Ulrich Hegner
Hans Holbein der Jüngere
Ulrich Hegner

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Holbeins Leben in Basel bis zu seiner Abreise nach England.

In Basel war er Bürger und mit Weib und Kind angesessen, dahin kehrte er also auch immer wieder, wenn er auf Wanderungen sein Brod gesucht hatte, und blieb dann, bis ihn das Bedürfniß nöthigte, wieder Arbeit in der Fremde zu suchen; denn je weiter die Zeit in das Jahrhundert hineinrückte, desto weniger Unterstützung scheint die Kunst in Basel gefunden zu haben. Wiederholte innerliche Unruhen, häufige Streitigkeiten und kleine Kriege mit den östreichischen Nachbarn, auch die Italiänischen Feldzüge»Wo mehr verkrieget oder verzogen ist, als die Pensionen tragen.« Ochs Gesch. V. 281. entzogen das Geld den friedlichen Künsten, und entsittigten die Gemüther, so daß auch eigne strenge Gesetze über den Stadtfrieden, das heißt, gegen Händel und 161 Ausgelassenheit, nothwendig erachtet wurdenOchs Gesch. V. 321. &c.. Das mochte wohl eher eine Zeit für ein loses Leben (wenn das je Holbeins Fall war) als für den kunstgesinnten Maler seyn. Zudem nahm das Ansehen und der einträgliche Wirkungskreis der Klöster und Kirchen merklich ab, und damit ihre Sparsamkeit zu; der Ruhm, den man in köstlichen Altargemälden suchte, wartete auf bessere Zeiten. Schon zu Anfang des Jahrhunderts hörte man singen: »Was ist in der Welt für ein Wesen, wir mögen vor den Pfaffen nicht genesenEbendaselbst. V. 157.!« – Die bessern Gelehrten, Erasmus und seine Freunde, spotteten mancher geistlichen Mißbräuche laut; die Stadt Basel selbst legte das neue Panner mit dem englischen Gruß, das ihr Papst Julius II.Ebendaselbst. V. 280. feierlich geschenkt hatte, bei Seite, und begnügte sich mit ihrem alten Stadtpanner. Bald fing sich auch Luther in Deutschland an zu regen, und nach ihm Zwingli in der Eidgenossenschaft. – Auf ergiebige Bestellung bedeutender Werke war demnach für Holbein wenig Aussicht, er mußte sich mit Porträten und kleiner Arbeit begnügen, wovon in Basel noch mehreres vorhanden, das zum Theil historisch zu berühren hier der Ort ist.

162 Auf der öffentlichen Bibliothek fallen zwei Bilder einer jungen Person weiblichen Geschlechts, die aber in Stellung und Ausdruck verschieden sind, vorzugsweise in die Augen, beide auf halben Leib gemalt und in verjüngtem Maaße; die Tafeln halten ungefähr Einen Fuß Höhe und zwei Drittel Fuß Breite. Von dem Gegenstande weiß man nichts mehr, als was das Amerbachische Verzeichniß sagt, es sey »das Conterfet einer Offenburgerin« (oder, wie man jetzt sprechen würde, einer Fräulein von Offenburg, welches ehemals ein adeliches Geschlecht von Basel war). Die Bilder aber sind so anziehend, besonders das Eine, daß man gern mehreres von dem Urbilde wissen möchte. Das vorzüglichere, mit der Unterschrift: Lais corinthiaca. 1526. ist ein sehr schönes jugendliches Gesicht, voll Lüsternheit, mit schmachtendem Liebesblick, und einem Munde, der süße Lust zu hauchen scheint. Alles so zierlich, fleißig, und dabei so wahr, weich und Leben athmend gemalt, ohne alle Trockenheit der Umrisse, daß es kaum ein schöneres Porträt geben kann. Das Mädchen ist zierlich angezogenRem. Fesch in den monum. human. industr. Msc. 1628 nennt es: vestem meretriciam – und thut hinzu: Ex praecipuis judicatur haec pictura., trägt eine Binde mit Gold um den Kopf, und Gold in einigen Schnüren der 163 Kleidung. Sie steht vor einem Tische, und scheint die eine Hand nach Geld auszustrecken, dergleichen sie auch schon vor sich hat, und mit der andern zieht sie das Gewand in die Höhe, gleichsam etwas, das Geldes werth ist, anbietend.

