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Im alten Böhmen liegt ein Tal,
Nur selten erfüllt vom Sonnenstrahl,
Darüber gespenstergleich die bleichen
Unheimlichen Wolkenfratzen schleichen.
Geflötz und Schlacken umborden die Säume,
Waldschatten dämmern in dunkle Träume,
Es zischelt der Wasserneck im Rohre,
Gefeite Quellen rieseln im Moore,
Sie schleudern empor kristallne Blasen,
Spielbälle der Elfenkinder im Rasen.
Es weht mich an wie Märchenluft,
Uralte Sagen enttaumeln der Gruft,
Lebendig wandeln die Fabelwesen,
Davon ich in Kinderbüchern gelesen.
Ein Hexenkessel ist rings das Tal,
Draus brodeln betäubende Dämpfe fahl,
Qualmschlingen wollen die Hirne knebeln,
Die klugsten wallen selbst in Nebeln.
Die einen beten Neptunum an,
Die andern schwärmen: Allvater Vulkan!
Die Steine selber ziehn Grimassen.
Rings liegen zerstreut basalt'ne Säulen,
Granitne Blöcke, Schieferzeilen,
Wie Zaubergerät, das liegen gelassen.
Da treibt sich als Hofstaat durcheinander
Sumpfotter und fleckiger Salamander;
In seltsam Getier verzaubert heute
Sind's Prinzen vielleicht und anständige Leute.
Indes ich so fabulir' o wehe,
Bin selbst ich verhext, eh' ich's versehe!
Ein grün Laubfröschlein ward ich schier
Und mancher gute Genosse mit mir,
Da heißt's am Morgen sein Wasser schlucken
Dann wieder ins Wasserlein badend ducken;
Und daß sich Wechsel hold erwiese,
Des Abends dann hüpfen über die Wiese;
Es gurgelt und quakt sich unverdrossen
Im Chore lieber Geschicksgenossen.
O könnt' ich auch den deutschen Gründen
Prophetisch sonniges Wetter künden! –
Doch hielt ich's noch für Schicksalssegen,
So reinlich saubern Haushalt zu pflegen.
Ach! eines Tages mein grünes Fell
Ward plötzlich braun und fleckig grell;
Ein Ruf gebot: »Als Unke bohre
Dich tauchend ein im schwarzen Moore!«
Drauf sank ich in das Schlammrevier,
Die nicht mehr grünen Gefährten mit mir
Altmeisters Liedlein stöhnend hohl:
»Uns ist ganz kannibalisch wohl!«
Da schwebt in lichten Wolken herbei
Aus Landen fern und unbekannt,
Holdselig eine wohltätige Fei,
Genesung von den meisten genannt.
In Lüften scholl's: Ihr seid nun frei!
Euch hat der böse Zauberer Schmerz
Gebannt in Ketten, die stärker als Erz,
Zum Kessel, wo seine Muhmen brauen;
Mein Stab hat eure Bande zerhauen!
Zieht hin nach Süden nun und Norden,
Was einst ihr war't, seid ihr wieder geworden.
Sieh, der Verhüllung entstiegen kamen
Anständige Leute, Prinzen sogar,
Der Diplomat, der Mönch im Talar,
Anmutige Kinder und liebliche Damen.
Da ist ein ritterlich kühner Degen,
Mitkämp' einst deutschem Waffensegen,
Ein jüngrer Krieger dann, dem Kränze
Wohl bringen spätere Waffentänze.
Ein edler Arzt, der in sich zog
Das Gift, das er fremder Wunde entsog;
Ein Richter, dem der Wage Schweben,
Das Herz nur, nie die Hand macht beben;
Ein Mann, der treuer Scholle hold
Schön wühlend in reichem Ährengold;
Ein Redner vom tollen Jugendreigen,
Ein Stiller, der Weisheit sucht im Schweigen;
Ein Lehrer, wie herrlich wird er säen,
Der vieler Menschen Städte gesehen!
Ein Dichter auch, der in Lust sich sonnte,
Wenn deutsche Herzen er rühren konnte.
Da klingt Mundart der Donaulande
Redeweise vom Elb- und Saalestrande;
Als sei noch nicht zu End' die Fabel,
Gibt's hier ein kleines deutsches Babel.
Sie könnten dem bösen Zaub'rer nicht zürnen,
Der aus dem Sand, von Alpenfirnen
Sie alle so schön zusammengebracht;
Das hat der Böse nicht bös gemacht,
Drum flammt ihr Dank nicht allzubrünstig
Der guten Fee, so mild und günstig
Weil sie zuerst ans Scheiden gedacht.
Sie aber lächelt immer hold,
Zu reich für Lohn, denn Dank ist Sold;
Ihr Scheideruf selbst ist noch Segen,
Er will vereinen auf fernsten Wegen.
Der dieses Lied zum Abschied sang,
Zieht bald sein heimisch Tal entlang
Im grünen Kleid durch den grünen Wald
Und pfeift auf grünem Blatt, daß es schallt!
Die Luft trägt weiter den Schall vielleicht,
Wohl gar, daß er euer Ohr erreicht,
Ihr kennt den Ton und den, der sang:
O blieb' ein Märchenzauber der Klang!
Ihr wisset dann, was der Ruf mag meinen:
Die Fernen will er im Geist vereinen. |