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Die Zeit floß dahin. Ilja stand hinter dem Ladentisch, drehte seinen Schnurrbart und verkaufte seine Ware, aber es schien ihm doch, daß die Tage gar zu langsam dahingingen. Zuweilen verspürte er den Wunsch, den Laden zu schließen und irgendwohin spazieren zu gehen, doch er wußte, daß dies für sein Geschäft nicht gut sein würde, und so blieb er. Auch am Abend konnte er den Laden nicht verlassen: Gawrik hatte Angst, allein dazubleiben, und es war auch gefährlich, ihm das Geschäft anzuvertrauen. Er konnte leicht einen Brand anstiften oder einen Spitzbuben einlassen. Das Geschäft ließ sich nicht übel an: Ilja dachte schon daran, einen Gehilfen anzunehmen. Sein Verhältnis zur Awtonomowa hatte sich nach und nach gelockert, und Tatjana Wlaßjewna schien damit ganz zufrieden. Sie grüßte kurz, wenn sie kam, und beschäftigte sich hauptsächlich mit einer sehr eingehenden Revision der Tageskasse. Wenn sie, in Iljas Zimmer sitzend, mit den Kugeln der Rechenmaschine klapperte, fühlte er, daß dieses Weib mit dem Vogelgesicht ihm zuwider war. Zuweilen jedoch erschien sie bei ihm vergnügt und munter, scherzte, kokettierte mit ihren Augen und nannte Ilja ihren Kompagnon. Dann ließ er sich hinreißen, und es erneuerte sich wieder das, was er im stillen eine »abscheuliche Gemeinheit« nannte.
Ab und zu kam auch Kirik in den Laden, pflanzte sich breit auf den Stuhl neben dem Ladentisch hin und spaßte mit den Nähterinnen, die in den Laden kamen. Er hatte bereits seine Polizeiuniform ausgezogen, trug einen bequemen Zivilanzug und rühmte sich seiner Erfolge in der neuen Prokuristenstellung.
»Sechzig Rubel Gehalt und mindestens ebensoviel Nebenverdienst – nicht übel, was? Mit dem Nebenverdienst bin ich vorsichtig, halte mich ganz auf gesetzlicher Bahn . . . Wir haben eine neue Wohnung – hast du schon gehört? Ein reizendes Quartier! Und eine Köchin haben wir gemietet – großartig kocht sie, die Kanaille! . . . Vom Herbst an wird bei uns großer Empfang sein, wir werden Karten spielen . . . Nett soll's werden, hol's der Teufel! Prächtig werden wir unsere Zeit verbringen, und wir hoffen auch, in der Lotterie zu gewinnen. Wir sind ja zwei, die mitspielen, ich und meine Frau – eins muß doch immer gewinnen! so bringen wir wieder ein, was uns die Gastereien kosten . . . Ho ho, meiner Seele! Das nennt man billig und angenehm leben! . . .«
Er machte sich 's noch bequemer auf dem Stuhle, rauchte sich eine Zigarette an, stieß den Rauch weit von sich und fuhr in gedämpftem Tone fort:
»Da bin ich neulich über Land gefahren, Bruder – hast du schon gehört? Ich sag' dir: Mädel gibt es da . . . der reine Zucker! Weißt du, solche Naturkinder . . . so kernig, weißt du, so drall . . . Und billig ist dir das, der Teufel soll mich holen! Ein Gläschen Likör, ein Pfund Pfefferkuchen – und sie ist dein!«
Lunew hörte zu und schwieg. Er bedauerte Kirik im Grunde genommen, ohne sich eigentlich Rechenschaft darüber abzulegen, warum er diesen dicken, beschränkten Burschen bedauerte. Gleichzeitig aber hatte er jedesmal Lust, bei Awtonomows Anblick zu lachen. Er glaubte die Erzählungen Kiriks von seinen ländlichen Erfolgen nicht. Es schien ihm, daß Kirik aufschneide und nach fremden Berichten erzähle. Und war Ilja in schlechter Stimmung, dann dachte er beim Anhören von Kiriks Prahlereien:
»Du Knicker!«
»Jawohl, Bruder, großartig ist das – so im Schoße der Natur der Liebe zu huldigen . . . in schlichter Schäferhütte, wie es in den Büchern heißt!«
»Wenn aber Tatjana Wlaßjewna davon was erfährt?«
»Sie will davon gar nichts erfahren«, versetzte Kirik und blinzelte ihm lustig zu. »Sie weiß, daß sie gar nicht nötig hat, das zu wissen! . . . Wir Männer sind eben von Natur wie die Hähne . . . Na, und du, Bruder – hast du nicht auch schon deine Dame?«
»Ich bekenne mich schuldig«, sprach Ilja lächelnd.
