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Penelopeia, von der Pflegerin gerufen, geht mißtrauisch in den Saal. Odysseus gebeut den Seinigen Reigentanz, um die Ithaker zu täuschen. Er selbst, vom Bade verschönert, rechtfertigt sich der Gemahlin durch ein Geheimnis. Die Neuverbundenen erzählen vor dem Schlafe sich ihre Leiden. Am Morgen befiehlt Odysseus der Gemahlin sich einzuschließen, und geht mit dem Sohn und den Hirten zu Laertes hinaus.
Aber das Mütterchen stieg frohlockend empor in den Söller, Um der Fürstin zu melden, ihr lieber Gemahl sei zu Hause: Jugendlich strebten die Knie', und hurtiger eilten die Schenkel; Und sie trat zu dem Haupte der schlafenden Fürstin, und sagte: |
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Wach auf, Penelopeia, geliebte Tochter, und schau es |
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Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
15 | Warum spottest du meiner, die so schon herzlich betrübt ist, Und verkündest mir Lügen, und weckst mich vom lieblichen Schlummer, Welcher mir, ach so sanft! die lieben Wimpern bedeckte? Denn ich schlief noch nimmer so fest, seit Odysseus hinwegfuhr, Troja zu sehn, die verwünschte, die keiner nennet ohn' Abscheu! |
20 | Aber nun steige hinab, und geh in die untere Wohnung! Hätte mir eine der andern, so viel auch Weiber mir dienen, Solch ein Märchen verkündet, und mich vom Schlummer erwecket; Fürchterlich hätt' ich sie gleich, die unwillkommene Botin, Heimgesandt in den Saal! Dich rettet diesmal dein Alter! |
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Ihr antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
30 | Aber mit weisem Bedacht verschwieg er des Vaters Geheimnis, Bis er den Übermut der stolzen Männer bestrafet. Also sprach sie; und freudig entsprang die Fürstin dem Lager, |
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Liebes Mütterchen, sage mir doch die lautere Wahrheit! Ihr antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
40 | Weder gesehn hab' ich's, noch sonst erfahren, ich hörte Bloß der Erschlagnen Geächz. Denn hinten in unserer Wohnung Saßen wir alle voll Angst, bei festverriegelten Türen; Bis mich endlich dein Sohn Telemachos aus dem Gemache Rief, denn diesen hatte sein Vater gesandt, mich zu rufen. |
45 | Und nun fand ich Odysseus, umringt von erschlagenen Leichen, Stehn, die hochgehäuft, das schöngepflasterte Estrich Weit bedeckten. O hättest du selbst die Freude gesehen, Als er mit Blut und Staube besudelt stand, wie ein Löwe! Jetzo liegen sie alle gehäuft an der Pforte des Hofes; |
50 | Und er reinigt mit Schwefel bei angezündetem Feuer Seinen prächtigen Saal; und sendet mich her, dich zu rufen. Folge mir denn, damit ihr die lieben Herzen einander Wieder mit Freuden erfüllt, nachdem ihr so vieles erduldet. Nun ist ja endlich geschehn, was ihr so lange gewünscht habt: |
55 | Lebend kehret er heim zum Vaterherde, und findet Dich und den Sohn im Palast; und alle, die ihn beleidigt, Alle Freier vertilgt die schreckliche Rache des Königs. Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
60 | Ach, du weißt ja, wie herzlich erwünscht er allen im Hause Käme, vor allen mir, und unserm einzigen Sohne! Aber es ist unmöglich geschehen, wie du erzählest! Einer der Himmlischen hat die stolzen Freier getötet, Durch die Greuel gereizt, und die seelenkränkende Bosheit! |
65 | Denn sie ehrten ja keinen von allen Erdbewohnern, Vornehm' oder geringe, wer auch um Erbarmen sie ansprach: Darum strafte sie Gott, die Freveler! Aber Odysseus, Fern von Achaia verlor er die Heimkehr, ach! und sein Leben! Ihr antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
70 | Welche Rede, mein Kind, ist deinen Lippen entflohen! Dein Gemahl, der schon unten am Herde sitzt, der kehret Nimmer nach Hause zurück? O wie gar ungläubig dein Herz ist! Nun so sag' ich dir jetzt ein entscheidendes Merkmal, die Narbe, Die ein Eber ihm einst mit weißem Zahne gehauen. |
75 | Beim Fußwaschen nahm ich sie wahr, und wollt' es dir selber Sagen; allein er faßte mir schnell mit der Hand an die Gurgel; Und verhinderte mich mit weisem Bedachte, zu reden. Komm denn, und folge mir jetzt. Denn ich verbürge mich selber, Hab' ich dir Lügen gesagt, des kläglichsten Todes zu sterben. |
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Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
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Also sprach sie, und stieg hinab. Der Gehenden Herz schlug, |
90 | Gegenüber, sich hin. An einer ragenden Säule Saß er, die Augen gesenkt, und wartete, was sie ihm sagen Würde, die edle Gemahlin, da sie ihn selber erblickte. Lange saß sie schweigend; ihr Herz war voller Erstaunens. Jetzo glaubte sie schon sein Angesicht zu erkennen, |
95 | Jetzo verkannte sie ihn in seiner häßlichen Kleidung. Aber Telemachos sprach unwillig zu Penelopeia: Mutter, du böse Mutter, von unempfindlicher Seele! |
100 | Keine andere Frau wird sich von ihrem Gemahle So halsstarrig entfernen, der nach unendlicher Trübsal Endlich im zwanzigsten Jahre zum Vaterlande zurückkehrt! Aber du trägst im Busen ein Herz, das härter als Stein ist! Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
105 | Lieber Sohn, mein Geist ist ganz in Erstaunen verloren;, Und ich vermag kein Wort zu reden, oder zu fragen, Noch ihm gerad' ins Antlitz zu schaun! Doch ist er es wirklich, Mein Odysseus, der wiederkam; so werden wir beide Uns einander gewiß noch besser erkennen: wir haben |
110 | Unsre geheimen Zeichen, die keinem andern bekannt sind.
