Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Auf der Burg in Dahme lebte vor vielen hundert Jahren ein mächtiger und reicher Graf. In seiner Jugend zog er einst mit dem Kaiser auf einen Kreuzzug ins Heilige Land. Dort brachten ihm seine Reitersknechte eine junge Sarazenin, die sie gefunden hatten. Der Graf aber schenkte ihr die Freiheit. Zum Dank gab sie ihm ein Kästchen. Darin waren ein Goldpfennig und ein Eisenpfennig. Sie sagte. »Hebe das Kästchen gut auf. Den Goldpfennig gib nur aus, wenn du ein großes Unglück abwenden kannst. Ist aber der Goldpfennig einmal fort, so darfst du dich von dem Eisenpfennig nicht mehr trennen, sonst wird das Unglück noch größer.«
Nach Jahren kam der Graf wieder in seine Heimat zurück. Da war sein Töchterchen inzwischen zu einer schönen Jungfrau herangewachsen. Das Mädchen war jedoch von einem bösen Zauber befallen. Es tobte jede Nacht, schrie und zerschlug alles, was in seine Hände kam. Der Graf grämte sich sehr um sein Kind und ließ viele berühmte Ärzte kommen, aber keiner konnte es gesund machen. Die Krankheit wurde immer ärger. Und schließlich mußte er die Tochter aus der Burg schaffen lassen. Draußen, weit vor der Stadt, im Walde, ließ er für sie ein Häuschen bauen. Darin wohnte sie mit einer Dienerin und einem alten, treuen Knecht.
Nun begab es sich, daß eines Tages ein armer, fahrender Musikant auf dem Dahmer Burghof aufspielte. In der Knechtestube wurde ihm eine gute Mahlzeit gereicht. Beim Essen erzählten ihm die Knechte von der unglücklichen Grafentochter. Da ging der Musikant zum Grafen und sagte: »Ich will Eure Tochter gesund machen, wenn Ihr mir einen Wunsch erfüllt, den ich Euch übers Jahr sagen will, wenn ich wiederkomme.« Das sagte der Graf gern zu. Dann erbat sich der Musikant die kleinste Goldmünze, die in der Burg zu finden war. Es waren aber nur große Goldgulden da. Da fiel dem Grafen das Kästchen aus dem Morgenland ein und der Goldpfennig, der darin lag. Er mußte auch an die Worte der Sarazenin denken. So konnte er den Goldpfennig gern hingeben, um das Unglück von seiner Tochter abzuwenden. Schnell holte er das Kästchen und gab dem Musikanten den kleinen Goldpfennig. Dieser aber stieg damit auf den höchsten Turm der Burg und warf ihn mit mächtigem Schwung durch die Luft gegen Abend, wo eben die Sonne untergehen wollte.
Einige Tage darauf kam der alte Knecht aus dem Waldhaus auf die Burg gelaufen und erzählte dem Grafen: »Eure Tochter ist ganz gesund geworden. Sie saß vor drei Tagen beim Sonnenuntergang vor der Türe. Da flog etwas mit hellem Klingen an die kleine Wetterfahne des Hauses. Von dort prallte es ab und fiel dem Edelfräulein in den Schoß. Und das war ein kleines Goldstück. Seit dem Augenblick ist der böse Zauber von Eurer Tochter gewichen.« Nun war große Freude in der Dahmer Burg. Die Grafentochter aber wollte nicht mehr in die finstere Burg zurückkehren. Es gefiel ihr draußen im Walde viel besser. Da ließ ihr der Graf dort draußen ein kleines, prächtiges Schloß bauen, das hieß Güldenpfennig.
Ein Jahr darauf kam der Spielmann wieder und forderte seinen Lohn vom Grafen. »Gib mir deine Tochter zur Frau«, sagte er. Der alte Graf erschrak sehr. Einen armen Musikanten sollte seine Tochter heiraten? Da schämte er sich. So bot er ihm viel Gold und schöne Pferde an, damit der Musikant von seinem Wunsche lasse. Der aber bestand darauf, daß der Graf sein Versprechen einlösen solle. Da wurde der Graf zornig und ließ den Musikanten aus der Burg jagen. Im andern Jahr aber vermählte er seine Tochter mit einem reichen, jungen Edelmann aus dem Thüringer Land.
Am Hochzeitstage erschien der Spielmann wieder in der Burg und spielte ein lustig Stücklein auf dem Burghof. Es war indessen niemand in der Burg als eine alte Dienerin, denn alle übrigen waren draußen im Schloß Güldenpfennig, wo die Hochzeit gefeiert wurde. Die Dienerin suchte nach einem kleinen Geldstück, das sie dem Musikanten für sein Spiel schenken konnte. Endlich fand sie ein Holzschächtelchen. Darin lag eine kleine eiserne Münze. Die gab sie dem Musikanten. Der aber stieg mit dem Eisenpfennig auf den Burgturm und warf ihn mit großem Schwung in die Richtung gegen Abend. Er flog kIirrend an die Wetterfahne von Schloß Güldenpfennig. In dem Augenblick erscholl ein furchtbarer Donnerschlag, und das Schloß mit der Hochzeitsgesellschaft sank in die Tiefe. Die Stelle aber, wo das Schloß versank, heißt noch heute Pfennig-Pfuhl.