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Dreizehntes Kapitel.

Ein merkwürdiges Gespräch zwischen Herrn Abraham Adams und Herrn Peter Pounce, mehr des Lesens werth als alle Werke des Colley Cibber und vieler andern.


Noch waren die beiden Herren nicht weit gefahren, als Herr Adams bemerkte, es sei recht schönes Wetter. – »Ja, und die Gegend ist auch sehr schön,« antwortete Pounce. – »Ich würde sie noch schöner finden,« erwiederte Adams, »hätte ich nicht unlängst die Dünen gesehen, die meiner Meinung nach diese und alle Aussichten in der Welt übertreffen.« – »Was habe ich von Ihren Aussichten?« entgegnete Pounce, »ein Acker von dem Boden hier ist so viel werth als dort ihrer zehen; und ich meinerseits finde an keiner Aussicht auf Felder Vergnügen, es müßten denn meine eigenen sein.« – »In diesem Fall, Sir,« sagte Adams, »können Sie sich an mancher schönen Aussicht dieser Art ergötzen.« – »Je nun, dem Himmel sei Dank,« versetzte Jener, »ich habe schon ein Bischen, womit ich zufrieden bin, und Niemanden beneide; ich habe ein Bischen, Herr Adams, das ich so gut anwende als ich kann.« – Adams entgegnete, Reichthum habe ohne Mildherzigkeit keinen Werth, und sei nur Dem ein Segen, der ihn zum Segen Anderer mache. – »Sie und ich,« sagte Peter, »wir haben von der Mildherzigkeit verschiedene Begriffe. Ich muß gestehen, wie man dies Wort gewöhnlich nimmt, kann ich's nicht sonderlich leiden, auch finde ich, daß es sich für uns Leute von Stande nicht einmal recht schickt. Es bezeichnet so was Gemeines, Dorfpfarrermäßiges, womit ich jedoch nicht einmal sagen will, daß es so gar vielen dieser Herren zukommt.« – »Sir,« entgegnete Adams, »nach meiner Definition ist die Mildherzigkeit eine großmüthige Neigung, dem Nothleidenden zu helfen.« – »In dieser Definition,« antwortete Peter, »liegt etwas, das ich allenfalls gelten lasse; es ist, wie Sie sagen, eine Neigung – besteht also nicht sowohl in der Ausübung als in der Gesinnung; aber ach, Herr Adams, wer ist unter den Nothleidenden gemeint? Glauben Sie mir, die Noth der Menschen besteht meist in der Einbildung, und wer ihr abhelfen wollte, wäre mehr thöricht als gut zu nennen.« – »Aber, Sir,« versetzte Adams, »Hunger und Durst, Kälte und Blöße, und anders mit der Armuth verknüpftes Ungemach kann doch Niemand eingebildete Uebel nennen?« – »Wie darf,« erwiederte Peter, »in einem Lande, wo fast jedes Stück Feld so vortreffliche Kräuter zum Salat darbietet, ein Mensch über Hunger klagen? oder über Durst, wo jeder Bach und Fluß einen so köstlichen Trank darbietet? Kälte und Blöße aber sind nur durch Ueppigkeit und Gewohnheit eingeführte Uebel. Der Mensch bedarf von Natur der Kleider so wenig als ein Pferd oder sonst ein Vieh, und es giebt ganze Nationen, die nichts davon wissen; doch das sind vielleicht Dinge, welche Sie, der die Welt nicht kennt« – »Verzeihen Sie, Sir,« versetzte Adams, »ich habe von den Gymnosophisten gelesen« – »Zum Henker mit Ihren Jehosaphisten,« schrie Peter, »das größte Gebrechen unserer Constitution ist das für die Armen ausgeworfene Jahrgeld, ausgenommen noch etwa gewisse Jahrgelder, die gewissen andern Leuten zugewiesen werden. Sir, ich habe kein einziges Gut, das nicht für die Armen so viel beitragen muß als für die Landsteuer; und ich werde am Ende selbst noch der Gemeinde zur Last fallen müssen.