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»Physiologie des eleganten Lebens« ist der erste Band dieser Sammlung unveröffentlichter Aufsätze Balzacs von mir genannt worden, so wie Balzac selbst die eine Abhandlung, die er für irgendeine längst vergessene Zeitschrift geschrieben hatte, betitelt hat. Sie war eine jener vielen Arbeiten, die Balzac für die Stunde und den Tag geschrieben hat, und in denen er ein System, ein Schema eines Lebensausschnittes zu geben sich anschickte. Ein Teil jener grossen schematischen Darstellung des Lebens, die dieser grosse Dichter vorgehabt hat, dem es immer ein Ziel war, schematisch, vollständig, enzyklopädisch zu sein, und von dem es doch keine einzige Zeile gibt, die in einem tieferen Verstande schematisch, langweilig ist.
Man hat unter den Aufsätzen Axiome gefunden. Man hat unter diesen Aufsätzen Beweise und praktische Anweisungen gefunden, man hat unter diesen Aufsätzen, wenn man sie aufmerksam genug gelesen hat, Wahrheiten gefunden, die heute noch ebenso Wahrheiten sind, wie vor Jahrzehnten, im Gegensatz zu jenen andern Wahrheiten, die am nächsten Morgen Lügen sind, und ins Wesen dieser Literatur eindringend, hat Stefan Zweig die Sammlung als Balzacs »Codices vom eleganten Leben« gerühmt.
Dieser zweite Band nun enthält gleichfalls Aufsätze, die Balzac das eine Mal für La Mode oder La Carricature, das andere Mal für irgendeinen journalistisch-aktuellen Sammelband geschrieben hat, und sie handeln wiederum sozusagen von banalen, von gleichgültigen Dingen, vom Alltag. Wiederum der eine von den Dingen der Mode, der andere von den Gebräuchen jener »fashionablen« Menschen, die nicht immer zu der geistigen oder seelischen Elite gehören, und die der Snob verachtet. Und indes er verachtet, spricht er sich selbst sein Urteil, denn er gehört zu ihnen. Man mag in diesem Buche Teile aus einer kleinen Schrift über »Die Kunst, Krawatten zu binden« lesen, und man mag in diesem Buche dann eine »Monographie des Rentiers« finden, wie einen Beitrag zur »Physiologie des Beamten« und eine »Theorie über moderne Reizmittel«.
Das scheint eine sonderbare Zusammenstellung, und dennoch glaube ich, ist der Titel »Physiologie des Alltagslebens« gerechtfertigt. Es handelt sich wirklich immer um Dinge des Alltagslebens, wie es damals war, heute noch ist und morgen sein wird; im Wesen nämlich: denn Balzac hat das Ewige dieser Menschlichkeiten hervorgespürt und drückt es bald aphoristisch, bald logisch deduzierend, immer plastisch aus. Spricht er davon, wie so ein Rentner ist, wie der sich am Morgen erhebt, um seinen langen Tag totzuschlagen, wie er es angefangen hat, um sein Ideal, nämlich dieses Rentnerleben voll Langweile, zu erreichen, spricht er davon, wie ein Beamter es fertig bringt, Seiten mit wichtigen Nichtigkeiten vollzukritzeln, was das dem Staat kostet und was es dem Staate einbringt; spricht er davon, wie man den Kaffee zu bereiten hat, nicht nur, dass er einem schmeckt, sondern damit der Reiz, die stimulierende Kraft auf unser Nervensystem möglichst lange anhält, spricht er davon, wie man seine Krawatte zu binden hat, aus welchem Gewebe sie sein soll und welchen psychischen Charakter so eine Äusserlichkeit ausdrückt, – überall bemerkt man, dass die Stoffe Banalitäten sind, die Art der Behandlung aber jenes sonderliche Gemisch von tiefer Anteilnahme und Ironie, das schon als Ton des ersten Bandes zu bemerken Gelegenheit war. Dies Gemisch von Ironie und Anteilnahme ist vielleicht das Schönste, jedenfalls das