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Unverhoffter Entenbraten. – Nordischer Sommer. – Aufbruch von Kay Point. – In Amundsens Winterlager. – An Bord der »Gjöa«. – »Was wollen Sie hier?« – Kapitän Amundsens reiche Gaben. – Abschiedsfeier auf Shingle Point. – Aufbruch zur Flußreise nach dem Innern.
Als die Not aufs höchste gestiegen war und alle beim mitternächtlichen Hula Hula den bösen Geist zu beschwören suchten, da stürzte auf einmal eine wild gestikulierende Wahini herein. »Aainik kaile! Aainik kaile!« rief sie atemlos.
Enten kommen! Wäre eine Bombe in die Versammlung gefahren, so hätte sie nicht überraschender wirken können. Im Augenblick war das Hula Hula vergessen, und jeder hatte nur noch Sinn für das kommende Kaukau. Spornstreichs rannten alle nach Hause zu ihren Gewehren, und im nächsten Augenblick ertönte von allen Ecken und Enden ein knatterndes Schnellfeuer, das unter dem Zug der schreienden, gackernden Wildenten ein grausiges Blutbad anrichtete. Eine stattliche Strecke von Enten war das Resultat der Schießerei, und wir, die wir uns noch vor wenigen Minuten glücklich gepriesen hätten, wenn wir eine Maus oder eine Ratte im Kochtopf gehabt hätten, konnten uns nun auf einmal an einem Geflügelbraten gütlich tun, dessen sich der verwöhnteste Feinschmecker im Waldorf-Astoria-Hotel in der 5. Avenue zu New York nicht zu schämen brauchte! So geht es zuweilen im Leben!
Dieser erste Zug war nur die Vorhut anderer größerer Scharen, die nun in langen Strichen von Süden herangezogen kamen. Dazwischen kamen auch, schwerfällig flatternd, mit trompetenartigem Geschnatter, große, weiße, sattgefressene Gänse, die ihren fetten Körper kaum mehr in der Luft zu halten vermochten. Ja, nun konnten wir auf einmal wieder aus dem Vollen wirtschaften, nun würde das Kaukau nie wieder ein Ende nehmen; davon waren wir alle felsenfest überzeugt.
Um das Glück voll zu machen, begann auch noch das Eis vom Lande abzubrechen und öffnete einen breiten, dem Ufer entlang laufenden Spalt, der ein Tummelplatz der köstlichsten Fische war. Das war ein neues Feld der Betätigung für die Wahinis. Starr und regungslos, wie eine Reihe tibetanischer Götzen, saßen sie am Rande des Eisspalts und ließen mit nie versiegender Ausdauer die Angelleinen auf und ab tanzen. Es ist ein gar eigentümliches, genial ausgedachtes Ding, so eine Eskimofischleine. Sie hat in der Regel vier Haken, die an einem Elfenbeinstückchen befestigt sind, dem man die Form eines kleinen Fisches gibt. Um die Täuschung vollständig zu machen, werden diesem künstlichen Fisch oft noch Augen aus Glasperlen oder Muschelstücken eingesetzt.
Für die Zubereitung der Fische gibt es viele Variationen im Eskimoküchenzettel. Die gebräuchlichste ist à la sauvage; ein etwas sehr summarisches Verfahren. Man spießt den Fisch auf einen Stock, den man neben dem Feuer in die Erde steckt, und läßt ihn dann wie einen Spießbraten von der Flamme braun und knusperig braten. Die Ausbeute an Fischen war übrigens sehr reich, und so trat wenigstens einmal das ein, was ich nie für möglich gehalten hätte: ein Überfluß an Nahrungsmitteln. Dieser erfreuliche Umstand kam vor allem den Hunden zugute; und das war ihnen wohl zu gönnen, denn in den letzten bösen Wochen hatte keiner so viel gehungert wie sie.
Wie bei uns die Schwalben und die Störche, so sind in jenen Gegenden die Enten und Fische die Vorboten des Sommers. Sommer! Ganz plötzlich, ehe man's recht bedacht, war er über uns gekommen mit warmen Winden und mit sonnigen Tagen! Weit draußen auf dem Eise brüteten finstere Wolkenbänke; dumpfe Donner rollten und grelle Blitze zuckten im Westen und auf den Flügeln eines lauen, feuchten Windes kamen die dicken Regentropfen herangefegt und schlugen prasselnd gegen die Zeltwand.
