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Der Ironiker ist ein Mann, der die Dummheit der Welt mit Lieblichkeit zu bekämpfen sucht. Und weil er die Dummheit bekämpft, deshalb muß er so oft den Vorwurf hören: »Der Hund verspottet alles, was uns heilig ist.«
Sokrates, der Sohn der Hebamme, hielt es so. Der ging über den tönenden Markt von Athen und sagte den Bürgern lächelnd die Wahrheit. Hätte er diese Bürger angeschrien und beschimpft, sie hätten ihn verstanden, weil das ihre Art der Verständigung war und immer noch ist; aber da er lächelte, stellten sie fest, daß er die Götter des Staates leugnete, und so mußte er den Schierlingsbecher trinken.
Selbst dieses tat er mit Geist und mit Heiterkeit, so daß die Schüler, die seine letzten Reden hörten, oft lächeln oder gar offen lachen mußten, wie es Platon im »Phädon« erzählt.
Der Ironiker könnte sich auf die Heilige Schrift berufen, er könnte zeigen, daß die Ironie an der verschlossenen Paradiesestür begann und daß Gottvater selbst ihr Erfinder war. Adam hatte vom Baum gegessen, um zu werden wie Gott, wissend Gutes und Böses. Aber er wurde ertappt und ausgewiesen, und als er durch die Pforte des Paradieses schritt, in seinem ganzen Jammer, da stand der Herr daneben und sagte (1. Moses 3, 22): »Siehe, Adam ist worden als unsereines und weiß, was gut und böse ist.« Und das war die erste Ironie der Welt und die bitterste.
Der Ironiker könnte sich auf die Heilige Schrift berufen, aber er sollte es lieber bleibenlassen. Denn die Braven würden sagen: »Jetzt treibt er seinen Spott sogar schon mit der Bibel.«