Einprägsamste an dem Balzacschen Stile dieser Bücher. Selbst der Spott und Hohn, der da und dort zutage tritt, ist Liebe zu den ironisierten Typen, den ironisierten Zuständen. Gewiss, sentimental, empfindsam ist Balzac seinen Gestalten gegenüber nicht. Seine Beziehung zu ihnen ist manchmal die des Botanikers zu den Pflanzen im Herbarium, des Zoologen zu den aufgespiessten Käfern. Ja, man kann schon manchmal an Vivisektion denken, so scharf ist das Messer der Dialektik, so nahe rückt der Betrachter seinen Subjekten als Objekten an den Leib. Nur – die Untersuchung mag noch so scharf sein, sie tötet nicht. Unter Balzacs Feder wachsen die Figuren in eine Wirklichkeit, die grösser, stärker ist als jene, die sie hatten, bevor er Lupe und Mikroskop nahm. Und darum glauben wir, Kinder eines späteren Jahrhunderts, in Leuten, denen wir auf der Strasse begegnen, die Modelle zu erkennen, die er vor Augen gehabt hat. Das Büro, das er schildert, scheint das, in dem wir uns gestern den Pass geholt haben, unser Sektassessor ist ein Enkel des Ministerneffen, dem Balzac lächelnd die Hand geschüttelt hat, indes er ihn für die Sektion vormerkte. Die Anteilnahme, die der Balzacschen Kleinkunst, wie wir sie hier vor uns haben, Leuchtkraft gibt, ist die Anteilnahme eines Dichters, dem nichts im Leben gleichgültig ist, sowie es in die Sphäre seiner Spiegelung gerät. Balzac kümmert sich um diese Dinge, Beamte, Rentiers, Tabak und Krawatten, weil er über sie schreiben will. Er hat vielleicht vorher noch nie darüber nachgedacht, wann die Leute angefangen haben, Krawatten zu tragen, wenn er wahrscheinlich auch früher schon darüber nachgedacht hat, wie der Kaffee auf seine Nerven wirkt, wenn er arbeiten will. Aber in dem Augenblick, wo er anfängt, darüber zu schreiben, ob nun der Anstoss die Aufforderung einer Redaktion – heute würde man sagen, der telephonische Anruf eines Zeitungsverlages – ist oder irgendein anderer zufälliger Grund, – von diesem Augenblick an gehört seine ganze Seele diesen Menschen oder Dingen.
Man lese einmal in seinen Briefen an Madame de Hanska nach, wie er schreibt, wie er Korrekturen liest, und man wird wiederum finden, dass durch allen Hass und alle Ironie, mit der er sich selbst, seinen »Schriftstellereibetrieb« – um ein neues Wort aufzunehmen – verspottet, jener Eifer, jenes Fieber sozusagen durchschlägt, das ihn befällt von dem Augenblicke an, wo ein belangloses Thema plötzlich Materie, Stoff, Anlass zu seinen Gedanken und Gefühlen, Bemerkungen geworden ist.
Er hat eine sonderbare Methode. Er fängt historisch an, macht lange Einleitungen, wird dann ungeduldig und bricht ab. Das scheint wie Nachlässigkeit eines Vielschreibers. Hat man aber erst eine Reihe dieser Aufsätze gelesen, so merkt man, dass es doch nicht so ist. Er könnte sich ja seine Einleitungen schenken, wenn es ihm nur um das Füllen von ein paar Seiten, das Einstreichen eines Honorars zu tun wäre. Dieser Mann hat es ja wahrhaftig nicht notwendig gehabt, Zettelkasten auszuräumen, um den Platz zu füllen. Er könnte sicher sein, auch ohne historische Hinweise, auch ohne Erzählen von Anekdoten sein Kapitel fertigzubringen. Es fällt ihm ja wahrhaftig genug ein, und wenn es einmal so aussieht, als hätte er keine eigene Beziehung zu einem Stoff, so fällt ihm eine sonderbare Gruppierung von Worten ein, seine Sätze werden zu Pointen, zu Bitterkeiten, zu Witzen, zu Spötteleien, zu Wehmut, zu Schmerz, ohne dass er mühselig darum ringen muss. Weil ihm eben das Schreiben die Lebensform ist.