»Eine Nähterin? Was? So 'ne pikante Brünette . . .«
»Nein, keine Nähterin.«
»Oder 'ne Köchin? Eine Köchin ist auch nicht übel, die ist so hübsch warm und fürsorglich . . .«
Ilja lachte wie toll, und dieses Lachen überzeugte Kirik davon, daß es in der Tat eine Köchin war.
»Mußt sie öfter wechseln, nicht immer bei derselben bleiben«, riet er Ilja mit Kennermiene.
»Wie kommen Sie darauf, daß es gerade eine Köchin oder eine Nähterin sein muß? Bin ich denn keiner andern wert?«
»Sie stehen dir, Bruder, nach deiner gesellschaftlichen Stellung näher als alle anderen . . . Du kannst doch nicht eine Liebschaft mit einer Dame oder einem Mädchen aus der guten Gesellschaft beginnen, das gibst du doch zu!«
»Weshalb denn nicht?«
»Ach, das ist doch klar! Ich will dich nicht beleidigen, aber du bleibst doch immer, mein Freund . . . versteh mich recht! . . . ein einfacher Mensch . . . ein Bauer sozusagen.«
»Ich habe aber wirklich eine Liebschaft mit einer Dame«, sagte Ilja und schüttelte sich vor Lachen.
»Kleiner Spaßvogel!« rief Kirik und lachte gleichfalls aus vollem Halse.
Sobald jedoch Awtonomow weg war und Lunew über die Worte des neugebackenen Prokuristen nachdachte, fühlte er, daß sie für ihn beleidigend waren. Es war ihm klar, daß Kirik, wenn er auch sonst ein gutmütiger Bursche war, sich doch für einen ganz besonderen Menschen hielt, mit dem er, Ilja, sich gar nicht vergleichen konnte. Und dabei hatten doch beide, Awtonomow wie seine Frau, von ihm einen recht ansehnlichen Vorteil. Perfischka hatte ihm erzählt, daß Petrucha sich über seinen Laden lustig mache und ihn einen Spitzbuben nenne. Und Jakow hatte dem Schuster gesagt, daß er, Ilja, früher besser, herzlicher und nicht so eingebildet gewesen sei wie jetzt. Auch Gawriks Schwester suchte Ilja jedesmal einzuprägen, daß er nicht ihresgleichen war. Sie, die Tochter eines Briefträgers, die fast in Lumpen gekleidet war, schaute ihn an, als ob sie darüber zürnte, daß er auf derselben Erde lebe wie sie. Iljas Eigenliebe war, seit er den Laden eröffnet hatte, beträchtlich gewachsen, und er war noch empfindlicher geworden als früher. Sein Interesse für dieses eigengeartete, wenn auch nicht schöne Mädchen entwickelte sich mit jedem Tage mehr; er hätte gar zu gern gewußt, woher sie, dieses arme Ding, ihren Stolz nahm, der ihm immer mehr imponierte. Sie sprach ihn nie zuerst an, und das kränkte ihn. Ihr Bruder war doch schließlich nur sein Laufbursche, schon darum hätte sie gegen ihn, den Prinzipal, freundlicher sein sollen.
»Ich lese Ihr Buch vom Don Quixote«, sagte er zu ihr eines Tages.
»Nun, gefällt es Ihnen?« fragte sie ihn, ohne ihn anzusehen.
»Ausgezeichnet gefällt es mir. Es ist so spaßig . . . ein sonderbarer Mensch war's doch!«
Sie sah ihn an, und es war IIja, als ob ihre schwarzen, stolzen Augen voll Hohn auf seinem Gesicht hafteten.
»Das wußte ich ja, daß Sie irgend so was sagen würden«, sprach sie langsam, mit scharfer Betonung.
Ilja glaubte aus ihren Worten etwas Beleidigendes, Feindseliges herauszuhören.
»Bin mal ein ungebildeter Mensch«, sagte er achselzuckend.
Sie gab ihm keine Antwort und tat, als ob sie ihn gar nicht gehört hätte.
