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Courasche wird über ihren Übeltaten erwischt
und der Stadt verwiesen.
Jetzt sollte ich zwar abbrechen und aufhören von meinem fernern Lebenslauf zu erzählen, weilen genugsam verstanden worden, was for eine Dame Simplicius übertölpelt zu haben sich gerühmet. Gleichwie er aber von dem, was allbereit gesagt worden, ohne Zweifel fast nichts als Spott und Schand haben wird, also wirds ihm auch wenig Ehr bringen, was ich noch fürders anzeigen werde.
Ich hatte hinter meinem Hause einen Garten in der Stadt, von Obsgewächs Kräuter und Blumen, der sich dorfte sehen lassen und alle andern trutzte; und neben mir wohnete ein alter Mechaberis oder Susannenmann, welcher ein Weib hatte, die viel älter war als er selbsten. Dieser wurde zeitlich innen, von was for einer Gattung ich war, und ich schlug auch nicht ab, im Notfall mich seiner Hülf zu bedienen, wessentwegen wir dann oft in besagtem Garten zusammen kamen und gleichsam im Raub und höchster Eil Blumen brachen, darmit es seine eifersüchtige Alte nit gewahr würde, wie wir denn auch nirgends so sicher als in diesem Garten zusammen kommen konnten, als da das grüne Laub und die verdeckten Gäng unserer Meinung nach vor den Menschen, aber nicht vor den Augen Gottes, unsere Schand und Laster bedeckten. Gewissenhafte Leut werden darfor halten, unser Sündenmaß sei damal entweder voll und überhäuft gewesen, oder die Güte Gottes hätte uns zur Besserung und Buße berufen wollen.
Wir hatten einander im Anfang des Septembris Losung gegeben, denselbigen lieblichen Abend im Garten unter einem Birnbaum zusammen zu kommen, eben als zween Musquetierer aus unserer Garnison einen Anschlag gemacht hatten, selbigen Abend ihren Part von meinen Birn zu stehlen, wie sie auch den Baum bestiegen und zu brechen anfingen, ehe ich und der Alte in Garten kommen. Es war ziemlich finster, und mein Buhler stellte sich ehender ein als ich, bei dem ich mich aber auch gar bald befand und dasjenige Werk mit ihm anging, das wir ehmalen mit einander zu treiben gewohnt waren. Potzherz! ich weiß nicht wie es ging, der eine Soldat regte sich auf dem Baum, um unserer Gaukelfuhr besser wahrzunehmen, und war so unvorsichtig, daß er alle seine Birn, die er gebrochen hatte, verschüttelt; und als selbige auf den Boden fielen, bildeten ich und der Alte uns nichts anders ein, als es wäre etwan ein starkes Erdbiden von Gott gesendet und verhängt, uns von unsern schändlichen Sünden abzuschrecken, wie wir dann einander auch solches mit Worten zu verstehen gaben und beide in Angst und Schrecken von einander liefen. Die auf dem Baum aber konnten sich des Lachens nicht enthalten, welches uns noch größere Furcht einjagte, sonderlich dem Alten, der da vermeinte, es wäre ein Gespenst, das uns plagte. Derowegen begab sich ein jedes von uns in seine Gewahrsam. Den andern Tag kam ich kaum auf den Markt, da schrie ein Musquetierer: »Ich weiß was.« Ein anderer fragte ihn mit vollem Hals: »Was weißt du denn?« Jener antwortet: »Es hat heut Birnen geerdbidmet.« Dies Geschrei kam je länger je stärker, also daß ich gleich merkte, was die Glocke geschlagen, und mich im Angesicht anrötete, wiewohl ich mich sonst zu schämen nit gewohnet war. Ich machte mir gleich die Rechnung, daß ich eine Hatz ausstehen müsse, gedachte aber nicht, daß es so grob hergehen würde, wie ich hernach erfuhr; denn nachdem die Kinder auf der Gassen von unserer Geschicht zu sagen wußten, konnte der Magistrat nichts anders tun, als daß er mich und den Alten beim Kopf nehmen und jedweders besonders gefangen setzen ließ. Wir leugneten aber wie die Hexen, ob man uns gleich mit dem Henker und der Tortur dräuete.
Man inventirt und verpetschirt das Meinige und examinirt mein Hausgesind bei dem Eid, deren Aussag aber wider einander lief, weil sie nit alle von meinen losen Stücken wußten und die Mägd mir getreu waren. Endlich verschnappte ich den Handel selbst, als nämlich der Schultheiß, welcher mich Frau Bas nennete, oft zu mir in das Gefängniß kam und großes Mitleiden verwandte, in Wahrheit aber mehr ein Freund der Gerechtigkeit als mein Vetter war. Denn nachdem er mich in aller falschen Verträulichkeit überredet, mein Alter hätte den begangenen und oftmals wiederholten Ehebruch gestanden, fuhr ich unversehens heraus und sagte: »So schlag ihm der Hagel ins Maul, weils der alte Scheißer nicht hat halten können!« Bat demnach meinen vermeinten Freund, er wolle mir doch getreulich da durchhelfen. Er aber hingegen machte mir eine scharfe Predigt daher, tät die Tür auf und wies mir einen Notarium und beisichhabende Zeugen, die alle meine und seine Reden und Gegenreden angehöret und aufgemerkt hatten.
Darauf ging es wunderlich her; die meisten Ratsherrn hielten darfor, man solle mich an die Folter werfen, so würde ich viel mehr dergleichen Stücke bekennen und alsdann nach befindenden Dingen als eine unnütze Last der Erden um eines Kopfs kürzer zu machen sein, welche Sentenz mir auch weitläufig notificirt wurde. Ich hingegen ließ mich vernehmen, man suche nicht so sehr der lieben Gerechtigkeit und den Gesetzen ein Genügen zu tun, als mein Geld und Gut zu confisciren. Würde man so streng mit mir procedirn, so würden noch viel, die for ehrliche Burger gehalten werden, mit mir zur Leiche gehen oder mir das Geleit geben müssen. Ich konnte schwätzen wie ein Rechtsgelehrter und meine Wort und Protestationes fielen so scharf und schlau, daß sich Verständige darvor entsetzten.
Zuletzt kam es dahin, daß ich auf eine Urfehd die Stadt quittiren und, zu mehr als wohlverdienter Strafe, alle meine Mobilia und liegenden Güter dahinten lassen mußte, darunter sich gleichwohl mehr als über 1000 Reichstaler baar Geld befand. Meine Kleidungen und was zu meinem Leib gehörte, wurde mir gefolgt, außer etlichen Kleinodien, die einer hier, der ander dort zu sich zwackte. In Summa, was wollte ich tun? Ich hätte wohl Größeres verdient, wenn man strenger mit mir hätte procediren wollen; aber es war halt im Krieg, und jedermänniglich dankte dem gütigen Himmel (ich sollte gesagt haben: jederweiberlich), daß die Stadt meiner so taliter qualiter los worden.