Und dann wieder Sonne. Warmer, freundlicher Sonnenschein bei Tag und Nacht zu jeder Stunde. Über Nacht hatte die Natur ihr weißes Winterkleid ausgezogen. Weithin in der Ebene breiteten sich glitzernde Seen und schwammige Sümpfe, während die Abhänge sich zusehends mit einem grünen Teppich von Moosen und Flechten überzogen. Auch die Blumen fehlten nicht. Kaum war an einer Stelle der fette Humus zutage getreten, da wagten sich auch schon die Schneeglöckchen hervor. Bald kamen noch Veilchen, Vergißmeinnicht, Anemonen und bunte Glockenblumen, deren helles Sommerkleid gar freundlich aus dem grünen Teppich arktischen Mooses hervorleuchtete. Blumen im Eismeer! Das klingt widersinnig und phantastisch, und dennoch muß ich sagen, daß ich noch nie so liebliche Blumen gesehen und mich daran erfreut habe, wie dort oben unter dem Scheine der Mitternachtsonne.
Auch die Tierwelt begann nun richtig lebendig zu werden. Weiße Eismöwen segelten kreischend am blauen Himmel hin, beutegierige Habichte zogen bedächtig ihre Kreise; mürrische Schnee-Eulen wagten sich scheu, mit übernächtigen Gesichtern aus den Höhlen hervor und rollten und blinzelten gar finster mit den großen, runden Augen, geblendet von so viel Licht und Sonnenschein. Vorlaute Spatzen schwirrten geschäftig umher und lärmten und schwatzten um die Wette mit dem Wasser, das von den Bergen rieselte.
Jetzt war endlich die Zeit zur Weiterreise gekommen.
Nachdem wir alle unsere Habseligkeiten auf den Schlitten gepackt hatten, sah ich mich noch einmal gründlich um auf dieser Stätte der Not, und dann warf ich noch einen langen Blick hinüber nach Westen, wo weit, weit draußen in der Eiswüste noch immer die Umrisse der Herschelinsel zu sehen waren. Dann aber wandte ich mich schaudernd ab, und mir war, als ob mir alle Kälte des Eismeers in diesem Augenblick durch Mark und Bein gegangen wäre.
Unser nächstes Ziel war das nicht weit im Südosten von Kay Point gelegene Kap King Point. Mit begreiflicher Spannung schaute ich unserer Ankunft an jenem Orte entgegen, denn dort überwinterte ja die Expedition des Kapitäns Amundsen. Ich war gespannt, was der hohe Herr zu meinem Erscheinen sagen würde.
Es war Mitternacht, als wir dort anlangten, und eine mitternächtige Stille brütete über der Gegend. Der Platz war wie ausgestorben. Etwa hundert Faden von der Küste lag im Eise eingefroren ein kleiner, sauberer Kutter, eben dieselbe »Gjöa«, die wir im vergangenen Spätsommer so unerwartet auf der Höhe von Banksland angetroffen hatten.
Etwas ungemütlich war mir doch zumute, als ich meine Eismeertoilette herrichtete, um dem hohen Herrn einen Besuch abzustatten. Es gibt ein altes Sprichwort, in dem viel Lebensweisheit steckt: »Gehe nie zu einem Ferscht, wenn du nicht gerufen werscht.« Aber es gibt auch Situationen, in denen alle Sprichwörter und alle Lebensweisheiten zur Bedeutungslosigkeit herabsinken vor dem einen: »Not kennt kein Gebot.«
Sonntägliche Stille herrschte ringsum, als ich das Verdeck der »Gjöa« betrat. Von der Gaffel flatterte lustig im Morgenwinde die rote Flagge mit dem Kreuz, und leise und verloren kamen von irgendwo unten im Schiffsraum die Klänge einer Ziehharmonika: »Ja, wir lieben dieses Land.«
Wie hier alles so hübsch sauber und ordentlich war! Wie das helle Braun und Weiß des neuen Anstrichs an den Decksaufbauten glänzte und wie das frisch polierte Braßwerk funkelte und schimmerte im Lichte der frühen Sonne!
