Hans Dominik
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Hans Dominik

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Präsident Chelmesford war nicht gerade rosiger Laune, als er am Morgen ins Werk kam. Die Ereignisse des gestrigen Tages gingen ihm noch stark durch den Kopf. Er hatte kaum einen Blick auf die Post geworfen, als Stackpool gemeldet wurde.

»Soll 'reinkommen und berichten!« befahl er kurz.

Mr. Stackpool erschien und trug vor, was er gestern in den Stunden nach Werkschluß entdeckt hatte. In dem Zimmer von Wilkin hatte sich trotz sorgfältigster Untersuchung nichts gefunden, in dem Raum von Tom White aber war er auf zwei verdächtige Stellen an dem Mantel des Lichtkabels und einem Wasserleitungsrohr gestoßen. Zweifellos war da früher einmal etwas angelötet. Es war entfernt worden, und der, der es entfernte, hatte sich die Mühe gemacht, die Stellen mit Zigarrenasche, Tinte und ähnlichem mehr so zu vertuschen, daß ihre Entdeckung nicht leicht war.

»Hm!« sagte Chelmesford, als Stackpool mit seinem Bericht zu Ende war, »das ist in der Tat verdächtig . . . trotzdem . . . es genügt nicht, Mr. Stackpool, um sofort scharf gegen White vorzugehen. Verhaften lassen kann ich ihn daraufhin nicht, aber scharf im Auge behalten wollen wir den Burschen. Ich werde mit der Sicherheitsabteilung sprechen. Wilkin scheint mir danach kaum noch verdächtig zu sein.« – –

Kurz nachdem Stackpool gegangen war, meldete sich Wilkin am Telephon. Seine Stimme klang lauter als gewöhnlich. Er wollte den Präsidenten in einer dringenden Angelegenheit sprechen.

»Gehen Sie zu Direktor Clayton«, wies Chelmesford ihn ab und stutzte, als er die Antwort hörte. »Was sagen Sie, Wilkin? Direktor Clayton ist noch nicht im Werk?« Er warf einen Blick auf die Uhr an der Wand. »Jetzt noch nicht hier? Merkwürdig! Da kommen Sie in Gottes Namen zu mir.«

»Machen Sie's kurz, Wilkin«, empfing ihn Chelmesford, als er das erregte Gesicht des Assistenten sah, »was haben Sie?«

»Heute nacht sind fremde Leute in unserer Abteilung gewesen, Herr Präsident. Mein Zimmer ist durchwühlt worden, die andern Räume auch . . .«

»Nicht durchwühlt, Mr. Wilkin, sondern durchsucht«, unterbrach ihn Chelmesford. »Unsere Sicherheitsabteilung hatte leider Veranlassung dazu.«

»Die Sicherheitsabteilung, Mr. Chelmesford?« Wilkin sah den Präsidenten so verdutzt an, daß dessen Laune sich ein wenig besserte.

»Sie haben richtig gehört, Wilkin. Die Sicherheitsabteilung.«

»Ja . . . aber . . . ich begreife nicht . . .«

»Ist auch nicht nötig«, fiel ihm Chelmesford ins Wort.

». . . warum mir die Sicherheitsabteilung elektrisches Gerät in meinen Schrank packt. Ein Mikrophon, Telephone . . .«

»Das ist die Sicherheitsabteilung nicht gewesen«, sagte Chelmesford und sah ihm scharf in die Augen, »die wollte nur in Erfahrung bringen, wie diese Dinge in Ihren Schrank kommen.«

Wilkin hielt den Blick Chelmesfords aus und sprach weiter.

»Dann möchte ich fragen, Herr Präsident, wer den neuen Stoff von dem letzten Autoklavversuch mitgenommen hat? War das der Sicherheitsdienst oder auch jemand anders?«

Jetzt kam die Reihe sich zu wundern an Chelmesford.

