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1844.
v. Goethe.
7. Dezember 1843.
Die Zeit des Lesens ist vorbei.
Das Lied, es ist geworden frei.
Es ist entflogen dem Papiere,
Worauf es lange lag gebannt;
Nun zieht's zum heiligen Turniere
Für Freiheit, Recht und Vaterland.
Die Zeit des Lesens ist vorbei,
Das Lied, es ist geworden frei.
Es will die letzte Waffe werden
In des gebeugten Volkes Hand,
Die allerletzte Waff' auf Erden
Für Freiheit, Recht und Vaterland.
Die Zeit des Lesens ist vorbei,
Das Lied, es ist geworden frei.
Unsichtbar schwebt's auf Geisterschwingen
Und tönt und hallet Tag und Nacht –
Ihr könnt's nicht mehr zum Schweigen bringen,
Wenn ihr die Welt nicht taubstumm macht.
*
11. Mai 1844.
Mel.: Es kann uns nichts Schönres erfreuen.
Der Frühling ist wieder gekommen,
Die Sonne die scheinet so heiß,
Sie rufet hervor in das Leben
So manches Gewürm und Geschmeiß.
Von allem Geschmeiße das schlimmste,
Das schlimmst' in der ganzen Natur,
Das sind die polit'schen Philister,
Das sind die Gemäßigten nur.
Sie schwirren am Baume der Freiheit,
Und tun mit ihm freundlich und fein,
Sie lassen ihn grünen und knospen
Und wünschen ihm fröhlich Gedeihn.
Doch will er dann Blüten entfalten,
Dann haben sie's
so nicht gemeint,
Dann nagen sie ab ihm die Blüten,
Und sind sein entschiedenster Feind.
Und könnet ihr dies nicht begreifen
Und wollt ihr es besser verstehn,
So denkt an die Julitage
Und das was in Polen geschehn.
*
9. Dezember 1843.
Mel.: Herz, laß dich nicht zerspalten.
Es kommt der Tag der Rache,
Fürwahr, er kommt einmal
Für die gerechte Sache,
Für unsre Not und Qual.
Dann gibt die Wahrheit Kunde,
Wer für und mit uns war,
Und alle Lumpenhunde
Die werden offenbar.
Dann haben wir gelitten
Umsonst für Freiheit nicht,
Und nicht umsonst gestritten
Den Kampf für Recht und Licht.
Es kommt der Tag der Rache,
Fürwahr, er kommt einmal
Für die gerechte Sache,
Für unsre Not und Qual.
*