Stimmt auch,« sagte Jochen Werbig.

Ferdinand lachte. »Na, seht Ihr wohl! Gleich sind wir überein.«

[80] »Noch nicht ganz. Zwei Bauern in einem Hof thut nicht gut. Ich mag noch nicht ins Altenteil.«

Auch der Freier wurde ernst. »Natürlich muß mir alles zugeschrieben werden.«

»Du hörst es ja. Ich habe keine Lust dazu.«

»Na, für so dumm müßt Ihr mich nicht halten, daß ich mit meinem Geld den Knecht bei Euch spielen will!«

Jochen Werbig sah ihn listig an. »Du denkst, zum Knecht bin ich noch gut genug, wenn Dir mein Hof verschrieben ist. – Ich will Dir was sagen. Es schadet nicht, wenn Ihr noch ein paar Jahre wartet. Komm später einmal wieder!«

Ferdinand lachte spöttisch. »Na, das muß wahr sein! Ihr schneidet Euren Willen schön nach Susis Schürze zu.«

Der Bauer brauste auf. »Wahre Deine Zunge! Noch bist Du hier nicht Herr.«

Den Freier focht das nicht an. Er höhnte weiter.

»Ich wollt's erst auch nicht glauben. Lügner hieß ich jeden, der mir sagte, daß Jochen Werbig seine Einzige einem Hungerleider giebt. 's wird doch wohl so werden.«

»Einem Hungerleider sagst Du?«

»Na ja! An Eurem eig'nen Tisch frißt er sich durch. Freilich – der nimmt Susi, auch ohne daß sie gleich den Hof bekommt. Da könnt Ihr den Herrn spielen, so lange Ihr mögt.«

[81] Der Bauer ließ die Faust auf den Tisch fallen, daß es knackte. »Liborius und Susi! Das ist putzig.

Weißt Du sonst noch was?«

Er lachte dröhnend.

»Ihr thut wahrhaftig, als wüßtet Ihr es nicht. Wäre es nicht deswegen … ein Jahr, und wenn es auch zwei sind, verschlägt mir nichts. Aber wenns so weitergeht … der Teufel traue einem Mädchen! … Wer kann wissen, was noch passiert.«

»Er kriegt sie nicht,« schrie Jochen Werbig wütend.

»Fragt doch herum! Die Schulkinder gehn Euch schon aus dem Wege, weil Ihr des Haselsteckens Schwiegervater werdet.«

Der Bauer erboßte sich immer mehr, doch Ferdinand ließ sich nicht irre machen. »Was scheltet Ihr mit mir? Kann ich dafür, daß sie den ganzen Tag beisammen sind?«

»Wenn ich Dir sage, er kriegt sie nicht, kriegt er sie nicht,« brüllte Jochen Werbig ihn an. »Du wirst mein Schwiegersohn. Das ist so sicher, als hättest Du das Abendmahl darauf genommen.«

Der Freier sah sich am Ziel. »Dann laßt mich wissen, wann die Hochzeit ist.«

Sogleich wurde der Bauer ruhiger. »Halt stopp! Das hat noch Zeit. Die Wirtschaft gebe ich nicht aus der Hand. Vorläufig nicht.«

»Meinethalben macht was Ihr wollt. Aber ein richtiger Verspruch muß sein, daß die Geschichte mit [82] dem Schulmeister zu Ende ist,« sagte Ferdinand.

»Der Teufel mag so einem trauen.«

Die Bäuerin kam herein. Als Jochen ihrer gewahr wurde, schrie er sie an. »Du, Frau, hast Du gehört, daß Deine Tochter sich mit dem Schulmeister weggeworfen hat?«

»Die Leute reden viel,« sagte die Frau. »In ihrem Leben hat sich Susi noch nicht weggeworfen.«

»So!« schrie Jochen Werbig. »Gewußt hast Du's! Gewußt und mir verschwiegen! Da schlage doch das Donnerwetter drein!« Seine Hand fiel dröhnend auf den Tisch.

»Das Fluchen spare Dir, bis wir allein sind!« sagte sie ruhig.