»Was sagen Sie? Der neue Stoff ist verschwunden? Wenn ich nicht irre, wurde er im Laboratorium Professor Meltons aufbewahrt.«

Wilkin machte eine zustimmende Bewegung. »Jawohl, Herr Präsident. Der größte Teil war dort. Eine geringere Menge befand sich im großen Laboratorium in einer Kugelmühle. Es ist alles restlos verschwunden, aus der Mühle ist jedes Stäubchen ausgewischt.«

Chelmesford saß sprachlos da; er wußte nicht, was er dazu sagen sollte. In erster Linie ging die Sache Clayton an. Sie fiel in dessen Ressort. Warum war Clayton nicht da? Warum schickte er keine Nachricht, wenn er verhindert war, ins Werk zu kommen? Während er sich vergeblich mühte, Antwort auf die Fragen zu finden, meldete sich der Fernsprecher auf seinem Tisch von neuem. Die Sicherheitsabteilung war am anderen Ende der Leitung und fragte nach Direktor Clayton.

»Ich weiß nicht, wo er steckt«, rief Chelmesford ärgerlich in sein Mikrophon, »ich wollte deswegen eben bei Ihnen anrufen . . . Es ist gut, Wilkin, Sie können gehen«, wandte er sich zwischendurch an Wilkin, »wenn ich Sie noch brauche, werde ich Sie rufen lassen.«

Das Gespräch ging weiter, und Chelmesford erfuhr die neuesten Ereignisse. Vor fünf Minuten waren die drei Leute, welche die Abteilung dem Direktor zum Schutze in die Wohnung geschickt hatte, in das Werk zurückgekommen, nachdem sie bis jetzt vergeblich auf seine Rückkehr gewartet hatten. Stückweise holte Chelmesford das übrige heraus. Morgens gegen halb vier Uhr war ein Wagen vorgefahren. Clayton hatte sich jede Begleitung durch die Leute vom Sicherheitsdienst energisch verbeten, im Vorraum eine kurze Zeit mit einem Insassen des Wagens verhandelt und war dann mit ihm zusammen fortgefahren.

Wer der Mann gewesen wäre, wollte Chelmesford wissen. Man konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen, doch wollte einer der drei Leute gehört haben, daß Clayton den Fremden als Dr. Wandel angeredet hatte.

Chelmesford griff sich an den Kopf. Dr. Wandel hier in Detroit bei Clayton? Wenn er die Maßnahmen des Direktors richtig verstanden hatte, mußte Dr. Wandel zwar auf dem Wege nach Detroit sein, aber nicht in seinem eigenen Wagen, sondern in der sicheren Obhut von Smith und dessen Leuten. Er glaubte nicht recht zu hören, als man ihm von der braunen Limousine berichtete; aber als er es endlich begriffen hatte, schien ihm die Sache ziemlich klar zu sein. Zweifellos hatten die Dupont-Leute den Spieß umgedreht. Der Direktor befand sich jetzt in der Gewalt der Company, und das erklärte sein Fernbleiben vom Werk zur Genüge.

Doch was für einen Grund hatten sie, sich gerade Clayton zu greifen? Irgendwelcher technischen Geheimnisse wegen? Chelmesford konnte bei dem Gedanken ein bitteres Lächeln nicht unterdrücken. Technische Geheimnisse waren im Augenblick bei der United nicht zu holen.

Schon wollte er das Gespräch beendigen, als eine neue Nachricht ihn veranlaßte, weiterzuhören. Man hatte in der Sicherheitsabteilung inzwischen den Nachtrapport des Werkes durchgesehen und war dabei auf eine Meldung des Pförtners gestoßen, die wichtig genug schien, um an den Präsidenten weitergegeben zu werden. Gegen vier Uhr morgens war Direktor Clayton in Begleitung Dr. Wandels im Werk erschienen, hatte sich etwa eine halbe Stunde darin aufgehalten und war dann weitergefahren.

Chelmesford ließ den Nachtpförtner aus dem Bett holen, um ihn selber zu vernehmen. Er stellte ein regelrechtes Kreuzverhör mit ihm an, aber der Mann blieb bei seiner ersten Aussage. Die beiden Herren waren im besten Einvernehmen angekommen und auch ebenso wieder weggefahren. Das sah nicht nach einer Entführung aus, und weniger denn je wußte der Präsident jetzt, was er aus der ganzen Sache machen sollte.

