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Odysseus trägt mit Telemachos die Waffen in die obere Kammer, und bleibt im Saale allein. Sein Gespräch mit Penelopeia. Er wird beim Fußwaschen von der Pflegerin Eurykleia an der Narbe erkannt. Die Königin, nachdem sie durch einen Bogenkampf die Freiwerbung zu endigen beschlossen, entfernt sich.
Aber im Saale blieb der göttergleiche Odysseus, Und umdachte den Tod der Freier mit Pallas Athene. Eilend wandt' er sich jetzt mit geflügelten Worten zum Sohne: Laß uns, Telemachos, gleich die Waffen im Hause verbergen! |
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5 | Aber erkundigen sich die Freier, wo sie geblieben; Dann besänftige sie mit guten Worten: Ich trug sie Aus dem Rauche hinweg; denn sie sehn den alten nicht ähnlich, Wie sie Odysseus einst, gen Troja schiffend, zurückließ; Sondern sind ganz entstellt von dem rußichten Dampfe des Feuers. |
10 | Und noch ein Größeres gab ein Himmlischer mir zu bedenken: Daß ihr nicht etwa im Rausch euch zankt, und einander verwundet, Und die Freuden des Mahls und die Liebe zu Penelopeia Blutig entweiht; denn selbst das Eisen ziehet den Mann an. Also sprach Odysseus. Der Sohn gehorchte dem Vater, |
15 | Und rief Eurykleia, die Pflegerin, zu sich, und sagte:
Mütterchen, halte die Weiber so lang' in ihren Gemächern, |
20 | Jetzo verwahr' ich sie dort, wo der Dampf des Feuers nicht hinkommt.
Ihm antwortete drauf die Pflegerin Eurykleia: |
25 | Wann die Mägde, die dir sonst leuchten, nicht dürfen herausgehn?
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Also sprach er zu ihr, und redete nicht in die Winde. |
30 | Schnell verschloß sie die Pforten der schöngebaueten Wohnung. Nun erhub sich Odysseus mit seinem trefflichen Sohne, Und sie trugen die Helme hinein, die gewölbeten Schilde Und scharfspitzigen Lanzen; voran ging Pallas Athene Mit der goldenen Lamp', und verbreitete leuchtenden Schimmer. |
35 | Und Telemachos sprach zu seinem Vater Odysseus:
Vater, ein großes Wunder erblick' ich hier mit den Augen! |
40 | Wahrlich ein Gott ist hier, des weiten Himmels Bewohner!
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
45 | Um die Mägde hieher und deine Mutter zu locken: Diese wird mich weinend nach allen Dingen befragen. Sprach's; und Telemachos ging mit angezündeten Fackeln |
50 | Allda schlief er auch jetzt, und harrte der heiligen Frühe. Aber im Saale blieb der göttergleiche Odysseus, Und umdachte den Tod der Freier mit Pallas Athene. Jetzo ging aus der Kammer die kluge Penelopeia, |
55 | Neben das Feuer setzten sie ihren gewöhnlichen Sessel, Welcher mit Elfenbein und Silber umzogen, ein Kunstwerk Von Ikmalios war; der Schemel unter den Füßen Hing daran, und ein zottichtes Fell bedeckte den Sessel. Allda setzte sich nun die kluge Penelopeia. |
60 | Und weißarmige Mägde, die aus der hinteren Wohnung Kamen, trugen von dannen das viele Brot und die Tische, Und die Trinkgefäße der übermütigen Männer; Schütteten aus den Geschirren die Glut zur Erden, und häuften Anderes Holz darauf, zum Leuchten und zur Erwärmung. |
65 | Aber Melantho schalt von neuem den edlen Odysseus:
Fremdling, willst du auch noch die Ruhe der Nacht uns verderben, |
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Zürnend schaute auf sie und sprach der weise Odysseus: |
75 | Siehe, ich selber war einst ein glücklicher Mann, und Bewohner Eines reichen Palastes, und gab dem irrenden Fremdling Oftmals, wer er auch war, und welche Not ihn auch drängte. Und unzählige Knechte besaß ich, und andere Güter, Die man zum Überfluß und zur Pracht der Reichen erfodert. |
80 | Aber das nahm mir Zeus nach seinem heiligen Ratschluß! Darum, Mädchen, bedenk: wenn auch du so gänzlich dein Ansehn Einst verlörst, womit du vor deinen Gespielinnen prangest; Oder wenn dich einmal der Zorn der Königin träfe: Oder Odysseus käme: denn noch ist Hoffnung zur Heimkehr! |
85 | Aber er sei schon tot, und kehre nimmer zur Heimat: Dennoch lebt ja sein Sohn Telemachos, welchen Apollons Gnade beschirmt; und er weiß, wie viel Unarten die Weiber Hier im Hause beginnen; denn er ist wahrlich kein Kind mehr! Also sprach er; ihn hörte die kluge Penelopeia. |
90 | Zürnend wandte sie sich zu der Magd mit scheltenden Worten:
Unverschämteste Hündin, ich kenne jegliche Schandtat, |
95 | Wegen meines Gemahls, um den ich so herzlich betrübt bin!
