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Erlebnis mit dem Tode

In der Tür des luxuriösen Geschäftes lagen die südlichen Orangen zum Verkauf aus.

Kleine behende Mandarinen. Gelbe und dünnschalige Apfelsinen aus Valencia in Spanien. Und die großen goldroten Kugeln, die von der Insel Sizilien kommen.

Ich trat hin und nahm die größte unter den Sizilianerinnen. Wie fest sie sich anfühlte; und wie herrlich schwer und kühl und rund sie die Hand füllte! So muß, meines Erachtens, der Apfel der Eris gewesen sein, der in den Saal der Götter geschleudert wurde und um den dann der Trojanische Krieg ausgefochten worden ist.

»Nehmen Sie doch lieber eine von den dünnschaligen Apfelsinen!« sagte der Delikatessenhändler. »Die sind zwar unscheinbarer, schmecken aber geradesogut und sind um die Hälfte billiger.«

»Aber ich will keine unscheinbaren Orangen«, sagte ich. »Lieber Herr Meyer, eine Orange ist ja nicht dazu da, die Hälfte billiger zu sein. Und sie soll auch nicht besonders gut schmecken. Meistens schmecken die Orangen ja überhaupt nicht, sondern schön soll sie sein in der großen Kristallschale; das Gold im Eise!«

Damit nahm ich die große Orange und trat von dem Tisch weg, um zu zahlen. Und in diesem Augenblick ereignete sich die Katastrophe.

 

Die schwere, eiserne Rollgardine des Ladens hatte sich gelöst und schlug mit einem furchtbaren Donner gerade dort ein, wo wir beide eben gestanden hatten, der Herr Meyer und ich, und zerschmetterte den Tisch, daß alle diese Orangen zerfetzt in die Höhe sprangen.

Der Herr Meyer und ich, wir sahen uns an und waren still. Der Tod hatte nach uns gegriffen und sich nur um eine Sekunde geirrt.

 

Aber wäre es nicht vielleicht gut so gewesen? Daß der Tod mich traf, während ich Worte der Weisheit sprach? Eine goldene Frucht in der Hand wäre ich durch das elfenbeinerne Tor des Schattenreichs geschritten; und Arm in Arm mit einem Delikatessenhändler wäre ich vor Gottes Richterstuhl getreten.

Ganz abgesehen davon, daß ich allen meinen Freunden und Bekannten Gelegenheit gegeben hätte, zu bemerken: »Na natürlich! Wie gelebt, so geendet! Wo sollte er anders sterben als in einem Delikatessenladen!«


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