Das andere Bild ist nicht so glänzend gemalt, und steifer gezeichnet, auch nicht so schön von Angesicht, ihm fehlt die Anmuth; es ist dieselbe Person, aber magerer und älter, trägt auch ein ähnliches Gewand. Ein Kind von gemeiner Natur und schönem Colorit, das vor ihr steht und mit einem Pfeile spielt, macht, daß man das Stück jetzt Venus und Amor betitelt. Auf dem alten Rahmen steht (stand) aber mit goldnen Buchstaben geschrieben: Verbum Domini manet in aeternum, wodurch die Sage entstanden und durch Anecdoten sammelnde Reisebeschreiber verbreitet worden ist, das Bild habe ehedem auf einem Altare gestanden, und sey als Mutter Gottes verehrt worden. – Wäre man auch jemals so dumm gewesen, den Amor mit dem Pfeile für das göttliche Kind, und ein lüsternes Weib ohne Nimbus für die heilige Jungfrau anzusehen, so widerlegt sich die Sage schon dadurch, daß das Gemälde von jeher in der Kunstsammlung des alten Amerbachs (laut des Verzeichnisses seines Sohnes) unter dem Namen einer Offenburgerin 164 aufgestellt war. Der lateinische Spruch mag eher auf das jetzt unbekannte Schicksal dieser Person gezielt haben.

Die Mähre erzählt, Holbein habe dieß letztere Bild zuerst gemacht, und erst als die Dame die Bezahlung verweigert, sey sie noch einmal als eine Buhlerin vorgestellt worden. Es läßt sich aber eher das Gegentheil annehmen und glauben, der sinnliche Maler habe dieses sinnlichschöne Antlitz nicht aus Haß und Rache, sondern mit Liebe gemalt, denn nur Augen der Liebe konnten diesen harmonischen Reiz auffassen, und mit so zartem Fleiße vollendenDie Kupferstiche davon haben nur wenig Wahrheit.. Wer weiß, vielleicht mögen ihn zerstörte Verhältnisse, oder Rache der Eifersucht nachher bewogen haben, die Goldpfennige oder den Namen Lais beizufügen, so wie bei dem an Schönheit und Kunst geringern Bilde der Kleine mit dem Pfeil auch später hinzugemalt scheint, um eine Frucht verbotener Liebe zu bezeichnen.

Auch hier hat Holbein seinem Gemälde einen grünen Grund untergelegt, wie er fast allenthalben zu thun pflegte; und das that er nicht allein, sondern häufig auch die Maler seiner Zeit, selbst Raphael. – Warum geschieht das jetzt nicht mehr? Was nur als eine ununterbrochene Fläche angesehen und einen näher gelegenen Gegenstand 165 angenehm hervorheben soll, kann mit Recht grün seyn; malt doch auch die Natur die Farbenschönheiten ihrer Blumen auf Grün.

Zu bemerken ist noch, daß sich in der Feschischen Sammlung auch eine solche Lais corinthiaca doppelt befindet, in Oehl gemalt, und als Skizze in Tusch gezeichnet. Das Gemälde hat aber sehr gelitten, und ist übermalt worden, einzig noch merkwürdig dadurch, daß hinter der Lais ein Bett angebracht ist, von welchem ein Satyr den Vorhang wegzieht; woraus man auch wieder nach Belieben entweder auf den tugendhaften Eifer, oder den leidenschaftlichen Groll des Malers gegen dieses durch Schönheit und Lebensart berüchtigte Mädchen schließen kann.

