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Was Courasche ferners anfing,
und wie sie nach zweier Reuter Tod
sich einem Musquetierer teilhaftig machte.
Ich weiß nit, wie es meinem Liebhaber gefallen, als er mich nicht wieder in seinem Schlosse angetroffen, ob er gelacht oder geweint habe. Mir wars leid, daß ich seiner nicht mehr zu genießen hatte, und ich glaub, daß er auch gern noch länger mit mir vorlieb genommen hätte, wann ihm nur seine Eltern das Fleisch nicht so schnell aus den Zähnen gezogen. Um diese Zeit überschwemmte der Wallensteiner, der Tilly und der Graf Schlick ganz Holstein und andere dänische Länder mit einem Haufen kaiserlicher Völker wie mit einer Sündflut, denen die Hamburger so wohl als andere Ort mit Proviant und Munizion aushelfen mußten. Dannenhero gab es viel Aus- und Einreutens und bei mir ziemliche Kundenarbeit. Endlich erfuhr ich, daß meine angenommene Mutter sich zwar noch bei der Armee aufenthielte, hingegen aber alle meine Bagage bis auf ein paar Pferde verloren habe, welches mir den Compaß gewaltig verruckte. Es schlug mir in Hamburg zwar wohl zu, und ich hätte mir mein Lebtage kein besseren Handel gewünscht. Weil aber solche Fortuna nicht länger bestehen konnte, als solang das Kriegsvolk im Land lag, so mußte ich bedacht sein, mein Sach auch anders zu karten.
Es besuchte mich ein junger Reuter, der bedeuchte mich fast liebwürdig, resolut und bei Geldmitteln zu sein. Gegen diesen richtet ich alle meine Netz und unterließ kein Jägerstücklein, bis ich ihn in meine Strick brachte und so verliebt machte, daß er mir Salat aus der Faust hätte essen mögen ohne einigen Ekel. Dieser versprach mir bei Teufelholen die Ehe und hätte mich auch gleich in Hamburg zur Kirchen geführt, wann er nicht zuvor seines Rittmeisters Consens hierzu hätte erbitten müssen, welchen er auch ohnschwer erhielt, da er mich zum Regiment brachte, also daß er nur auf Zeit und Gelegenheit wartete, die Copulation würklich vollziehen zu lassen. Indessen verwunderten sich seine Cameraden, woher ihm das Glück so eine schöne junge Maitresse zugeschickt, unter welchen die allermeisten gern seine Schwäger hätten werden mögen; denn damals waren die Völker bei dieser sieghaften Armee wegen langwürigen glücklichen Wohlergehens und vieler gemachten Beuten durch Überfluß aller Dinge dergestalt fett und ausgefüllt, daß der größte Teil, durch Kützel des Fleisches angetrieben, mehr ihrer Wollust nachzuhängen und solcher abzuwarten als um Beuten zu schauen oder nach Brod und Fourage zu trachten gewohnt war; und sonderlich so war meines Hochzeiters Corporal ein solcher Schnapphahn, der auf dergleichen Nascherei am allermeisten verpicht war, als welcher gleichsam eine Profession daraus machte, anderen die Hörner aufzusetzen, und sichs für eine große Schand gerechnet hätte, wann er solches irgends unterstanden und nicht werkstellig hätt machen mögen.
Wir lagen damals in Stormaren, welches noch niemals gewußt, was Krieg gewesen; dannenhero war es noch voll von Überfluß und reich an Nahrung, worüber wir uns Herren nannten und den Landmann für unsere Knechte Köch und Tafeldecker hielten. Da währete Tag und Nacht das Banquetieren, und lud je ein Reuter den andern auf seines Hauswirts Speis und Trank zu Gast. Diesen modum hielt mein Hochzeiter auch, worauf angeregter Corporal seinen Anschlag machte, mir hinter die Haut zu kommen; denn als mein besagter Hochzeiter sich mit zweien von seinen Cameraden, so aber gleichwohl auch des Corporals Creaturen gewesen, in seinem Quartier lustig machte, kam der Corporal und commandirte ihn zu der Standarten auf die Wacht, damit, wann mein Hochzeiter fort wäre, er sich selbst mit mir ergötzen könne. Weil aber mein Hochzeiter den Possen bald merkte und ungern leiden wollte, daß ein anderer seine Stell vertreten oder, daß ichs fein teutsch gebe, daß ihn der Corporal zum Gauch machen solle, siehe, da sagte er ihm, daß noch etliche wären, denen vor ihm gebührte, solche Wacht zu versehen. Der Corporal hingegen sagte ihm, er solle nicht viel disputirn, sondern seinem Commando parirn, oder er wolle ihm Füße machen; denn er wollte diese feine Gelegenheit, meiner teilhaftig zu werden, einmal nicht aus Handen lassen. Demnach ihm aber mein Liebster solche nicht zu gönnen gedachte, widersetzte er sich dem Corporal so lang, bis er von Leder zog und ihn auf die Wacht nötigen oder ihn kraft habender Gewalt so exemplarisch zeichnen wollte, daß ein andermal ein anderer wisse, wie weit ein Untergebener seinem Vorgesetzten zu gehorsamen schuldig wäre.
