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Courasche kommt mit ihrer Compagnie in ein Dorf,
darinnen Kirchweih gehalten wird,
reizet einen jungen Zigeuner an,
eine Henne tot zu schießen; ihr Mann stellet sich,
solchen aufhenken zu lassen; wie nun jedermann
im Dorf hinauslief, diesem Schauspiel zuzusehen,
stahlen die Zigeunerinnen alles Gebratens
und Gebackens und machten sich samt ihrer ganzen Zunft
eiligst und listig darvon.
Unlängst nach diesem überstandenen Strauß kam unsere zigeunerische Rott von den Königsmarkischen Völkern wieder zu der schwedischen Hauptarmee, die damals Torstensohn commandirt und in Böhmen geführt, allwo dann beide Heer zusammenkamen. Ich verblieb samt meinem Maulesel nicht allein bis nach dem Friedensschluß bei dieser Armada, sondern verließ auch die Zigeuner nicht, da es bereits Frieden worden war, weil ich mir das Stehlen nicht mehr abzugewöhnen getrauete. Und demnach ich sehe, daß mein Schreiber noch ein weiß Blatt Papier übrig hat, also will ich noch zu guter Letzt oder zum Valete ein Stücklein erzählen und darauf setzen lassen, welches mir erst neulich eingefallen und alsobalden probirt und prakticirt hat werden müssen, bei welchem der Leser abnehmen kann, was ich sonst möchte ausgerichtet haben, und wie artlich ich mich zu den Zigeunern schicke.
Wir kamen im lothringischen Gebiet einsmals gegen Abend vor einen großen Flecken, darinnen eben Kürbe war, welcher Ursachen wegen und weil wir eine ziemlich starke Truppe von Männern Weibern Kindern und Pferden hatten, uns das Nachtläger rund abgeschlagen wurde. Aber mein Mann, der sich for den Obristleutenant ausgab, versprach bei seinen adelichen Worten, daß er for allen Schaden gut sein, und wenn etwas verderbt oder entwendet würde, solches aus dem Seinigen bezahlen und noch darzu den Täter an Leib und Leben strafen wolle, wormit er dann endlich nach langer Mühe erhielt, daß wir aufgenommen wurden. Es roch überall im Flecken so wohl nach dem Kürbe-Gebratens und Gebackens, daß ich gleich auch eine Lust darzu bekam und einen Verdruß empfand, daß die Bauern allein solches fressen sollten, erfand auch gleich folgenden Vorteil, wie wir dessen teilhaftig werden könnten.
Ich ließ einen wackern jungen Kerl aus den Unserigen eine Henne vor dem Wirtshause totschießen, worüber sich alsobald bei meinem Mann eine große Klage über den Täter erhube. Mein Mann stellte sich schrecklich erzörnet und ließ gleich einen, den wir for einen Trompeter bei uns hatten, die Unserigen zusammen blasen. Indem nun solches geschah und sich Bauren und Zigeuner auf dem Platz versammleten, sagte ich etlichen auf unsere Diebssprach, was mein Anschlag wäre, und daß sich ein jedes Weib zum Zugreifen gefaßt machen solle. Also hielt mein Mann über den Täter ein kurzes Standrecht und verdammte ihn zum Strang, weil er seines Obristleutenanten Befelch übergangen. Darauf erscholle alsobalden im ganzen Flecken das Geschrei, daß der Obristleutenant einen Zigeuner nur wegen einer Hennen wolle henken lassen. Etlichen bedunkte solche Prozedur zu rigorose; andere lobten uns, daß wir so gute Ordre hielten. Einer aus uns mußte den Henker agiren, welcher auch alsobalden dem Malefikanten die Hände auf den Rucken band. Hingegen tät sich eine junge Zigeunerin for dessen Weib aus, entlehnte von andern drei Kinder und kam damit auf den Platz geloffen. Sie bat um ihres Manns Leben und daß man ihre kleine Kinder bedenken wolle, stellte sich darneben so kläglich, als wann sie hätte verzweifeln wollen. Mein Mann aber wollte sie weder sehen noch hören, sondern ließ den Übeltäter hinaus gegen einen Wald führen, an ihm das Urteil exequiren zu lassen, eben als er vermeinte, der ganze Flecken hätte sich nunmehr versammlet, den armen Sünder henken zu sehen, wie sich dann auch zu solchem Ende fast alle Inwohner, jung und alt, Weib und Mann, Knecht und Mägd, Kind und Kegel mit uns hinaus begaben. Hingegen ließ gedachte junge Zigeunerin mit ihren dreien entlehnten Kindern nicht ab, zu heulen, zu schreien und zu bitten; und da man an den Wald und zu einem Baum kam, daran der Hennenmörder dem Ansehen nach geknüpft werden sollte, stellte sie sich so erbärmlich, daß erstlich die Baurenweiber und endlich die Bauren selbst anfingen for den Mistäter zu bitten, auch nicht aufhöreten, bis sich mein Mann erweichen ließ, dem armen Sünder ihrentwegen das Leben zu schenken.
