Alexander Dumas
Königin Margot. Zweiter Band
Alexander Dumas

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Die Nacht der Könige

Unterdessen war Karl der Neunte an der Seite Heinrichs von Navarra mit untergeschobenem Arm in die Stadt gegangen. Beide waren von vier Edelleuten begleitet, während zwei Fackelträger vor ihnen hergingen.

»So oft ich aus dem Louvre herauskomme,« erklärte der arme König, »empfinde ich das gleiche Vergnügen, das mich beim Betreten eines schönen Waldes beherrscht . . . ich atme auf, ich lebe, ich bin frei!«

Heinrich lächelte.

»Eure Majestät würden sich in den Bergen von Bearn also sehr wohlfühlen können,« meinte er.

»Ja, und ich begreife, daß du das Verlangen hast, heimzukehren. Wenn dich aber die Sehnsucht zu sehr ergreift, Henriot, dann . . .,« meinte der König lächelnd, »dann triff deine Vorsorge zur Abreise. Den guten Rat muß ich dir geben, denn meine Mutter Katharina liebt dich so sehr, daß sie dich kaum so kurzhin wird weglassen wollen.«

»Was werden Eure Majestät heute abend unternehmen?« fragte Heinrich, um der gefährlichen Wendung des Gespräches zuvorzukommen.

»Ich will dich mit jemand bekannt machen, Henriot, und du wirst mir dann deine Meinung über ihn sagen.«

»Ich stehe Eurer Majestät zu Diensten.«

»Nach rechts, nach rechts! Wir gehen in die Straße des Barres!«

Die zwei Könige hatten mit ihrer Begleitung die Straße de la Savonnerie durchschritten, als sie in der Nähe des Palastes Condé zwei in breite Mäntel gehüllte Männer bemerkten, die durch eine versteckte Tür herausgekommen waren, die der eine nunmehr geräuschlos versperrte.

»Oh, oh!« sagte der König zu Heinrich, der gewohnheitsgemäß die Männer ebenso beobachtet, aber nichts gesagt hatte, »das verdient doch Beachtung!«

»Warum sagen Sie das, Sire?«

»Nicht deinetwegen, Henriot! Du kannst dich ja auf deine Frau verlassen,« meinte Karl mit einem Lächeln, »doch dein Vetter Condé ist seiner Frau nicht so sicher . . . oder wenn er sich sicher fühlen sollte, dann hat er unrecht oder es mag mich der Teufel gleich holen!«

»Aber wer sagt Ihnen, Sire, daß diese zwei Männer die Prinzessin von Condé besucht haben?«

»Eine Vorahnung. Auch die Unbeweglichkeit der zwei Männer, die sich, seit sie uns bemerkt haben, an die Tür drücken! Und dann endlich ein gewisser Schnitt des Mantels, den der kleinere der beiden trägt . . . bei Gott, das wäre doch merkwürdig!«

»Was?«

»Nichts. Mir kam nur ein Gedanke, das war alles! Gehen wir weiter.«

Er ging geradeaus auf die zwei Männer zu, die, als sie bemerkten, daß sie das Ziel dieser Bewegung waren, ein paar Schritte wegtraten, um sich zu entfernen.

»Holla, meine Herrn!« rief der König, »warten Sie!«

»Gilt das uns?« fragte eine Stimme, die den König und seinen Begleiter stutzen machte.

»Nun also, Henriot, erkennst du jetzt diese Stimme?«

»Sire,« antwortete Heinrich, »wenn Ihr Bruder, der Herzog von Anjou, nicht in La Rochelle wäre, so könnte ich schwören, daß er es war, der da gerade gesprochen hat.«

»Er ist eben nicht in La Rochelle, das ist alles!« sagte Karl.

»Doch wer ist bei ihm?«

»Erkennst du nicht den Begleiter?«

»Nein, Sire!«

»Seine Gestalt läßt keine Täuschung zu. Warte nur, du wirst ihn sofort erkennen . . . Holla he! haben Sie nicht gehört, Sie dort? Verdammt!«

»Sind Sie eine Wache, daß Sie uns anhalten können?« antwortete der größere der beiden Männer und zog einen Arm aus den Falten seines Mantels.

