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Ankunft in Meer und Tageslicht bei Ääa. Elpenors Bestattung. Kirke meldet die Gefahren des Wegs: erst die Sirenen; dann rechts die malmenden Irrfelsen, links die Enge zwischen Skylla und Charybdis; jenseits diesen die Sonnenherden in Thrinakia. Abfahrt mit Götterwind. Nach Vermeidung der Sirenen, läßt Odysseus die Irrfelsen rechts, und steuert an Skyllas Fels in die Meerenge, indem Charybdis einschlurft; Skylla raubt sechs Männer. Erzwungene Landung an Thrinakia, wo durch Sturm ausgehungert, die Genossen heilige Rinder schlachten. Schiffbruch; Odysseus auf der Trümmern zur schlurfenden Charybdis zurückgetrieben, dann nach Ogygia zur Kalypso.
Als wir jetzo die Flut des Oceanstromes durchsegelt, Fuhren wir über die Woge des weithinwogenden Meeres Zur ääischen Insel, allwo der dämmernden Frühe Wohnung und Tänze sind, und Helios leuchtender Aufgang. |
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5 | Jetzo landeten wir am sandigen Ufer der Insel, Stiegen alsdann aus dem Schiff' ans krumme Gestade des Meeres, Schlummerten dort ein wenig, und harrten der heiligen Frühe. Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, |
10 | Unsers toten Gefährten Elpenors Leichnam zu holen. Eilig fällten wir Holz auf der höchsten Spitze des Landes, Und bestatteten ihn mit vielen Tränen und Seufzern. Als der Tote nunmehr und des Toten Rüstung verbrannt war, Häuften wir ihm ein Grab, und errichteten drüber ein Denkmal, |
15 | Pflanzten dann hoch auf das Grab sein schöngeglättetes Ruder.
Also bestellten wir dies nach der Ordnung. Doch unsre Zurückkunft |
20 | Und sie trat in die Mitte, die hehre Göttin, und sagte:
Arme, die ihr lebendig in Aïdes Wohnung hinabfuhrt! |
25 | Schifft! Ich will euch den Weg und alle Gefahren des Weges Selbst verkünden, damit nicht hinfort unselige Torheit, Weder zu Wasser noch Land', euch neuen Jammer bereite. Also sprach sie, und zwang der Edlen Herz zum Gehorsam. |
30 | An der Fülle des Fleisches und süßen Weines uns labend. Als die Sonne nun sank, und Dunkel die Erde bedeckte, Legten sich jene zur Ruh am festgebundenen Schiffe. Aber mich nahm bei der Hand die Göttin, führte mich abwärts, Legte sich neben mir nieder, und fragete, was mir begegnet! |
35 | Und ich erzählte darauf umständlich die ganze Geschichte. Jetzt antwortete mir die hohe Kirke, und sagte: Dieses hast du denn alles vollbracht; vernimm nun, Odysseus, |
40 | Alle sterblichen Menschen, wer ihre Wohnung berühret. Welcher mit törichtem Herzen hinanfährt, und der Sirenen Stimme lauscht, dem wird zu Hause nimmer die Gattin Und unmündige Kinder mit freudigem Gruße begegnen; Denn es bezaubert ihn der helle Gesang der Sirenen, |
45 | Die auf der Wiese sitzen, von aufgehäuftem Gebeine Modernder Menschen umringt und ausgetrockneten Häuten. Aber du steure vorbei, und verkleibe die Ohren der Freunde Mit dem geschmolzenen Wachse der Honigscheiben, daß niemand Von den andern sie höre. Doch willst du selber sie hören; |
50 | Siehe dann binde man dich an Händen und Füßen im Schiffe, Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen: Daß du den holden Gesang der zwo Sirenen vernehmest. Flehst du die Freunde nun an, und befiehlst die Seile zu lösen; Eilend feßle man dich mit mehreren Banden noch stärker! |
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Sind nun deine Gefährten bei diesen vorüber gerudert, Hier stürmt gegen den Fuß der überhangenden Klippen |
60 | Hochaufbrausend die Woge der bläulichen Amphitrite. Irrende Klippen nennt sie die Sprache der seligen Götter. Selbst kein fliegender Vogel, noch selbst die schüchternen Tauben Eilen vorbei, die Zeus dem Vater Ambrosia bringen; Sondern der glatte Fels raubt eine von ihnen beständig! |
