Ida Gräfin Hahn-Hahn
Maria Regina. Zweiter Band
Ida Gräfin Hahn-Hahn

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Das Auge der Welt.

Es gehörte zu Florentins größten Peinen, daß Judith nach wie vor eine treue Freundschaft für Lelio bewahrte. Die kleine Mißstimmung, die sie am Genfersee gegen ihn äußerte, war längst verschwunden – um so mehr, als er sich wohl hütete, ihren liebsten Plänen wieder mit der Schärfe von damals, die sie ja auf ihrem Standpunkte durchaus nicht verstehen konnte, entgegenzutreten. Das läßt sich niemand gefallen ohne Erbitterung – ausgenommen die vollkommenen, der Selbstsucht abgestorbenen Seelen. Die nehmen auch den schärfsten Widerspruch, der sich nicht etwa gegen ihre Fehler, wohl aber gegen ihre Tugenden erhebt, mild und liebevoll hin. Judith hatte Lelio gern, wie sie früher Ernest gern hatte: es lag auf beiden der Schmelz des katholischen Gemütslebens – wie Florentin es nannte. Ernest machte ihr einen so tiefen Eindruck, weil er das war, was man nächst dem Vogel Phönix am seltensten in der Welt findet: er war aus einem Stück; denken, wollen, handeln stimmten bei ihm überein; immer, nicht ausnahmsweise. Die meisten Menschen sind aus Bruchstücken von diesem und jenem Denken, Wollen, Handeln, zufällig und äußerlich, planlos zusammengesetzt; die einen mehr, die anderen minder. Sind die Bruchstücke schön, so gibt es das, was man nennt, interessante Menschen. Bei Lelio kamen jetzt solche Bruchstücke zum Vorschein. Er war nicht aus einem Guß wie Ernest; Judith selbst hatte ihn ja noch vor kurzem auf einem ganz anderen Wege, mit einem ganz anderen Streben gekannt. Um so mehr interessierte sie sich für seine Umwandlung, die augenscheinlich aus seinem innersten Wesen hervorging. Florentin versicherte zwar, er folge einem fremden Impuls. Einmal wollte er gehört haben, ein sehr reiches junges Mädchen habe sich zum Sterben in Lelio verliebt; aber von ihrem Beichtvater die Weisung erhalten, unter keiner Bedingung mit einem Menschen sich zu verehelichen, der zu den geheimen Gesellschaften, zu einer Venta oder einer Loge gehöre; nun könne Lelio doch unmöglich diese schöne reiche Person vor Liebe umkommen lassen! Ein anderes Mal hatte Florentin gehört, daß die Jesuiten, deren fabelhafte Reichtümer ja immer eine sehr große Rolle bei allen Gegnern der katholischen Kirche spielen, Lelios Bekehrung erkauft haben sollten. Ein drittes Mal sollte seine bigotte Familie ihn dermaßen mit Schilderungen der Höllenstrafen geängstigt haben, daß er durch Grauen zur Apostasie von der Sache der Freiheit und des Fortschrittes getrieben sei. Aber all diese Angaben machten nicht den mindesten Eindruck auf Judith, obschon eine Menge Menschen, vielleicht die meisten, in ähnlichen Fällen ähnliche Motive voraussetzen. Sie war zu selbständig, um nicht an eigene, innere Beweggründe zu glauben, und zu stolz, um nicht zu begreifen, daß man ihnen rücksichtslos folgen könne. Sie sagte kaltblütig zu Florentin:

»Geben Sie sich keine Mühe, mich durch das Wutgeheul Ihrer Partei zu betäuben, Fiorino. Ich glaube das, was Lelio mir gesagt hat. Er lügt nicht.« »Darf man wissen, was er gesagt hat?«

»Die Gnade hat ihn bekehrt.«

»Und das begreifen Sie, Signora?«

»Nein, das hab' ich nicht gesagt; wohl aber, daß ich an Lelios Aufrichtigkeit glaube.«

»Die Gnade? ... ja, was ist denn das für eine mystische oder mythische Person? Wie gibt sie sich kund? wodurch wirkt sie? wie ergreift sie den Menschen? was ergreift sie in ihm?«

»Fragen Sie doch lieber: was ißt sie, was trinkt sie? dann stehen Sie vollkommen auf der Höhe von Sir John Falstaff!« unterbrach Judith ihn unmutig. »Ist das Genie nicht auch eine mystische oder mythische Person, wie Sie höhnend fragen – und ist es deshalb etwa nicht? Wer versteht die geheimnisvolle Flamme zu erklären, die z. B. über der Stirn eines kleinen Bauernbuben so wunderbar leuchtet, daß sie ihm die Augen öffnet für die Schönheit, die im Stein verborgen ist, ihn antreibt, den Meißel zu ergreifen und die schönen Götterbilder aus ihrer Versteinerung heraus zu arbeiten; und die ihn endlich zu einer der großen Berühmtheiten macht, die man unsterblich zu nennen pflegt. Ich finde es nicht seltsam, daß Lelio von der Gnade – als daß ein Canova vom Genie ergriffen wird.«

»Nur haben beide äußerst verschiedene Folgen! das Genie wirkt schöpferisch, die Gnade ertötend.«

»O nein!« rief Judith, »auch die Gnade ist schöpferisch; aber nach innen.«

»Sie sind hellsehend, Signora!« rief er spöttisch.

»Und Sie sind blind, armer Fiorino,« sagte sie kalt.

»Das muß wohl sein,« entgegnete er; »denn ich nehme nichts wahr von dieser wunderbaren Schöpfung in Lelio. Er ist ein Abtrünniger einer heiligen Sache geworden, ein Deserteur von der Fahne der Freiheit, ein Überläufer ins Lager der Finsternis. Er ist treulos gegen seine besten Freunde, er entsagt der Kunst, die das Leben lieblich schmückt. Nein, Signora, ich entdecke keine goldenen Früchte, welche seine Gnade ihm trägt.«

»Sie macht ihn gut, Fiorino; rechnen Sie das für nichts? Er ist ein guter Sohn geworden, er lebt in dem Kreise seiner einfachen Pflichten, er ist die Wonne und der Herzenstrost seiner Eltern, er hat sich losgesagt von dem wüsten Sinnenleben, in dessen Schwelgereien er sich berauschte; er begnügt sich mit einer ganz unscheinbaren Stellung, mit einem äußerst bescheidenen Lose, um nicht in der Strudel der Welt zurückgeschleudert zu werden; er verzichtet auf den Beifall und die Bewunderung, die seinem herrlichen musikalischen Talent folgen würden, auf diesen gewissen Kunstrausch, dem man schwer entsagt, wenn man ihn genossen hat. O es ist eine ganz wunderbare Veränderung mit Lelio vorgegangen, und so wie er jetzt ist, ist er besser und edler, als er früher war. Ich nehme vorlieb mit den Menschen, wie sie eben sind, guter Fiorino! allein deshalb dürfen Sie nicht wähnen, daß ich den Maßstab für höhere Naturen verloren hätte. Er rostet mir nur ein wenig ein, weil ich so äußerst selten ihn an jemand anlegen kann.« –