»Nehmen Sie an, daß wir eine Wache sind,« sagte der König, »und bleiben Sie stehen, wenn man Ihnen es anbefiehlt!«

Dann neigte er sich zum Ohr Heinrichs: »Du wirst gleich sehen, wie der Vulkan Feuer speien wird!«

»Sie sind acht,« begann wieder der größere der beiden Männer, »doch wenn Sie auch hundert wären, suchen Sie das Weite!« Hierbei zeigte er nicht nur seinen Arm, sondern auch schon sein Gesicht.

»Ah, der Herzog von Guise!« rief Heinrich.

»Also, Herr Vetter von Lothringen, endlich geben Sie sich zu erkennen,« sagte der König, »das ist Ihr Glück!«

»Der König!« rief der Herzog von Guise.

Die andere Persönlichkeit aber blieb, nachdem sie aus Ehrfurcht den Hut gelüftet, unbeweglich und im Mantel gehüllt auf ihrem Platze stehen.

»Sire,« sagte der Herzog, »ich hatte gerade einen Besuch bei meiner Schwägerin, der Prinzessin von Condé, erwidert.«

»Ja . . . und Sie haben scheinbar einen Ihrer Edelleute dazu mitgenommen. Welchen denn?«

»Sire, Eure Majestät kennen ihn nicht.«

»Darum will ich ihn also kennenlernen!« meinte der König.

Und indem er geradeswegs auf die verhüllte Gestalt losging, gab er den Fackelträgern ein Zeichen, heranzukommen.

»Verzeihung, mein Bruder!« sagte der Herzog von Anjou, entfaltete seinen Mantel und verbeugte sich mit sichtlichem Ärger.

»Ah, Heinrich, Sie sind es? Doch nein, das ist ja gar nicht möglich und ich irre mich gewiß! . . . mein Bruder Anjou wäre jemand besuchen gegangen, bevor er mich aufgesucht hätte? Er muß doch wissen, daß es für die Prinzen königlichen Geblüts, wenn sie in die Hauptstadt zurückkehren, nur einen Weg und eine Tür gibt, das ist die Pforte des Louvre!«

»Verzeihung, Sire,« sagte der Herzog von Anjou, »ich bitte Eure Majestät, mir meine Folgewidrigkeit nachsehen zu wollen.«

»Da sieh her!« erwiderte der König in spöttischem Tone, »und was treiben Sie, mein Herr Bruder, im Palast Condé?«

»Aber, aber!« rief Heinrich von Navarra schalkhaft dazwischen, »Eure Majestät haben das doch eben gesagt!«

Und indem er sich zum Ohr des Königs neigte, endigten seine Worte mit lautem Gelächter.

»Was soll es sein?« fragte der Herzog von Guise von oben herab, denn wie alle Leute bei Hof hatte er es sich angewöhnt, diesen armen König von Navarra schlecht zu behandeln.

»Warum sollte ich nicht meine Schwägerin besuchen dürfen? Besucht nicht auch der Herzog von Alençon seine Schwägerin?«

Heinrich errötete ein wenig.

»Was für eine Schwägerin?« fragte der König. »Ich kenne keine andere, als die Königin Elisabeth?«

»Verzeihung, Sire, ich hätte sagen sollen: seine Schwester! Wir haben die Königin Margarete vor ungefähr einer halben Stunde, begleitet von zwei Höflingen, die neben beiden Seitentüren daherschritten, in der Sänfte vorbeitragen gesehen.«

»Wirklich?« staunte der König. »Heinrich, was meinen Sie dazu?«

»Die Königin von Navarra ist wohl befugt, sich dahinzubegeben, wo es ihr behagt, doch trotzdem bezweifle ich es, daß sie den Louvre verlassen hat.«

»Und ich bin des Gegenteils sicher!« sagte Heinrich von Guise.

»Auch ich,« ließ sich der Herzog von Anjou vernehmen, »mit der noch deutlicheren Versicherung, daß die Sänfte in der Straße Cloche-Percée angehalten hat.«

»Wahrscheinlich ist Ihre Schwägerin . . . nicht diese dort,« und Heinrich zeigte mit dem Finger zum Palast Condé, »doch diese da . . .,« und er wendete den Finger in die Richtung des Palastes Guise, »auch mit dabei, denn wir verließen die Damen, die, wie Sie wissen, unzertrennlich sind, beide im Louvre.«

»Ich verstehe nicht, was Eure Majestät meinen,« sagte der Herzog von Guise.

