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Nachgelassenes.

1840-1849.

Eine Hundegeschichte.

Hohenfelde in Mecklenburg, 22. Februar 1845.

Und endlich kommt der Landtag
Zu einem festen Beschluß,
Daß man auch Wege bauen
Und im Stande halten muß.

Der Großherr sendet den Pudel
Mit fürstlichem Rang und Sitz,
Die Ritterschaft sendet den Bulldogg,
Die Landschaft ihren Spitz.

Die sollen als Wegkommissäre
Sich alles genau besehn,
Die Dämme, die Gräben und Brücken,
Landstraßen und Chausseen.

Sie kommen zu Fuß zusammen
Bei einer Fronerei,
Der Pudel und der Bulldogg,
Der Spitz ist auch dabei.

Doch weil das Wetter so schlecht ist,
Weil's stürmt und regnet zurzeit,
Da nehmen sie eine Karrosse
Zu größrer Bequemlichkeit.

Der Kutscher hat vorgefahren,
Der Pudel steiget ein,
Und von den anderen beiden
Will keiner der letzte sein.

Der Pudel sitzt gemütlich
Wohl auf dem Vordersitz,
Und neben ihn setzt sich zur Seite
Gar eilig der kleine Spitz.

Da bellet grimmig der Bulldogg:
»O Spitz, was machest du?
Der nächste Sitz nach dem Pudel,
Der kommt ja mir nur zu!«

Der Spitz bleibt ruhig sitzen
Und sieht ihn an und lacht:
»Wo steht denn das geschrieben?
Das ist noch nicht ausgemacht.«

Das kränket zu sehr den Bulldogg
In seinem roten Rock,
Er springt voll Wut aus dem Wagen
Und setzt sich auf den Bock.

Der Bulldogg führet Beschwerde
Und tut es dem Ausschuß kund,
Er sei von Geburt was Beßres
Als jeder andere Hund.

Ein Landtag wird gehalten:
Da streitet man Tag und Nacht,
Doch ist nach mancher Sitzung
Noch immer nicht ausgemacht:

Wer haben soll von beiden –
Der Bulldogg oder der Spitz –
Für alle und ewige Zeiten
Im Wagen den Vordersitz
.

*

Vetter Michels Vaterland.

28. April 1849.

Mel.: Gute Nacht, gute Nacht, schöne Anna Dorothee.

Sag wo ist, sag wo ist Vetter Michels Vaterland?
Sag wo ist, wo ist es doch?
Wo Belagerungszustand ein Recht ist
Und das Volk ein gehorsamer Knecht ist.
Da ist, da ist Vetter Michels Vaterland!

Wo die Volksvertreter Philister sind
Und die ärgsten Heuler Minister sind.

Wo der Teufel mit Fürsten im Bunde steht
Und Einheit und Freiheit zugrunde geht.

Wo der Allerhöchste nicht Gott ist
Und wo Mut und Gesinnung bankrott ist.

Wo die Wahrheit verfolgt und verpönt ist
Und das Laster bestirnt und gekrönt ist.

Und wo nirgend für Freiheit noch Raum ist
Und die bessere Zukunft ein Traum ist.

Und wo alles am End' einerlei ist,
Wenn es nur nicht geg'n unsre Polizei ist.

*


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