Florentin wütete heimlich bei solchen Äußerungen Judiths und hatte zuweilen Lust, auf irgend eine Weise rächerisch störend einzugreifen in ihr Verhältnis zu Orest. Aber abgesehen davon, daß ihm bei Orests Leidenschaft für Judith die Unmöglichkeit einer Störung einleuchtete, versprach er sich durch ihre Ehe doch noch einen viel höheren Triumph seiner Ideen. Eine Apostasie, ein zerrissenes Eheband, eine jüdische Sängerin – und das alles im Hause der Windecker – welche Elemente des Fortschrittes, nach seinen Ansichten, waren nicht darin enthalten! Vorderhand mußte er sich in sein Schicksal ergeben, bei den Ausflügen, die Judith in Roms Umgegend machte, und bei der Besichtigung der Altertümer, der Kirchen und Kunstwerke immer Lelio an ihrer Seite zu sehen. Dieser hatte ihr einen Musiker empfohlen, wie sie ihn für ihre Studien brauchte und auf ihre Einladung, sie oft zu besuchen, geantwortet:

»Nein, Signora, die Welt, die Sie umgibt, ist meine Welt nicht mehr. Ich suche die Sprache zu vergessen, die man dort spricht; der Gedanken mich zu entschlagen, die dort herrschen; den Bestrebungen mich zu entziehen, die dort verfolgt werden. Kann ich Ihnen aber als Cicerone dienen, so bin ich gern dazu bereit und hoffe Ihnen etwas von der Langweile zu ersparen, welche Sie bei einem gemieteten Cicerone unfehlbar ausstehen müßten.«

Judith nahm gern den Vorschlag an und setzte hinzu:

»Desto mehr genieße ich Ihre Unterhaltung.«

Florentin sagte erbittert: »Signora, Ihr kaprizioser Kopf macht es wie Ihre Stimme: beide suchen umsonst ihres Gleichen! Sie haben jahrelang Lelio zum Hausgenossen gehabt und nie eine Vorliebe für seine Unterhaltung geäußert. Kaum verläßt er Ihr Haus, so wird er Ihnen unentbehrlich.«

»Unentbehrlich nicht,« entgegnete Judith, »aber lieb und angenehm, und ich finde meine Kaprizen durchaus gerechtfertigt.«

»O das finden die Damen immer!« rief Florentin.

»Dann bin ich ja vollends in meinem Recht,« sagte Judith lachend, »wenn ich es mache, wie mein ganzes Geschlecht.« –

Sie fuhr eines Tages mit Madame Miranes, Lelio und Florentin zum Grabe der Cäcilia Metella – dieser Frau, welche das seltsame Schicksal hat, daß ihr Name und ihr Grabmal durch die Jahrtausende gehen, ohne daß man irgend etwas von ihr selbst weiß.

»Und dann ist man noch stolz auf seine Berühmtheit!« rief Judith. »Und dann freut man sich des Gedankens, daß die Nachwelt unsere Namen aufbewahren werde! Eine gänzlich unbekannte Frau genießt diese Ehre in weit höherem Grade, als sie unsereinem je zu teil wird, nur weil ihr Name, in eine Marmortafel geschnitten, ihr Grab anzeigt und weil dies Grab eine Art von festem Turm ist, der den Jahrtausenden trotzt. Rom kühlt ungemein gegen den Durst nach irdischer Unsterblichkeit ab. Man sieht hier so recht, wie die verschiedenen Epochen in der Geschichte auf einander folgen, wie eine jede ihre Größen hat und wie sie alle nach und nach untergehen. Rom ist ein ächtes elysisches Gefilde im Sinn des Altertums: eine Schattenwelt! und ist melancholisch, wie eine solche sein muß.«

»Ist es nicht recht eigentümlich,« sagte Lelio, »daß gleichsam ein verlorener Ton aus uralter Offenbarung in die Fabelwelt sich versenkt hat und einen leisen Anklang der großartigen Harmonie angibt, die im Christentum zur vollen Erhabenheit sich entfaltet? Die christliche Lehre vom Dasein nach dem Tode – im Himmel für die Heiligen, in der Hölle – für die Verlorenen, im Purgatorium für die, welche dereinst in den Himmel übergehen werden, findet sich, gleichsam durch einen Hohlspiegel verzerrt, in der griechischen Fabel vom Olymp, vom Orkus und von den elysischen Gefilden.«

»Der Hohlspiegel ist die Sinnlichkeit, in welche die Griechen versunken waren,« sagte Judith. »Die verzerrt alles Große! die Schönheit wird weichlich, die Kraft brutal und ich habe nie begreifen können, wie vernünftige Menschen unserer Tage für die griechische Götterlehre und für das griechische Kunstideal schwärmen konnten. Das Technische der Kunst, die Vollendung und Harmonie der Form, die Behandlung des Materials ist unvergleichlich; aber ein Herkules als Ideal der Kraft, oder eine Venus als Ideal der Schönheit genügen mir nicht.«

»Sie stellen das Menschliche idealisiert dar,« sagte Florentin. »Was verlangen Sie denn noch mehr, Signora?«

»Daß sich Göttliches in ihnen darstelle.«

»Mit der Anforderung geraten Sie abermals in eine Fabelwelt.«

»Oder in die christliche Kunst,« ergänzte Lelio.

Wie ein guter und ein böser Geist standen diese beiden Menschen beständig neben Judith und jeder redete zu ihr in seiner Sprache und suchte sie zu gewinnen für das Reich, das er vertrat. Aber um jeden Menschen, wenn auch nicht in so ausgeprägten Gestalten, regen und bewegen sich ähnliche Einflüsse.

Während sie das Grabmal betrachteten, das ein Rundbau von so enormer Größe ist, daß er in Roms mittelalterlichen Bürgerkriegen als Festung diente – und nach allen Seiten ihn umgingen, kam von der Stadt her ein Wagen gefahren, in welchem Graf Damian, Corona, Hyazinth und Felicitas saßen. Orest machte eine große Jagdpartie mit, sonst würde er zwar nicht seine Familie, wohl aber Judith begleitet haben. Florentin erkannte schon von Weitem die Ankommenden und rief:

»Da ist die ganze Familie von Graf Orest.«

»Wer ist der junge Geistliche?« fragte Lelio.

»Sein jüngster Bruder – ein Schwärmer erster Ordnung! vielleicht kein Betrüger, doch ganz gewiß ein Betrogener.«

»Du machst eine Einteilung und einen Unterschied, als ob Du von den verschiedenen Graden der Eingeweihten in irgend einer geheimen Gesellschaft sprächest,« entgegnete Lelio mit großer Bestimmtheit. »Das paßt aber nicht für den katholischen Priesterstand und ich bitte Dich nicht zu vergessen, daß ich Katholik bin und folglich eine Gleichstellung vom Grand-Orient und von der heiligen Kirche nicht dulden kann.«

»Warum denn nicht!« rief Florentin. »Der Priesterstand ist gleichsam die Miliz einer Sache, die er heilig nennt und er schart sich zu gegliederter Ordnung um seine Anführer, die Bischöfe, welche die Parole erteilen. Wir sind auch eine Miliz, haben auch eine heilige Sache und empfangen auch von unseren Führern die Parole. Aber an uns ist es, uns jeden Vergleich mit der Kirche zu verbitten.«

»Kommen Sie, Lelio!« rief Judith ungeduldig; »wir wollen zum Zirkus des Maxentius gehen – so nannten Sie ihn ja wohl? – dessen Trümmer man schon von hier gewahr wird.« Und rasch schlug sie den Weg dahin ein, ohne einen Blick auf den Wagen zu werfen.