Der Bauer geriet immer mehr in Hitze. »Willst Du mir Vorschriften machen? Da sitzt Ferdinand. Sieh ihn Dir an! Er soll Susi haben, so wahr ich Jochen Werbig heiße.«

»Laß ihn doch Susi fragen, ob sie ihn mag!«

»Mag? Mag? Ob ihn das Mädchen mag?« schrie der Bauer. »Das ist für andre Leute gut genug. In meinem Hause kommt der Freier zu mir. Es müßte mit dem Teufel zugehn, wenn ich ihr das Mögen nicht beibringe.«

Die Frau zuckte die Achsel. »Der Teufel wird Dich dabei am wenigsten stören.«

Sechs Augen richteten sich nach der Thür. Susi trat herein.

[83] »Da ist sie ja,« sagte Jochen Werbig. »Komm her, Susi! Gieb Ferdinand die Hand! Er ist Dein Bräutigam.«

»Mein Bräutigam? Der!?«

»Du hörst es doch. Ich habe ihn Dir ausgesucht.«

Susi sah ihren Vater groß an. »Wer mich haben will, soll sich bei mir melden. Gefällt er mir, dann nehme ich ihn. Sonst nicht.«

Die Stirn des Bauern färbte sich rot. »Wenn ich Dir sage, Ferdinand wird Dein Mann, so nimmst Du ihn. Weiter hast Du dabei nichts zu thun.«

Mit einer Kopfbewegung deutete Susi auf den Freier. »Den? Keine Dienstmagd nimmt einen Menschen, den sie nicht ausstehn kann. Weshalb läuft er zu Euch? Er denkt, Ihr sollt mich zwingen. Aber er irrt sich. Die Kuh bringt man am Strick zum Stier. Ich bin Eure Tochter …«

»Darum befehle ich Dir, gieb Ferdinand die Hand!«

»In meinem Leben nicht.«

»Ich weiß, wer Dir den Kopf verdreht. Das Bürschchen kauf ich mir.«

»Weshalb ist der da« – Susis Augen deuteten auf Ferdinand – »so erpicht auf mich? Er hat sein Teil. Im Dorf weiß jeder, was bei seines Vaters Magd die Glocke geschlagen hat. Was aus mir wird, das ist ihm ganz egal. Auf mich kommt's ihm gar nicht an. Mich nimmt er bloß so mit, weil ihm der Hof in die Augen sticht.«

[84] »Er bekommt ihn auch. Kannst Dich drauf verlassen,« sagte Jochen Werbig.

»So nehmt sein Geld, wenn Ihr verkaufen wollt! Ich gehöre nicht zum Wirtschafts-Inventar.«

»Susi! Susi!« rief die Bäuerin. »Mußt nicht so harte Worte sprechen, Kind!«

»Als ob's dem Kummer machte, was ich sage,« versetzte Susi mit funkelnden Augen. »Ein anderer wäre schon vor Scham davon gelaufen. Die Habsucht hat ihm das Gewissen aufgefressen. Er thut, als gingen meine Worte ihn gar nichts an. Mit glatter Stirn steht er dabei und lacht. Genug von ihm! Übergenug! Wenn er nicht geht, geh ich.«

Hoch aufgerichtet schritt sie aus der Thür.

Frau Werbig suchte zu vermitteln. »Du bist zu hitzig, Jochen. Laß ihr Zeit!«

Wütend schrie er sie an. »Laß mich in Ruhe, Weib, mit Deinen Reden! Denkt Ihr, das Alter hat mich morsch gemacht? Auf der Nase spielen will mir das unreife Ding! Warte! Noch bin ich Herr im Hause. Sie soll mich kennen lernen.«

Ferdinand fühlte, daß er im Augenblick nichts mehr werden konnte. »Es bleibt dabei. Ich habe Euer Wort,« sagte er.

»Verlaß Dich drauf!« rief der Bauer. »Das Mädchen ist Dir sicher, als wäre sie Dir heute angetraut.«

»Na denn adjüs, Jochen Werbig! Adjüs auch, Frau!« Damit ging er.