Im Augenblick blieb nichts anderes übrig als abzuwarten. Wenn Clayton in seiner Bewegungsfreiheit nicht beschränkt war – nach den Aussagen des Pförtners mußte der Präsident das annehmen –, dann würde er wohl sicherlich im Laufe des Tages in das Werk kommen oder zum mindesten ein Lebenszeichen von sich geben. Vorläufig mußte man mit der Tatsache rechnen, daß er nicht da war, und das bedeutete für Chelmesford, daß er sich nicht nur mit seiner eigenen, sondern auch noch mit der Post Claytons befassen und wenigstens die wichtigsten Stücke daraus erledigen mußte.

Etwa eine halbe Stunde hindurch arbeitete er an den Postmappen und schrieb seine Entscheidungen und Anweisungen in Form kurzer Randnotizen auf die einzelnen Briefe. Endlich war er damit durch und schob die letzte Mappe beiseite. Doch sobald ihn nun die Arbeit nicht mehr ablenkte, kehrten seine Gedanken zwangsläufig zu dem Fall Clayton zurück. Grübelnd saß er eine Weile da, dann griff er zum Telephon und rief wieder den Sicherheitsdienst an. Er wünschte genau zu wissen, was Smith in der vergangenen Nacht gefunkt hatte, und ließ sich die Depeschen in sein Zimmer kommen.

Langsam ließ er die Blätter durch seine Finger gleiten, las sorgsam Wort für Wort und stutzte, als er auf eine besondere Stelle stieß. Smith hatte ja in seiner Erregung die Sätze so in die Morsetaste gehauen, wie sie ihm in den Sinn kamen. Man konnte es deutlich an der Ausdrucksweise merken.

»Unser Unternehmen ist an die Company verpfiffen worden. Sie wußten, daß wir kommen. Lawrence von der Company hat uns als alte Bekannte begrüßt und Krach gemacht, weil wir zu früh gekommen wären . . .«

Chelmesford las die Zeilen ein paarmal. Die braune Limousine . . . die Leute darin . . . Wie er sich's so überlegte, kam ihm die Szene deutlich in die Erinnerung . . . Über alles das hatte Clayton hier in dem Zimmer mit ihm gesprochen. Damals, als noch das Lauschmikrophon hier lag. Da mochte der Verdächtige, der an dem dazugehörigen Telephon saß, es wohl mitgehört und an die Company weitergegeben haben. Eine andere Möglichkeit war kaum denkbar, denn der Sicherheitsdienst arbeitete zuverlässig und verschwiegen. Noch niemals war etwas von dessen Absichten und Maßnahmen verpfiffen worden, wie Smith es in seinem Funkspruch nannte.

Ein Spion der Company also war der Verdächtige, ein gefährlicher Spion der Konkurrenzgesellschaft, der die geheimsten Dinge der United aushorchte und nach Salisbury meldete. Wer war verdächtig? Nach allem, was Stackpool festgestellt hatte, nur Mr. White. Gleichgültig jetzt, ob die Verdachtsgründe für einen Prozeß ausreichten oder nicht, sofort mußte etwas dagegen geschehen.

Zum drittenmal an diesem Vormittag ließ sich Präsident Chelmesford mit dem Sicherheitsdienst verbinden. Er gab nunmehr den Auftrag, Mr. White durch die Werkwache sofort wegen dringenden Spionageverdachtes festnehmen zu lassen und sich danach mit der Kriminalpolizei von Detroit in Verbindung zu setzen. – –

Wilkin war nach der Unterredung mit Chelmesford in die Abteilung Melton zurückgekehrt. Im Grunde war er mit dem Ausgang der Besprechungen nicht unzufrieden. Der Präsident hatte ihm zu verstehen gegeben, daß gegen seine Person kein Verdacht vorlag. Die Untersuchung durch den Sicherheitsdienst richtete sich offenkundig gegen andere. Wer die sein mochten und weswegen man sie verdächtigte, darüber machte er sich im Augenblick wenig Gedanken.

Von dem Telephongespräch, das Chelmesford mit der Sicherheitsabteilung führte, hatte er immerhin noch mancherlei aufgeschnappt und kam sich als Mitwisser der Sorgen und Geheimnisse des Präsidenten einigermaßen wichtig vor. In dieser gehobenen Stimmung ließ er die Vorsicht außer acht, die ihm sonst eigen war, und gab dem Drange nach, über die Dinge, die er gehört hatte, mit einem andern zu sprechen. Tom White, der ihm als erster über den Weg lief, schien ihm ein geeignetes Objekt dafür zu sein.