Madame Miranes blieb etwas zurück, nahm die Ankommenden in Augenschein und sagte dann zu Florentin:

»Das ist aber nicht die Gräfin Regina Windeck.«

»Nein, es ist die jüngste Tochter von Graf Damian. Die älteste ist im Kloster.«

»O Himmel! warum denn das?«

»Fanatismus! Sucht nach besonderen Dingen! Es hieß, sie wolle Fürstin werden und die Heirat sei nicht zu Stande gekommen.«

»Und dafür suchte sie Ersatz im Kloster?«

»Ersatz, Trost, was weiß ich! Unglückliche Liebe ist ja immer der Grund, der junge Mädchen in's Kloster treibt.«

»Was ist denn aus dem Graf Uriel geworden, der damals in Frankfurt lebte und ein bildschöner und sehr angenehmer junger Mann war.«

»Nichts! ein Herumtreiber! ein hochgräflicher Vagabund!«

»Hat er sich auch auf die unselige revolutionäre Seite gelegt?« rief Madame Miranes unbefangen.

»O nein,« entgegnete Florentin, äußerst entrüstet über diese naive Frage »der ist und bleibt ein Ultra unter den Aristokraten. Aber es ist eben nichts Tüchtiges aus ihm geworden, man hat ihn im Staatsdienst nicht brauchen können und so hat er sich auf die ächte faule Seite gelegt: er reist in der Welt umher, ohne Zweck, ohne Geschäft, ohne Sinn.«

»Schade um ihn! er war schon damals eine brillante Erscheinung in der Gesellschaft.«

»Freilich schade! aber was ließ sich von einer Windecker Erziehung anders erwarten! Wo eine so bigotte Mutter und ein so fanatischer geistlicher Onkel den Ton angaben, mußten Kirchenblumen erzielt werden, ohne Farbe und Duft.«

»Welch ein Glück, daß Sie und Graf Orest diesem traurigen Einfluß sich entzogen haben.«

»Ja!« rief Florentin jubilierend, »da kann der Mensch den rechten Gebrauch seines freien Willens an den Tag legen, wenn er sich über die Mißgriffe, die Fehler, die fesselnden Gewohnheiten seiner Erziehung hinaus schwingt und eine neue Bildung sich zu eigen macht.« –

Als die eine Gesellschaft mit der Besichtigung der Zirkusruine und die andere mit dem Grabmal der Cäcilia Metella fertig war und jede zu ihrem Wagen zurückkehrte, rief plötzlich Hyazinth:

»Na kommt der heilige Vater! o seht, er kommt des Weges! er geht zu Fuß! in der weißen Soutane – das ist er.«

»Welch ein Glücksstern waltet über uns!« rief Graf Damian vergnügt.

»Diese Wonne! Lili bekommt seinen Segen!« jubelte Corona.

Sie hatte einen herrlichen Blumenstrauß von Rosen und Orangenblüten in der Hand; sie riß ihn auseinander, gab die einzelnen Blumen an Felicitas und unterrichtete das Kind, was es zu tun habe. Dann warteten alle in frohbewegter Spannung, daß der heilige Vater sich nahe. Er ging zwischen zwei Herren seines Gefolges; andere hinter ihm; in einiger Entfernung fuhren die Wagen langsam nach.

Lelio hatte mit ebenso großer Freude wie Hyazinth seiner Gesellschaft die Ankunft des heiligen Vaters angezeigt, aber nicht dieselbe Teilnahme gefunden.

»Weltlicher Fürst und Priesterkönig!« rief Florentin; »zwiefachen Hasses wert! o könnt' ich ihm diesen Haß ausdrücken.«

»Nahest Du dich ihm oder sagst Du eine Silbe, so schlag' ich Dich zu Boden!« rief Lelio zornesbleich.

»Ruhig, Lelio!« sagte Judith; »Fiorino weiß, wie er sich in meiner Gesellschaft zu benehmen hat. Sie können aber nicht von uns Ihre papistische Adoration verlangen.«

»Ein fremder Souverän geht uns gar nichts an,« sagte Madame Miranes; »und was den Glanz betrifft, so haben wir schon ganz andere gekrönte Häupter gesehen.« –

Sie bildeten eine eigentümliche Gruppe! Judith stand da, hoch aufgerichtet, kalt und stolz, wie jemand, der gewöhnt ist, Huldigungen zu empfangen, nicht darzubringen. Madame Miranes sah neugierig dem Kommenden entgegen und zugleich verwundert, weshalb Lelio eine solche Verehrung für den alten Herrn äußere. Mit finsterem Trotz in Blick, Mienen und Haltung stand Florentin neben Judith. Aber Lelio löste sich von der unfreundlichen Gruppe ab, die unbeweglich stehen blieb, während er niederkniete, um den Segen zu empfangen, den der heilige Vater im Vorübergehen mild ihm erteilte. Lelio hätte gern den Staub unter seinen Sohlen geküßt, so zerschmolz ihm das Herz vor Reue bei dem Gedanken, daß er in diesem gütigen, liebevollen Greise je einen Tyrannen, ein schädliches, unheilbringendes Wesen habe sehen können. Er folgte ihm mit den Blicken und sah, wie aus der Gruppe der Windecker ein Kind ihm entgegen lief, das in Weiß gekleidet einen himmelblauen Gürtel und beide Hände voll Blumen trug. Mit der unnachahmlichen Grazie der kleinen Kinder, die noch von keiner Eitelkeit und Ziererei etwas wissen, streuete Felicitas ihre Blumen auf den Weg und kniete dann neben ihnen nieder. Und der heilige Vater legte einen Augenblick zärtlich seine Hand auf das Haupt des Kindes und erteilte dann mit großer Freundlichkeit an Corona, Graf Damian und Hyazinth seinen apostolischen Segen. Dann ging er weiter des Weges. Auf der kurzen Strecke hatte sich ein getreues Abbild von dem Urbild aufgerollt, das der Evangelist Marcus von dem Heiland mit den Worten malt: »Und Er war in der Wüste, bei den wilden Tieren; und die Engel dienten ihm.« Wie der göttliche Heiland, so steht auch die Kirche, die sein Werk fortsetzt, hienieden in der Wüste der Welt – einerseits umheult und umtobt von der Wut des Satans und von der Bosheit wilder, verderblicher, frecher Leidenschaften – während andererseits alles Gute, alles Heilige, alles Himmlische und Übernatürliche ihr huldigt. Und je ähnlicher des göttlichen Heilands Stellvertreter, als Oberhaupt der sichtbaren Kirche, in Liebe und Leid Ihm ist: desto mehr wird sich auch in seinem Leben dieser Zug herausstellen und Niedriges und Böses wird wider ihn wütend die Zähne fletschen, das Edle und Reine verehrend ihn lieben.