Dennoch aber lässt er sich nicht abhalten, historisch zu werden, fast philologisch. Er erzählt, wie das mit der Seide ist, aus der man dann melancholisch wirkende Halstücher macht, er erzählt, wie das mit dem Kaffee ist, vom Ursprung, von den Zeiten der ersten Verwendung oder von den Persönlichkeiten, die auf die oder jene Mode Einfluss gehabt haben. Man merkt den Reflex der Lektüre anderer Bücher oder manches Weges in die Bibliothek, die damals noch keine Bibliothèque nationale, sondern eine Bibliothèque royale war. Aber wie oft er das auch tut, immer kommt ihm der Spott dazwischen. Jener Spott über sich selber, der dann manchmal zu einem Spott über die Gegenstände wird, an denen er doch tiefen Anteil nimmt. Natürlich ist der Rentier, den er schildert, lächerlich, weil er gesehen ist mit den scharfen Augen Balzacs, die Distanz des Dichters vor seiner Figur diese grotesk erscheinen lässt. Aber derselbe Rentier ist auch durch Balzac ein Mensch, den wir als Bruder fühlen mit all seinen grotesken und schrullenhaften Eigenschaften, weil er gesehen und geschildert ist von Balzac, dessen Herzschlag den Rhythmus seiner Darstellungen schafft. Auch der Beamte, dessen Monographie Balzac in diesem Bande gibt, ist ja eigentlich ein kläglicher und armer Mensch. Im Grunde genommen hat Balzac eine furchtbare Wut auf ihn. Die Wut gegen die Bureaukratie, die Wut gegen die Kleinlichkeit, wahrscheinlich auch oft die Erinnerung – bewusste oder latente Erinnerung – an Begegnungen mit hochmütigen, mit törichten Beamten, mit denen er sich herumschlagen musste. Aber indes er sich in die Seele dieser Menschen hineinfühlt, vergisst er zwar nicht zu notieren, wie es kommen musste, und immer wieder kommen muss, dass dieser Beamte und so ziemlich alle Beamten so oder so Narren oder arme, gehetzte Sklaven mit niedrigen Instinkten sind, aber er entdeckt auch, warum sie es sind, versteht sie. Er verzeiht ihnen nicht, denn eine solche törichte Überheblichkeit fehlt dem Darsteller der menschlichen Komödie ja überhaupt, sondern er weiss sie uns nahezubringen. Wir erinnern uns plötzlich, dass wir alle die Beamten kennen, dass wir alle diese Rentiers kennen, dass wir sie nicht nur in ihren lächerlichen Augenblicken kennen, sondern auch in jenen sonderbaren Momenten, wo sich plötzlich die Tragikomödie ihres Lebens enthüllt, wo wir auch die andere Seite sehen, das Elend, das persönliche Elend, das Elend des Standes. Und wir sehen, woher dieses Elend kommt und wir fühlen, dass diesem Elend wohl noch lange nicht abzuhelfen sein wird. Das hat auch Balzac gefühlt. Und deshalb ist fast Herzlichkeit hinter seinem Zorn, und aus all seiner Ironie spricht wirkliches Gefühl, wenn es auch Balzac nicht selbst hinausschreien möchte, neben allen Scherzen über die Torheiten des Rentiers, über die Torheiten des Beamten, über die Torheiten des »Fashionablen«.
In einem einzigen Kapitel dieses Buches scheint Balzac eigentlich nur lehrhaft, seriös zu sein. Das ist das Kapitel über die modernen Reizmittel. Modern sind nun diese Reizmittel für uns leider seit langem nicht mehr; es sind Kaffee, Tee, Tabak, und wir sind alle diese Dinge längst gewöhnt. Hier wird Balzac ernster, als er sonst ist. Natürlich, er macht von Zeit zu Zeit einen Scherz, erzählt irgendeine phantastisch-groteske englische Geschichte, die man aufs Wort glauben soll, oder verhöhnt einen gerade berühmten Zeitgenossen, wie denn alle diese Schriften journalistischen Charakter haben, der ihnen auch durch die Übersetzung nicht genommen werden sollte. Aber bei diesem Kapitel bleibt er ernst und es ist, so sonderbar das scheint, das persönlichste Kapitel dieses Buches, wenn es auch nicht das amüsanteste ist. Denn es zeigt den Balzac, der seine Maschine heizt. Nur so kann ich es deuten. Seine Maschine heizen. Er hat in dieser Schrift ausgesprochen, was erst Generationen nach ihm klar und scharf formuliert haben, den Zusammenhang zwischen den Reizmitteln und dem geistigen Schaffen.