Noch war ich ganz in diese Betrachtungen versunken, als auf einmal ein schlanker Mann mit blondem Spitzbart vor mir stand. Er schaute mich einigermaßen verwundert an.
»Good morning, sir,« sagte er auf Englisch mit jenem sonderbar singenden Tonfall, den der Skandinavier nicht verleugnen kann, »Sie wünschen?«
»Ich möchte Kapitän Amundsen sprechen.«
»Der bin ich selber,« antwortete der Herr mit dem blonden Spitzbart, »what can I do for you? – was kann ich für Sie tun?«
In diesem Augenblick vergaß ich die ganze schöne Rede, die ich mir ausgedacht hatte.
»Ich – ich möchte einen Sack Mehl kaufen!« platzte ich heraus. Kapitän Amundsen schaute mich verwundert an.
»Wie? was?« sagte er wieder, »einen Sack Mehl wollen Sie kaufen? Ja, eigentlich führen wir hier keine Spezereihandlung. Wenn ich etwas davon entbehren könnte, würde ich es gern umsonst abgeben, aber wir haben selbst kaum mehr genug, um uns in den nächsten Monaten durchzubringen, und einen fehlenden Sack Mehl kann man hierzulande für das schönste Geld nicht wieder bekommen. Wollen einmal sehen, was sich tun läßt.«
Mit diesen Worten führte er mich den Weg die steile Treppe hinunter nach der Achterkajüte. Es war ein wohnlich ausgestatteter Aufenthaltsort, die Kajüte der »Gjöa«. Für Schiffsbegriffe sogar vornehm und für Eismeerverhältnisse einfach luxuriös. Mit wahrer Andacht hingen meine Augen an den soliden Möbeln, dem Sofa, dem Schreibtisch und dem wohlgefüllten Bücherschrank; alles Dinge, die mir in den letzten drei Jahren nur noch zuweilen vorgeschwebt hatten wie ein Traum aus einer längst vergangenen Zeit. Bilder und Spiegel zierten die Wände. Aus dem Hintergrund schaute über zwei gekreuzten norwegischen Flaggen ein Bild von Frithjof Nansen hervor, und darunter stand in großen Buchstaben zu lesen:
»Alles für Norwegen.«
An dem Tische saß, in die Lektüre eines Buches vertieft, ein großer, kräftiger Mann, der mit seinem wallenden, rotblonden Vollbart einen bedeutend arktischeren Eindruck machte wie Kapitän Amundsen. Diesen kannte ich noch von einem vorübergehenden Aufenthalt auf der Herschelinsel her. Es war Leutnant Hansen von der dänischen Marine, der erste Offizier der Expedition. Bei unserem Eintritt sprang er auf und schaute abwechselnd bald Kapitän Amundsen, bald meine Wenigkeit mit verwunderten Blicken an.
»Woher kommen Sie nun eigentlich, wenn man fragen darf?« sagte Kapitän Amundsen, während er mir mit einladender Handbewegung einen Stuhl anbot.
»Von der Herschelinsel –«
»So, so,« meinte er nachdenklich und wechselte einen bedeutungsvollen Blick mit seinem ersten Offizier, »und wo geht nun die Reise hin?«
»Nach Fort Mac Pherson vorerst, und von dort so weit wie möglich.«
Wieder sahen sich die beiden mit vielsagenden Blicken an. Dann erzählte ich den ganzen Hergang der Sache, aber ich merkte wohl, daß man mir sehr wenig Glauben und noch weniger Vertrauen schenkte. Kapitän Amundsen fragte noch dies und das, aber am Ende war es doch wieder dieselbe Geschichte wie von Anfang an. Zur Rückkehr nach dem Schiff wollte man mir gerne behilflich sein, aber die Reise nach dem Fort – das sei Unsinn, reiner Unsinn!
Als ich mit solch traurigen Nachrichten und ohne das geringste Kaukau nach Roxys Iglu zurückkehrte, da war natürlich große Enttäuschung, aber Roxy, der in seinem unerschütterlichen Optimismus alle Dinge immer von der angenehmen Seite betrachtete, meinte, die Sache sei gar nicht so schlimm. Wenn wir nur ein paar Tage warten wollten, dann würde der fremde Kapitän schon ein Einsehen haben. Er kenne die Kabelunas. Die machten es immer so!