Corona schloß Felicitas zärtlich in ihre Arme und sagte mit feuchtschimmernden Augen:

»Nun hab' ich eine Ahnung davon, wie jenen Müttern um's Herz war, deren Kinder der Heiland segnete.«

»Und nun kannst Du auch mit beruhigtem Gewissen auf unsere Audienz im Vatikan Dich freuen!« sagte Graf Damian mit freundlicher Neckerei. »Es war Dir doch immer ein Schmerz, nicht wahr, daß Lili als audienzunfähig davon ausgeschlossen und ohne apostolischen Segen bleiben sollte. Jetzt hat sie den besten Teil von uns allen bekommen.«

»Wie gut ist Gott!« rief Corona gerührt; »mit welcher himmlischen Liebe erfüllt er unsere Wünsche!«

»Ja, die himmlischen!« sagte Hyazinth und froh beglückt setzten sie ihre Spazierfahrt fort. –

In Judiths Wagen herrschte nicht dieselbe freudige Stimmung. Florentins Groll äußerte sich durch finsteres Schweigen. Er hatte die Windecker Gruppe aus der Ferne wohl bemerkt und genau beobachtet, und ihr einfach demütiges Benehmen bildete einen so schlagenden Gegensatz zu seinem grimmigen Haß, daß ihm sein ganzes Herz davon durchstachelt wurde. Die Gesinnung, die sich in jenem Benehmen aussprach, griff ihn absichtslos in seinem innersten Selbst, in allem, was er liebte und erstrebte, an und deshalb empfand er ein Weh, als sei ihm eine schwere persönliche Kränkung absichtlich zugefügt. Dies merkwürdige, wenn auch geläugnete innere Bewußtsein der Bosheit, des Unglaubens, der Sünde und überhaupt aller Laster, daß sie durch das bloße Dasein der Tugend, der Gottesfurcht, des heiligen Wandels, der himmlischen Gesinnung – gleichsam verurteilt und gebrandmarkt sind, beweist, welche ungeheuere Macht die Tugend ausübt, wie unausrottbar die Stimme des Gewissens in der Menschenbrust ist und erklärt die Wut, mit welcher das Böse, wenn es in den Weltgeschicken die Oberhand gewinnt, sich an die Vernichtung des Guten macht. Es kommt aber nicht weiter, als daß es einzelne Träger des Guten vernichtet; denn das Prinzip des Guten ist in Gott, und somit in Sicherheit gestellt vor Dolch, Stilet und Guillotine.

Lelio hing seinen Gedanken nach und verfolgte die labyrinthischen Höhlengänge, mit denen der Geist einer von Gott abgefallenen Menschheit nun schon seit mancher Generation die allgemeine Vergesellschaftung unterminiert hat; diese Krater, in denen alle Lava zügelloser Leidenschaften, welche göttlichem Gesetz und heiliger Ordnung den Gehorsam aufgesagt haben, brodelt und gährt; diese Vulkane, die finstere Rauchwolken und schädliche Dämpfe aushauchen und durch diese Vorboten schon genugsam die Gesellschaft bedrohen – bis irgend ein unerwartetes Ereignis sie schüttelt und die Feuerströme aus ihrer Tiefe auf die Oberfläche bringt und verheerend ergießt. Er dachte, daß die Lava, die dort kocht, und die Asche, die sich dort absetzt, in ihrem Ausbruch manch Herkulanum zerstören, manch Pompeji verschütten werde, sei es in einzelnen Seelen, sei es in den Massen, im Leben des Glaubens wie in den äußeren Verhältnissen. Er dachte, daß auch er seinen Anteil zu dieser unsichtbaren Höllenmaschine beigetragen habe, daß auch er von der fixen Idee des Satans, nichts Höheres über sich anerkennen zu wollen – behaftet gewesen sei, und unwillkürlich drückte er mit einer Geberde voll namenlosem Schmerz seine gefalteten Hände vor die Stirn.

»Was fehlt Ihnen, Lelio?« fragte Judith, die ihm gegenüber im Wagen saß. »Sie haben als ein ächter Papist Ihr Idol angebetet und sind dennoch traurig!«

»Er ist ein bußfertiger Sünder,« nahm Florentin das Wort; »und einem solchen ist immer schlecht zu Mut.«

»Der Tag wird kommen, wo dem verstockten Sünder noch viel schlimmer zu Mut sein wird,« entgegnete Lelio. »Aber Du hast ganz Recht, Fiorino! ich bin bußfertig bis in's Mark meines Herzens hinein und Sie erlauben mir, wohl, Signora, Ihnen einen Auftritt zu erzählen, der sich vor sieben Jahren hier in Rom ereignet hat und der Ihnen erklären wird, weshalb man hier Buße, und zwar massenhaft, tun, d. h. das Unrecht bereuen, sich bessern und Genugtuung leisten sollte. Der heilige Vater machte damals zum Minister einen Mann, welcher sagte: »Das Papsttum ist die letzte lebensfähige Größe Italiens und die Sache des Papstes ist die Sache Gottes.« Diese Sprache mißfiel der Revolution und derjenige, der so redete, noch viel mehr, denn er war der Mann dazu, um zu handeln, wie er sprach. Er hätte Freiheiten und Reformen gegeben und befestigt, die weltliche Macht des Papstes zu Ansehen gebracht und dadurch der Revolution, die nach zeitgemäßen Verbesserungen brüllte, den Mund gestopft. In Wahrheit gab es für die Patrioten – wie hier die Revolutionsmänner sich nannten – nur eine zeitgemäße Verbesserung, nämlich: den Untergang der weltlichen Macht des Papstes, keineswegs deren Herstellung; denn sie hoffen, wenn der Papst nur erst in Abhängigkeit von irgend einem Monarchen ist, wie ehedem der Patriarch von Constantinopel es von den griechischen Kaisern war – wenn er nur erst heimatlos und machtlos geworden ist, ein Werk- und Spielzeug fremder Politik: dann habe die Kirche ebenfalls den Todesstoß bekommen und das lichte Auge der Welt sei geschlossen und das frische Herz der Welt stehe still. Darauf arbeiten sie hin; das ist ihr letztes Ziel: die Kirche soll untergehen. Die weltliche Macht des Papstes bildet ihr ein Bollwerk – darum falle sie! – Nun kam dieser Graf Rossi und erklärte, sie retten, sie befestigen zu wollen und auf gesetzmäßigem Wege, den die Konstitution ihm vorzeichnete, die Revolution dämpfen und beruhigen zu wollen. Deshalb wurde Graf Rossi grenzenlos von den Patrioten gehaßt. Sie hätten ihn bekämpfen können auf konstitutionellem Wege, mündlich, schriftlich, ihn stürzen können, wenn's möglich war! Aber nein! die Politik der Venta hat einen anderen Ausdruck, als den der Rede und der Feder. Sie hat das Stilet. Auf der Treppe der Cancelleria vecchia wurde Graf Rossi durch einen einzigen, wohlangebrachten Dolchstoß in den Nacken ermordet. Eine Menge von Menschen war gegenwärtig, auch Nationalgarden und Gensdarmen; keiner rührte sich, keiner versuchte den Mörder festzuhalten. Sie waren also entweder mit ihm einverstanden oder gleichgültig gegen die gräßliche Tat und der Diener des Grafen fand kaum Beistand genug, um den Entseelten in ein benachbartes Zimmer zu tragen. Am Abend durchrasten wütende Banden mit brennenden Fackeln die Straßen, tanzten unter den Fenstern der unglücklichen Witwe ihres Schlachtopfers und sprachen ihr Einverständnis mit dem Meuchelmörder unverholen aus. Sie sangen ein Lied, das den Dolch heilig nannte, der einen Verräter traf. Sie wollten Beifall hören – und die abgestumpfte Masse klatschte Beifall. Sie wollten Freudenbezeugungen sehen, zwangen mit Drohungen die Straßen, durch welche sie zogen, zu Illumination – und man illuminierte.«