Er weiss ganz genau, was wir heute erst nach biologischen, nach physiologischen, nach medizinischen Experimenten und Erfahrungen wissen, dass jeder Reiz sich mit der Zeit abstumpft, dass, wenn man die Wirkung des Reizes erhalten will, man sorgfältig mit dem Reizmittel umgehen muss, in seiner Dosierung, in seiner Verwendung, mit den Surrogaten, mit der Zeit der Anwendung usw. klug sein. Das alles weiss Balzac schon. Es steht nicht nur zwischen den Zeilen, sondern manchmal auch in so deutlichen Sätzen, als wären sie aus einem Lehrbuch der Psychiatrie vom Jahre 1912. Moral fehlt natürlich in der Abhandlung vollständig; es sei denn die eine Moral, dass wir uns keinen Reiz entgehen lassen sollen, und dass wir trotzdem schauen müssen, nie dahin zu kommen, dass die Fülle der Unlustgefühle, die uns der Gebrauch eines Reizmittels einbringt, grösser wird als die Fülle der Lustgefühle, die er uns verschafft. In diesem Sinne soll man die paar Seiten über den Kaffee oder Tee eigentlich zwei- oder dreimal lesen. Man könnte sie ebensogut auch auf den Alkohol und ebensogut auf das Opium anwenden, man könnte sie ebensogut auf das Spazierengehen und ebensogut auf die Erotik anwenden, und man könnte schematisch, wie Balzac es gelegentlich ist, aus ihnen ein ganzes System der Lebenstechnik entwickeln.
Heisst das aber nicht, diese Aufsätze, Früchte gelegentlicher Stunden, fast möchte man sagen toter Stunden, oder Zwischenpausen zwischen grossen Arbeiten etwas zu schwer, etwas zu tragisch, etwas zu pathetisch nehmen? Vielleicht. Balzac selbst mag irgend etwas davon gespürt haben, wenn er unmittelbar nach einer ernsthaften historischen oder psychologischen Auseinandersetzung einen Witz macht, den man, wäre er ein Berliner – welche Vorstellung! – einen schnoddrigen Witz nennen würde, so kaltschnäuzig ist er. Oder wenn er mit irgendeiner aktuellen Anspielung, die wir heute kaum mehr verstehen, und die in vielen Fussnoten zu erklären ich nicht für notwendig gefunden habe, mit einem Wortspiel oder mit einem jähen Gedankenspiel den Kreis scheinbar schliesst. Vielleicht bedarf der Übersetzer der Nachsicht des Lesers. Er hat es nämlich unterlassen, alles zu erklären und zu kommentieren, hat es selbst dort unterlassen, wo eine Erklärung des Details möglich und nützlich gewesen wäre. Ich war der Meinung, dass man dieses Buch in seinem Innersten erfassen müsse, anstatt es Zeile für Zeile zu zerpflücken. Das Buch sollte nicht allzuviel von seiner Leichtigkeit einbüssen, und ich glaubte, dass es den Eindruck jeder dieser Seiten, vor allem aber den Zusammenhang zerstören, den Ton verwischen würde, wenn jeder Anspielung auf irgendeine Aktualität des Jahres achtzehnhundertundsoundsoviel die Erklärung, die das Konversationslexikon oder die Enzyklopädie ergeben hätte, hinzugefügt wäre. Der Herausgeber muss sich noch im besonderen bei den Philologen entschuldigen. In der kleinen Schrift über die Krawatten sind nämlich ganze Kapitel weggelassen.
