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XXIV

Die tote See, die in glatten Riesenfalten vom Süden herantorkelte, hatte den Fünfzigruderer sosehr von seinem gewollten Wege abgelenkt, daß er, des Umhergeworfenwerdens müde und arg beschädigt, in die Mündung des Kratisflusses einlaufen mußte.

So lag Sybaris vor seinem Buge, Sybaris, der Gipfelpunkt aller hellenischen Prachtliebe und Sinnenfreude; wo sich gleichsam an einem Punkte ein bestimmter Ton des hellenischen Geistes zu unerhörter Fülle und strotzendstem Übermaße geballt und sich zu unwahrscheinlicher Macht ausgebildet hatte.

Sybaris war die Stadt, deren Gebiet die italiotische Halbinsel von Westen nach Osten durchschnitt und fünfundzwanzig Ortschaften und vier eingeborene Völkerstämme beherrschte.

Die Stadt, deren sanftgewellte Vorberge von der Üppigkeit der Weingelände und Olivenhaine überwuchert waren; wo Weizen und Gerste in sattem Gelb reifte; wo die Purpurschnecken zu Tausenden umherlagen und das Meer all die Fische und Muscheln nicht beherbergen konnte, die sich an die Ufer drängten.

Eine Stadt, in der es keine Hähne gab und jedes lärmende Gewerbe weit außerhalb des Weichbildes liegen mußte, damit die Bürger am Morgen nicht im Schlummer gestört würden, dessen sie nach rauschenden Gelagen und flimmerndem Liebesgenießen zum Wiedergewinn von Kraft und Wohlbefinden so dringend bedurften.

So lag die stundenweite Masse herrlichster Häuser und Landsitze in den Gärten, in denen Schattengänge und kühle Grotten auch ein Übermaß des wachen Tages verscheuchen sollten.

Und der sinkende Abend lockte die lustwandelnden Bewohner auf die fliesenbelegten Straßen, deren Fluchten von goldenen Bildsäulen und duftenden Räucherpfannen gesäumt waren. Knaben mit gewellten Locken, durchflochten von Geschmeide, gingen in ihren Purpurkleidern zwischen den geschminkten Frauen und Mädchen, deren Putz das Auge blendete; während jede ihrer Gesten zu süßester Erfüllung herausforderte und mehr an Wonne verhieß, als ein irdischer Leib halten konnte.

Sybaris war es, das hier lustwandelte, jenes Sybaris mit den sonderbaren Zwergen und maltesischen Schoßhündchen, die hochmütig zwischen den gestrählten Stirnlocken hervorguckten und sich, stolz auf ihre Halsbänder, nach Art der Frauen umsahen. Und die Scharen der Sklaven durchzogen das bunte Lebensschäumen in mächtigen Schwärmen. Köche, Jäger, Vogelsteller mit Käfig, Netz und Leimrute schritten bedeutungsvoll und standesbewußt hinter den Sänften der Herren, und mehr als einer dieser Reichen trug den goldenen Siegeskranz auf gebrannten Locken, das Zeichen, daß er im Wettkampfe üppigster Gastereien einmal den Sieg davongetragen hatte. Ja selbst Köche, denen die Bereitung neuer Gerichte geglückt war, hatten sich den goldenen Reifen auf die Stirne gedrückt.

Aber nicht annähernd erschöpfte das flüchtige Bild der Lustwandelnden die ganze Größe heißesten Lebensgenusses. Die brach erst hervor, wenn es galt, mit anderen Städten, mit Syrakus, mit Tarent, mit Kroton und Metapont, mit Gela, Lokri, Selinos und Leontinoi oder Rhegion in Wettbewerb zu treten.

Wenn sich dann ganz Groß-Hellas, alle die Italioten und Sikelioten auf dem Vorgebirge der lakinischen Hera zu den Festen und Spielen einfanden, dann ereigneten sich stets neue Wunder von Pracht und Lebenshöhe.