Und es war so gut wie sein Wort. Zähneknirschend mußte ich zusehen, wie man sich für ein paar Tage häuslich niederließ und die Weiterreise vorderhand auf die lange Bank geschoben wurde. Warum sollte man auch so schnell wieder weiterreisen? Es gab doch genügend Kaukau an diesem Platze! An Fischen war Überfluß vorhanden und die Sümpfe und Moräste etwas weiter im Innern waren sogar ein ganzes Entenparadies. Wenn man die hohe Uferbank hinaufkletterte, dann konnte man eine weite, wellige Ebene überschauen, die förmlich übersät war mit größeren und kleineren Wassertümpeln, in denen es sich zahllose Wildenten und andere Wasservögel wohl sein ließen.
Als wir einige Tage darauf uns gerade zur Weiterfahrt anschickten, erschien mit einemmal das breite, gutmütige Gesicht des ersten Offiziers der »Gjöa« in der Zelttür. »Der Kapitän wünscht Sie zu sprechen,« sagte er.
Nichts Gutes ahnend ging ich hinüber, denn ich glaubte nichts anders, als daß Roxy irgendetwas angestellt hätte, für das ich nun eine Strafpredigt zu hören bekäme. Aber statt des erwarteten Unwetters wurde mir eine große und angenehme Überraschung zuteil. An der Steuerbordseite des Verdecks war ein stattlicher Haufen von Konservenbüchsen in bunten, verlockenden Etikettierungen aufgetürmt, und der kleine Mani, der zur Expedition gehörige Eskimojunge war dabei, nach Kapitän Amundsens persönlicher Anweisung noch immer neue Konservenbüchsen aus der offenen Luke herauszuschaffen.
Kapitän Amundsen empfing mich diesmal sehr freundlich. Er lächelte ein wenig, als ich die ausgebreiteten Schätze mit neidischen Blicken betrachtete.
»Hier können Sie sich auswählen und mitnehmen, so viel Sie wollen,« sagte er mit einer umfassenden Handbewegung auf all die ausgebreiteten Reichtümer. Sprachlos vor Erstaunen schaute ich auf die vielen schönen Dinge, die nun alle mir gehören sollten. Büchsen mit konserviertem norwegischem Lachs, Hummern, Fischfrikandellen, Pemmikan und Preßgemüse. Schade, daß man nur einen kleinen Teil davon mitnehmen konnte. Wir taten indes unser Möglichstes im Verstauen der Schätze auf dem ohnehin schon ziemlich überladenen Schlitten, und als gar nichts mehr darauf wollte, nahm die Wahini noch ein Paar Büchsen Fischfrikandellen in der Kapuze mit. Dann verabschiedeten wir uns von unserem freigebigen Gönner. –
Nur einmal seither habe ich Roald Amundsen wieder gesehen, und das war in der Münchener Tonhalle, als er vor einem erlesenen Publikum über seine Südpolreise berichtete.
Wir hatten nun keine Zeit mehr zu verlieren, wenn wir noch rechtzeitig die Mündung des Mackenzieflusses erreichen wollten; denn die Eisdecke befand sich in denkbar schlechtem Zustand, und es war nur noch eine Frage von wenigen Tagen, ehe sie völlig zusammenbrechen würde. Überall zeigten sich breite Risse und Spalten, aus denen gewaltige Wassermassen hervorquollen, wenn der schwerbeladene Schlitten darüber hinweggeschoben wurde. Zuweilen rannte der Schlitten mit voller Wucht in solchem Eisspalt fest, und kostbare Stunden vergingen, ehe man ihn wieder flott bekommen konnte. Das schlimmste Hindernis aber waren die dünnen, spitzen Eisnadeln, mit denen die ganze Eisdecke geradezu übersät war. Für die Hunde wurde die Reise dadurch zu einem Spießrutenlaufen trotz der Seehundsfellpantoffeln, die ihnen die vorsorgliche Wahini für die Gelegenheit angefertigt hatte.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit wir zur Zurücklegung dieser letzten Strecke von King Point nach der Mackenziemündung benötigten. Wenn ich heute daran zurückdenke, so kommt es mir vor, als ob es lange Tage und Nächte gewesen sind, und doch haben wir die ganze Strecke bewältigt, ohne einmal ein Lager zu errichten.