Das ist ein sonderbares Buch, das mir der Zufall in die Hände spielte. Es ist unzweifelhaft von Balzac, darüber kann ich die Gemüter beruhigen. Sogar die höchst kritische Bibliographie der Bibliothèque nationale zeigt das an, und zeitgenössische Schriften geben den Beweis, dass Balzac der Verfasser dieser anonym erschienenen kleinen »Physiologie« ist. Aber wenn auch Balzac der Autor ist, in diesem einen Fall schien mir die Vollständigkeit von Übel. Man hätte nämlich auch alle die Tafeln mit reproduzieren müssen, durch die »Die Kunst, seine Krawatte zu binden« aufs genaueste illustriert wird. Und dann »stimmt« sozusagen das meiste nicht mehr. Die Meinungen über den Anstand in Krawattenfragen haben sich geändert; dann, wir wollen ja nicht unsere Krawatten heute so binden, wie es die Zeitgenossen Balzacs getan haben, wir haben ja auch nicht die Möglichkeit, in jenen Geschäften zu kaufen, die Balzac in dem Buch als die besten Quellen für den fashionablen Mann angegeben hat. Die sechzehn praktischen Lektionen amüsieren vor allem durch die – Überschriften. Balzac weiss von einer cravate sentimentale und einer mathématique, von einer à la gastronome und à l'Indépendance. Natürlich auch von einer englischen und amerikanischen. Und der Verdacht ist nicht abzuweisen, dass es von einigen dieser Künste, die Krawatte zu binden und zu tragen, nur den Titel gegeben hat, nur die Bosheit. Das gilt, glaube ich, ebenso von der »coquille dite pucellage« – der Staatsanwalt wünscht, dass ich die Übersetzung lasse – wie von der »jésuitique«, der romantischen à la Byron und der komödiantischen à la Talma. Diese kleinen Scherze muss der intime Freund Balzacscher Art schon im französischen Original aufsuchen. Uns bleibt hier trotz allem noch genug: eine Art Kostümgeschichte, fast Kulturgeschichte, gesehen durch das Temperament der Krawattenfreunde, eine geistreiche Erklärung der »Incroyables«. Das muss genügen. Aus diesem Grunde ist also von diesem Buche nur ein Teil, sozusagen das Prinzipielle, hier gegeben worden, wenn es auch an Reiz nicht gefehlt hat, das Ganze zu geben, besonders da selbst die Franzosen die Schrift seit der ersten Ausgabe nie wieder erscheinen liessen, und fast niemand sie also kennt. Franzosen sind nicht so bücherlüsterne Menschen wie wir. So haben sie die Originalausgabe, ein kleines, vergilbtes, nur in wenigen Exemplaren in Paris und hier in der Lipperheide-Sammlung (allerdings ohne dass Balzacs Autorschaft gekennzeichnet ist) von mir gesehenes Exemplar nie neugedruckt. Vielleicht geschieht es jetzt, wenn sie auf dem Umwege über unser Tun hier darauf aufmerksam gemacht werden. Diese »L'art de mettre sa cravate«, »Die Kunst, seine Krawatte zu binden« und zu tragen – man begreift rasch genug, dass Balzac gewusst hat, dass das Binden allein noch nicht, sondern das Tragen das wichtigste ist, nämlich die Art, wie man sich mit seiner Krawatte, mit allen seinen Kleidungsstücken in der Welt bewegt, – ist ein Gegenstück zu einer andern kleinen Schrift: »L'art de payer ses dettes«, die wir im dritten – und wir versprechen es – letzten Bande dieser Ausgabe unveröffentlichter Schriften Balzacs bringen wollen.
Als Zeichnungen, als Bilder, nicht als Illustration zu den Texten sind diesmal vor allem Blätter von Daumier und Monnier hier beigefügt worden, weil beide ebenso wie Gavarni (es ist ja schon in der Einleitung des ersten Bandes davon die Rede gewesen) Männer aus demselben Geistes- und Gefühlskreise wie Balzac waren. Nicht so gross wie er, aber begabt mit hellen Augen. Wie sie die Menschen rasch mit der Kohle oder Feder zu fassen verstanden haben, so hat sie auch Balzac in seinen kurzen Kapiteln von Mode und Alltag erfasst. Den grossen Blick für die Zusammenhänge hat Daumier nicht gehabt, er ist eben ein Zeichner, kein Dichter. Trotzdem wüssten wir, selbst wenn er nicht ein Zeitgenosse Balzacs gewesen wäre, keinen andern Künstler aus der Heerschar aller Künstler aller Zeiten, der dieses Buch besser illustriert hätte, wenn es nämlich überhaupt darauf ankäme, es zu illustrieren. Die Balzacschen Worte bedürfen keiner Illustrationen. Das Buch bedarf dieser Ergänzung nicht. Aber Balzac ist unser Lehrmeister und er weiss es: das Überflüssige ist das Notwendige. Darum haben wir diese Blätter von Daumier, Monnier, Trimolet, Vernet und anderen aus dem gleichen Kreise zwischen die Seiten Balzacs drucken und heften lassen.