Alkisthenes zeigte sich dann wohl in seinem fünfzehn Ellen langen Prachtgewande, dessen dunkler Purpur in der Sonne farbenspielend schimmerte und um so greller die Stickerei hervortreten ließ. Zeus, Hera, Themis, Athene, Apollon, Aphrodite gleißten in der Mitte des Mantels, umgeben von einem zauberbunten Kranze asiatischer Tiergestalten, gestickt in persischem und susischem Geschmacke. Und die vier Ecken des milesischen Tuches nahmen die Bilder des Besitzers und seiner Vaterstadt ein. Das Volk aber raunte sich zu, daß der Wert des Prunkkleides hundertzwanzig Talente betrage, eine Summe, groß genug, den Schatz einer Stadt zu bilden.

Reiter in safrangelben Mänteln jagten durch das Hippodrom der Kampfspiele, und Kitharoden sangen zu Hunderten und gaben den Zügen schönster Flötenspielerinnen das Zeichen zum Beginne ihrer Vorträge, Tänze und Enthüllungen.

Als aber ein reicher Sybarite einst sein Roß nach Kroton bringen sollte, schien es ihm schal und entwürdigend, der Straße entlang zu reiten. Sorgsam putzte er sein Pferd heraus, führte es auf den eigenen Fünfzigruderer und bettete es dort nicht auf Streu, sondern auf purpurne Daunenpfühle; damit, wie er sagte, das elende Kroton die Abgeschmacktheit seines eingebildeten Lebensgenusses erkenne. Denn dort gebe es noch Leute, die ihr Leben im Erwerben der Mittel zu künftigem Wohlstande verlören; wirklich und wahrhaftig aber und ganz in der Gegenwart verstehe nur Sybaris zu leben.

So schwelgte die Stadt und füllte den Tag mit dem Dienste der Schönheit und dem Wettstreite in Genuß und Witzreden. Und wähnte, den Kulm des Hellenischen, des Menschlichen überhaupt, erklommen zu haben. So daß einst ein Sybarite, als er die spartanische Tapferkeit rühmen hörte, spöttisch und verächtlich sagen konnte, er habe einmal nach den olympischen Spielen Lakedaimon besucht und verwundere sich nicht mehr über den Mut der Dorer. Denn ein Volk, das so erbärmlich lebe, habe keine bessere Aufgabe, als den Tod zu suchen. –

Deshalb auch war es weiter nicht erstaunlich, daß Pythagoras mit seinem kleinen Gefolge, seiner Mutter, dem Hirten Pythagoras und den beiden Sklaven, alles eher denn eine würdige Aufnahme in Sybaris fand. Anfangs wollte man ihn die Stadt nicht betreten lassen, da er, wie man sagte, in seinem weißen Himation geradezu das Bild der Straßen schänden könne. Erst als er sich entschloß, sich selbst und seinen Begleitern die milesischen Festgewänder, die ihm sein Vater geschenkt hatte, anzulegen, erteilte man ihm murrend die Erlaubnis, die Hauptstraßen zu durchschreiten, bat ihn jedoch, außerhalb der Stadt zu nächtigen, da man nie wissen könne, ob ein Samier, dazu noch ein Weiser, nicht zur Bereitung der Speisen übelriechende Zwiebeln verwende.

Zuerst belustigten den Pythagoras diese Albernheiten. Als er aber trotz seiner prächtigen Kleidung auf Schritt und Tritt hämische Bemerkungen der Spaziergänger zu hören bekam, die er als Fremder, der keinen Gastfreund besaß, ohne äußerste Gefahr nicht erwidern durfte, verdroß ihn die Übertreibung der Witzelei sosehr, daß ihn nur starke Wißbegier davon abhielt, Sybaris sogleich den Rücken zu kehren.

Zudem entsann er sich noch einer ungeheuerlichen Tat, mit der sich vor nicht allzulanger Zeit Sybaris befleckt hatte; die zeigte, daß die Schwelgerei dieses Volkes nicht so harmlos war, wie sie einem flüchtigen Betrachter vielleicht erschien. In Olympia und in Delphi hatte man ihm davon erzählt, wie einst bei den Wettspielen der lakinischen Hera die Zuschauer über den Vortrag eines Kitharoden in Streit geraten seien, wie die Gegner des Sängers sich auf ihn stürzten und ihn erschlugen, obwohl er in den Schutz des Hera-Altars geflohen war. Sosehr war damals in allen Städten von Hellas die Empörung aufgeflammt, daß die Sybariten, halb gegen ihre Überzeugung, eine Sühngesandtschaft mit protzigen Weihgeschenken nach Delphi schickten. Um so entsetzter waren die Gesandten, die solche Schmach nicht für denkbar gehalten hatten, als die Pythia sie mit den zürnenden Worten eines Spruches fortgewiesen hatte, den fortan jeder Hellene den Sybariten ins Antlitz schleuderte, wenn ihre Hoffart das erträgliche Maß überstieg. Und dem Pythagoras klang jetzt, als er sie so selbstgenügsam und herausfordernd zu Hunderten um sich sah, unaufhörlich der pythische Spruch durch die Seele:

