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405 | Und Antinoos rief, und gab ihm dieses zur Antwort: Jüngling von trotziger Red' und verwegenem Mute, was sagst du? Schenkten so vieles, wie ich, ihm auch die übrigen Freier, In drei Monden würd' er dies Haus nicht wieder besuchen! Also sprach er, und hob den Schemel unter dem Tische |
410 | Drohend empor, auf welchem die Füße des Schmausenden ruhten. Aber die andern gaben ihm all', und füllten den Ranzen Ihm mit Fleisch und Brot. Und jetzo wollte Odysseus Wieder zur Schwelle gehn, der Achaier Geschenke zu kosten; Aber er stellte sich erst vor Antinoos' Tafel, und sagte: |
415 |
Lieber, beschenke mich auch! Du scheinst mir nicht der Geringste, |
420 | Eines reichen Palastes, und gab dem irrenden Fremdling Oftmals, wer er auch war, und welche Not ihn auch drängte; Und unzählige Knechte besaß ich, und andere Güter, Die man zum Überfluß und zur Pracht der Reichen erfodert. Aber das nahm mir Zeus nach seinem heiligen Ratschluß; |
425 | Denn er verleitete mich, mit küstenumirrenden Räubern Weit nach Ägyptos zu schiffen, um mein Verderben zu finden. Und ich legte die Schiff' im Strom Ägyptos vor Anker; Dringend ermahnt' ich jetzo die lieben Reisegefährten, An dem Gestade zu bleiben, und unsere Schiffe zu hüten, |
430 | Und versendete Wachen umher auf die Höhen des Landes. Aber sie wurden vom Trotz und Übermute verleitet, Daß sie ohne Verzug der Ägypter schöne Gefilde Plünderten, ihre Weiber gefangen führten, die Männer Und unmündigen Kinder ermordeten. Und ihr Geschrei kam |
435 | Schnell in die Stadt. Sobald der Morgen sich rötete, zogen Streiter zu Roß und zu Fuße daher, und vom blitzenden Erze Strahlte das ganze Gefilde. Der Donnerer Zeus Kronion Sendete meinen Gefährten die schändliche Flucht, und es wagte Keiner dem Feinde zu stehn; denn ringsum drohte Verderben. |
440 | Viele töteten sie mit ehernen Lanzen, und viele Schleppten sie lebend hinweg zu harter sklavischer Arbeit. Aber nach Kypros schenkten sie mich dem begegnenden Fremdling Dmetor, Jasos' Sohne, dem mächtigen Herrscher in Kypros. Und von dannen komm' ich nun hier, mit Kummer beladen. |
445 |
Und Antinoos rief, und gab ihm dieses zur Antwort: |
450 | Gehst nach der Reihe bei allen umher; und ohne Bedenken Geben sie dir! Wozu auch so sparsam, oder so ängstlich, Fremdes Gut zu verschenken, wo man so reichlich versorgt ist! Weichend erwiderte drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
455 | Von dem Deinigen schenkst du dem Darbenden schwerlich ein Salzkorn, Da du an fremdem Tische dich nicht erbarmst, ein wenig Mir von der Speise zu geben, womit du so reichlich versorgt bist! Also sprach er; da ward Antinoos' Herz noch erboster; |
460 |
Nun so sollst du gewiß auf diesem Saale nicht wieder Sprach's, und warf mit dem Schemel die rechte Schulter Odysseus' |
465 | Sondern schüttelte schweigend das Haupt, und sann auf Verderben; Ging dann zur Schwelle zurück, und setzte sich, legte den Ranzen Voll von Speise nieder, und sprach zu der Freier Versammlung: Höret mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fürstin, |
470 | Nicht der mindeste Schmerz noch Kummer beuget die Seele Eines Mannes, der, streitend für seine Güter, vom Feinde Wunden empfängt, für die Herden der Rinder und wollichten Schafe: Doch Antinoos warf mich wegen des traurigen Hungers, Welcher den elenden Menschen so vielen Kummer verursacht! |
475 | Aber beschützt auch die Armen der Götter und Göttinnen Rache, Dann ereile der Tod Antinoos vor der Vermählung! Und Eupeithes' Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: |
480 | Durch den Palast fortschleppen, und deine Glieder zerreißen!