Und wieder nahm von Iljas Seele jene bittere Stimmung Besitz, die schon daraus geschwunden schien – wiederum empfand er den alten Haß gegen die Menschen, grübelte lange und hartnäckig nach über die Gerechtigkeit in der Welt, über seine Schuld und das, was ihn in der Zukunft erwartete . . . Sollte er immer so weiterleben – vom Morgen bis zum Abend in seinem Laden hocken, ganz allein mit seinen Gedanken beim Samowar sitzen und dann schlafen gehen, um am nächsten Morgen abermals in dem Laden zu stehen? Er wußte, daß viele kleine Ladenhändler, oder vielleicht alle, in dieser Weise lebten, aber er hatte zahlreiche Gründe, sowohl in seinem äußern wie in seinem innern Leben, die ihn berechtigten, sich für einen ganz besonderen Menschen zu halten, der den übrigen nicht ähnlich war. Jakows Worte fielen ihm ein:
»Gott möge dir kein Glück geben . . . du bist so habgierig . . .«
Diese Worte schienen ihm tief beleidigend. Nein, er war nicht habgierig. Er wollte ganz einfach nichts weiter, als behaglich und ruhig leben, von allen Menschen geachtet sein und nicht auf Schritt und Tritt von den andern hören:
»Siehst du, Ilja Lunew – ich bin besser als du! . . .«
Und wiederum dachte er darüber nach, was ihn wohl in der Zukunft erwarte. Wird ihn für den Mord die Strafe ereilen oder nicht? Zuweilen schien es ihm, daß, wenn sie ihn treffen sollte, dies eine Ungerechtigkeit sein würde . . . In der Stadt, sagte er sich, leben zahlreiche Mörder, Wüstlinge und Räuber. Alle diese haben mit Vorsatz gehandelt, und von vielen weiß man es auch – und dennoch leben sie, genießen die Freuden des Daseins und sind bisher von ihrer Strafe nicht ereilt worden. Von Rechts wegen aber sollte jede Kränkung, die ein Mensch dem andern zufügt, an dem Schuldigen gerächt werden. Auch die Bibel spricht an mehr als einer Stelle diesen Grundsatz aus. Diese Gedanken rissen die alten Wunden in seinem Herzen wieder auf, und ein heißes Gefühl der Rachsucht schrie in ihm nach Vergeltung für sein zerstörtes Leben. Zuweilen kam ihm der Gedanke, noch eine andere verwegene Tat zu vollbringen, vielleicht Petrucha Filimonows Haus anzuzünden, und wenn es dann brannte und von allen Seiten Menschen herzustürzten, ihnen zuzurufen:
»Ich habe es angezündet! Und ich habe auch den Kaufmann Poluektow ermordet.«
Die Menschen würden ihn ergreifen und vor Gericht schleppen, und er würde, wie sein Vater, nach Sibirien deportiert werden . . . Dieser Gedanke steigerte den Aufruhr in Iljas Seele, und in seiner Rachbegier war er nahe daran, hinzugehen und Kirik die Liebschaft mit Tatjana zu verraten, oder den alten Chrjenow dafür blutig zu schlagen, daß er Mascha so quälte.
Wenn er zuweilen im Dunkeln auf seinem Bett lag, horchte er auf die tiefe Stille ringsum, und es war ihm, als ob im nächsten Augenblick alles um ihn her erbeben und in jähem Zusammenbruch mit lautem Krachen zusammenstürzen würde. Und in den wirbelnden Strudel würde auch er von einer geheimnisvollen Kraft hineingezogen werden, gleich einem vom Baume losgerissenen Blatt, das in den Wirbel gerät und darin seinen Untergang findet. Und Lunew erschauerte in der Vorahnung des Ungewöhnlichen, das bevorstand . . .
Eines Abends, als er sich anschickte, den Laden zu schließen, erschien Pawel und sagte, ohne zu grüßen, mit ruhiger Stimme:
»Wjerka ist weggelaufen . . .«
Er setzte sich auf einen Stuhl, stützte sich mit den Ellbogen auf den Ladentisch und begann leise zu pfeifen, während er auf die Straße hinaussah. Sein Gesicht war wie versteinert, nur sein kleiner, rötlicher Schnurrbart zuckte wie bei einem Kater.
»Ist sie allein gegangen oder mit einem andern?« fragte Ilja.
»Ich weiß es nicht . . . Schon den dritten Tag ist sie nicht zu Hause.«
Ilja sah ihn an und schwieg. Pawels ruhiges Gesicht und der gleichgültige Ton, in dem er sprach, ließen ihn nicht sogleich erraten, wie Gratschew sich zu der Flucht seiner Freundin zu verhalten gedachte. Er vermutete jedoch, daß hinter dieser Ruhe sich ein entscheidender Entschluß verbarg.
»Was gedenkst du zu tun?« fragte Ilja leise, als er sah, daß Pawel keine Miene machte zu sprechen.
Da hörte Gratschew auf zu pfeifen, und ohne sich nach dem Freunde umzusehen, sagte er kurz:
»Ich werde sie erstechen . . .«
»Ach was, wieder die alte Geschichte«, rief Ilja mit einer abwehrenden Geste.
»Sie hat mir das Herz gebrochen«, sagte Pawel halblaut. »Mit diesem Messer mach' ich sie kalt!«
Er zog aus seinem Wams ein kleines Brotmesser und ließ es durch die Luft blitzen.
»Ein einziger Schnitt durch die Gurgel . . .« sagte er.