»Weich mir vom Dreifuß zurück! Noch trieft vom vergossenen Mordblut
rings deine Hand und scheucht dich von meiner felsigen Schwelle.
Fort, dir sprech' ich nicht Recht! Den Diener der Musen erschlugst du
vor der Hera Altar, der Götter Vergeltung mißachtend.
Unerbittlich jedoch und unausweichlich wird Strafe
bald die Frevler erreichen und wären sie Söhne des Zeus selbst!
Ja, auf ihre Häupter und auf das Haupt ihrer Sprossen
drängt sich die Rache; und Leid auf Leid wird die Häuser zerspellen!«

Und es kostete ihn starke Überwindung, die Worte Apollons nicht dem nächsten besten, der ihn grinsend musterte, ins Gesicht zu rufen.

Dann aber gewöhnte er sich langsam an das unausdenkbare Bild und begann rückschauend zu vergleichen. Babylon tauchte aus halbverhüllten Schatten des Gedächtnisses empor und Theben und Milet. Doch keiner dieser drei Städte glich Sybaris. Und als endlich tiefste Gerechtigkeit den persönlichen Abscheu überwunden hatte, mußte er zugestehen, daß alles, was er um sich erblickte, nur hellenisch, nichts als hellenisch war. Keine Geschmacksentfremdung, kein toller Sinnenbrand, kein Chaos! Alles Anmut, Sattheit und Jubel! Auf die äußerste, überfeinertste, entnervendste Spitze getrieben; aber frei von aller barbarischen Dumpfheit und frei vom Grauen aufgepeitschter Wollust. Frei auch von der schweren überladenen Ewigkeit Kemis. Nur ungehorsam dem Weisheitsspruche, der in goldenen Buchstaben im pythischen Tempel prangte; ungehorsam der kosmischen Forderung des Hellenengeistes: »Nichts zuviel!«

Hier, in Sybaris, hatte alles leise die Grenze überschritten und war reif für das Chaos, wenn es auch selbst noch auf olympischen Gipfeln tanzte und torkelte, flimmerte und schäumte! – – –

Als der Abend sich niedersenkte, lag das lakinische Vorgebirge schon im Rücken der Schreitenden. Eben fiel die Uferstraße von großer Höhe zum Meere ab und lief, den Falten des Strandes sich anschmiegend, gegen die japygischen Landspitzen ins krotoniatische Gebiet.

In unterbrechungsloser Windstille breiteten sich die glasklaren Wasserflächen des tarentinischen und jonischen Meeres bis zum östlichen Horizonte. Während aber der Strand selbst schon im blauen Schatten der Küstenfelsen frische Kühle hauchte, zitterte weiter draußen auf der See noch das Licht der untergehenden Sonne, und große Teile des Wassers waren von glimmernden und farbenspielenden Streifen überzogen; manche Stellen schienen sogar den letzten Rest einer Beschwertheit verloren zu haben und flirrten durchsichtiger als Luft; so daß die Fischerboote, die mit schlaffen Segeln auf den Gewässern standen, an diesen Orten wie im leeren Räume schwebten. Weit draußen aber zog ein mächtiger Kauffahrer seine Bahn und ließ ein langes, zunehmendes Kielwasser hinter sich.

Pythagoras gebot seinen Begleitern, ihre Schritte zu verlangsamen; denn er wollte sich das göttliche Bild länger betrachten, als es einem Schreitenden möglich war.