»Nichts ist leichter zu verstehen,« erwiderte Heinrich, »und darum liefen auch zwei Höflinge neben der Sänfte her.«

»Gut!« sagte der Herzog, »wenn es sich schon um ein Ärgernis für die Königin und für meine Schwägerinnen handelt, dann rufen wir, um der Sache ein Ende zu bereiten, den Gerechtigkeitssinn des Königs an!«

»Ach, mein Gott! Lassen Sie die Damen Condé und Nevers in Ruhe. Der König hat keine Sorge um seine Schwester . . . und ich habe Vertrauen zu meiner Frau!«

»Nein, nein!« sagte Karl der Neunte. »Ich will ein ruhiges Gewissen haben, doch besorgen wir unsere Angelegenheiten allein. Die Sänfte hat also in der Straße Cloche-Percée angehalten, wie Sie sagten, Herr Vetter?«

»Ja, Sire!«

»Würden Sie den Platz wiedererkennen?«

»Ja, Sire!«

»Gut, gehen wir hin. Und wenn wir das Haus niederbrennen müßten, um zu erfahren, was darinnen vorgeht, dann werden wir es eben niederbrennen.«

Mit diesem Vorhaben, das für die Ruhe der Persönlichkeiten, um die es sich handelte, allerdings nicht vielversprechend war, begaben sich die vier hochstehenden Fürsten der Christenheit in die Straße Saint-Antoine.

Bald kamen die vier Prinzen in der Straße Cloche-Percée an. Da der König Karl die Sache nicht öffentlich behandelt haben wollte, schickte er die Edelleute vom Dienst weg und erlaubte ihnen über den Rest der Nacht nach eigenem Willen zu verfügen. Erst um sechs Uhr früh sollten sie sich mit zwei Pferden in der Nähe der Bastille bereithalten.

In der Straße Cloche-Percée befanden sich im ganzen nur drei Häuser. Die Nachsuche war umso einfacher, als zwei davon keinerlei Schwierigkeiten machten und ihre Türen bereitwillig öffneten. Eines von diesen zwei Häusern grenzte an die Straße Saint-Antoine, das andere an die Straße Roi-de-Sicile.

Bei dem dritten Hause stand die Sache anders. Dieses war von einem deutschen Pförtner behütet, und dieser Deutsche war unzugänglich. In dieser Nacht schien Paris vom Schicksal dazu ausersehen worden zu sein, die merkwürdigsten Beispiele von wahrer Dienertreue zu liefern.

Der Herzog von Guise konnte auf gut Sächsisch drohen, so viel er wollte, der Herzog von Anjou konnte eine gefüllte Gelbbörse versprechen und Karl konnte sogar behaupten, er sei der Leutnant der Wachtabteilung, es half alles nichts, der brave Deutsche gab nichts auf die Erklärungen, auf die Drohungen und auf die Bestechungsversuche. Als er sah, daß es ernst wurde und daß man nicht nachgab, ließ er zwischen den Querstangen der Tür die Mündung eines Feuerrohres erscheinen, eine Drohung, über die drei von den vier nächtlichen Besuchern in ein Gelächter ausbrachen. Heinrich von Navarra hielt sich beiseite, so, als ob die ganze Sache für ihn belanglos wäre . . . abgesehen davon, daß auch diese Waffe, die zwischen den Eisenstangen nicht verschoben werden konnte, höchstens einem Blinden hätte gefährlich werden können, der sich gerade vor sie hingestellt haben würde.

In der Erkenntnis, daß man diesen Pförtner weder bestechen, noch einschüchtern, noch erweichen konnte, tat der Herzog von Guise so, als ob er mit seinen Genossen davonginge. Doch dieser Rückzug währte nicht lange. An der Ecke der Straße Saint-Antoine fand der Herzog das, was er suchte: einen Stein, wie ihn dreitausend Jahre vorher ein Ajax, Telamon oder Diomedes als Wurfgeschoß benützt hatten. Er hob ihn auf die Schultern und gab seinen Begleitern das Zeichen, ihm zu folgen. Gerade in diesem Augenblick schloß der Pförtner, der gesehen hatte, daß sich die vermutlichen Gauner entfernt hatten, das Tor, ohne aber noch Zeit gefunden zu haben, die Riegel vorzuschieben. Der Herzog von Guise nützte diesen Augenblick aus. Wie eine lebendige Wurfmaschine schleuderte er den Stein gegen das Tor. Das Schloß flog auseinander und nahm den Teil der Mauer mit, in den es eingefügt war. Das Tor öffnete sich und warf den Deutschen um, der einen furchtbaren Schrei ausstieß, um auf diese Art die im Haus befindlichen Menschen zu warnen, die ohne dies Zeichen Gefahr liefen, überrascht zu werden.