Doch Ilja entriß ihm das Messer, warf es auf den Ladentisch und sagte unwillig:
»Wie kann man gegen eine Fliege mit solchen Waffen fechten!«
Pawel stand vom Stuhl auf und wandte Ilja sein Gesicht zu. Seine Augen flammten vor Wut. Seine Züge waren ganz entstellt, und er zitterte an allen Gliedern. Gleich darauf jedoch sank er wieder auf den Stuhl zurück und sagte verächtlich:
»Dummkopf!«
»Und du bist mal klug!«
»Die Kraft liegt nicht im Messer, sondern im Arm . . .«
»Was du sagst!«
»Und wenn mir die Arme abgehackt würden – verbluten muß sie! Mit den Zähnen beiß' ich ihr die Gurgel durch!«
»Das ist ja fürchterlich! . . .«
»Rede mit mir nicht weiter, Ilja! . . .« sprach Pawel jetzt wieder ruhiger. »Glaub's oder glaub's nicht – aber reize mich nicht! . . . Das Schicksal hat mich schon genug gereizt . . .«
»Aber so bedenk' doch, du sonderbarer Kauz . . .« redete Ilja sanft auf ihn ein.
»Alles ist schon bedacht . . . Übrigens, ich geh' jetzt . . . Was soll ich mit dir viel reden? Du bist ein satter Mensch . . . bist für mich kein Umgang . . .«
»So rede doch keinen Unsinn«, schrie Lunew vorwurfsvoll.
»Ich bin hungrig an Seele und Körper . . .«
»Ich wundre mich nur, wie die Menschen so sonderbar urteilen«, sprach Ilja mit spöttischem Achselzucken. »Wie ein Stück Vieh betrachten sie das Weib, wie ein Pferd. Willst du mich ziehen – gut, dann gibt's keine Prügel, und willst du nicht, dann gibt's eins auf den Schädel! . . . Aber zum Teufel, das Weib ist doch auch ein Mensch, hat auch seinen Charakter! . . .«
Pawel sah ihn an und lachte heiser.
»Und wer bin ich – bin ich kein Mensch?«
»Aber du mußt doch schließlich gerecht sein!«
»Geh zu allen Teufeln mit deiner Gerechtigkeit«, schrie Gratschew und sprang wütend vom Stuhl auf. »Bleib du meinetwegen gerecht – einem Satten wird das ja leicht . . . Hast verstanden? Na, leb' wohl!«
Er verließ rasch den Laden und nahm in der Tür aus irgendeinem Grunde die Mütze vom Kopfe. Ilja sprang hinter dem Ladentisch hervor und eilte ihm nach, doch Gratschew schritt bereits auf der Straße daher, hielt die Mütze in der Hand und fuchtelte damit erregt in der Luft hin und her.
»Pawel!« rief Lunew. »So warte doch!«
Er blieb nicht stehen, sah sich auch nicht einmal um, sondern bog in eine Seitengasse ein und verschwand. Ilja ging langsam hinter den Ladentisch; er fühlte, daß von den Worten des Kameraden sein Gesicht so heiß geworden war, als hätte er in einen bis zur Rotglut erhitzten Ofen gesehen.
»Der kann aber böse werden!« ließ sich Gawriks Stimme vernehmen.
Ilja lächelte.
»Wen will er denn totstechen?« fragte Gawrik, an den Ladentisch herantretend. Er hatte die Hände auf den Rücken gelegt, reckte den Kopf in die Höhe und war ganz rot vor Aufregung.
»Seine Frau«, sagte Ilja, und schaute den Knaben an.
Gawrik schwieg, dann nahm er eine geheimnisvolle Miene an und erzählte leise seinem Prinzipal:
»Bei uns im Christi-Geburt-Viertel hat eine Frau ihren Mann mit Rattengift vergiftet . . . Ein Schneider war's . . .«
»Das kann schon vorkommen«, sprach Lunew, der immer noch an Pawel dachte.
»Und der da – wird er sie wirklich ermorden?«
»Laß mich, Gawrik! . . .«
Der Junge drehte sich um, ging nach der Tür zu und sagte unterwegs:
»Warum heiraten sie, die dummen Teufel!«
Schon ergoß sich das abendliche Dämmerlicht in die Gasse, und in den Fenstern des gegenüber dem Lunewschen Laden gelegenen Hauses flammten die Lichter auf.
»Es ist Zeit zu schließen«, sagte Gawrik leise.
Ilja schaute nach den erleuchteten Fenstern hinüber. Der untere Teil derselben war mit Blumen verstellt, der obere durch weiße Vorhänge verhüllt. Durch das Laub der Blumen sah man einen Goldrahmen an der Wand. Wenn die Fenster geöffnet waren, klangen aus ihnen die Töne einer Gitarre, Gesang und lautes Lachen auf die Straße. In diesem Hause wurde fast an jedem Abend gesungen, gespielt und gelacht. Lunew wußte, daß dort ein Mitglied des Bezirksgerichts, Gromow mit Namen, wohnte, ein korpulenter Herr mit rotem Gesicht und großem, schwarzem Schnurrbart. Seine Frau war eine üppige Gestalt, hellblond und blauäugig; sie ging wie eine Märchenkönigin in der Straße umher, und wenn sie mit jemand sprach, lachte sie immer. Dann wohnte bei Gromows noch eine unverheiratete Schwester des Mannes, ein schlankes, brünettes, schwarzhaariges Mädchen; sie war stets von einem Schwarm von jungen Beamten umgeben, die sich fast an jedem Abend bei Gromow einfanden und sich lachend und singend die Zeit vertrieben.