[85] Die Bäuerin blickte ihm nach, bis er verschwunden war. »Dem willst Du sie geben, Jochen! Der hat ja kein Gefühl.«

»Wozu braucht er Gefühl? Geld bringt er mit. Gefühle tragen keine Zinsen.«

»Doch!« rief Susis Mutter eifrig. »Sind helle Augen und Glück und Frieden gar nichts wert?«

»Die kommen ganz von selbst, ist der Kasten hübsch voll.«

»Jochen! Wir haben nur die Eine. Von Herrn Liborius weiß keiner etwas Schlechtes.«

Der Bauer wollte auffahren, aber sie sprach schnell und beschwichtigend weiter. »Sei still! Von ihm will ich nicht reden. Die Hacken läuft sich Bertha nach ihm ab.«

»So mag sie ihn doch in drei Teufels Namen freien.«

»Er hält an Susi fest.«

»Kunststück! Sie wiegt auch schwerer.«

»Alle sagen, daß Ferdinand es mit seines Vaters Magd hält. Soll Deine Tochter in der zweiten Lauge waschen?«

»Ach was! Ein Mädchen hatte jeder vor der Frau.«

Die Bäuerin gab noch nicht nach. Schmeichelnd legte sie die Hand auf Werbigs Arm. »Du bist auch einmal jung gewesen. Wenn zwei sich mögen, und sie dürfen es sich sagen, wie süß ist das! Wie [86] schön ist dann die Welt! Hast Du das alles schon vergessen, Jochen?«

Unwirsch machte er sich von ihrer Hand frei.

»Du warst die reichste Bauerntochter zehn Meilen in der Runde.«

»Und deshalb? …«

»Jawohl! Deshalb! …«

»Nur deshalb, Jochen? …«

»Du warst auch schmuck dabei. Das hat mir Spaß gemacht.«

»Und was Du mir gesagt hast, damals, als wir jung? … An manchem stillen Abend…. Als Du mich haben wolltest, bevor der Pastor uns zusammengab … Als ich Dir abschlug, was ich selber wünschte … ach so sehr! … Als Du immer wieder quältest, thu es doch … Als ich dann …«

»Das alles wird Ferdinand dem Mädchen auch erzählen. Sie wird ihm glauben, wie Du mir geglaubt. Dann klopft ihr Herz genau wie Deins. Sie wird die reichste Frau im Dorf wie Du.«

»Das magst Du mir sagen, Jochen!« Weinend verhüllte die Bäuerin ihr Gesicht.

»Weshalb heulst Du?« fuhr er sie an. »Bist fünfundzwanzig Jahre gesund und vergnügt dabei gewesen, wirst jetzt auch nicht sterben. Marsch! Hole das Mädchen, daß ich ihr den Kopf zurechtsetzen kann!«

»Jochen! Sei doch kein Unmensch!«

»Hast Du verstanden! Hole sie! Sofort!«

[87] Frau Werbig ging schluchzend hinaus. Nach einigen Minuten trat Susi in die Thür.

»Wo kommst Du her?« herrschte ihr Vater sie an.

»Von Friedrich.«

»Wer ist Friedrich? Ich kenne keinen Friedrich.«

»Von Herrn Liborius.«

»Daß Du des Hungerleiders Haus nicht mehr betrittst!«

»Friedrich ist mein Bräutigam. Ich habe mich mit ihm verlobt.«

»Ferdinand wird Dein Mann.«

»Nein, Friedrich!«

Jochen Werbig erhob die Faust. »Wirst Du Dich fügen!«

Erbleichend trat Susi einen Schritt zurück. »Versündigt Euch nicht, Vater! Ihr dürft mich nicht schlagen. Jetzt nicht mehr.«

»Ich zwinge Dich. Du mußt.«

»Wie wollt Ihr das machen, Vater?«

»Du denkst, als Einzige darfst Du mir trotzen. Nicht einen roten Pfennig laß ich Dir.«

»Wir werden auch ohne den Hof nicht hungern.«

Der Bauer lachte höhnisch. »Die lumpigen paar Groschen, die er sich mit dem Haselstock verdient, sind auch ohne Dich in seiner Tasche nicht warm geworden. Damit wird er allein fertig.«

»Ich kann arbeiten. Es wird schon reichen.«

[88] »Jawohl! Du denkst, daß Deine Mutter Dir das Haus voll Lebensmittel trägt. Und wenn das kleine Geld nicht reicht, dann bettelst Du bei mir. Daraus wird nichts. In dieser Welt nicht.«