Indessen wir nun außerhalb dem Dorf diese Comödi agirten, mausten unsere Weiber im Flecken nach Wunsch, und weil sie nicht nur die Bratspieß und Fleischhäfen leereten, sondern auch hie und da namhafte Beuten aus den Wägen gefischt hatten, verließen sie den Flecken und kamen uns entgegen, sich nicht anders stellend, als wann sie ihre Männer zur Rebellion wider mich und meinen Mann verhetzten, um daß er einer kahlen Hennen halber einen so wackern Menschen hätte aufhenken lassen wollen, dardurch sein armes Weib zu einer verlassenen Wittib und drei unschuldige junge Kinder zu Waisen gemacht wären worden. Auf unsere Sprache aber sagten sie, daß sie gute Beuten erschnappt hätten, mit welchen sich bei Zeiten aus dem Staub zu machen sei, ehe die Bauren ihren Verlust innen würden. Darauf schrie ich den Unserigen zu, welche sich rebellisch stellen und, sich dem Flecken zu entfernen, in den Wald hinein ausreißen sollten; denen setzte mein Mann und was noch bei ihm war mit bloßem Degen nach, ja sie gaben auch Feuer drauf und jene hinwiederum, doch garnicht der Meinung, jemand zu treffen. Das Bauersvolk entsetzte sich vor der bevorstehenden Blutvergießung, wollte derowegen wieder nach Haus; wir aber verfolgten einander mit stetigem Schießen bis tief in Wald hinein, worin die Unsern alle Weg und Steg wußten. In Summa, wir marschierten die ganze Nacht, teilten am Morgen frühe nicht allein unsere Beuten, sondern sonderten uns auch selbsten von einander in geringere Gesellschaften, wordurch wir dann aller Gefahr und den Bauren mit unserer Beut entgangen sind.
Mit diesen Leuten habe ich gleichsam alle Winkel Europä seithero unterschiedlichmal durchstrichen und sehr viel Schelmenstück und Diebsgriffe ersonnen, angestellt und ins Werk gerichtet, daß man ein ganz Ries Papier haben müßte, wann man solche alle mit einander beschreiben wollte. Ja ich glaube nicht, daß man genug damit hätte. Und eben dessentwegen habe ich mich mein Lebtag über nichts mehrers verwundert, als daß man uns in den Ländern geduldet, sintemal wir weder Gott noch den Menschen nichts nützen noch zu dienen begehren, sondern uns nur mit Lügen, Betriegen und Stehlen genähret, beides zu Schaden des Landmanns als der großen Herren selbst, denen wir manches Stück Wild verzehren.
Ich muß aber hiervon schweigen, damit ich uns nicht selbst einen bösen Rauch mache, und vermeine nunmehr ohnedas, dem Simplicissimo zu ewigem Spott genugsam geoffenbart zu haben, von waserlei Haaren seine Beischläferin im Saurbrunnen gewesen, deren er sich vor aller Welt so herrlich gerühmet; ich glaube auch wohl, daß er an andern Orten mehr, wann er vermeint, er habe eines – schönen Frauenzimmers genossen, mit dergleichen französischen Huren oder wohl gar mit Gabelreuterinnen betrogen und also gar des Teufels Schwager worden sei.