Unter seine berühmten Gemälde aus dieser Zeit gehört auch der todte Christus in Lebensgröße, bezeichnet: Jesus Nazarenus Rec Jud. H.H. 1521. Er liegt auf einem Tuche ausgestreckt, starr, in der Verwesungsfarbe, und so todt wie möglich. So mag freilich ein Gekreuzigter ausgesehen haben, aber kein Maler hätte den todten Erlöser so gräßlich entstellt vorzeigen sollen. Das Gesicht ist, genau betrachtet, zwar nicht unedel in den Formen, aber schwarz, nach der Natur eines an gewaltthätiger Todesart Gestorbenen, und die Hände sind 166 krampfig und blau von der Wunde. Man sagt, Holbein habe das Bild nach einem ertrunkenen, oder wie andre wollen, erhenkten Juden gemalt; die natürliche Wahrheit desselben macht die Sage glaublich. – Sandrart meldet, und andre schreiben es ihm nach, es seyen für dieß Gemälde tausend Dukaten geboten worden; das war, wenn gleich Malereien vormals mehr galten, als jetzt, ein übermäßiger Preis, indessen zeigt es, welch hohen Werth schon vor langer Zeit der Name Holbeins seinen Gemälden jeder Art gab, welches noch durch die vielen Copien bestätigt wird, die von diesem Bilde klein und groß genommen worden, so wie man sie noch heut zu Tage an mehrern Orten antrifft. – Das Grausenhafte der Vorstellung wurde auch damals weniger auffallend gefunden, in einer Zeit, wo man gewohnt war, über den Altären die gräßlichsten Martergeschichten aufgestellt zu sehen. Nunmehr ist das aber ganz anders; alle Reisenden, die das Bild sehen, halten sich mit Recht über die rohe Geschmacklosigkeit auf; einige brechen sogar in verabscheuenden Aerger aus, so daß man fast Bedenken tragen muß, das Bild nur etwas lange anzuschauen, um nicht des Mangels an Zartgefühl sich schuldig zu machen. LavaterHandbibliothek. 1791. VI. nennt 167 diesen todten Christus unanschaubar-abscheulich, und findet, Holbein habe dabei allen Geschmack abgelegt, alle Liebe verläugnet und allem Menschengefühl entsagt. Carl SpazierWanderungen durch die Schweiz. Gotha. 1790. sagt, er habe es nicht eine Minute bei dieser ekelhaften Natürlichkeit aushalten können, weil sie die Eingeweide empöre; hätte man doch, fügt er nach damaligen philanthropinischen Grundsätzen hinzu, die tausend Dukaten genommen, und zu einem Fond für Landschulmeister verwendet! – Wer wird es wagen, mit Jemand, der so grimmig abspricht, und den Tadel mit seiner eignen Persönlichkeit in Verbindung bringt, auch nur ein Wort über den Gegenstand zu sprechen, aus Furcht, ihm die Eingeweide zu empören? – Das ist aber nicht die echte, zum sichern Geschmack leitende Kritik, wenn man schon in neuern Zeiten öfters auf sie stößt; denn sie prüft nicht, schaut sich nicht bedächtlich um, sondern giebt sich der ersten individuellen Empfindung hin, und stellt sie anmaßend als Regel des Verstandes auf. Eine lebensgroße Figur von Holbein gemalt ist doch immer beachtenswerth, und so »unanschaubar abscheulich« dieser Christus seyn mag, so ließe sich doch zur Rechtfertigung des Malers die Frage aufwerfen, ob er nicht die Absicht oder den 168 Auftrag gehabt habe, den Menschensohn in seiner allertiefsten Erniedrigung vor Augen zu stellen, und ob er, wenn er wahr seyn wollte, dem Auftrage anders hätte ein Genügen leisten können. Er stellte den heiligen Leichnam in dem Zustande vor, wie er vom Kreuze genommen worden, noch nicht gewaschen und zum Begräbnisse geordnet, wie ihn sonst gewöhnlich die Kunst giebt, sondern in der Beschaffenheit, wie man sich auch den edelsten Menschen denken muß, der geschmäht, geschlagen, gegeißelt, mit Dornen gekrönt, und unter der entsetzlichen Marter des Kreuzes in Durst und Schmerzen verschmachtet ist, und sich sogar von Gott verlassen gefühlt hat; noch mit dem Schweiße des Todes bedeckt, mit struppigem Haar und krampfhaften, mißfarbenen, blutigen Zügen und Gliedern. Kann ein Menschenleib gleich nach solcher jammervollen Vernichtung wohl anders aussehen? – Die Erbauung ist aber vielseitig; läßt sich nicht ein frommes Gemüth denken, das, mit Hintansetzung alles bessern Geschmacks, seinen Erlöser gerade so vor sich sehen wollte, nicht nur gekreuzigt, sondern auch in mißhandelter, unzweifelhafter Todesgestalt, damit aus dieser schmählichsten Herabwürdigung seine Liebe desto herrlicher hervorleuchte? Mag auch die Erfüllung des Auftrags dem Geschmacke des Malers 169 keine Ehre bringen, so macht doch die malerische Ausführung desselben seinem Pinsel keine Schande.