»Es ist wirklich Zeit zuzumachen«, mahnte Gawrik zum zweitenmal.
»Mach' zu . . .«
Der Junge schloß die Tür, und im Laden wurde es dunkel. Dann hörte man das Klirren des Schlosses.
»Wie im Gefängnis!« dachte Ilja für sich.
Die beleidigenden Worte Gratschews über seine Sattheit waren ihm wie ein Splitter ins Herz gedrungen. Er saß beim Samowar und dachte mit feindseligem Gefühl an Pawel; daß er imstande wäre, Wjera zu töten, wollte er durchaus nicht glauben.
»Ich hätt' mich ihrer nicht erst annehmen sollen«, dachte Ilja. »Hol' sie der Kuckuck, alle beide! Wissen selbst nicht zu leben und hindern noch andre daran . . .«
Gawrik trank den Tee von seiner Untertasse und ließ unter dem Tisch seine Beine baumeln.
»Ob er sie jetzt schon totgestochen hat?« fragte er plötzlich seinen Prinzipal.
Lunew sah ihn finster an und sagte:
»Mach' rasch, trink und geh ins Bett!«
Der Samowar siedete und zischte, als wollte er vom Tisch herunterspringen.
Plötzlich blieb vor dem Fenster eine dunkle Gestalt stehen, und eine schüchterne, zitternde Stimme fragte:
»Wohnt hier nicht Ilja Jakowlewitsch?«
»Der wohnt hier«, rief Gawrik, sprang vom Stuhl auf und eilte so rasch zur Ladentür, daß Ilja nicht imstande war, ihn nach der Ursache seiner Aufregung zu fragen.
In der Tür erschien eine schlanke weibliche Gestalt mit einem Tüchlein auf dem Kopfe. Mit der einen Hand stützte sie sich gegen den Türpfosten, die andere hielt die Enden des Kopftuches am Halse fest. Sie stand seitwärts gewandt da, als wollte sie sogleich wieder weggehen.
»Treten Sie näher!« rief Ilja, der die Fremde nicht erkannt hatte, in mürrischem Tone.
Sie fuhr zusammen, als sie seine Stimme vernahm, und hob den Kopf empor; ein Lächeln ging über ihr blasses, kleines Gesicht.
»Mascha!« rief Ilja, vom Stuhl aufspringend. Sie lachte leise und schritt auf ihn zu.
»Hast mich nicht erkannt? . . .« sagte sie, mitten im Zimmer stehen bleibend.
»Mein Gott, wie konnte ich dich erkennen? Du bist ja . . . so verändert . . .«
Mit übertriebener Höflichkeit nahm Ilja sie bei der Hand und führte sie zum Tische. Er beugte sich über sie und sah ihr ins Gesicht, ohne daß er den Mut fand zu sagen, worin die Veränderung in ihrem Wesen bestehe. Sie war ungewöhnlich mager und ging, als ob die Beine unter ihr zusammenbrechen wollten.
»Woher kommst du denn? Bist du müde? Ach, du . . . wie du aussiehst!« sprach er leise, während er ihr sorgsam einen Stuhl hinstellte und sie dabei immer wieder ansah.
»Sieh, wie er mich . . .!« sagte sie leise und schaute in Iljas Augen.
Jetzt, da das Licht der Lampe auf sie fiel, konnte er sie ganz deutlich sehen. Sie stützte sich gegen die Stuhllehne, ließ den Kopf auf die Schulter fallen und die dünnen Arme an den Seiten herabhängen. Ihre flache Brust atmete rasch. Ihr Körper war ganz fleischlos und schien aus lauter Knochen zu bestehen. Unter dem dünnen Baumwollstoff ihres Kleides traten die eckigen Schultern, die Ellbogen und Knie scharf hervor, und ihr abgezehrtes Gesicht war ganz schrecklich anzusehen. Die bläulich schimmernde Haut lag straff über Schläfen, Backenknochen und Kinn. Ihr schmerzlich verzogener Mund war halb geöffnet, hinter den dünnen Lippen waren die Zähne sichtbar; ihr kleines, schmales Gesicht trug den Ausdruck dumpfen Schmerzes, und ihre Augen schauten trüb und leblos drein.
»Bist du krank gewesen?« fragte Ilja leise.
»Nein«, antwortete sie langsam. »Ich bin gesund . . . Er hat mich so zugerichtet . . .«
Ihre langgedehnten, leisen Worte klangen wie ein Stöhnen, und die von den Lippen nicht bedeckten Zähne gaben ihrem Gesicht etwas Fischartiges . . .