»O genug und übergenug!« rief Judith. »Das erweckt Grauen am hellen Tage. Sie waren doch nicht bei diesen schauderhaften Szenen, Lelio?«

»Nein, Signora! um solche Auftritte wußten nur die Häupter der Patrioten und deren geheime Agenten. Unsereiner erfuhr nur nachträglich die Tatsache und zwar so, daß der Höllenpunsch zu einer Limonade abgeschwächt erschien. Ein beklagenswertes Ereignis – einige Exzesse – gerechtfertigtes Mißtrauen der Patrioten: so glitt die ganze Begebenheit in den Strom der revolutionären Bewegung hinein. Aber Sie begreifen, Signora, daß man Angesichts einer solchen Tat mit einigem Recht an Sühnung derselben denken kann.«

»Die Geschichte weist dergleichen Taten in Masse auf,« sagte Florentin kalt.

»Nur mit dem Unterschied,« entgegnete Lelio, »daß sie in gesetzlich geordneten Zeiten von einem Einzelnen und unter dem Abscheu der großen Menge – hier aber unter massenhafter Teilnahme verübt wurden. In revolutionären Zeiten erlebt man freilich überall, daß ein Teil der Menschheit an edlem Mut und Rechtsgefühl kläglich bankrott macht und mit den Wölfen heult, um nicht für ein Lamm zu gelten und von den Wölfen zerrissen zu werden.«

»Dahin kommt man mit Ihren Theorien, Signor Fiorino,« sagte Madame Miranes. »Das sehen Sie ja selbst ein und läugnen es auch gar nicht. Aber weshalb sagen Sie sich denn nicht davon los? das fasse ich nicht. Es muß Ihnen ja ganz unheimlich sein in Verhältnissen zu stehen, die jede Untat gut heißen, wenn sie in ihr System paßt.«

»Ja, Fiorino!« sagte Judith, »Sie können am Ende Ihr Rechtsgefühl so abstumpfen und Ihr Gewissen so verfälschen, daß Sie selbst in Ruchlosigkeit verfallen. Machen Sie es wie Lelio: treten Sie zurück.«

»Sie sind eingeschüchtert durch eine Tat, die in der hohen Politik, welche zuweilen der Geist eines Volks in gewichtigen Momenten ausübt, nicht ungerechtfertigt erscheint,« sagte Florentin eiskalt.

»Und Sie sind unverbesserlich!« rief Judith.

»Hörten Sie nicht, Signora,« fuhr Florentin fort, »wie Lelio vorhin sein Idol, Papst und Kirche – denn das fällt bei ihm zusammen –,»Auge der Welt« und »Herz der Welt« nannte? Mit diesem Auge soll man übereinstimmend sehen, mit diesem Herzen übereinstimmend fühlen – und wer das nicht tut, soll als ein Verworfener gelten. Muß man sich nicht einem solchen Absolutismus gegenüber zur Wehr setzen? und wer tut das, wenn nicht die Männer, welche in allen Jahrhunderten die geistige Freiheit und den Fortschritt der Menschheit verteidigt und gerettet haben!«

»Die Kirche ist das Auge und das Herz der Welt,« sagte Lelio, »weil sie der Menschheit das Licht des göttlichen Glaubens und die Kraft der heiligen Liebe vermittelt, durch welche die Menschheit in Wahrheit frei, in Wahrheit auf die Bahn des Fortschrittes geführt wird. Das beweist die Geschichte des Christentums. Es hat sinkende und aufsteigende Epochen, Perioden der Blüte und des Verfalles im Leben der Völker. Spürt man dem Grunde nach, weshalb die Zeiten untergehen, so ist es immer, weil das feindliche Element des hochmütigen Individualismus bald auf dem Gebiet der Politik, oder der Religion, oder der Literatur – aber immer da, wo eben ein schwacher Punkt sich zeigt, den Einfluß des religiösen Lebens hemmt, stört oder sogar ganz lahmt. Wie gefallene Engel, große Gaben elend verwüstend, bäumen sich dann manche Geister gegen die Kirche auf und nennen diesen Abfall – Befreiung! und augenblicklich, als würden die Pforten des Himmels hinter ihnen zugeschlagen, erlischt in ihnen das übernatürliche Licht des Glaubens und erstirbt in ihnen die übernatürliche Kraft der Liebe; denn sie haben sich freiwillig von dem Auge der Welt und dem Herzen der Welt losgesagt. Verworfene, wie Fiorino sagt, sind sie nicht; die Kirche verwirft niemand, der ihr anhangen will. Aber sie sind Fremdlinge und ausgeschlossen von den Rechten der Kinder des Hauses – bis zu ihrer Bekehrung, welche Gottes Gnade einem jeden möglich macht; wie Sie das an mir erlebt haben, Signora.«

Judith antwortete nicht; sie hing ihren Gedanken nach und hörte nicht auf Lelios und Florentins fernere Gespräche. Sie war trübe gestimmt. Die Begegnung mit Corona, mit dem heiligen Vater hatte sie peinlich aufgeregt. Sie dachte mit Unbehagen an diese Frau, an die Mutter dieses engelgleichen Kindes, welche sie aus dem Hause des Gemahls verdrängen wollte; mit Unbehagen an diesen milden Priesterkönig, der nur einen kleinen irdischen Staat und doch ein unendlich großes geistiges Reich beherrschte, in welchem sie ein Fremdling war, und sie fragte sich im Stillen wieder und wieder: Könnte ich denn nicht auch in das Auge der Welt schauen? Sie nahm sich vor, mit Lelio darüber zu sprechen, und als sie nach einigen Tagen mit ihm allein war, sagte sie:

»Haben Sie für mich gebetet, Lelio? In der Villa Diodati versprachen Sie es mir.«

»Und ich habe Ihnen Wort gehalten, Signora.«

»Und Erhörung gefunden, Lelio: denn ich werde jetzt Gräfin Windeck.«

»Das müssen wir erst abwarten, Signora.«

»Es handelt sich jetzt meinerseits darum, daß ich die christliche Taufe empfange und ich wünsche, es möge nach dem katholischen Ritus geschehen; dann habe ich das meine getan und werde nicht lange mehr zu warten brauchen, mein armer Lelio. Es wird mit jener Ceremonie ein gewisser Unterricht verbunden: kennen Sie einen Geistlichen, der mir denselben erteilen könnte?«

Lelio unterdrückte mit Gewalt den Ausdruck seiner grenzenlosen Freude und sagte gelassen:

»Ich werde mich umschauen, Signora.«

»Halten Sie es für möglich, daß ich nach dem Empfang des Unterrichts Ihre Ansichten von der katholischen Kirche bekäme?«