Zu bedauern ist es, daß die kleinen und großen Propheten, deren Patin erwähntProphetae omnes, majores et minores, in novem tabulis bicubitalibus, ita ut binos, quaevis illarum exhibeat, coloribus aqueis nullo admixto oleo depicti. – So kommen aber achtzehn heraus. – Index opp. J. Holbenii., die Holbein halblebensgroß in ganzen stehenden Figuren auf neun Tafeln gemalt hat, von Basel hinweggekommen und wahrscheinlich verloren gegangen sind, da man nirgends eine Spur davon liest. Der Maler Bartholome Sarbruck führte sie zu Patins Zeiten hinweg nach Holland, und ließ zu Basel Copien in Oehl zurück, die etwas schwerfällig, aber mit guter Practic gemalt sind.

Da der Feschischen Kunstkammer schon öfters gedacht worden, indem die Holbeinischen Gemälde, Handzeichnungen und Holzschnitte die schönste Zierde derselben ausmachen, so mag auch ein kurzer historischer Bericht davon hieher gehören. – Remigius Fesch, der Sohn eines Bürgermeisters zu Basel, und öffentlicher Lehrer der Rechtsgelehrsamkeit, war der Sammler und Stifter dieses Museums, das neben mannigfältigem Kunstgeräthe auch eine Menge alter Münzen, Bücher, Handschriften und 170 Naturalien in sich begriffRien n'y manque; il y a de la peinture, de la sculpture, des livres et des curiosités de toutes sortes. Pour des Medailles, il y en a quelques unes de si singulières, qu'elles sont surprenantes, sans qu'elles ayent aucun rapport aux descriptions des auteurs, ou à celles que j'ay vu allieurs, sagt der gelehrte Münzkenner Patin in Relations historiques. 1671.. Alle Reisende besuchten es als eine der vornehmsten Merkwürdigkeiten der Stadt. Da der Eigenthümer reich und unverheirathet war, so machte er aus dem Cabinette und dem Hause, wo es aufbewahrt war, 1667 ein Fideicommiß, und verordnete aus Achtung für seinen Beruf, daß der Nießbrauch davon immerfort einem Doctor der Rechte aus dem Feschischen Geschlechte zudienen müsse, so lange ein solcher vorhanden sey, widrigen Falls solle das Ganze der Universität als Eigenthum zufallen. So blieb die Familie Fesch bis 1823 im Besitze dieser kostbaren Sammlung, woran inzwischen, wie bei Fideicommissen so oft der Fall ist, nichts gebessert noch weniger hinzugefügt wurde. Da sich aber jetzt kein rechtsgelehrter Fesch, wenigstens kein gehörig qualificirter, mehr vorfand, so fiel durch richterlichen Entscheid alles, was das Cabinett begriff, als ein herrlicher Zuwachs der öffentlichen Bibliothek anheim.

Von der Orgel im Münster, von Holbein gemalt, 171 ist auch in vielen Nachrichten über Basel die Rede. Zur Zeitersparung für Reisende, die etwa darnach ausgehen möchten, mag die Berichtigung dienen, daß zwar die Malerei dieser Orgel von Holbein ihren Ursprung hat, und sich die Skizze davon noch unter seinen Zeichnungen auf der Bibliothek findet, daß aber im Jahr 1639 das ganze Gemälde durch einen schwächern Pinsel überarbeitet worden ist, und so seinen Werth verloren hat. Diese Orgelflügel stehen seit 1786 irgendwo auf der Bibliothek.