Todmüde gelangten wir endlich an die Mündung des Mackenzieflusses, an einer Stelle, die von den Walfischfängern den Namen Shingle Point erhalten hat. Eine Sandbank, die sich hier weit ins Meer hinein erstreckt, ist stets ein beliebter Sommeraufenthalt der Eskimos, weil dort in dem frischen Flußwasser die Fische sich immer in großen Mengen aufhalten. Auch bei unserer Ankunft war die Sandbank mit Zelten bedeckt, und viele Eskimos kamen uns entgegen und halfen uns, unsere sieben Sachen durch den Wasserstreifen zu schaffen, der das Land von dem Eis trennte, und unser Zelt zwischen den anderen aufzuschlagen.
Von Shingle Point ab sollte die Reise zunächst durch das Delta des Mackenzie flußaufwärts gehen, und zwar mittels Boot, da der Fluß schon seit längerer Zeit aufgebrochen war. Roxy hatte deren zwei in Shingle Point liegen, die er im vergangenen Herbst vor dem Zufrieren im Sande neben der Flußmündung vergraben hatte, zusammen mit noch vielen anderen Booten der übrigen Eskimos, denn dieser Platz, wo im Frühjahr das Eis stets zuerst aufbricht, wird von ihnen allen als Winterhafen benutzt. Das eine von Roxys Booten, das wir aus dem Sande herausgruben, war ein Umiak, d. h. ein großes, schwerfälliges, flachbootiges Kanoe aus Walroßhaut, wie sie bei den Eskimos allgemein gebräuchlich sind. Das andere aber war, wie ich zu meiner großen Freude feststellte, ein tadelloses Umejurik, d. h. ein richtiges Walfischboot mit Mast, Segeln, Riemen, Paddeln und allem anderen Zubehör. Zwei Tage verbrachten wir damit, die Planken von dem Sande zu reinigen, und nachdem wir von dem betriebsamen Manitscha, dem Nunatamenhäuptling, etwas weiße Farbe, etwas Terpentinöl und etwas Petroleum erbettelt hatten, wurde die ganze Herrlichkeit mit einem neuen Anstrich versehen. Das Segel wurde am Baum festgemacht, der Bootsmast aufgerichtet und die Flagge mit den Sternen und Streifen gehißt. Mit kritischen Augen hatte uns das ganze Lager zugesehen, aber als die Arbeit beendet war, da gab es nur eine Stimme des Lobes: es sei alles sehr fein; ganz wie ein Kabelunaschiff!
Dann kam die Stunde der Abreise. Alle Bewohner hatten sich unten auf der Sandbank eingefunden und improvisierten zum Abschied ein großes Hula Hula unter dem weiten Zelt des blauen Abendhimmels, wo der dumpfe Ton der großen Trommeln weithin übers Wasser rollte und das eintönige »Janga, ja–a–a–a–« am gegenüberliegenden Ufer ein lautes Echo weckte.
Dann wurde das bißchen Gepäck mitsamt den Hunden an Bord gebracht, und ein kräftiger Stoß mit dem Bootshaken brachte uns vom Lande klar. Die abendliche Seebrise fuhr rauschend in das breite Segel und entführte uns schnell von der Stätte unserer Leiden.
Endlich war es so weit! Noch einmal erlebte ich in jenem Augenblick die tausend merkwürdigen Schicksale, die in den letzten drei Jahren an diesen wilden Küsten über mich hereingestürmt waren.
Da merkte ich erst, daß ich trotz aller bösen Schicksale oder vielleicht gerade deshalb, ein Stück meines Herzens in jenem wilden Lande zurückgelassen hatte.
Lange noch, während wir flußaufwärts glitten, winkten und riefen unsere Freunde auf der niedrigen Sandbank. Ein letzter Gruß von dem kalten, sturmgepeitschten Meere, von der starren, steinigen Küste, vom Lande der Mitternachtsonne. –