»Für sehr möglich, Signora.«

»Das wäre mir lieb, außerordentlich lieb – bis auf einen gewissen Punkt. Das geistige Leben des Menschen nimmt ab und erstirbt, wenn es beständig von seinem eigenen Fond zehren und aus seinem eigenen Ich schöpfen muß. Hingegen bereichert und entfaltet es sich, wenn es sich um eine objektive, über allen vernünftigen Widerspruch erhabene Wahrheit, wie um eine Sonne bewegt. Diesen Mangel empfinde ich schmerzlich – und noch schmerzlicher die geistige Vereinzelung, in welche man ohne eine solche Centralsonne verfällt. Man schließt sich an Kunstgenossen oder an Gesinnungsgenossen an; man versucht es wenigstens. Aber ach! bei solchen Verbindungen spielen Laune, Leidenschaft und menschliche Schwäche eine so große Rolle, daß sie nicht von Dauer sein können. Ich sehne mich nach etwas Unvergänglichem, Lelio, und ich möchte meine trübe, unsichere Erkenntnis durch Untrügliches gesichert wissen. Ich möchte mich anstrahlen lassen vom Auge der Welt, Lelio.«

»Ich glaub' es, teure Signora.«

»Nun sagt man aber, daß die katholischen Priester sich in alle persönlichen Verhältnisse zu mischen und sich um alles Mögliche und Unmögliche zu bekümmern suchen. Davon kann denn natürlich bei mir keine Rede sein. Dem Hofmeister bin ich entwachsen und meine weltlichen Angelegenheiten besorge ich allein. Sie wissen ja, wie ich durch mein Schicksal dem meine Neigung entsprach, selbständig geworden bin. Den überweltlichen Geist, der in der katholischen Kirche lebt, wünsche ich kennen zu lernen, aber keineswegs den vormundschaftlichen Bestrebungen ihrer Priester ausgesetzt zu werden.«

»Sein Sie unbesorgt, Signora,« entgegnete Lelio lachend, »mit dieser Bürde wird sich keiner zu befrachten suchen. Was spricht denn aber Graf Orest zu Ihrem Plan?«

»Lieber wär' es ihm, wie mir scheint, wenn ich protestantisch getauft würde. Aber ich kann mich nicht dazu entschließen und weiß weshalb. Und da auch Graf Orest es weiß, so läßt er mir freie Hand, denn er legt wenig Gewicht auf die äußeren Formen des einen wie des anderen christlichen Bekenntnisses. Das wird einen wunderbaren Kontrast geben, nicht wahr, Lelio? Abends sing' ich in der Oper und Morgens studiere ich den Geist des Christentums. Ich liebe solche Kontraste.«

»So lange, bis sie in Konflikt mit einander geraten – nicht wahr, Signora?«

»Zum Konflikt kommt es nicht, Lelio! ich trete mit Freuden von der Bühnenwelt in's Privatleben zurück. Mit dem Beginn der Fastenzeit hören meine Verpflichtungen hier auf. Hat Graf Orestes bis dahin seine Verhältnisse ordnen können, so steht unserer Verbindung nichts im Wege, und dann ist's auf ewig aus und vorbei mit der berühmten Sängerin Judith Miranes! Sie müssen mir dazu Glück wünschen, Lelio, denn ich freue mich darauf, wie auf eine Erlösung. Bringen die Verhältnisse des Grafen noch eine Zögerung mit sich, so muß man sich fügen; und in dem Fall will ich nach Neapel gehen – doch nur aus Liebhaberei. Jetzt aber wollen wir Rafaels berühmte Sibyllen bewundern, die ja Ihre Kirche Santa Maria della pace schmücken.«

Orest stellte sich ein, Madame Miranes erschien, und sie fuhren nach jener Kirche, die ein so wunderschönes Kunstwerk umschließt, wie die Gruppe von vier Sibyllen ist, welche Rafaels Pinsel mit der ganzen Fülle seines Seelenzaubers al fresco an den Bogen einer Kapelle gemalt hat. Da ruhen sie in stiller Sammlung und lassen den Strom des Lebens unbeachtet an sich vorüber rauschen und schauen über ihre Gegenwart und über die kleinen Geschicke der Menschen mit ihren wunderbaren, nicht bloß sehenden, sondern wissenden Augen, in den göttlichen Lebenskeim, den die Zukunft ihnen entschleiert hat, klar hinein. Nie ist das Heidentum edler, schöner, tiefsinniger aufgefaßt und dargestellt worden, als durch diese Sibyllen. Die Ahnung von einem Erlöser, einem göttlichen Sühnopfer, einem Hineintreten des Göttlichen in das Menschliche, um dieses zu einer verlorenen Glückseligkeit, zu einer höheren Stufe des Seins zurückzuführen, durchzittert die ganze antike Welt, wie die Schwingung einer Seite, die nur klingt, aber keinen bestimmten Ton anschlägt. Und dies Ahnungsvolle in der antiken Welt, das in ihren größten Menschen, in einigen ihrer Kunstschöpfungen, in manchen Mythen, in einzelnen geheimnisvollen Lehren sich äußert, um dann wieder in einem Meer von wüsten Fabeln des Geistes, von wilden Orgien der Phantasie unterzugehen, gibt ihr einen eigentümlichen Reiz, etwas Tragisch-Anziehendes. Wie ein Gestirn aus einer anderen Hemisphäre, das nur am Horizont aufleuchtet, um sogleich wieder unter denselben zu verschwinden, steht diese Ahnung von der Offenbarung einer übernatürlichen Liebe tief am Horizont der heidnischen Welt, und deren Wolken und Nebel fluten über sie dahin – ohne sie zu vernichten. Sie bleibt unerschüttert in den höheren Naturen. Der Baalsdienst, das Molochopfer, die bacchischen Geheimnisse gleiten an ihren Augen vorüber, wirbeln die Wolken ihres Taumels, ihrer Berauschung, den Duft ihrer Blumenkränze, das Licht ihrer Fackeln zu ihnen empor; aber sie bleiben unberauscht, unbetäubt, unbeirrt und halten fest an der Ahnung, daß sich die göttliche Wahrheit in anderer Weise offenbaren werde. Und zu diesen erhabenen Naturen in der heidnischen Welt gehören Rafaels Sibyllen. Er hat einen Schönheitscharakter für sie erfunden! Das sind nicht Musen, Grazien, Göttinnen der antiken Kunst; das sind aber auch nicht Fiesole's und Luini's selige Jungfrauen, nicht Perugino's und Francia's weltentfremdete Heilige; es sind Gestalten, in denen sich die Hoheit ausspricht, welche der gefallenen Menschheit vom Ebenbild Gottes aufgeprägt bleibt, wenn sie, um dies Bild zu bewahren, von den Scheingebilden der Erde sich abwendet. Es liegt eine überirdische Schönheit auf diesen Sibyllen; aber übernatürlich ist sie nicht; sie ist noch nicht von der Gnade verklärt.