Gawrik stand neben Mascha und sah sie an, mit furchtsamen Augen und zusammengepreßten Lippen.
»So geh doch schlafen!« sprach Lunew zu ihm.
Der Knabe ging in den Laden und machte sich dort ein Weilchen zu schaffen – dann steckte er den Kopf wieder hinter dem Türpfeiler hervor.
Mascha saß unbeweglich, nur ihre Augen, die sich langsam in ihren Höhlen bewegten, gingen von einem Gegenstand zum andern. Lunew goß ihr Tee ein, sah sie an und fand keine Worte, um die Jugendfreundin über ihre Schicksale auszufragen.
»Ganz schrecklich quält er mich . . .« begann sie. Ihre Lippen bebten, und ihre Augen schlossen sich für einen Augenblick. Und als sie sie öffnete, quollen unter ihren Wimpern zwei große, schwere Tränen hervor.
»Weine nicht«, sprach Ilja und wandte sich von ihr ab. »Trink lieber jetzt Tee . . . da . . . und erzähl' mir alles . . . es wird dein Herz erleichtern . . .«
»Ich fürchte mich . . . wenn er kommt . . .« sagte Mascha und schüttelte den Kopf.
»Bist du ihm entlaufen?«
»Ja–a . . . Schon zum viertenmal . . . Wenn ich's nicht länger ertragen kann . . . lauf ich weg . . . Das letztemal wollt' ich in den Brunnen springen . . . aber er hat mich abgefangen . . . und mich so geschlagen . . . so gemartert . . .«
Ihre Augen weiteten sich vor Schrecken bei der bloßen Erinnerung, und ihr Unterkiefer begann zu zittern. Sie ließ den Kopf sinken und sprach dann flüsternd weiter:
»Die Beine will er mir immer zerbrechen . . .«
»Ach!« rief Ilja. »Aber warum wehrst du dich nicht? Melde es doch der Polizei . . . Sag', er mißhandle dich . . . dafür kommt er ins Gefängnis . . .«
»A–a–ach, er ist ja selbst Richter!« sprach Mascha hoffnungslos.
»Chrjenow? Was redest du? Was für ein Richter ist er denn?«
»Ich weiß es doch! Neulich hatte er zwei Wochen lang hintereinander Sitzung . . . hat in einem fort gerichtet . . . Ganz böse und hungrig kam er nach Hause . . . Nahm die Zange vom Samowar und hat mich damit in die Brust gezwickt . . . hat sie gedreht und gedreht . . . sieh her!«
Sie öffnete mit zitternden Händen ihr Kleid und zeigte Ilja ihre kleinen, welken Brüste, die ganz mit dunklen Flecken bedeckt waren und wie zerbissen aussahen.
»Mach' dein Kleid zu«, sprach Ilja düster. Es war ihm peinlich, diesen mißhandelten, Mitleid erregenden Körper zu sehen, und es schien ihm unglaublich, daß da vor ihm die Freundin seiner Kindheit, die prächtige kleine Mascha saß. Sie aber entblößte auch ihre Schulter und sprach mit derselben gleichmäßig traurigen Stimme:
»Sieh mal, wie er mir die Schulter zerschlagen hat! Und so seh' ich am ganzen Körper aus . . . Der Leib ist ganz blau von Kneifwunden, und die Haare unter den Achseln hat er mir einzeln herausgerupft . . .«
»Aber wofür denn das alles?«
»›Du liebst mich nicht‹, sagt er – und zwickt mich . . .«
»Vielleicht warst du nicht mehr im Mädchenstande, wie er dich nahm?«
»I–ich? Wieso denn? Ihr habt mich doch hier gekannt, du und Jascha . . . niemand hat mich je berührt . . . Und auch jetzt bin ich . . . nicht dafür geeignet . . . schmerzhaft ist es mir und zuwider . . .«
»Schweig, Mascha«, bat Ilja sie leise.
Sie schwieg still und saß mit der entblößten Brust wie versteinert da.
Ilja sah hinter dem Samowar hervor auf ihren hageren, mißhandelten Körper und wiederholte:
»Mach' dein Kleid zu!«
»Ich schäme mich nicht vor dir«, antwortete sie tonlos, während sie mit den zitternden Fingern ihr Mieder zuknöpfte.
Es war still im Zimmer. Dann ließ sich plötzlich aus dem Laden lautes Schluchzen vernehmen. Ilja stand auf, ging nach der Tür und machte sie zu, während er ärgerlich sagte:
»Hör' auf, Gawrjuschka . . .«
»Ist das der Junge?« fragte Mascha.
Ilja bejahte ihre Frage.