65 | Aber der Vater erschafft eine andre, die Zahl zu ergänzen. Und noch nimmer entrann ein Schiff, das ihnen sich nahte; Sondern zugleich die Trümmer des Schiffs und die Leichen der Männer Wirbelt die Woge des Meers und verzehrende Feuerorkane. Eins nur steurte vorbei von den meerdurchwandelnden Schiffen, |
70 | Argo, die Allbesungne, da sie von Äëtes zurückfuhr; Und bald hätte die Flut auch sie an die Klippe geschmettert, Doch sie geleitete Here, die waltende Göttin Jasons. Dorthin drohn zween Felsen: der eine berühret den Himmel |
75 | Rings umhüllt, das nimmer zerfließt; und nimmer erhellen Heitere Tage den Gipfel, im Sommer oder im Herbste. Keiner vermochte hinauf, und keiner hinunter zu steigen, Wenn er auch zwanzig Händ' und zwanzig Füße bewegte; Denn der Stein ist so glatt, als wär' er ringsum behauen. |
80 | In der Mitte des Felsen ist eine benachtete Höhle, Abendwärts, gewandt nach des Erebos' Gegend, allwo ihr Euer gebogenes Schiff vorbeilenkt, edler Odysseus. Von dem Boden des Schiffes vermöchte der fertigste Schütze Nicht den gefiederten Pfeil bis an die Höhle zu schnellen. |
85 | Diese Höhle bewohnt die fürchterlich bellende Skylla, Deren Stimme hell, wie der jungen saugenden Hunde Winseln tönt, sie selbst ein greuliches Scheusal, daß niemand Ihrer Gestalt sich freut, wenn auch ein Gott ihr begegnet. Siehe das Ungeheuer hat zwölf abscheuliche Klauen, |
90 | Und sechs Häls' unglaublicher Läng', auf jeglichem Halse Einen gräßlichen Kopf, mit dreifachen Reihen gespitzter Dichtgeschlossener Zähne voll schwarzes Todes bewaffnet. Bis an die Mitte steckt ihr Leib in der Höhle des Felsens, Aber die Köpfe bewegt sie hervor aus dem schrecklichen Abgrund, |
95 | Blickt heißhungrig umher, und fischt sich rings um den Felsen Meerhund' oft und Delphine, und oft noch ein größeres Seewild, Aus der unzähligen Schar der brausenden Amphitrite. Noch kein kühner Pilot, der Skyllas Felsen vorbeifuhr, Rühmt sich verschont zu sein; sie schwingst in jeglichem Rachen |
100 | Einen geraubeten Mann aus dem blaugeschnäbelten Schiffe.
Doch weit niedriger ist der andere Felsen, Odysseus, |
105 | Dreimal gurgelt sie täglich es aus, und schlurfet es dreimal Schrecklich hinein. Weh dir, wofern du der Schlurfenden nahest! Selbst Poseidaon könnte dich nicht dem Verderben entreißen: Darum steure du dicht an Skyllas Felsen, und rudre Schnell mit dem Schiffe davon. Es ist doch besser, Odysseus, |
110 | Sechs Gefährten im Schiff zu vermissen, als alle mit einmal!
Also sprach sie; und ich antwortete wieder, und sagte: |
115 |
Also sprach ich; mir gab die hohe Göttin zur Antwort: |
120 | Nichts hilft Tapferkeit dort; entfliehn ist die einzige Rettung. Denn verweilst du am Felsen, zum Kampfe gerüstet; so fürcht' ich, Daß dich das Ungeheuer von oben herunter noch einmal Mit sechs Rachen ereil', und dir sechs Männer entreiße. Rudre denn hurtig vorüber, und rufe die Göttin Kratäis, |
125 | Skyllas Mutter an, die die Plage der Menschen geboren: Diese wird sie bezähmen, daß sie nicht ferner dir schade. Jetzt erreichst du die Insel Thrinakia. Siehe da weiden |
130 | Fünfzig in jeglicher Herd'; und diese vermehren sich niemals, Noch vermindern sie sich. Zwo Göttinnen pflegen der Weide, Lieblichgelockte Nymphen, Lampetia und Phaetusa, Die mit der schönen Neära der Hochhinwandelnde zeugte. Denn die göttliche Mutter, sobald sie die Töchter erzogen, |
135 | Sandte sie fern hinweg in Thrinakias Insel, des Vaters Fette Schafe zu hüten und sein schwerwandelndes Hornvieh. Wenn du nun, eingedenk der Heimfahrt, diese verschonest; Siehe dann mögt ihr, obzwar unglücklich, gen Ithaka kehren. Wenn du sie aber beraubst; alsdann weissag' ich Verderben |
140 | Deinem Schiff' und den Freunden; und so du auch selber entrinnest, Kehrst du doch spät, unglücklich, und ohne Gefährten, zur Heimat. Also sprach sie; da kam die goldenthronende Eos; |