« – Als Adams hier zweifelnd lächelte, fuhr Peter also fort: »Ich glaube, Herr Adams, Sie sind einer von Denen, die sich einbilden, ich messe mein Geld mit Scheffeln; denn es giebt Leute, hat man mir gesagt, die in dem Glauben stehen, nicht nur meine Taschen, sondern meine sämmtlichen Kleider seien ganz mit Banknoten gefuttert; aber ich versichere Sie, darin irrt man sich; ich bin nicht der Mann, für den man mich schätzt. Kann ich meinen Kopf aber über Wasser erhalten, so ist das auch Alles. Ich habe mir mit Güterkaufen Schaden gethan; ich habe mein Geld nicht zu Rathe gehalten. Ja, ja, meine Erben werden schon einmal sehen, daß es mit mir nicht so gut steht, als man glauben mag; Sie werden gewiß wünschen, ich hätte das baare Geld mehr, und die Grundstücke weniger geliebt. Sagen Sie selbst, bester Herr Nachbar, wie hätte ich zu alle dem Vermögen kommen sollen, das die Leute mir so freigebig zutheilen? Wie hätte ich mir, ohne zu stehlen, solche Schätze sammeln können?« – »Ja wohl,« sprach Adams, »das ist's eben, was ich auch immer gesagt habe. Ich wunderte mich nicht weniger als Sie über die Keckheit, womit man von Ihnen solche Dinge behaupten konnte, die in meinen Augen baare Unmöglichkeiten sind; denn Sie wissen, Sir, und ich hörte Sie es oft selbst sagen, daß Sie sich Ihren ganzen Reichthum selbst erworben haben; und läßt sich wohl annehmen, Sie hätten in so kurzer Zeit solche Schätze sammeln können, wie die Leute behaupten wollen? Ja hätten Sie, wie der seelige Sir Thomas Borby, Besitzungen ererbt, die seit mehreren Generationen in der Familie waren, da ließe sich so was noch hören.« – »Nun, und wie hoch taxiren mich denn die Leute?« rief Peter mit hämischem Lächeln. – »Sir,« antwortete Adams, »es giebt welche, die behaupten, Sie hätten wohl über zwanzigtausend Pfund im Vermögen.« – Da Peter hier die Stirne runzelte, fuhr Adams fort: »Ich sage hier nur natürlich auf Ihr Begehren, was Andere glauben; denn ich meinestheils habe dem immer widersprochen, auch war ich immer des Dafürhaltens, Sie könnten möglicher Weise wohl nicht die Hälfte dieser Summe besitzen.« – »Und dennoch, Herr Adams,« sagte Peter, indem er dem Pfarrer die Hand drückte, »ließe ich mich für das Doppelte der genannten Summe noch nicht auskaufen; und was Sie oder die Leute glauben mögen, da ist mir nicht so viel, – und hier schnippte er mit den Fingern, – daran gelegen. Ich bin noch nicht arm, weil Sie mich dafür halten, oder mich gar in der Gegend herunterzusetzen suchen, ich weiß recht gut, wie neidisch die Menschen sind, aber ich danke dem Himmel, daß mich das weiter nicht anficht. Freilich habe ich mir mein Vermögen selbst erworben, habe nicht ein Gut, wie Sir Thomas Borby hatte, das durch viele Generationen meiner Familie angehörte; aber ich kenne Erben solcher Güter, die im Lande umherziehen müssen, wie gewisse Leute in zerlumpten Priesterröcken, die herzlich froh sein würden, wenn ihnen eine kärgliche Pfarrerstelle zu Theil würde – ja, Sir, schäbigte Bursche wie Sie, die kein Mann in meiner Stellung, wenn ihn nicht jene Untugend der Gutherzigkeit plagte, in seinem Wagen mit sich fahren lassen würde.« – »Sir,« schrie Adams, »ich achte Ihren Wagen keines Besenstiels werth, und hätte ich gewußt, daß Sie mich zu kränken beabsichtigten, so wäre ich lieber bis an der Welt Ende zu Fuß gewandert, als daß ich neben Ihnen einen Platz angenommen hätte. Uebrigens will ich Sie bald von dieser Beschwerde befreien, Sir,« – und hiermit öffnete er den Schlag, ohne dem Kutscher zu rufen, und sprang so eilig auf die Straße hinaus, daß er den Hut mitzunehmen vergaß, welchen Herr Pounce ihm in größter Wuth nachwarf. Joseph und Fanny stiegen vom Pferde, und leisteten ihm auf dem übrigen Theil des Weges, der keine halbe Stunde mehr betrug, Gesellschaft.


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