Gerade in diesem Augenblick übersetzte La Mole mit Margarete eine Idylle des Theokritos, und Coconas trank unter dem Vorwand, daß er auch Grieche sei, mit Henriette recht tüchtig Syrakusaner Wein. Die geistreiche und die genußreiche Unterhaltung wurde plötzlich gewaltsam unterbrochen.

Zuerst wurden die Kerzen verlöscht, die Fenster geöffnet und La Mole und Coconas begaben sich auf den Balkon. Dann erkannten sie trotz der Finsternis die vier Männer und warfen nun alle Gegenstände, deren sie habhaft werden konnten, auf ihre Köpfe hinab. Ferner schlugen sie mit ihren flachen Klingen einen fürchterlichen Lärm, konnten jedoch nur das Mauerwerk bearbeiten. Das waren die ersten, unverzüglichen Maßnahmen der beiden jungen Leute. Karl, der am eifrigsten angreifen wollte, erhielt einen silbernen Wasserkrug auf die Schulter, auf den Herzog von Anjou fiel eine Kompottschüssel mit eingemachten Orangen und Zitronen nieder, und auf den Herzog von Guise ein ganzes Stück Wildbret.

Heinrich blieb verschont. Er fragte leise den Pförtner aus, den der Herzog von Guise an die Tür gefesselt hatte, der aber nur seine ewige Antwort gab: »Ich verstehe nicht.«

Die Damen sprachen den Verteidigern Mut zu und reichten ihnen allerhand Wurfgeschosse, die wie ein Hagelschauer auf die Angreifenden niedergingen.

»Tod und Teufel!« schrie Karl der Neunte, der gerade einen Fußschemel derart auf den Kopf bekommen hatte, daß ihm der Hut bis auf die Nase herabgedrückt wurde, »wenn man mir nicht bald aufmacht, so lasse ich da droben alle hängen!«

»Mein Bruder!« flüsterte Margarete La Mole zu.

»Der König!« sagte dieser ganz leise zu Henriette.

»Der König, der König!« lispelte die Herzogin Coconas zu, der gerade im Begriffe war eine Truhe an das Fenster zu schleppen und der es namentlich darauf abgesehen hatte, den Herzog von Guise, den er nicht erkannte, unschädlich zu machen. »Der König, sage ich Ihnen!«

Coconas ließ die Truhe los und blickte erstaunt auf.

»Der König?«

»Ja, ja, er selbst!«

»Daher also Rückzug?«

»Eh, gerade sind schon Margarete und La Mole verschwunden, kommen Sie!«

»Wohin aber?«

»Kommen Sie, sage ich Ihnen!«

Sie nahm Coconas bei der Hand und zog ihn durch eine verborgene Tür, die in das Nebenhaus führte. Alle vier flüchteten dann, nachdem sie die Tür hinter sich verschlossen hatten, durch einen Ausgang in die Straße Tizon.

»Oh,« rief Karl, »ich glaube, daß sich die Belagerten schon ergeben!«

Man wartete einige Minuten, doch kein Geräusch wurde von den Belagerern vernommen.

»Man bereitet sich zu einer Kriegslist vor!« meinte der Herzog von Guise.

»Oder hat man die Stimme meines Bruders erkannt und ist abgezogen,« sagte der Herzog von Anjou.

»Sie müßten aber hier herauskommen!« behauptete der König.

»Wenn das Haus nicht zwei Ausgänge hat?« erwiderte Anjou.

»Herr Vetter!« befahl der König, »nehmen Sie Ihren Stein und behandeln Sie die andere Tür genau so wie diese.«

Der Herzog fand es unnötig, dieses Gewaltmittel für die schwächere innere Tür zu verwenden, er trat sie einfach mit dem Fuß ein.

»Die Fackeln, die Fackeln!« rief der König.

Die Diener liefen herbei, aber die Fackeln waren verlöscht. Da sie alles bei sich hatten, um sie wieder anzuzünden, war das gewünschte Licht gleich wieder da. Karl der Neunte nahm eine Fackel in die Hand und reichte die andere dem Herzog von Anjou.

