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Über einen Feiertag

Wenn ich des Morgens die Zeitung bekomme, schlage ich immer gleich die letzte Seite auf, wo die New Yorker Börsentelegramme stehen. Das macht übrigens jeder andere anständige Mensch geradeso.

Wie ich nun gestern die letzte Seite aufschlug, stand da, anstatt des vertrauten Telegramms, die Mitteilung, daß die New Yorker Börse wegen Feiertags geschlossen sei. Es war der 12. Oktober, an dem die Europäer Amerika entdeckt haben; und die Amerikaner freuen sich heute noch darüber, daß sie damals von den Europäern entdeckt worden sind.

Aber auch in Europa, besonders in Spanien, gilt der 12. Oktober als ein Feiertag, der durch Festreden begangen werden muß. Beide Erdteile sind froh, daß sie ihre gegenseitige Bekanntschaft gemacht haben, und jeder erinnert sich all des Guten, das er dem andern verdankt.

Wir verdanken Amerika den Rauchtabak, die Kartoffel, das Grammophon und namentlich die Hundertdollarnote, die jetzt unser einziges Glück im Leben bildet und die wir als sinniges Geschenk auf den Geburtstagstisch der Liebsten legen.

Dagegen haben wir den Amerikanern das Schießpulver und das Dynamit gebracht und sie auch sonst auf den Weg der höheren Zivilisation gewiesen. Wenn der Amerikaner nicht mehr im Walde dem Lachsfang obliegt, sondern den ganzen Tag mit der Untergrundbahn fährt, wem verdankt er dieses Glück, wenn nicht uns?

Immerhin ... Oder sagen wir das so: angenommen es gäbe noch einen Erdteil, der von uns Europäern nicht entdeckt worden ist. Dieser Erdteil liegt irgendwo in der einsamen Südsee; er liegt da mit seinen unberührten Wäldern, mit reinen Strömen und mit goldglänzenden Tempeln. Und nun soll unter den Bewohnern dieses Erdteils darüber abgestimmt werden, ob sie von Europa entdeckt werden wollen oder nicht. Wer dafür ist, hebe die Hand auf; wer dagegen ist, mag die Hand in der Hosentasche behalten.

Nein; nicht auszudenken. Soviel Hosentaschen gibt es gar nicht.


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