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Courasche quittiert den Krieg,
nachdem ihr kein Stern mehr leuchten will
und sie fast von jedermann zu einem Spott gehalten wird.
Also kam es nach und nach dahin, daß ich mich je länger je mehr leiden mußte. Meine Knechte wurden mir verführt, weil zu ihnen gesagt wurde: »Pfui Teufel, wie mögt ihr Kerl einer solchen Vettel dienen!«
Ich hoffte, wieder einen Mann zu bekommen; aber ein jeder sagte: »Nimm du sie! Ich begehr ihrer nicht.« Was ehrlich gesinnet war, schüttelt den Kopf über mich, und also täten auch beinahe alle Officier; was aber geringe Leut und schlechte Potentaten waren, die dorften sich nicht bei mir anmelden, so hätte ich ohnedas auch keinen aus denselbigen angesehen. Ich empfand zwar nicht am Hals, wie mein Mann, was unser närrisch Fechten ausgerichtet; aber doch hatte ich länger daran zu verdauen als er am Henken. Ich wäre gern in eine andere Haut geschloffen, aber beides die Gewohnheit und meine täglichen Gesellschaften wollten mir keine Besserung zulassen, wie denn die allermeisten Leute im Krieg viel eher ärger als frömmer zu werden pflegen. Ich putzte mich wieder und richtete dem einen und andern allerhand Netz und Strick, ob ich etwan diesen oder jenen anseilen und ins Garn bringen möchte. Aber es half nichts; ich war schon allbereit viel zu tief im Geschrei; man kannte die Courasche schon bei der ganzen Armee, und wo ich bei den Regimentern vorüber ritt, wurde mir meine Ehre durch viel tausend Stimmen öffentlich ausgerufen, also daß ich mich schier wie ein Nachteule bei Tage nicht mehr dorfte sehen lassen. Im Marschieren äußerten mich ehrliche Weiber; das Lumpengesindel beim Troß schuhriegelte mich sonst; und was etwan für ledige Officier wegen ihrer Nachtweid mich gern geschützt hätten, mußten bei den Regimentern bleiben, bei welchen mir aber durch ihr schändlichs Geschrei mit der allerschärfsten Laugen aufgegossen ward, also daß ich wohl sah, daß meine Sach so in die Länge kein gut mehr tun werde. Etliche Officier hatte ich noch zu Freunden, die aber nicht meinen, sondern ihren Nutzen suchten. Teils suchten ihre Wollüste, teils mein Geld, andere meine schönen Pferd. Sie alle aber machten mir Ungelegenheiten mit Schmarotzen, und war doch keiner, der mich zu heuraten begehrte, entweder daß sie sich meiner schämten, oder daß sie mir eine unglückliche Eigenschaft zuschrieben, die alle meinen Männern schädlich wäre, oder aber daß sie sich sonst, ich weiß nicht warum, vor mir förchteten.
Derowegen beschloß ich mit mir selbsten, nicht nur dies Regiment, sondern auch die Armada, ja den ganzen Krieg zu quittirn, und konnte es auch desto leichter ins Werk setzen, weil die hohen Officier meiner vorlängst gern los gewesen wären. Ja ich kann mich auch nicht überreden lassen, zu glauben, daß sich unter andern ehrlichen Leuten viele gefunden haben, die um meine Hinfahrt viel geweinet, es seien denn etliche wenige junge Schnapper ledigs Stands unter den mittelmäßigen Officiern gewest, denen ich zu Zeiten etwan ein paar Schlafhosen gewaschen. Der Obrist hatte den Ruhm nicht gern, daß seine schöne Gutsche durch die Courasche vom Feind erobert und ihm verehrt worden sein sollte. Daß ich den verwundeten Obristleutenant aus der Battalia und Todsgefahr errettet und zu den Unserigen geführt, darvon schrieb er sich so wenig Ehre zu, daß er mir meine Mühe nicht allein mit "Potz-Velten" dankte, sondern auch, wann er mich sah, mit griesgramenden Mienen errötete und mir, wie leicht zu gedenken, lauter Glück und Heil an den Hals wünschte. Das Frauenzimmer oder die Officiersweiber hasseten mich, weil ich weit schöner war als eine unter dem ganzen Regiment, zumalen teils ihren Männern auch besser gefiel; und hohe und niedere Soldaten waren mir feind, um daß ich trutz einem unter ihnen allen das Herz hatte, etwas zu unterstehen und ins Werk zu setzen, das die größte Tapferkeit und verwegneste Hazarde erfordert, und darüber sonst manchen das Kalte Weh angestoßen hätte.