145 | Einzusteigen, und schnell am Ufer die Seile zu lösen. Und sie traten ins Schiff, und setzten sich hin auf die Bänke, Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern. Jene sandte vom Ufer dem blaugeschnäbelten Schiffe Günstigen segelschwellenden Wind, zum guten Begleiter, |
150 | Kirke, die schöngelockte, die hehre melodische Göttin. Eilig brachten wir jetzt die Geräte des Schiffes in Ordnung, Saßen dann still, und ließen vom Wind und Steuer uns lenken. Jetzo begann ich, und sprach zu den Freunden mit inniger Wehmut: Freunde, nicht einem allein, noch Zweenen, gebührt es zu wissen, |
155 | Welche Dinge mir Kirke, die hohe Göttin, geweissagt. Drum verkünd' ich sie euch, daß jeder sie wisse; wir mögen Sterben, oder entfliehn dem schrecklichen Todesverhängnis. Erst befiehlt uns die Göttin, der zauberischen Sirenen Süße Stimme zu meiden, und ihre blumige Wiese. |
160 | Mir erlaubt sie allein, den Gesang zu hören; doch bindet Ihr mich fest, damit ich kein Glied zu regen vermöge, Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen. Fleh' ich aber euch an, und befehle die Seile zu lösen; Eilend fesselt mich dann mit mehreren Banden noch stärker. |
165 |
Also verkündet' ich jetzo den Freunden unser Verhängnis. |
170 | Meine Gefährten gingen, und falteten eilig die Segel, Legten sie nieder im Schiff, und setzten sich hin an die Ruder; Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. Aber ich schnitt mit dem Schwert' aus der großen Scheibe des Wachses Kleine Kugeln, knetete sie mit nervichten Händen; |
175 | Und bald weichte das Wachs, vom starken Drucke bezwungen, Und dem Strahle des hochhinwandelnden Sonnenbeherrschers. Hierauf ging ich umher, und verkleibte die Ohren der Freunde. Jene banden mich jetzo an Händen und Füßen im Schiffe, Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen; |
180 | Setzten sich dann, und schlugen die graue Woge mit Rudern. Als wir jetzo so weit, wie die Stimme des Rufenden schallet, Kamen im eilenden Lauf, da erblickten jene das nahe Meerdurchgleitende Schiff, und huben den hellen Gesang an: Komm, besungner Odysseus, du großer Ruhm der Achaier! |
185 | Lenke dein Schiff ans Land, und horche unserer Stimme. Denn hier steurte noch keiner im schwarzen Schiffe vorüber, Eh' er dem süßen Gesang aus unserem Munde gelauschet; Und dann ging er von hinnen, vergnügt und weiser wie vormals. Uns ist alles bekannt, was ihr Argeier und Troer |
190 | Durch der Götter Verhängnis in Trojas Fluren geduldet: Alles, was irgend geschieht auf der lebenschenkenden Erde! Also sangen jene voll Anmut. Heißes Verlangen |
195 | Und es erhuben sich schnell Eurylochos und Perimedes, Legten noch mehrere Fesseln mir an, und banden mich stärker. Also steuerten wir den Sirenen vorüber; und leiser, Immer leiser, verhallte der Singenden Lied und Stimme. Eilend nahmen sich nun die teuren Genossen des Schiffes |
200 | Von den Ohren das Wachs, und lösten mich wieder vorn Mastbaum.
Als wir jetzo der Insel entruderten, sah ich von ferne |
205 | Still, weil keiner mehr das lange Ruder bewegte. Aber ich eilte durchs Schiff, und ermahnete meine Gefährten, Trat zu jeglichem Mann, und sprach mit freundlicher Stimme: Freunde, wir sind ja bisher nicht ungeübt in Gefahren; |
210 | Mit unmenschlicher Kraft im dunkeln Felsen uns einschloß; Dennoch entflohn wir auch jener durch meine Tugend und Weisheit; Und ich hoffe, wir werden uns einst auch dieser erinnern. Auf denn, Geliebteste, tut, was ich euch jetzo befehle! Ihr, schlagt alle des Meers hochstürmende Woge mit Rudern, |
215 | Sitzend auf euren Bänken! Vielleicht verstattet Kronion Zeus, daß wir, durch die Flucht, doch diesem Verderben entrinnen. Aber dir, o Pilot, befehl' ich dieses; verschleuß es Tief im Herzen, denn du besorgst das Steuer des Schiffes! Lenke das Schiff mit aller Gewalt aus dem Dampf und der Brandung, |
220 | Und arbeite gerad' auf den Fels zu; daß es nicht dorthin Unversehens sich wend', und du ins Verderben uns stürzest! |