Joseph Christian von Zedlitz
Gedichte
Joseph Christian von Zedlitz

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Der Bote.

      Auf ihres Schlosses Zinnen
Das holde Fräulein steht,
Durch ihren weißen Schleier
Die Abendkühle weht.

Sie hält in ihren Händen
Ein Täubchen, und sie drückt
Es zärtlich an den Busen,
Und blickt es an entzückt!

Sie läßt das Täubchen fliegen;
O, liebes Täubchen mein,
Du sollst hinüber schwingen
Dich über den blauen Rhein!

Sie folgt ihm mit den Augen;
So weit sie blicken kann,
Und über ihre Wange
Die warme Thräne rann!

Und wie der Ritter einsam
In seiner Zelle singt,
An seines Fensters Gitter
Wie Flügelschlag es klingt.

Er springt empor und schauet,
Die Taube flattert dort,
Ein Blatt in ihrem Schnabel
Mit der Geliebten Wort!

O Bote, treuer Bote!
Wie bist du mir so werth!
Du kommst an jedem Tage
Mit holder Post beschwert!

Du meine einz'ge Wonne,
Mein einz'ger Trost im Leid!
Sie, die Dich hat gesendet,
Sey ewig benedeit! –


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