Der Herzog von Guise ging mit dem Degen in der Hand voran.

Heinrich folgte als letzter.

Man gelangte ins erste Stockwerk.

Im Speisezimmer war das Nachtmahl aufgetragen oder vielmehr abgetragen worden, denn namentlich das Nachtmahl hatte die Wurfgeschosse geliefert. Die Armleuchter waren umgeworfen, Stühle und Sessel lagen verkehrt durcheinander und ebenso alles mit Ausnahme der großen silbernen Tafelstücke.

Man trat dann in das Empfangszimmer ein. Auch hier fand man nichts, was einem Aufschluß über die verschwundenen Persönlichkeiten hätte geben können. Griechische und lateinische Bücher, einige Musikinstrumente, das war alles, was zu finden war.

Das Schlafzimmer war noch nichtssagender. Ein Nachtlicht brannte in einer alabasternen Kugel, die von der Decke herabhing. Doch es schien, als ob die Verschwundenen dieses Zimmer gar nicht betreten hätten.

»Es muß doch ein zweiter Ausgang vorhanden sein!« sagte der König.

»Wahrscheinlich,« meinte der Herzog von Anjou.

»Wo kann sich der befinden?« fragte Heinrich von Guise.

Man suchte überall herum, doch man fand nichts.

»Wo ist der Pförtner?« erkundigte sich der König.

»Er ist am Torgitter angebunden.«

»Fragen Sie ihn aus, Vetter.«

»Er wird aber nicht antworten wollen.«

»Bah! Man wird ihm einfach ein kleines Feuer unter den Beinen anzünden,« meinte der König lachend, »er wird dann schon antworten müssen!«

Heinrich von Navarra schaute gespannt durch das Fenster zur Eingangstür hinunter.

»Er ist gar nicht mehr da!« sagte er.

»Wer hat ihn abgebunden?« rief lebhaft der Herzog von Guise.

»Tod und Teufel,« schrie der König, »wir werden demnach gar nichts erfahren!«

»Wahrhaftig, Sire,« meinte Heinrich, »Sie sehen wohl, daß in keiner Weise ein Beweis dafür vorhanden ist, daß meine Frau und die Schwägerin des Herzogs von Guise sich in diesem Hause befunden haben.«

»Das ist wohl richtig!« erwiderte der König. »Die Heilige Schrift lehrt: es gibt nur drei Dinge, die keine Spur zurücklassen, der Vogel in der Luft, der Fisch im Wasser und das Weib . . . nein, ich irre mich! Der Mensch bei . . .«

»Das beste, was wir also tun können . . .,« unterbrach Heinrich.

»Ja,« erwiderte Karl, »ist für mich, meine Quetschungen zu schonen, für Sie, Anjou, sich von Ihrem Orangenkompott zu reinigen und für Sie, Guise, das Schweinefett auf Ihrem Wams verschwinden zu lassen.«

Auf diese Worte hin verließen sie das Haus, ohne sich die Mühe zu nehmen, die Türen hinter sich zu schließen.

Als sie in der Straße Saint-Antoine angelangt waren, fragte der König die Herzoge von Anjou und Guise: »Wohin gehen Sie nun, meine Herrn?«

»Sire, wir gehen zu Nantouillet, der uns zum Nachtmahl erwartet, meinen Vetter Lothringen und mich. Wollen Eure Majestät mit uns kommen?«

»Nein, ich danke, wir gehen gerade in die entgegengesetzte Richtung. Wollen Sie einen meiner Fackelträger mithaben?«

»Wir benötigen ihn nicht, Sire, unsern ergebensten Dank!« beeilte sich der Herzog von Anjou zu erwidern.

»Gut! . . . Er hat Angst, daß ich ihn beobachten lasse,« hauchte Karl dem König von Navarra ins Ohr.

Dann faßte er diesen unterm Arm.

»Komm, Henriot,« sagte er, »ich bringe dich jetzt zu einem Abendessen!«

»Wir kehren doch nicht in den Louvre zurück?« fragte Heinrich.

»Nein, sage ich dir, du dreifach Eigensinniger! Komm nur mit mir, wenn ich es dir schon sage, komm!«

Und er zog Heinrich in die Straße Geoffroy-Lasnier mit sich fort.

 


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