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Ein Bauer zu Wenningstede hatte in einem Jahre glücklich sein Heu geerntet und gab nach altern Brauch allen, die ihm geholfen, einen Ernteschmaus. Während der Mahlzeit entstand ein heftiger Streit unter den Gästen. Der Wirt mischte sich ein und erschlug einen der Streitenden. Als sein Jähzorn verraucht war, floh er erschrocken aus seinem Hause, und man suchte ihn an den folgenden Tagen überall vergebens. Man sagte, er sei von der Insel und damit dem Gerichte entkommen. Seine Frau mußte nun statt seiner die gewöhnliche Mannbuße wegen des Totschlages bezahlen und darum einen großes Teil des Landes verkaufen, das bisher zum Hofe gehörte. In der Folgezeit ernährte sie sich und ihre kleinen Kinder mühselig durch ihrer Hände Arbeit. Jahre vergingen unterdes, ohne daß man von dem unglücklichen Totschläger etwas hörte. Fast schien sein Name und seine Tat vergessen zu sein, als das Gerücht entstand, die fromme, bisher unbescholtene Ose, die Hausfrau des entwichenen Mörders, sei schwanger. Die Leute zerbrachen sich die Köpfe darüber, wer wohl der Freier der unglücklichen Frau sein möchte. Die Neugierigsten gönnten sich eher keine Ruhe, als bis sie die Sache entdeckt hatten.
Da fand es sich denn, daß der Mörder gar nicht von der Insel weggewesen war, sondern sich seit jenem unglücklichen Erntefest in einer Höhle der Wenningsteder Dünen verborgen gehalten hatte und daselbst von seiner treuen Frau zehn Jahre erhalten worden war. Nach dieser langjährigen Buße wurde der Wiedergefundene freudig von allen aufgenommen. Zum Andenken aber an die Treue der Frau und ihre aufopfernde Liebe gegen Mann und Kinder heißt das Dünental bis auf den heutigen Tag das Osetal.