»Warum weint er? Hat er Angst?«
»Nein . . . er weint wohl aus Mitleid . . .«
»Mit wem?«
»Mit dir . . .«
»Sieh doch mal!« sprach Mascha gleichgültig, ohne daß in ihrem leblosen Gesichte etwas sich geregt hätte. Dann trank sie ihren Tee; ihre Hände zitterten dabei, und die Untertasse schlug klirrend gegen ihre Zähne. Ilja schaute hinter dem Samowar hervor nach ihr hin und wußte nicht, ob sie ihm leid tat oder nicht.
»Was wirst du nun tun?« fragte er sie nach langem Schweigen.
»Ich weiß es nicht«, versetzte sie und seufzte. »Was kann ich denn tun . . .«
»Du mußt ihn verklagen«, sprach Lunew fest und bestimmt.
»Er hat auch seine erste so gequält . . .« sagte Mascha. »Mit den Zöpfen hat er sie ans Bett angebunden, und gekniffen hat er sie . . . ganz wie mich . . . Einmal schlief ich und fühlte plötzlich solche Schmerzen . . . ich erwache und schreie. Da hatte er ein Zündholz angebrannt und mir auf den Leib gelegt . . .«
Lunew sprang vom Stuhl auf und rief laut, voll Empörung, daß sie morgen sogleich nach der Polizei gehen, dort ihren mißhandelten Körper zeigen und Beschwerde gegen ihren Gatten einlegen solle. Sie rückte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her, als sie ihn so laut schreien hörte, und sagte, sich ängstlich umschauend:
»Schrei nicht so, bitte! . . . Man wird es hören . . .«
»Nun gut,« sagte er und nahm wieder auf seinem Stuhle Platz, »ich selbst nehme die Sache in die Hand . . . Heute bleibst du hier über Nacht, Maschutka, du wirst in meinem Bett schlafen . . . und ich gehe in den Laden . . .«
»Ich möcht' mich jetzt gleich hinlegen . . . ich bin so müde . . .«
Er rückte schweigend den Tisch vom Bett weg; Mascha legte sich darauf und suchte sich in die Bettdecke zu hüllen, vermochte es jedoch nicht und sagte still lächelnd:
»Ich bin so unbeholfen . . . wie betrunken . . .«
Ilja breitete die Decke über sie, schob ihr das Kissen zurecht und wollte in den Laden gehen, doch sie sagte unruhig:
»Sitz' noch ein Weilchen hier bei mir! Ich fürchte mich allein . . . hab' immer solche Träume . . .«
Er setzte sich neben sie auf den Stuhl, betrachtete ihr blasses, von den schwarzen Locken eingerahmtes Gesicht und wandte sich ab. Er verspürte Gewissensbisse, als er sie so kaum lebend wiedersah. Er erinnerte sich der Bitten Jakows und der Erzählungen Matizas über Maschas Ergehen und ließ seinen Kopf tief herabsinken.
Im Hause gegenüber wurde zweistimmig gesungen, die Worte des Liedes drangen durch das offene Fenster in Iljas Zimmer. Ein kräftiger Baß sang mit harter Betonung:
»Enttäuschet ist mein armes Herze . . .«
»Ich schlaf schon ein«, murmelte Mascha. »Wie hübsch es bei dir ist . . . und gesungen wird . . . sehr schön singen sie!«
»Ja, die singen nun«, sagte Lunew bitter lachend. »Den einen wird das Fell abgezogen – und die andern heulen . . .«
»Nicht will es wieder töricht sein . . .«
sang drüben ein prächtiger Tenor weiter. Die hellen, wohlklingenden Töne schwebten durch die nächtliche Stille und stiegen leicht und frei in die Lüfte empor.
Lunew stand auf und schloß ärgerlich das Fenster – das Lied schien ihm nicht am Platze, es beleidigte ihn. Das Geräusch des Fensterrahmens erschreckte Mascha. Sie öffnete die Augen, hob ängstlich den Kopf empor und fragte:
»Wer ist da?«
»Ich hab' das Fenster geschlossen . . .«
»Um Gottes willen! . . . Gehst du fort?«
»Nein, nein . . . fürchte dich nicht . . .«
Sie legte den Kopf auf das Kissen zurück und schlief wieder ein. Die geringste Bewegung Iljas, der Widerhall der Schritte auf der Straße – alles beunruhigte sie; sie öffnete sogleich wieder die Augen und schrie im Traume:
»Sofort! . . . ach! . . . sofort! . . .«
Lunew bemühte sich, ganz unbeweglich dazusitzen; er sah durchs Fenster, das er wieder geöffnet hatte, und dachte darüber nach, wie er Mascha helfen könnte. Er beschloß, sie jedenfalls so lange bei sich zu behalten, bis die Polizei sich ihrer Angelegenheit angenommen hätte.
»Ich muß die Sache durch Kirik machen«, sagte er sich im stillen.