Und er blieb stehen und blickte zu den ansteigenden Terrassen der Rebengelände und Olivenhaine, zu den Zypressen und Pinien und Orangenbäumen hinan. Und sah zu den breiten Schottergürteln des Strandes hinab, von dem ein leiser Geruch von Fischen und Seetang heraufstömte. Wie denn überhaupt, hoch hinauf gegen die Ufersteine, der letzte Südsturm einen langen dunklen Gürtel von Wasserpflanzen aufgetürmt hatte, der jetzt faulte und trocknete.

Plötzlich hörte er aus dem innersten Winkel der winzigen Bucht, dort, wo die abschüssige Straße bis nahe zum Meeresspiegel sich hinabsenkte, muntere Zurufe und Gesang. Und er erkannte an dem scharfen, stets aussetzenden Rhythmos, daß hier ein Arbeitslied in die summende Abendstille hinaustönte.

»Fischer scheinen es zu sein, die dort unten ihren Zug heimbringen!« sagte er sinnend. »Wir wollen hinuntergehen und den Männern zusehen. Vielleicht können sie uns für diese Nacht Herberge geben; denn heute werden wir Kroton sicherlich nicht mehr erreichen!«

So setzte sich der kleine Trupp wieder in Bewegung, und bald darauf nahm man schon deutlich wahr, daß einige Männer und Jünglinge am Ufer und im seichten Wasser standen und zum Takte des Gesanges mächtige Netze gegen den Strand heraufzogen.

»Hilf ihnen, Zamolxis!« sagte Pythagoras. »Um so eher werden sie unsrem Anliegen willfahren!«

Der riesige Thraker, dem der Befehl ausnehmend wohlgefiel, mengte sich denn auch unbefangen unter die Fischer, die ihn zuerst mißtrauisch betrachteten, dann jedoch, als sie sein gutmütiges Antlitz gesehen hatten, ihn sogleich mit einer gewissen fraglosen Selbstverständlichkeit an die schwierigste Stelle ließen und über seine herakleische Kraft ein um das andre Mal in lautes Gelächter ausbrachen.

»He du, gottgesandter Kyklope!« grinste einer und schlug ihm derb auf die Schulter. »Du sollst heute abends noch einen tüchtigen Schluck Weines mit uns trinken. Das hast du dir bei Poseidon verdient!«

Und sie bemerkten gar nicht, daß schon Pythagoras mit den anderen in der Nähe stand und lächelnd zusah.

Erst als er dem Zamolxis einige Weisungen zurief, fuhren sie herum.

»Wollt ihr etwa auch mitziehen?« lachte ein junger Fischer auf, dessen brauner Körper naß und muskelstarrend gleißte, während sich seine schwarzen Locken unter dem bunten Tuche hervorringelten, das er ums Haupt geschlungen hatte.

»Sei nicht so vorlaut!« raunte ihm ein älterer Mann zu und stieß ihn in die Seite. »Siehst du nicht die würdevolle Haltung dieses Fremden! Er ist gewiß ein Priester oder einer der krotoniatischen Ärzte.«

»Zürnst du mir wegen des albernen Scherzes?« fragte freimütig der junge Fischer den Pythagoras.

Dieser aber lächelte und antwortete:

»Wie sollte ich zürnen? Du hast recht, Freund, daß es uns schlecht ansteht, hier zu gaffen, während ihr euch noch am Abende abmüht. Kommt, Aristaios und Pythagoras, wir wollen auch Hand anlegen!«

Doch die Fischer ließen nur zu, daß Aristaios mithalf. Und die Arbeit ging unter Gelächter und Gesang jetzt so schnell vonstatten, daß in kurzer Zeit die mächtigen Netze, gefüllt mit Tausenden von zappelnden und glitzernden Fischen aller Größen, auf dem Strande lagen.