»O, das ist aber etwas unvergleichlich Schönes!« rief Judith vor dem Gemälde; »man möchte dem Blick dieser Augen nachgleiten, tief und immer tiefer, in die Zukunft hinein, um das zu schauen, was sie schauen; denn das muß etwas Großes sein, weil es ihnen diesen erhabenen Ausdruck gibt.«

»Ja,« sagte Lelio, »sie schauen in das verschleierte Auge der Welt.«

»Und warum entschleiert es sich nicht vor solchen Seelen?«

»Warum wandeln wir zwischen Wiege und Grab? warum wechseln Tag und Nacht mit einander ab? Es gibt Fragen, Signora, welche nur durch andere Fragen zu beantworten sind.«

»Rafael ist unvergleichlich in der Gruppierung,« sagte Madame Miranes. »Wie schwierig war sie hier! Vier Frauengestalten über den Bogen! aber sie treten so natürlich zusammen, als gäbe es gar keinen anderen Platz für sie auf der Welt.«

»Ich finde, daß die Sibylla Samia Ihnen etwas ähnlich ist, Judith,« sagte Orest.

»Ich wünschte die Ähnlichkeit läge im Ausdruck,« erwiderte sie – und unwillkürlich trat das Gespräch über die Sybilla persica, das sie einst mit Ernest hatte, vor ihre Seele, als er ihr sagte: die Großartigkeit der Sibyllen bestehe darin, daß sie das Geheimnis von der Menschwerdung Gottes im Geist geschaut hätten.

So fand jeder vor dem Bilde das, was seine Seele beschäftigte, und lange verweilten sie dabei. Als sie endlich sich entfernten, bemerkte Lelio, daß Orest flüchtig einem jungen Geistlichen seinen Gruß zuwinke, der abseits sein Brevier betete. Lelio begleitete Judith zum Wagen und kehrte in die Kirche zurück, und kniete mit seinem Gebetbuch auf einem Platz nieder, von wo er den Geistlichen im Auge behielt. Die Kirche der Deutschen, Santa Maria dellé anime, mit ihrem Priesterhause, das nach altchristlicher Sitte eine Herberge für fremde deutsche Geistliche bietet – liegt unmittelbar neben der Kirche Maria della pace. Hyazinth pflegte häufig die letztere zu besuchen und Lelio hatte schon öfter den jungen Abbate bemerkt, der mit der Andacht eines heiligen Aloysius betete; hatte ihn auch sogleich erkannt, als Florentin am Grabmal der Cäcilia Metella sagte, das sei Orests Bruder. Nun fand er diesen Bruder eben hier vor dem allerheiligsten Sakrament, wahrscheinlich in Gebeten für Orest begriffen und schmerzlich bewegt durch diese Begegnung. Sollte er vielleicht das Werkzeug Gottes zu Judiths Bekehrung, zu Orests Rettung sein? Lelio war so ergriffen durch Judiths Entschluß, von einem katholischen Geistlichen sich unterrichten und taufen zu lassen, daß er fortan alles hoffte von der Barmherzigkeit Gottes, und als Hyazinth aufstand, um die Kirche zu verlassen, ihm folgte und demütig sagte:

»Signor Abbate, ich möchte die Ehre haben mit Ihnen zu sprechen, weil Sie ein Bruder des Grafen Orest sind, der vor einer halben Stunde hier war. Ich spiele die Orgel hier an der Kirche und wohne ganz in der Nähe bei meinen Eltern.«

»Können Sie nicht zu mir kommen?« fragte Hyazinth befremdet.

»Sehr gern!« entgegnete Lelio unbefangen; »nur muß ich Sie allein und, wo möglich, ganz unbemerkt sprechen, denn es betrifft die Bekehrung der Dame, welche Graf Orest so eben begleitete.«

»Ich folge Ihnen, Signor!« sagte Hyazinth äußerst überrascht durch diese unerwartete Nachricht; und bald befanden sich beide in Lelio's stillem Zimmer, wo dieser Hyazinth in Kenntnis von seinem Verhältnis zu Judith und von allem setzte, was er über sie und Orest als Augenzeuge wußte.

»Heute nun,« so schloß er seinen Bericht, »hat sie mir erklärt, daß sie sich mit dem Geist des Christentums bekannt machen wolle. Das ist ihre Art sich auszudrücken. In unserer Sprache heißt es: sie will sich in der Lehre der Kirche gründlich unterrichten lassen – und das heißt so viel, als sich bekehren.«

»Doch nicht ganz, Signor,« entgegnete Hyazinth; »Stolz und Ehrgeiz sind von je her ein paar gefährliche Feinde der christlichen Lehre von der Demut gewesen und das scheinen ja Grundzüge ihres Charakters zu sein. Sie verlangt mehr eine belehrende und anregende Unterhaltung für ihren Verstand, als daß sie sich nach der Offenbarung einer Wahrheit sehnte, von der sie im innersten Wesen zugleich erleuchtet und ergriffen genug würde, um sich mit all' ihren hochfliegenden Plänen ihr zu opfern.«

»Man kann das nicht ersehnen, was man nicht kennt, Signor Abbate, und sie steht ja außerhalb der Gnaden des Christentums, kennt also nur ein natürliches Licht, natürliche Gaben, natürliche Empfindungen. Wer kann sagen, welche Wünsche nach himmlischen Dingen in ihr erwachen werden, wenn sich die himmlische Licht- und Gnadenwelt vor ihr auftut. Ich meine, Signor Abbate, Sie sollten zu ihr gehen, und ihr sagen, Sie wären der Geistliche, den sie begehrt habe und Sie wären mit mir befreundet. Ich weiß wohl, daß ich dieser Ehre nicht wert bin, aber ich weiß auch, daß Sie um des bitteren Leidens willen, welches der göttliche Erlöser für mich geduldet hat, mir befreundet sind.«

»Wird sie nicht mißtrauisch werden, wenn sie meinen Namen erfährt.«

»Den darf sie vor der Hand nicht wissen! Sie brauchen ja nur, wenn sie fragen sollte, Ihren Taufnamen zu nennen.

»Und wenn ich meinen Bruder dort träfe!« »In den Morgenstunden treffen Sie ihn nie. Dann ist sie immer allein, mit musikalischen Studien und mit Lektüre beschäftigt.«

»Was in aller Welt kann aber meines Bruders Absicht sein, da es unmöglich ist, seine Ehe für ungiltig zu erklären!«

»Judith selbst scheint es nicht zu wissen. Sie macht sich nur ihrerseits bereit, damit sie keine Verzögerung in die Angelegenheit bringt, sobald diese eine günstige Wendung nimmt.«

»Entsetzlich!« rief Hyazinth, »mit einer solchen Kaltblütigkeit ein heiliges Verhältnis zu zerreißen.«

»Sie wähnt das Glück des Grafen Orestes zu begründen.«

»Ja, sie! aber er! aber er! Ach, ich fürchte fast, er wird noch schwerer zu bekehren sein, als sie. Ihr ist die Gnadenwelt verschlossen gewesen; aber er gehörte derselben an und verläßt sie! und verachtet sie! sein Zustand ist viel gefährlicher.«

»Allerdings!« entgegnete Lelio; »allein uns stehen augenblicklich keine Wege zu Gebot, auf denen wir an seine Seele heran kommen könnten, während sie bei Judith geebnet sind. Ist das nicht eine höhere Fügung, daß sie katholischen Unterricht begehrt?«