»Tolle Neuigkeiten, Mr. White, die ich eben von Chelmesford erfuhr«, sagte er herablassend.

Die muß ich auch hören, dachte White bei sich. »Oh, Sie waren beim Präsidenten, Mr. Wilkin«, sagte er laut, »darf man etwas von dem erfahren, was er Ihnen mitgeteilt hat?«

»Ich will es Ihnen im Vertrauen sagen, White, weil wir alte Bekannte sind; aber Ihr Wort darauf, daß Sie zu niemand darüber sprechen.«

Tom White beeilte sich, Wilkin seiner unbedingten Verschwiegenheit zu versichern.

»Denken Sie sich nur, White«, kam der Assistent danach mit seiner großen Neuigkeit heraus, »Direktor Clayton ist heute nacht entführt worden. Ein Kraftwagen der Dupont Company soll dabei im Spiel gewesen sein.«

Das war ungefähr alles, was Wilkin noch gehört hatte, bevor er auf einen Wink Chelmesfords das Zimmer verlassen hatte. Aber White bestürmte ihn derartig mit weiteren Fragen, daß Wilkin aus eigenem noch etwas dazuerfinden mußte, und als der andere immer weiter fragte und bohrte, kam er schließlich auch noch mit der Sache heraus, um derentwillen er ursprünglich zu Chelmesford gegangen war. Er erzählte White von der nächtlichen Durchsuchung der Abteilung durch den Sicherheitsdienst.

Da wurde nun die Neugierde Whites womöglich noch größer als vorher; er ruhte nicht, bevor er Wilkin restlos ausgequetscht hatte. Als er sich endlich unter einem Vorwand empfahl, wußte Tom White jedes Wort, das zwischen Chelmesford und Wilkin gewechselt worden war, und das war genug, um ihn sehr nachdenklich zu stimmen.

Kaum war er in seinem eigenen Zimmer, als er die Bilanz der Unterredung zog. Man hatte die Einzelteile der Geheimanlage in dem Kleiderschrank von Wilkin gefunden. Gut! Das war so beabsichtigt. Man hatte Wilkins Zimmer nach den Anschlußstellen durchsucht und nichts gefunden . . . White schlug sich vor die Stirn. Hier hatte er einen Fehler begangen. Es wäre Zeit und Gelegenheit genug gewesen, dort auch noch ein paar Anschlußstellen vorzutäuschen. Nun ließ sich nichts mehr daran ändern. Der Sicherheitsdienst hatte danach die andern Räume untersucht. Zweifellos war er auch in seinem, Whites, Zimmer gewesen . . .

Als Tom White mit seinen Überlegungen so weit gekommen war, sprang er auf, lief zur Wand und warf sich dort zu Boden, wo sich der Anschluß seiner Anlage befunden hatte. Ein Blick überzeugte ihn, daß sich hier fremde Hände betätigt hatten. Die Anschlußstellen, von ihm sorgfältig vertuscht, waren zum Teil wieder blankgekratzt.

Als er sich wieder erhob, war sein Gesicht um eine Spur blasser als sonst. Er ging zu seinem Schreibtisch zurück, nahm einen Briefumschlag, versah ihn mit einer Adresse und klebte eine größere Anzahl von Marken darauf. »Durch Eilboten zu bestellen!« schrieb er noch mit Rotstift auf das Kuvert, dann verließ er, ohne Hut und Mantel mitzunehmen, das Zimmer und ging über den Werkhof auf das Portal zu; den Brief trug er offen in der linken Hand.

Wenn er mich durchläßt, ist's gut; sonst . . . er ließ die Muskeln seines rechten Armes im Rockärmel spielen und überzeugte sich durch einen schnellen Blick, daß der Hof menschenleer war . . . Sonst muß ich ihn niederschlagen.

»Hallo, Mr. White, wohin wollen Sie?« rief der Pförtner ihm zu, als er durch das Tor schritt.