Und zu der Schaffnerin Eurynome sagte sie also: |
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Also sprach sie; da ging die Schaffnerin eilig, und brachte Hierum muß ich dich, Fremdling, vor allen Dingen befragen: |
105 | Wer, wes Volkes bist du, und wo ist deine Geburtstadt?
Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
110 | Welcher ein großes Volk von starken Männern beherrschet, Und die Gerechtigkeit schützt. Die fetten Hügel und Täler Wallen von Weizen und Gerste, die Bäume hangen voll Obstes, Häufig gebiert das Vieh, und die Wasser wimmeln von Fischen, Unter dem weisen König, der seine Völker beseligt. |
115 | Aber frage mich hier im Hause nach anderen Dingen, Und erkunde dich nicht nach meinem Geschlecht und Geburtsland: Daß du nicht mein Herz mit herberen Qualen erfüllest, Wenn ich mich alles Jammers erinnere, den ich erduldet. Denn mit Klagen und Weinen im fremden Hause zu sitzen, |
120 | Ziemet mir nicht; und langer Gram vermehrt nur das Leiden. Auch möcht' eine der Mägde mir zürnen, oder du selber, Und, wenn ich weinte, sagen, mir tränten die Augen vom Weinrausch. Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: |
125 | Raubten die Himmlischen mir am Tage, da die Argeier Schifften gen Troja, mit ihnen mein trauter Gemahl Odysseus! Kehrete jener von dannen, und lebt' in meiner Gesellschaft; Ja dann möchte mein Ruhm wohl größer werden und schöner. Aber jetzo traur' ich; denn Leiden beschied mir ein Dämon! |
130 | Alle Fürsten, so viel in diesen Inseln gebieten, Samä, Dulichion und der waldbewachs'nen Zakynthos, Und so viele hier in der sonnigen Ithaka wohnen: Alle werben um mich mit Gewalt, und zehren das Gut auf Darum kümmern mich Fremdling' und Hilfeflehende wenig, |
135 | Selbst die Herolde nicht, des Volks geheiligte Diener; Sondern ich härme mich ab um meinen trauten Odysseus. Jene treiben die Hochzeit, und ich ersinne Verzögrung. Erst gab diesen Gedanken ein Himmlischer mir in die Seele. Trüglich zettelt ich mir in meiner Kammer ein feines |
140 | Übergroßes Geweb', und sprach zu der Freier Versammlung: Jünglinge, die ihr mich liebt, nach dem Tode des edlen Odysseus! Dringt auf meine Vermählung nicht eher, bis ich den Mantel Fertig gewirkt (damit nicht umsonst das Garn mir verderbe!) Welcher dem Helden Laertes zum Leichengewande bestimmt ist, |
145 | Wann ihn die finstere Stunde mit Todesschlummer umschattet Daß nicht irgend im Lande mich eine Achaierin tadle, Läg' er uneingekleidet, der einst so vieles beherrschte. Also sprach ich mit List, und bewegte die Herzen der Edlen. Und nun webt' ich des Tages an meinem großen Gewande; |
150 | Aber des Nachts, dann trennt' ich es auf, beim Scheine der Fackeln. Also täuschte ich sie drei Jahr', und betrog die Achaier. Als nun das vierte Jahr im Geleite der Horen herankam, Und mit dem wechselnden Mond viel Tage waren verschwunden; Da verrieten mich Mägde, die Hündinnen sonder Empfindung! |