»Ich muß mich besinnen, was ich zu tun habe,« sagte Hyazinth. »Ich muß beten, um den Willen Gottes zu erkennen. Ich muß mich mit so vollkommener Hingebung als Werkzeug ihm anbieten, daß meine Armseligkeit seine großen, liebevollen Absichten nicht vereitelt. Neun Tage muß ich Zeit haben, Signor, schließen Sie sich meiner Novene an.«

»Mit Freuden!« rief Lelio. »Neun Tage hindurch werde ich die seligste Jungfrau Maria mit dem Gebet der Verbannten im Tal der Tränen, mit dem Salve Regina, anrufen, damit auf ihre Fürbitte Judith's Verbannung aufhöre. Glauben Sie mir, Signor Abbate, wenn sie zuweilen mit ihrem tief melancholischen Ausdruck in schweigendes Sinnen sich verliert, so fallen mir die Töchter Israels ein, die ihre Harfen an die Weidenzweige gehängt haben, trauernd an Babylons Flüssen sitzen und weinen, wenn sie Sions gedenken. Nur ist bei ihr der israelitische Typus gänzlich in der Frivolität moderner Allerweltsbildung untergegangen und das Sion, nach welchem sie weint, liegt nicht in ihrer Vergangenheit, wohl aber in ihrer Zukunft.«

»Hat sie denn keine Zuneigung für meinen Bruder? Erwiderte sie seine Leidenschaft nicht? Wäre das der Fall, so müßte sie sich ja beglückt und befriedigt fühlen durch die ungeheueren Opfer, die er ihr bringt. Hat sie aber keine Neigung für ihn und handelt sie nur aus Stolz und Ehrgeiz, so werden diese Disteln und Dornen das Wort von der Wahrheit in ihrer Brust ersticken.«

»Signor Abbate, ein Frauenherz ist für unsereinen unergründlich! Sie wissen besser Bescheid in der menschlichen Seele, als ich, und werden leichter erkennen, wie es mit Judith beschaffen ist. Ich glaube, daß sie gerührt ist durch die Anhänglichkeit, welche Graf Orest seit Jahren für sie hat; aber ich glaube auch, daß sie weniger davon gerührt sein würde, wenn er nicht reich und nicht Graf wäre. Der Flitter der Bühnenwelt ist ihr unerträglich, aber der Glanz im Privatleben scheint ihr unerläßlich. Ihr muß ein Licht aufgehen, in welchem Glanz und Flitter ersterben und, so Gott will! werden Sie es ihr bringen.«

»In neun Tagen geb' ich Ihnen Antwort,« sagte Hyazinth. »Beten Sie einstweilen, daß das geschehe, wodurch Gott am meisten verherrlicht werde, und daß er sich ein passendes Werkzeug dazu erlese. Ich fühle mich dieser Aufgabe, an welcher für Zeit und Ewigkeit so ungeheuer viel hängt, nicht gewachsen.«

Sie trennten sich. Lelio frohlockte bei sich selbst: Und er wird es doch sein! gerade er! die Demut ist ein David, welcher den Goliath des Stolzes besiegt. Als Judith ihn nach einigen Tagen fragte, ob er noch keinen Geistlichen gefunden habe, sagte er ernst:

»Signora, es ist nichts Geringes, was Sie wünschen und solche Wünsche sind nicht auf der Stelle zu erfüllen. Ich suche und bete.«

»Lelio! Sie sind mein wahrer Freund!« rief sie. »Wäre nur erst alles vorüber! Graf Orest ist sehr verstimmt; er sagt nichts, allein ich fürchte, er kämpft mit großen Schwierigkeiten. Fiorino ist von einer unerträglichen Bitterkeit. Ich möchte ihm täglich, ja stündlich den Laufpaß geben und ich täte es, wenn ich nicht fürchtete, daß er sich dann bei Graf Orest einnisten würde, was mir nicht lieb wäre, und wenn ich nicht wüßte, daß sich ja in einigen Wochen oder Monaten seine Stellung bei mir von selbst auflöst. O wär' es so weit! wär' ich doch getauft, mit Graf Orest vermählt und fort von hier – weit fort, damit »die Judith« vergessen werde.«

»Geduld! Geduld!« entgegnete Lelio; »es wird sich schon alles entwirren und lichten, wenn man sich nur den himmlischen Führungen überläßt. Suchen Sie nur Graf Orest recht sanft zu stimmen.«

»Ach, Lelio!« erwiderte sie, »das geht über meine Kräfte. Er ist, wie die guten englischen Wettrenner, die, je näher dem Ziel, desto rascher laufen, bis sie ohne Atem und Besinnung anlangen und selbst von ihrem Reiter nicht mehr gezügelt werden können.«

»Diese Eigenschaft ist besser für ein Rennpferd als für einen Menschen,« bemerkte Lelio trocken.

»Freilich wohl! der arme Orest ist überreizt durch den Druck seiner Verhältnisse, für die er kein Gegengewicht hat.«

»Und an der Seite eines solchen Mannes rechnen Sie auf Glück, Signora?«

»Warum nicht, Lelio? sobald der Druck aufhört, findet er von selbst sein Gleichgewicht.«

»Teure Signora,« sagte Lelio und schüttelte sanft den Kopf, »der Druck, der auf dem Menschen – auf jedem Menschen – lastet, hat die Bestimmung, ihn höher zu heben, als er ohne denselben steigen würde. Sehen Sie den Vogel an: auf der Erde sind ihm seine Flügel lästig und hindern ihn, seine Füße zu brauchen. Aber seine Last gibt ihm Schwung und er fliegt hoch zum Himmel hinauf. Sehen Sie die Quelle an, wie sie sich bequemen muß, ihr natürliches Bett zu verlassen und in die Tiefe hinabgedrückt zu werden. Aber als ein schöner, kräftiger Wasserstrahl steigt sie im Springbrunnen auf, ein kristallner Baum mit perlenden Zweigen; der Druck erhebt und verschönert sie. Das soll auch seine Folge in den menschlichen Charakteren sein. Gerade der Druck soll unseren Willen im Gleichgewicht mit unserer Bestimmung erhalten. Spüren wir keine Last, so gleitet das Leben behaglich dahin und versumpft in den Niederungen der Irdischkeit, wo die edle geistige Natur der Seele zu kurz kommt. Gönnen Sie dem Grafen Orest ein wenig Druck.«

»Seit Ihrer Bekehrung, Lelio, haben Sie eine ganz idealische Auffassung des Lebens bekommen, die mir sehr gefällt, die ich sogar recht gut verstehe und die ich doch nicht zu der meinen machen möchte. Ist das nicht ein wunderlicher Widerspruch?«

»Er ist leider ein sehr gewöhnlicher, Signora! die sinnlich stolze Natur hängt an ihrem egoistischen Wohlbehagen und bekämpft die höhere Erkenntnis des Geistes!«

»O wie wahr!« rief Judith; »o wie haben Sie Recht! Aber, Lelio, was ist es denn, das die sinnlich stolze Natur in der Menschenbrust besiegt?«

»Signora! das ist das Geheimnis des Kreuzes.«

»Werd' ich es je erkennen, Lelio?« fragte sie mit ihrem schwermütigen Ausdruck.

»Ja!« sagte Lelio zuversichtlich; »durch das Auge der Welt.«


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