Aber ach, mein lieber Stern verstund den Handel leider übel, denn er war ebensobald mit seinem Degen fertig, und verdingte dem Corporal eine solche Wunden in Kopf, die ihn des unkeuschen und erhitzten Geblüts alsobald entledigte und allen Kitzel dergestalt vertrieb, daß ich wohl sicher vor ihm sein konnte. Die beiden Gäst gingen ihrem Corporal auf sein Zuschreien zu Hülf und mit ihren Fochteln auch auf meinen Hochzeiter los, davon er den einen alsobalden durchstach und den andern zum Haus hinaus jagte, welcher aber gleich wieder kam und nit allein den Feldscherer für die Verwundten, sondern auch etliche Kerl brachte, die meinen Liebsten und mich zum Profosen führten, allwo er an Händ und Füßen in Band und Ketten geschlossen wurde. Man machts gar kurz mit ihm, denn den andern Tag ward Standrecht über ihn gehalten, und obzwar sonnenklar an Tag kam, daß der Corporal ihn keiner andern Ursachen halber auf die Wacht commandirt, als selbige Nacht an seiner Statt zu schlafen, so wurde doch erkannt, um den Gehorsam gegen die Officiern zu erhalten, daß mein Hochzeiter aufgehenkt, ich aber mit Ruten ausgehauen werden solle, weil ich an solcher Tat ein Ursächerin gewesen. Jedoch wurden wir beide so weit erbeten, daß mein Hochzeiter harquebusirt, ich aber mit dem Steckenknecht vom Regiment geschickt wurde, welches mir gar ein abgeschmackte Reis war.
So sauer kam mich aber diese Reis nicht an, so fanden sich doch zween Reuter in unserm Quartier, die mir und sich solche versüßen wollten; denn ich war kaum ein Stund gehend hinweg, da saßen diese beiden in einem Bosch, dardurch ich mußte passiren, mich willkommen zu heißen. Ich bin zwar, wann ich die Wahrheit bekennen muß, meine Tage niemal so heikel gewesen, einem guten Kerl eine Fahrt abzuschlagen, wann ihn die Not begriffen; aber da diese zween Halunken mitten in meinem Elend eben dasjenige von mir mit Gewalt begehrten, wessentwegen ich verjagt und mein Auserwählter tot geschossen worden, widersetzte ich mich mit Gewalt; denn ich konnte mir wohl einbilden, wann sie ihren Willen erlangt und vollbracht, daß sie mich auch erst geplündert hätten, als welches Vorhaben ich ihnen gleichsam aus den Augen und von der Stirnen ablesen konnte, sintemal sie sich nicht schämten, mit entblößtem Degen auf mich wie auf ihren Feind loszugehen, beides mich zu erschrecken und zu dem, was sie suchten, zu nötigen. Weil ich aber wußte, daß ihre scharfen Klingen meiner Haut weniger als zwo Spießgerten anhaben würden, siehe, da waffnete ich mich mit meinen beiden Messern, von denen ich in jede Hand eins nahm, und begegnete ihnen dergestalt, daß der eine eins davon im Herzen stecken hatte, ehe er sichs versahe. Der ander war stärker und vorsichtiger als der erste, wessentwegen ich ihm dann so wenig als er mir an den Leib kommen konnte. Wir hatten unter währendem Gefecht ein wildes Geschrei. Er hieß mich eine Hur, eine Vettel, eine Hex und gar einen Teufel; hingegen nannte ich ihn einen Schelmen, einen Ehrendieb, und was mir mehr von solchen ehrbarn Tituln ins Maul kam, welches Balgen einen Musquetierer überzwergs durch den Busch zu uns lockte, der lang stund und uns zusahe, was wir für seltsame Sprüng gegen einander verübten, nicht wissend, welchem Teil er unter uns beistehen oder Hülfe leisten solle. Und als wir ihn erblickten, begehrte ein jedes, er wolle es von dem andern erretten. Da kann nun ein jeder wohl gedenken, daß Mars viel lieber der Venus als dem Vulcan beigestanden, vornehmlich als ich ihm gleich güldene Berge versprach und ihn meine ausbündige Schönheit blendete und bezwang. Er paßte auf und schlug auf den Reuter an und brachte ihn mit Bedrohung dahin, daß er mir nicht allein den Rucken wendet, sondern auch anfing darvon zu laufen, daß ihm die Schuchsohlen hätten herunter fallen mögen, seinen entseelten Cameraden sich in seinem Blut wälzend hinterlassend.
Als nun der Reuter seines Weges war und wir uns allein beisammen befanden, erstummte dieser junge Musquetierer gleichsam über meiner Schönheit und hatte nit das Herz, etwas anders mit mir zu reden, als daß er mich fragte, durch was für ein Geschick ich so gar allein zu diesem Reuter kommen wäre. Darauf erzählte ich ihm alles haarklein, was sich mit meinem gehabten Hochzeiter, item mit dem Corporal und dann auch mit mir zugetragen, so dann, daß mich diese beiden Reuter, nämlich der gegenwärtige Tote und der Entloffene, als ein armer verlassenes Weibsbild mit Gewalt schänden wollen, deren ich mich aber bisher, wie er selbst zum Teil wohl gesehen, ritterlich erwehrt, mit Bitt, er wolle als mein Nothelfer und Ehrenretter mich ferner beschützen helfen, bis ich irgendshin zu ehrlichen Leuten wieder in Sicherheit käme; versicherte ihn auch ferner, daß ich ihm für solche seine erwiesene Hülfe und Beistand mit einem ehrlichen Recompens zu begegnen nicht ermanglen würde.
Er besuchte darauf den Toten und nahm zu sich, was er Schätzbarliches bei sich hatte, welches ihm seine Mühe ziemlich belohnte. Darauf machten wir uns beide bald aus dem Staub, und indem wir unseren Füßen gleichsam über Vermögen zusprachen, kamen wir desto ehender durch den Bosch und erreichten denselben Abend noch des Musquetieres Regiment, welches fertig stund, mit dem Colalto, Altringer und Gallas nach Italia zu gehen.