»Zum Postkasten, Sir. Expreßbrief. Höchste Zeit«, sagte Tom White, sein Kuvert schwenkend. Dann war er draußen. Mit Gewalt zwang er sich, langsam zu gehen, obwohl er am liebsten davongestürmt wäre. Erst hinter der nächsten Ecke beschleunigte er seine Schritte. – –

Phil Wilkin hatte sich das Protokollbuch Meltons vorgenommen und war damit beschäftigt, die letzten Versuchsreihen des Professors statistisch auszuwerten, als an die Tür geklopft wurde. Er rief »Herein!«, ohne seine Arbeit zu unterbrechen, und schaute erst auf, als er eine fremde Stimme fragen hörte:

»Ist Mr. White nicht bei Ihnen?«

»Wie Sie sehen, nicht, Sir. Er wird in seinem Zimmer sein.«

Der andere schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Wilkin. Da bin ich schon gewesen. Sein Zimmer ist leer.«

Wilkin ärgerte sich über die Störung. Er hatte Eile, wieder an seine Arbeit zu kommen, und antwortete ungeduldig: »Ich weiß nicht, wo Mr. White steckt. Sie müssen ihn schon selber suchen, wenn Sie ihn haben wollen.«

Während er es sagte, öffnete sich die Tür. MacGan kam mit einer Postmappe herein und hörte noch die letzten Worte von Wilkins Antwort.

»Wen suchen Sie, Mr. Bowser?« fragte er und sah den Fremden merkwürdig zweifelnd an.

»Ich suche Mr. White«, beantwortete Mr. Bowser die Frage MacGans. »Haben Sie ihn vielleicht gesehen?«

Einen kurzen Augenblick zögerte MacGan mit der Antwort. Sollte er sagen, was er wußte, oder sollte er's verschweigen? Der gerade Weg blieb immer der beste.

»Ich sah Mr. White vor etwa zwölf Minuten über den Hof gehen. Er hatte einen Brief in der Hand, den er zum Kasten bringen wollte. Ich wunderte mich, daß er ohne Hut und Mantel ging. Es ist doch heute ziemlich frisch . . .«

Bowser wartete das Ende von MacGans Antwort nicht mehr ab. Mit einer erheblichen Geschwindigkeit schoß er aus dem Zimmer und vergaß die Tür hinter sich zu schließen.

»Wer war denn der ungehobelte Kerl?« fragte Wilkin verdrießlich. MacGan legte den Finger auf den Mund, obwohl Bowser längst außer Hörweite war.

»Pst! Mr. Wilkin, das war der Chef der Wache. Für einen Werkangehörigen hat es selten etwas Gutes zu bedeuten, wenn Mr. Bowser sich nach ihm erkundigt. Ich möchte jetzt nicht in der Haut von Tom White stecken. Wenn Bowser ihn noch zu fassen kriegt, hat er nichts zu lachen.«

»Hm! Das ist ja interessant.« Wilkin warf den Bleistift hin, den er bisher, wie um gegen die Störung zu protestieren, immer noch in der Hand gehalten hatte, und ließ sich mit MacGan in ein längeres Gespräch über die Person Bowsers und seine Stellung im Werk ein.

Inzwischen fegte Bowser in langen Sprungschritten über den Hof bis zum Portal hin.

»Ist Mr. White hier bei Ihnen durchgekommen?« Der Pförtner wußte, was Bowser im Werk zu bedeuten hatte, und raffte sich zu einer Antwort auf.

»Jawohl, Sir, vor einer Viertelstunde etwa, er hatte einen Brief in der Hand und . . .«

». . . und keinen Hut auf, weiß ich schon. Nach welcher Seite ist er auf der Straße entlanggegangen? Reden Sie doch!«

Der Pförtner wußte es nicht und mußte dafür von Bowser ein paar Grobheiten einstecken. Doch weiter kam der Chef der Werkwache dadurch auch nicht. Eine Viertelstunde Vorsprung . . . die Richtung unbekannt . . . der saubere Vogel war ihm entwischt.

»Er muß doch gleich zurückkommen, er ging ja ohne Hut«, bemerkte der Pförtner schüchtern.

»Sie sind der größte Büffel in den Staaten«, stellte Bowser sachlich fest und kehrte in das Verwaltungsgebäude zurück. Es blieb ihm nur noch die Möglichkeit, den Flugplatz und den Bahnhof telephonisch zu benachrichtigen und seine Leute dorthin zu schicken. Eigentlich konnte er's nur durch die Kriminalpolizei machen, doch das hätte viel zuviel Zeit gekostet. Er eilte zum nächsten Telephon und sprach mit seinen Freunden.

*


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