Sprach's; da lächelte sanft der herrliche Dulder Odysseus, O Telemachos, laß die Mutter, so lange sie Lust hat, |
115 | Weil ich so häßlich bin, und mit schlechten Lumpen bekleidet, Darum verachtet sie mich, und glaubt, ich sei es nicht selber, Aber wir müssen bedenken, was nun der sicherste Rat sei. Denn hat jemand im Volk nur einen Menschen getötet, Welcher, arm und geringe, nicht viele Rächer zurückläßt; |
120 | Flüchtet er doch, und verläßt die Heimat und seine Verwandten: Und wir erschlugen die Stütze der Stadt, der edelsten Männer Söhne in Ithakas Reich. Dies überlege nun selber. Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
125 | Unter den Menschen berühmt durch deine Weisheit, und niemand Wagt es sich dir zu vergleichen von allen Erdebewohnern! Aber wir sind zu folgen bereit; und ich hoffe, du werdest Mut in keinem vermissen, so viel die Kräfte gewähren. Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
130 | Nun so will ich denn sagen, was mir das Beste zu sein dünkt. Geht nun erstlich ins Bad, und schmückt euch mit festlichem Leibrock; Laßt dann die Weiber im Hause mit schönen Gewanden sich schmücken; Aber der göttliche Sänger entlocke der klingenden Harfe Melodien, und beflügle den fröhlichhüpfenden Reigen: |
135 | Daß die Nachbarn umher, und die auf der Gasse vorbeigehn, Sagen, wann sie es hören, man feire der Königin Hochzeit; Und damit nicht eher der Ruf von dem Morde der Freier Durch die Stadt sich verbreite, bevor wir das schattige Lustgut Fern auf dem Land' erreicht. Dort wollen wir ferner bedenken, |
140 | Welchen nützlichen Rat uns Zeus der Olympier eingibt.
Also sprach er. Sie hörten ihm alle mit Fleiß und gehorchten: |
145 | Alle zum süßen Gesang und schönnachahmenden Tanze: Daß der hohe Palast ringsum von dem stampfenden Fußtritt Fröhlicher Männer erscholl und schöngegürteter Weiber. Und wer vorüberging, blieb horchend stehen, und sagte: Wahrlich ein Freier macht mit der schönen Königin Hochzeit! |
150 | Konnte die böse Frau nicht ihres ersten Gemahles Hohen Palast bewahren, bis er aus der Fremde zurückkehrt? Also sprechen die Leute, und wußten nicht, was geschehn war. |
155 | Und umhüllt' ihm darauf den prächtigen Mantel und Leibrock. Siehe sein Haupt umstrahlt' Athene mit göttlicher Anmut, Schuf ihn höher und stärker an Wuchs; und goß von der Scheitel Ringelnde Locken herab, wie der Purpurlilien Blüte. Also umgießt ein Mann mit feinem Golde das Silber, |
160 | Welchen Hephästos selbst und Pallas Athene die Weisheit Vieler Künste gelehrt, und bildet reizende Werke: Also umgoß die Göttin ihm Haupt und Schultern mit Anmut. Und er stieg aus dem Bad', an Gestalt den Unsterblichen ähnlich; Kam, und setzte sich wieder auf seinem verlassenen Sessel, |
165 | Gegenüber dem Sitz der edlen Gemahlin, und sagte:
Wnnderliche, gewiß vor allen Weibern der Erde |
170 | Endlich im zwanzigsten Jahre zum Vaterlande zurückkehrt! Aber bereite mein Bett, o Mütterchen, daß ich allein mich Niederlege: denn diese hat wahrlich ein Herz von Eisen! Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
175 | Oder Befremden zurück; ich weiß recht gut, wie du aussahst, Als du von Ithaka fuhrst im langberuderten Schiffe. Aber wohlan! bereite sein Lager ihm, Eurykleia, Außerhalb des schönen Gemachs, das er selber gebauet. Setzt das zierliche Bette hinaus, und leget zum Ruhen |
180 | Wollichte Felle hinein, und prächtige Decken und Mäntel. |