Keine Schweizerstadt hat einen solchen Reichthum an Malereien aufzuweisen, wie man in Basel, nicht nur an öffentlichem Orte, sondern auch in Bürgerhäusern antrifft. Kein Wunder, wenn darunter auch manche blos vorgebliche Stücke des berühmten Mitbürgers sind. Auf dieß Vorgeben stößt man auch in der übrigen Schweiz und allenthalben, wo alte Porträte zu sehen sind, in Deutschland und England. Vorzügliche Erwähnung verdient jedoch die große Sammlung alter Gemälde und Handrisse, womit das Vischersche Haus am Rheinsprung angefüllt ist, dessen nun in die andere Welt hinübergegangener Besitzer, Rathsherr Peter Vischer, ein reicher Sammler und warmer Beförderer der Kunst, nicht nur ein großer Verehrer Holbeins, sondern auch ein glücklicher Nachahmer dessen kecker Zeichnungsmanier war. Unter den 172 mancherlei Holbeinischen Sachen zeichnen sich besonders zwei kleine Mannsbilder aus, in schwarzer Kleidung; sie sind in blasser schattenloser Manier gemalt, klar, zart verschmolzen, und in so lebendiger Harmonie der Gesichtszüge (diese Einheit der Miene war einer der ersten Vorzüge des Meisters), daß die Nase zu athmen, und der Mund im Begriffe scheint, auszusprechen, was die regsamen Augen aufgefaßt haben; so daß diese Köpfe, wenn sie, wie kaum zu zweifeln, von Holbein herrühren, unter seine besten Werke zu zählen sind.

Zu den Meisterwerken Holbeins gehört auch ein Kniestück in Lebensgröße, welches bis 1822 in Basel zu sehen war, das Bildniß eines schweizerischen Kaufmannes, Georg Gysi, den sein Landsmann im Jahre 1532 in London gemalt hatte. Es ist ein Gemälde von der anspruchlosen Klasse, die bei Manchem für geistlos gilt, wo der Maler nichts suchte, als den Gegenstand nach seiner Wirklichkeit, mit aller Kunst und Vollendung, die ihm gegeben war, darzustellen, nicht sich selbst in dem Gegenstande genialisch zu produciren. Nichts ist da zu sehen von pikanten Effecten, von gewagten Tuschen, geistreichen Nachlässigkeiten, kühnem Wurfe und dergleichen; alles ist bloße ruhige Wahrheit. Dem behaglichen Schweizergesichte ist nicht mehr Geist beigelegt, als es in der Natur haben mochte, 173 und die mancherlei kaufmännischen Attribute und Nebensachen, die das Bildniß umgeben, sind bei aller Ausführlichkeit doch demselben so harmonisch untergeordnet, daß weder der Blick zerstreut, noch die Haltung gestört wird. Eine grüne Wand hebt auch hier als Grund das Ganze schön heraus, und dieses Ganze stellt sich in einem solchen Einklang der Farben dar, wie es nur ein Eingeweihter in die Geheimnisse der Kunst zu leisten vermochte. – Man stelle einmal so ein getreues Menschenbild einem modernen, willkührlich idealisirten, mit Effect und Farben prunkenden, allgepriesenen Knallstücke gegenüber, gewiß, wer noch Augen zum Sehen, und nicht blos Ohren zum Vernehmen fremder Urtheile hat, wird bald inne werden, welchen Künstler der Geist der Wahrheit beseelt habe.

Man könnte es bedauerlich finden, daß die reiche Stadt Basel dieß vortreffliche Bild von sich weggelassen, und nicht mit ihrer übrigen Holbeinischen Habe zu vereinigen gesucht hat. Es wurde nach Berlin verkauft, und soll sich nun in der Königl. Preußischen Gemäldesammlung befinden.

Dahin kam auch auf gleichem Wege ein Bildniß der Anna Bullen, das vorher in Basel zu sehen gewesen. Zwar viel splendider in die Augen fallend als Gysi, ob aber von eben der malerischen Vorzüglichkeit und 174 unzweifelhaften Authenticität der Person und des Künstlers, das möchte eine genauere Prüfung erfordern. Wenigstens macht die Inschrift: Anna Regina 1530. Anno aetatis 27. . die Sache verdächtig; denn 1530 war Anna Bullen noch nicht Königin und noch nicht 27 Jahre alt. Auch ist das Zeichen nicht das wahre Holbeinische Monogramm.

Noch gibt es mehrere an Holbein und seine Zeit erinnernde Kunstwerke in dieser Stadt, die zu längerm Verweilen einladen, denn wer scheidet gern von dem, was er als schön und preiswürdig anerkannt und liebgewonnen hat? Aber es ist hohe Zeit, weiter zu gehen! 175

 


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