»Das war ein guter Zug!« meinte ein alter Fischer, indem er sich mit Schauern von Seewasser den Schweiß von der Stirne spülte. »Nur werden wir, denk' ich, zu schleppen haben, um diese Mengen auf den Markt von Kroton zu bringen.«

Da durchzuckte plötzlich den Pythagoras ein seltsamer Gedanke. Was würde mit den Fischlein geschehen, die eben noch bunt und munter in den kühlen Abendfluten sich getummelt hatten? Und er fühlte das jammervolle Verlechzen der Tausende, die, in Netze zusammengepfercht, auf der heißen Straße nach Kroton geschleppt werden würden. Kaum eines der unschuldigen Wesen würde Kroton lebend erreichen. Nur er würde stolz in den Straßen schreiten. Warum nur er? War er um so viel besser, lebenswürdiger als die Fischlein? Und wieder, wie schon einmal, fern, fern im Osten, stand der Spruch des Weißen Yajurveda vor ihm:

»Wenn alle Wesen du in dir, und dich in allen
Wesen siehst,
dann hast Allwissen du erreicht, dann ist dir
nichts mehr ungewiß!«

Und er sagte:

»Wollt ihr euch den beschwerlichen Weg nach Kroton ersparen, ihr Fischer?«

»Wie könnten wir das wohl?« fragte einer, der glaubte, Pythagoras treibe Scherz.

»Dadurch, daß ihr mir den Fischzug verkauft!« erwiderte Pythagoras.

»Was willst du mit so viel Fischen? Ahnst du die Menge? Solch einen Zug gab es seit Jahren trotz aller Ergiebigkeit dieses Ufers nicht!« Und der Fischer schüttelte den Kopf.

»Laß das meine Sorgte sein! Nenne einen Preis, Freund, der dich niemals gereuen soll!« Und der Philosoph blickte ihn ermunternd an.

Der Fischer aber kraute sich verlegen den Kopf.

»Herr, ist das wirklich dein Ernst?« Und als Pythagoras bejahte, setzte er fort: »Verzeih mir, wenn ich die Sache erst mit den anderen bespreche. Solch eine Schätzung ist für uns einfache Leute nicht so leicht.«

Und er trat mit seinen Helfern abseits.

Lange berieten die Fischer. Ab und zu schlich einer zu den Netzen, zählte flüchtig und raunte das Ergebnis seinen Freunden zu. Dann begannen sie an den Fingern zu rechnen und ihre Erregung nahm zu. Es schienen über das Höchstmaß des Erreichbaren verschiedene Meinungen zu bestehen.

Pythagoras aber wartete und lächelte vor sich hin, bis endlich, sichtlich verlegen, der Älteste wieder zu ihm trat und stockend sagte:

»Herr, zwei Minen wird der Fang wohl wert sein! Man zahlt jetzt viel in Kroton. Aber ich warne dich noch einmal. Was willst du mit all den Fischen anfangen? Du unterschätzest die Menge!«

Pythagoras aber lachte gütig auf:

»Zahle ihm vier Minen, Zamolxis! Er ist ein redlicher Mann!«

Der Fischer aber fiel ihm entsetzt ins Wort:

»Was fällt dir ein, Herr? Das sind sie nicht wert! Glaub es mir. Nicht einmal in Sybaris würde man diesen Preis zahlen. Gib drei und wir wollen dich zeitlebens segnen!«

»Also drei!« entschied Pythagoras. »Drei für die Fische. Um die vierte Mine aber wirst du uns ein Nachtlager gewähren, falls es dir paßt.«

»Beim Zeus, das will ich! Und es soll euch an nichts fehlen, falls ihr nicht die Hütten der Fischer verachtet! Was aber soll mit den Fischen geschehen?«

Unschlüssig drehte er die Geldstücke in der Hand, die ihm Zamolxis sogleich übergeben hatte.

»Werft sie ins Meer zurück, Freunde!« sagte Pythagoras in hoheitsvollem Tone. »Heute soll niemand sterben, nicht einmal ein Tierlein des Gewässers!«

Als aber Zamolxis, Aristaios und der Hirte Pythagoras den Befehl auszuführen begannen, sagte der Fischer stockend:

»Herr, was soll das? Wie will dich einer verstehen?« und er blickte den Pythagoras hilfesuchend an.

Der Philosoph aber richtete sich empor und rief mit klingender Stimme in die Abendröte:

»Nehmt es, ihr Fischer, als Opfer, das ich dem großen Poseidon bringe, der mich ungefährdet bisher über alle Meere trug!«

Da knieten die Fischer, scheu und in ihrer Art verstehend, auf den Strand und erhoben die Hände zu brünstigem Gebete.

Pythagoras aber jubelte im Herzen. Denn die schillernden Fischlein tummelten sich schon schnellend in den lauen Fluten des abendlichen Meeres.


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