»Bitte, bitte, noch etwas!« klang es von drüben, aus den Gromowschen Fenstern, laut herüber. Irgend jemand klatschte in die Hände. Mascha stöhnte im Traume, und bei Gromows wurde wieder gesungen:
»Zwei Rappen ziehen die Karosse,
Dem Friedhof naht der düstre Zug . . .«
Lunew schüttelte förmlich in Verzweiflung den Kopf. Dieser Gesang, das fröhliche Schreien und Lachen – alles das störte ihn. Er stützte sich mit den Ellbogen auf das Fensterbrett, sah voll Haß und Ingrimm nach den erleuchteten Fenstern gegenüber und dachte, daß es gar nicht übel wäre, jetzt auf die Straße hinauszugehen und eins dieser Fenster mit Steinen zu bombardieren oder mitten unter die vergnügte Gesellschaft einen Schrotschuß abzufeuern. Er stellte sich vor, wie die Schrotkörner einschlagen würden . . . alles rennt mit blutigen Gesichtern herum, überall ist Geschrei und Verwirrung. Und eine boshafte Freude erfüllte bei dieser Vorstellung sein Herz. Aber die Worte des Liedes, das dort drüben gesungen wurde, bohrten sich ihm wider seinen Willen in die Ohren, er wiederholte sie für sich und bemerkte mit Erstaunen, daß diese vergnügten Leute ein Lied sangen, in dem das Begräbnis einer Buhlerin geschildert wurde. Er lauschte mit großer Aufmerksamkeit auf die Worte des Liedes und dachte für sich:
»Warum singen sie das nur? Was für ein Vergnügen kann ihnen solch ein Lied bereiten? Was sie sich da ausgedacht haben, die Dummköpfe! Und hier, fünf Schritte von ihnen, liegt ein Menschenkind, das von seinesgleichen halb tot gequält ward, und niemand nimmt Anteil an seinen Qualen . . .«
»Bravo! Bravo–o!« hallte es laut über die Straße.
Lunew lächelte und sah bald auf Mascha, bald auf die Straße. Lächerlich schien es ihm, daß die Leute dort sich damit belustigten, ein Lied auf das Begräbnis einer Buhldirne zu singen.
»Wassilij Wassilitsch!« schrie Mascha im Traume. »O Gott!«
Sie fuhr vom Bett empor, wie wenn Feuer sie versengt hätte, warf die Bettdecke auf den Fußboden, breitete ihre Arme aus und blieb starr in dieser Haltung sitzen. Ihr Mund war halb geöffnet, und sie röchelte. Lunew beugte sich rasch über sie, da er fürchtete, daß sie sterben würde; dann aber, durch ihr regelmäßiges Atmen beruhigt, legte er die Bettdecke über sie und ging wieder ans Fenster. Er stieg auf das Fensterbrett, legte sein Gesicht an das eiserne Gitter und schaute in Gromows Fenster hinein. Dort sangen sie immer noch, entweder einzeln oder zu zweien oder im Chor. Musik ertönte dazu, und man hörte fröhliches Lachen. An den Fenstern huschten Frauengestalten vorüber, in Weiß, in Rosa oder in Blau. Ilja horchte auf die Lieder und war verwundert, wie diese Menschen lauter elegische, schwermütige Lieder von der Wolga, vom Begräbnis, von der Scholle des armen Mannes singen und nach jedem dieser Lieder so vergnügt sein konnten, als ob gar nichts wäre, als ob nicht sie, sondern ganz andere Leute gesungen hätten . . . Machen sie wirklich schon menschlichen Gram und Schmerz zu ihrem Spielzeug?
Und jedesmal, wenn Mascha sich ihm in Erinnerung brachte, schaute er unwillkürlich nach ihr hinüber und fragte sich, was nun mit ihr werden solle. Wenn mit einemmal Tatjana bei ihm einträte und sie sähe? . . . Was sollte er mit Mascha anfangen? Es ward ihm von alledem ganz wirr im Kopfe. Als er endlich schläfrig wurde, stieg er von dem Fensterbrett herunter und streckte sich, seinen Paletot statt des Kopfkissens benutzend, auf dem Fußboden neben dem Bett aus. Im Traume sah er, daß Mascha gestorben war: mitten in einem großen Speicher liegt sie auf der Erde, und um sie herum stehen elegante Damen in Weiß, Blau und Rosa und singen ihr Grablieder. Und während sie diese traurigen Lieder singen, lachen sie alle, bei den lustigen Liedern aber, die sie dann folgen lassen, weinen sie bitterlich, nicken traurig mit den Köpfen und wischen sich mit weißen Taschentüchern die Tränen aus den Augen. In dem Speicher ist es dunkel und feucht, und in einer Ecke steht der Schmied Ssawel, schmiedet ein eisernes Gitter und läßt seine Hammerschläge laut auf die glühenden Eisenstäbe niedersausen. Über das Dach des Speichers schreitet jemand hin und ruft:
»I–lja! Il–ja! . . .«
Und er, Ilja, liegt gefesselt in dem Speicher, kann sich nur schwer umdrehen und vermag nicht zu sprechen . . .