Achim von Arnim und Clemens Brentano
Des Knaben Wunderhorn.Zweiter Band
Achim von Arnim und Clemens Brentano

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Gustav Adolphs Tod.

Nach Weckherlin.

              Ach könnt ich meine Stimm dem Donner gleich erheben,
Daß sie, die weite Welt erschreckend, mög erbeben,
Wollt ich ersteigen bald, trostlos und ruhelos
Den allerhöchsten Berg, zu alles Geists verwundern,
Mit überlauter Macht aus meiner Brust ausdundern:
Gustav der Groß ist todt, todt ist Gustav der Groß.

Ihn hat das wilde Meer der Schweden Schatz getragen,
Zu uns so still und glat, dem Meerzug nicht zu schaden,
Ihm war so lieb und werth des Königs Gegenwart,
Der Wind enthielt sich auch von allem Sturm und Rasen,
Erfreuend sich allein die Segel aufzublasen,
Begünstigend nach Wunsch des Helden Ueberfahrt.

Das Wasser rauschte tief von Schiffen wie verborgen,
Als auf dem Hauptschif hoch der Held voll Treu und Sorgen
Betrachtet hin und her des deutschen Reichs Zwietracht,
Sah auf des Kieles Schaum drey Baltische Syrenen,
Die reich mit Bernstein Haar und Arm und Brust beschönen,
Und die ihr Lieb und Leid ihm also vorgebracht.

»Fahr fort, du edler Held, du siegst in Noth, wir schwätzen;
Der Frommen Aug wird Freud, das unsre Leiden netzen,
Ach daß sie wie wir dir auch nach dem Tod getreu.
Denn du, nachdem dein Lauf wie Herkules beendet,
Sollst werden dieser Welt, die dein nicht werth, entwendet,
So hoch wird seyn dein Werk, zu machen Deutschland frey.«

Hiemit die Morgenröth ihr Gold am Leib am Flügel
Entdeckte Masten dort, ihm nahen Landes-Hügel,
Sanft leget sich der Wind und bringt das Schiff ans Land,
Aus welchem als der Held auf das Gestad gesprungen,
Hat knieend er zum Dank mit eifrig frommer Zungen
Erhoben sein Gebet, sein Herz, Gesicht und Hand.

»Gesegnet bist du Held, gesegnet wir Soldaten,
Die dienend unter dir, theilhaftig deiner Thaten!«
Sang bald der ganze Hauf mit einem Mund und Muth,
Kein Glück, kein Unglück je konnt wider dich vermögen,
Und nichts kann dein Gemüth und Angesicht bewegen,
Umsonst ist wider dich des Feinds Gewalt, List, Muth.

Gleich wie der Amboß sich nicht fürchtet vor den Streichen,
Wie Meereswellen nie den kühnen Fels erweichen,
Also verändert dich kein Ernst, Gefahr und Scherz,
Wie Flüsse sich ins Meer ohn Abnahm stets ergiessen,
Ins Meer ohn Zunahm stets die vollen Ströme fliessen,
Also sich und der Welt ist gleich des Helden Herz.

Mit schlechtem Brod und Trank gesättiget zu werden,
Als Trinkglas seinen Helm, als Ruhbett harte Erde,
Als Pfühl den nächsten Stein, ja auch wohl Schnee und Eis,
Als Bad den wilden Fluß, ganz zaglos zu gebrauchen,
Sein Werk zu setzen fort in Hitze, Frost und Regen,
Sich selber gleich und fromm, so war des Königs Weis.

»Es walt der liebe Gott, Gott mit uns wie vor Zeiten,
O Jesu, Jesu hilf, hilf Jesu mir heut streiten
Zu deines Namens Ehr, zu steuern Feindes Macht!«
Also hat er sein Volk anführend mehr ergötzet,
Und mitten in die Feind, stets siegreich, selbst gesetzet,
Da er bald manche That und seinen Tag vollbracht.

Gleich wie ein Sturmwind dort, die Windsbraut hier entstehet,
Und Hecken, Bäum und Thürm urplötzlich stracks umwehet,
Ein trauriges Gewölk, ganz finster schwarz und dick,
Dem Trauerschleier gleich mit Dunst und Rauch erfüllet,
Den Tag, das Firmament, die Sonne selbst verhüllet,
Verblindet das Gesicht in einem Augenblick.

Bald mancher Donnerschlag mit Strahlen ganz beladen,
Durchstürmet das Gewölk und Land mit Brunst und Schaden,
Bald feurig ist die Luft, bald finster um und um,
Die Wolken brechen sich, dann fallet ein Schlagregen,
Verhärtet ganz in Eis, das bald mit tausend Schlägen
Zerschmettert Frucht und Volk, und wer nicht schreit ist stumm.

Also und greulicher mit Krachen, Schallen, Knallen,
Sind bald die beyden Heer einander angefallen,
Da war die Luft alsbald voll Feuer, Rauch und Dampf,
Der Grund erschüttert schon von Böllern und Karthaunen,
Darob die Thier und Leut erstummen und erstaunen,
Als ob der Himmel selbst und Erde hier im Kampf.

Damals hat unser Held, indem es Feuer regnet,
Mit seinem theuren Blut, siegreich die Welt gesegnet,
Da denn das Firmament bald krönet seine Stirn,
Damals ist unser Held, ich sprechs, uns zu bewahren,
Als wahrer Herkules dem Himmel zugefahren,
Da er denn leuchtet klar, ein neues Nordgestirn.

Kaum, kaum war das Gerücht, das niemals stumm, gehöret,
Daß Gustav Adolph schon der Götter Zahl vermehret,
Vermehrt sich auch des Heeres Grimm und Stärk und Macht,
Mit ganz gerechtem Zorn ihr Muth und Herz ist wachsen,
Vor allen tröstet sie Bernhardt der Held aus Sachsen,
Daß, der nicht sterblich mehr, ihr Schutzherr, sie bewacht.

Daher des Helden Stell gebührlich zu vertreten,
Hat er, als heimlich sie den Stern schon angebetet,
Begierig sie geführt auf den siegtrunknen Feind,
Geschleifet auf den Grund ohn alle Gnad und Dauern,
Des Feindes Eisenthürm, lebendig starke Mauern,
Da half kein Herrenstand, da galt kein Geld noch Freund.

Ein Regen dick von Bley, Stein, Erz und Feuerschlossen,
Mit schwarzem Dunst und Brunst wird wieder ausgegossen,
Mit scheuslich herbem Tod, trift auf des Feindes Heer,
Des Nordsterns Einfluß kan der Feind nicht mehr vermeiden,
Er muß, er muß nun gleich des Lebens Schiffbruch leiden,
In seinem auf dem Feld noch rasend blutgem Meer.

Damals der bleiche Feind, auf den der Nordstern schiesset,
Hat seine Tiranney, den Blutdurst schwer gebüsset,
Mit seinem eignen Blut, das da bey Lützen fließt,
Darauf des Helden Heer mit aufgehobnen Händen
Erfleht von Gott mit Lob, sein Werk auch zu vollenden,
Stark durch des Sternes Kraft, der hell die Sieger grüßt.

Ja sieg- und trostreich ists erhöret und gewähret
Befand es sich alsbald und immerdar uns lehret,
Daß lang in Eitelkeit zu leben ganz umsonst,
Denn unserm Lebenslauf ein kurzes Ziel gestecket,
Nur der, der drüber hin sein Lob durch That erstrecket,
Der ist den Göttern gleich, der hat der Tugend Kunst.


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