Gleichwie ich nun leicht merkte, daß ich viel mehr Feinde als Freunde hatte, also konnte ich mir auch wohl einbilden, es würde ein jedweder von meiner widerwärtigen Gattung gar nicht unterlassen, mir auf ihre sonderbare Manier eins anzumachen, wann sich nur die Gelegenheit darzu ereignet. O Courasche, sagte ich zu mir selbst, wie willst du so vielen unterschiedlichen Feinden entgehen können, von denen vielleicht ein jeder seinen besonderen Anschlag auf dich hat? Wann du sonst nichts hättest als deine schönen Pferde, deine schönen Kleider, dein schönes Gewehr und den Glauben, daß du viel Geld bei dir habest, so wären es Feinde genug, einige Kerl anzuhetzen, dich heimlich hinzurichten. Wie, wann dich dergleichen Kerl ermordeten oder in einer Occasion niedermachten, was würde wohl für ein Hahn darnach krähen? Wer würde deinen Tod rächen? Was, solltest du wohl deinen eigenen Knechten trauen dörfen?
Mit dergleichen Sorgen quälte ich mich selbst und fragte mich auch selbst, was Rats, weil ich sonst niemand hatte, ders treulich mit mir meinete. Und eben deswegen mußte ich mir auch selbst folgen.
Demnach sprach ich den Obristen um einen Paß an in die nächste Reichsstadt, die mir eben an der Hand stund und wohlgelegen war, mich von dem Kriegsvolk zu retiriern. Den erlangte ich nicht allein ohne große Mühe, sondern noch anstatt eines Abschieds eine Urkund, daß ich einem Hauptmann vom Regiment (denn von meinem letzten Mann begehrte ich keinen Ruhm zu haben), ehrlich verheuratet gewesen und, als ich solchen vorm Feind verloren, mich eine Zeitlang bei dem Regiment aufgehalten und in solcher währenden Zeit also wohl, fromm und ehrlich gehalten habe, wie einer rechtschaffnen ehr- und tugendliebenden Dame gebühre und wohlanständig sei, mich derowegen jedermänniglichen um solchen meines untadelhaften tugendlichen Wandels willen bestens recommendirend. Und solche fette Lügen wurden mit eigenhändiger Subscription und beigedrucktem Sigill in bester Form bekräftigt. Solches lasse sich aber niemand wundern, denn je schlimmer sich einer hält und je lieber man eines gerne los wäre, je trefflicher wird der Abschied sein, den man einem solchen mit auf den Weg gibt, sonderlich wann derselbe zugleich sein Lohn sein muß. Ein Pferd und einen Knecht, welcher trotz einem Officier montirt war, ließ ich dem Obristen unter seiner Compagnie, um meine Dankbarkeit darmit zu bezeugen; hingegen brachte ich einen Knecht, einen Jungen, eine Magd, sechs schöne Pferd, darunter das eine hundert Ducaten wert gewesen, samt einem wohlgespickten Wagen darvon; und ich kann bei meinem großen Gewissen (etliche nennen es ein weites Gewissen) nicht sagen, mit welcher Faust ich alle diese Sachen erobert und zuwegen gebracht habe.
Da ich nun mich und das Meinige in bemeldte Stadt in Sicherheit gebracht hatte, versilberte ich meine Pferd und gab sonst alles hinweg, was Geld galt und ich nicht gar nötig brauchte. Mein Gesind schaffte ich auch mit einander ab, um geringe Kosten zu haben. Gleichwie mirs aber zu Wien war gangen, also ging mirs auch hier; ich konnte abermal des Namens Courasche nicht los werden, wiewohl ich ihn unter allen meinen Sachen am allerwohlfeilsten hinweggeben hätte; denn meine alten oder vielmehr die jungen Kunden von der Armee ritten mir zu Gefallen in die Stadt und fragten mir mit solchem Namen nach, welchen auch die Kinder auf der Gassen ehender als das Vatterunser lerneten, und eben darum wies ich meinen Galanen die Feigen. Als aber hingegen diese den Stadtleuten erzählten, was ich für ein Daus-As wäre, so erwies ich hinwiederum denselben ein anderes mit Brief und Siegel und beredet sie, die Officier gäben keiner andern Ursachen halber solch lose Stück von mir aus, als weil ich nicht beschaffen sein wollte, wie sie mich gerne hätten. Und dergestalt biß ich mich zimlich heraus und brachte vermittelst meiner guten schriftlichen Zeugnis zuwegen, daß mich die Stadt, bis ich meine Gelegenheit anders machen konnte, um ein gerings Schirmgeld in ihren Schutz nahm, allwo ich mich dann wider meinen Willen gar ehrbarlich fromm still und eingezogen hielt und meiner Schönheit, die je länger je mehr zunahm, aufs beste pflegte, der Hoffnung, mit der Zeit wiederum einen wackern Mann zu bekommen.