155 | Und mich trafen die Freier, und schalten mit drohenden Worten. Also mußt' ich es nun, auch wider Willen, vollenden. Aber ich kann nicht länger die Hochzeit meiden, noch weiß ich Neuen Rat zu erfinden. Denn dringend ermahnen die Eltern Mich zur Heirat; auch sieht es mein Sohn mit großem Verdruß an, |
160 | Wie man sein Gut verzehrt: denn er ist nun ein Mann, der sein Erbe Selber zu schützen vermag, und dem Zeus Ehre verleihet. Aber sage mir doch, aus welchem Geschlechte du herstammst; Denn du stammst nicht vom Felsen, noch von der gefabelten Eiche. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: |
165 | Du ehrwürdiges Weib des Laertiaden Odysseus, Also hörst du nicht auf nach meinem Stamme zu forschen? Nun so will ich's dir sagen, wiewohl du mein bitteres Leiden Mir noch bitterer machst; denn Schmerz empfindet doch jeder, Welcher so lang' als ich von seiner Heimat entfernt ist, |
170 | Und mit Jammer umringt so viele Städte durchwandert. Aber ich will dir doch, was du mich fragest, verkünden. Kreta ist ein Land im dunkelwogenden Meere, Fruchtbar und anmutsvoll und ringsumflossen. Es wohnen Dort unzählige Menschen, und ihrer Städte sind neunzig: |
175 | Völker von mancherlei Stamm und mancherlei Sprachen. Es wohnen Dort Achaier, Kydonen und eingeborene Kreter, Dorier, welche sich dreifach verteilet, und edle Pelasger. Ihrer Könige Stadt ist Knossos, wo Minos geherrscht hat, Der neunjährig mit Zeus, dem großen Gotte, geredet. |
180 | Dieser war des edelgesinnten Deukalions Vater, Meines Vaters, der mich und den König Idomeneus zeugte. Aber Idomeneus fuhr in schöngeschnäbelten Schiffen Mit den Atreiden gen Troja; denn er ist älter und tapfrer: Ich bin der jüngere Sohn, und mein rühmlicher Name ist Äthon. |
185 | Damals sah ich Odysseus, und gab ihm Geschenke der Freundschaft. Denn an Kretas Küste verschlug ihn die heftige Windsbraut, Als er gen Ilion fuhr, und stürmt' ihn hinweg von Maleia. In des Amnisos gefährlicher Bucht entrann er dem Sturme Kaum, und ankerte dort bei der Grotte der Eileithya, |
190 | Ging darin gleich in die Stadt, um Idomeneus selber zu sehen; Denn er nannt' ihn seinen geliebten und teuersten Gastfreund. Aber schon zehnmal ging die Sonn' auf, oder schon elfmal, Seit Idomeneus war mit den Schiffen gen Troja gesegelt. Und ich führte den werten Gast in unsere Wohnung: |
195 | Freundlich bewirtet' ich ihn von des Hauses reichlichem Vorrat, Und versorgte sein Schiff und seiner Reisegefährten Reichlich, auf Kosten des Volks, mit Mehl und funkelndem Weine, Und mit gemästeten Rindern, daß ihre Seele sich labte. Und zwölf Tage blieben bei uns die edlen Achaier; |
200 | Denn der gewaltige Nord, den ein zürnender Dämon gesendet, Wütete, daß man kaum auf dem Lande zu stehen vermochte. Am dreizehnten ruhte der Sturm, und sie schifften von dannen. |