Also sprach er; allein die übrigen zürnten ihm heftig. Übel, Antinoos, tatst du, den armen Fremdling zu werfen! |
485 | Denn oft tragen die Götter entfernter Fremdlinge Bildung; Unter jeder Gestalt durchwandern sie Länder und Städte, Daß sie den Frevel der Menschen und ihre Frömmigkeit schauen. Also sprachen die Freier; allein er verachtete solches. |
490 | Als er ihn warf: doch netzt' ihm keine Träne die Wangen; Sondern er schüttelte schweigend das Haupt, und sann auf Verderben. Auch in der Kammer vernahm es die kluge Penelopeia, Also treffe dich selbst der bogenberühmte Apollon! |
495 | Aber die Schaffnerin Eurynome gab ihr zur Antwort:
Ja! wenn die Sache, mein Kind, nach unsern Wünschen geschehe, Ihr antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
500 | Aber Antinoos gleicht doch am meisten dem schwarzen Verhängnis! Denn es wanket im Saal ein unglückseliger Fremdling Bittend umher bei den Männern; ihn zwingt der äußerste Mangel. Und die übrigen füllten ihm alle den Ranzen mit Gaben; Er nur warf ihm am Hals auf die rechte Schulter den Schemel. |
505 |
Also redete sie, umringt von dienenden Weibern, Eile schnell in den Saal, Eumäos, und heiße den Fremdling |
510 | Ob er etwa gehört von dem leidengeübten Odysseus, Oder ihn selber gesehn; denn er scheint viel Länder zu kennen. Ihr antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
515 | Denn ich hatt' ihn bei mir drei Tag' und Nächt' in der Hütte, Wo er zuerst ankam, nachdem er vom Schiffe geflohn war; Und doch hat er mir nicht sein Leiden alles erzählet. So aufmerksam ein Mann den gottbegeisterten Sänger Anschaut, welcher die Menschen mit reizenden Liedern erfreuet; |
520 | Voller Begierde horcht die Versammlung seinem Gesange: Eben so rührt' er mein Herz, da er bei mir saß in der Hütte. Und er saget, er sei durch seinen Vater ein Gastfreund Von Odysseus, und wohne in Kreta, Minos' Geburtsland; Und von dannen komm' er nun hier, durch mancherlei Trübsal |
525 | Weiter und weiter gewälzt; auch hab' er gehört, daß Odysseus Nahe bei uns im fetten Gebiet der thesprotischen Männer Leb', und mit großem Gut heimkehre zu seinem Palaste. Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
530 | Jene mögen indes vor der Türe sitzen und scherzen, Oder auch dort im Saale, da ihre Herzen vergnügt sind. Denn ihr eigenes Gut liegt unversehrt in den Häusern, Speise und süßer Wein, und nähret bloß das Gesinde. Aber sie schalten von Tage zu Tag' in unserem Hause, |
535 | Schlachten unsere Rinder und Schaf' und gemästeten Ziegen Für den üppigen Schmaus, und schweigen im funkelnden Weine Ohne Scheu; und alles wird leer: denn es fehlt uns ein solcher Mann, wie Odysseus war, die Plage vom Hause zu wenden. Käm' Odysseus zurück in seine Heimat, er würde |
540 | Bald mit seinem Sohne den Frevel der Männer bestrafen!
Also sprach sie; da nieste Telemachos laut, und ringsum Gehe mir gleich in den Saal, Eumäos, und rufe den Fremdling! |
545 | Siehst du nicht, wie mein Sohn mir alle Worte beniest hat? Ja nun werde der Tod das unvermeidliche Schicksal Aller Freier, und keiner entfliehe dem blutigen Tode! Eins verkünd' ich dir noch, bewahre dieses im Herzen: Wann ich merke, daß jener mir lautere Wahrheit erzählet, |
550 | Will ich mit schönen Gewanden, mit Rock und Mantel, ihn kleiden.
Sprach's; und der Sauhirt eilte, sobald er die Rede vernommen, Fremder Vater, dich läßt die kluge Penelopeia |
555 | Wegen des Mannes zu fragen, um den sie so herzlich betrübt ist. Wann sie merkt, daß du ihr lautere Wahrheit erzählest, Will sie mit Rock und Mantel dich kleiden, die du am meisten Nötig hast. Denn Speise, den Hunger zu stillen, erlangst du Leicht durch Betteln im Volk; es gebe dir jeder nach Willkür. |
560 |
Ihm antwortete drauf der herrliche Dulder Odysseus: |
565 | Deren Trotz und Gewalt den eisernen Himmel erreichet. Denn jetzt eben, da jener mich warf, daß der Schmerz mich betäubte, Mich, der kein Böses tat, und bittend im Saale herumging; Hat mich Telemachos weder, noch irgend ein andrer verteidigt. Sage denn Penelopeien, sie möcht' in ihren Gemächern |
570 | Harren, wie sehr sie verlangt, bis erst die Sonne gesunken. Alsdann frage sie mich nach ihres Mannes Zurückkunft, Nahe beim Feuer mich setzend; denn meine Kleider sind elend. Dieses weißt du auch selbst; du warst mein erster Beschützer. Sprach's; und der Sauhirt eilte, sobald er die Rede vernommen. |
575 | Als er die Schwelle betrat, da fragte Penelopeia:
Bringst du ihn nicht, Eumäos, warum bedenkt sich der Fremdling? Ihr antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine: |
580 | Was er sagt, hat Grund; so würd' auch ein anderer denken, Um den Trotz zu vermeiden der übermütigen Männer. Darum bittet er, harre, bis erst die Sonne gesunken. Auch für dich selber ist der Abend bequemer, o Fürstin, Daß du den fremden Mann allein befragest und hörest. |
585 |
Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: Also redete sie. Drauf ging der treffliche Sauhirt |
590 | Zu der Freier Versammlung, da sein Gewerbe bestellt war; Und er neigte das Haupt zu Telemachos, redete leise, Daß es die andern nicht hörten, und sprach die geflügelten Worte: Lieber, ich gehe nun weg, die Schwein' und das andre zu hüten, |
595 | Aber vor allen erhalte dich selbst, und siehe dich wohl vor, Daß dir kein Böses geschehe: denn viele sinnen auf Unglück. Doch Zeus rotte sie aus, bevor sie uns Schaden bereitet! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: |
600 | Morgen früh komm wieder, und bring' die gemästeten Opfer; Für das übrige laß mich und die Unsterblichen sorgen. Sprach's; und der Sauhirt setzte sich auf den zierlichen Sessel. |
605 | Wo die schwelgenden Freier sich schon beim Tanz und Gesange Freuten; denn jetzo neigte der Tag sich gegen den Abend. |