Susi nahm schmeichelnd seine Hand. »Vater, seid gut zu mir!«

»Nimm Ferdinand! Dann hast Du alles.«

»Ich kann nicht leben ohne Friedrich.«

»Versuchs! Nimm Ferdinand! Bevor ein Jahr vergeht, wirst Du es lernen.«

»Es ist mein Glück, um das ich Euch bitte. Gebt es mir, Vater!«

»Beim Pferdehandel braucht einer Glück. Beim Kartenspiel hat mans manchmal. Du erbst ein Bauerngut, wirst eines reichen Bauers Frau. Ich wüßte nicht, was für Glück Dir sonst noch nötig wäre.«

* * *

Dämmerung.

Friedrich Liborius saß im Wohnzimmer. Den Kopf stützte er in die Hand. Er dachte an Susi.

Seine Hoffnung, daß Jochen Werbig nachgeben werde, war nicht groß.

Ein leises Knacken an der Thür ließ ihn auf blicken. Susi war unhörbar eingetreten. Hinter sich drehte sie den Schlüssel um.

[89] Sie saß an seiner Seite im Sofa. »Kannst Du von mir lassen, Friedrich?«

»Niemals, Susi, wenn Du mir treu bleibst.«

»Ich kann nicht leben ohne Dich, Friedrich. Mit Dir will ich leben. Glücklich sein … Hast Du mich gern, Friedrich?«

»Ach, Susi! Wie fragst Du!«

Sie zog sein Haupt an ihre Brust. »Ich habe Dich auch lieb, Friedrich … ach so lieb … so lieb … ich weiß gar nicht wie lieb … Alles kann ich für Dich … alles … Ich will mit Dir leben … Dein Weib …«

»Susi! …«

Ihre Arme schlossen sich um ihn. »Friedrich! …«

»Mein Lieb! …. Meine süße Susi! …«

Tiefe Dämmerung.

* * *

»Was soll ich nun machen, Herr Pastor? Was soll ich bloß thun?«

»Was Sie gleich hätten thun müssen, Werbig. Geben Sie sie ihm, dann hat das Ärgernis ein Ende. Es bleibt Ihnen gar nichts weiter übrig. Oder soll Ihr Tochterkind ohne Vater durch die Welt laufen?«

»Meine Einzige! Mein ganzer Stolz! Und nun beträgt sie sich so! Wenns unter die Leute kommt, [90] ich überleb's nicht.« Jochen Werbig weinte zwei richtige Thränen.

»Ja, das hätten Sie vorher bedenken müssen. Wie der Baum, so die Frucht. Nach Ihrem Trauschein ist Susi auch einen Monat zu alt. Nun richten Sie ihr schnell die Hochzeit aus! Vielleicht geht's jetzt noch mit dem Kranz. Wenns nachher zu früh Taufe giebt, läßt sichs nicht mehr ändern. In einer Bauernfamilie sollte so etwas nicht vorkommen.«

»Meine Einzige! Mein Stolz!« weinte Jochen Werbig.

»Lassen Sie sie Hochzeit geben! So schnell wie möglich Hochzeit! Weiter weiß ich keinen Rat.«

»Aber er kommt ja gar nicht und fragt um sie an, der Schuft. Soll ich hinterher laufen und sie ihm anbieten! Am Ende denkt er, ich bin froh, daß er sie mir abnimmt. Jetzt. Nachdem er sie ruiniert hat.«

»Ach so!« sagte der Pastor. »Na, warten Sie! Ich ziehe einen andern Rock an. Muß ihm ohnehin den Kopf waschen, dem saubern Patron. Sie gehn indes nach Hause und bereiten alles zur Verlobung vor. Ich bringe ihn mit. Aber keinen Krach machen nachher! Verstehn Sie? Keinen Krach, Werbig! Und in ein paar Wochen ist Hochzeit. Sonst wirds nichts mit dem Kranz. Will ein Auge zudrücken, weil Sie's sind. – So, nun gehn Sie! [91] Ich bringe Ihnen Liborius. – Und grüßen Sie Susi. Wär' mir nicht lieb, so was von ihr zu hören. Solche Dinge. Wäre mir gar nicht lieb. Durchaus nicht.«


[92]


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