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Ich schreie Und feie Für Freie Und Knecht Mit Grunde Im Munde Zur Stunde Um Recht. Ich frage |
So mit ehern lauter Stimme Rief die Glocke des Gerichtes. Samstags Morgen war's, der Himmel Wölbte sich so blau und heiter, Und die Sonne schien so strahlend, Als ob heut' sie alles Dunkle, Wär's auch noch so fein gesponnen, An den Tag zu bringen hätte. Vor dem Thor auf eines Hügels Flachem, weitgedehnten Rund Stand ein Hagedorn, die Ält'sten Kannten ihn grad so wie heute Schon seit ihrer Kindheit Tagen. Aber älter als der Baum noch Und aus hartem Stein gehauen, Nach der Sonne Aufgang schauend Waren Sitz und Tisch darunter. Das war die Gerichtsstatt Hameln's. Abgesteckt durch Haselgerten War ein Ring mit rothem Faden, Mehr geschützt vor Volkes Andrang, Als durch feste Eisenschranken, Denn geheiligt war die Hegung. In dem Ring, dem Sitz zur Rechten In den Ring jetzt trat der Schultheiß, |
»Ich lade Zum Pfade Der Gnade Und Huld, Ich zwinge Und bringe Zum Dinge Die Schuld. Ich hege |
Auf dem Hügel um den Ring Hatten die Bewohner Hameln's Sich zu Tausenden versammelt. Nicht ein müßig Schauspiel galt es, Nur um sich den armen Sünder Anzusehn, wie seit Uralters Manchem hier der Spruch gefällt war Jeder Einzelne, der heute Auf der Schöffen Urtheil lauschte, Fühlte selber sich beleidigt Und begehrte nun Vergeltung; Soviel Harrende zur Stelle, Soviel Kläger auch und Gegner Standen einig wider Hunold; Denn sie frugen sich und meinten, Welches Bürgers Frau und Tochter Sei vor Höllenkünsten sicher, Die selbst ein Geschlechterfräulein In des Spielmanns Arm geliefert. Wie auch Neid und Schadenfreude Über Wohl und Weh der Reichen Sich im Volke manchmal kundgab, Gegen dieses Fremden Unthat Hielten in geschlossnen Reihen Vornehm und Gering zusammen, Allen für die Ehre Hameln's Galt sein Tod als einz'ge Sühne. Und jetzt kam er; Ketten tragend, |
»Ich banne Die Schranne Und spanne Die Bank, Ich drohe, Die Hohe, Mit Lohe Und Strang. Ich härte |
Todtenstill ward's, als der Schultheiß Nun mit dem Gerichtsstab klopfte Und er sprach mit lauter Stimme: »Schöffen auf der Bank, ich frage: Ist es jetzt an Jahr und Tag, Weil' und Zeit, Gericht zu hegen?« Antwort kam von Ethelerus: »Ja, es ist so hohen Tages, Und es steht so hoch die Sonne, Daß, wenn Ihr von Gott die Gnade Und vom Kaiser die Gewalt habt, Ihr gerechtes Ding mögt hegen.« »Ist die Bank gespannt? genugsam Auch der Stuhl besetzt zur Hege?« »Ja, der Stuhl ist ganz, wie Nothdurft Es zur rechten Hegung fordert.« »Also bann' ich und gebiet' ich Hiermit des Gerichtes Frieden! Kläger, schreie deine Klage.« Gruwelholt trat vor nun, legte Die geschnitzte Bilsenwurzel Auf den Tisch und sprach: »Ich klage, Klage, klage! dort der Fremde Hat mit diesem Liebeszauber Und verfluchten Hexenkünsten Meiner Tochter Leib und Seele Frevelhaft verführen wollen; Leugnen kann er's nicht, hier stehen Sieben unbescholtne Zeugen, Stabt den Eid uns, wir beschwören's.« Da erhob sich Ethelerus: »Woher wißt Ihr denn so sicher, Daß den Zauber aus der Wurzel Just der Fremde hier geschnitzt hat?« »Daher,« sprach der Bürgermeister, »Daß er nachts, bevor es wirkte, Ist auf meinem Hof gewesen, Denn da hing am frühen Morgen Schon der todte Rattenkönig, Und kein Andrer konnt' ihn fangen.« »Selber war ich Zeuge, Kläger,« Sprach der Richter, »wie der Zauber Auf der Lautmerung die Jungfrau Ganz umstrickte, daß dem Fremden Sie zu eigen werden mußte. – Hunold Singuf,« sprach er weiter, »Schein ist blickend, That ist handhaft, Wie wollt Ihr von solcher Sünde Euch vor Gott und Menschen rein'gen?« Hunold schwieg, stand unbeweglich. »Laßt den Wasenmeister machen, Thut ihm weh mit scharfer Frage!« Sprach ein Schöffe, »Gottesurtheil! Feuerprobe!« riefen andre; »Umgestülpt laßt eine Schüssel Auf den bloßen Leib ihm binden, Rieth ein Dritter, »und darunter Setzet ein lebendig Mäuslein, Gebt mal Acht, wie bald er losdrückt!« Hohnerfüllten Blickes wandte Hunold sich zur Bank, als dächt' er: »Wenn ihr nur ein Mäuslein hättet!« Da erkannt' er in dem Sprecher An der Schmarre im Gesichte Seinen Todfeind Wulf; aufzuckte Ihm der Arm, die Ketten klangen. »Zeugen, wollt den Eid Ihr schwören?« Frug der Richter, – »Ja, wir wollen!« Und der Richter stabte ihnen Gegen die allseh'nde Sonne Nun den Eid; die Sieben legten Hut und Waffen nieder, knieten Auf die Erde hin und schwuren. Wieder sprach jetzt Ethelerus: »Habt Ihr Sieben auch geschworen, Doch behaupt' ich, daß der Spielmann Nicht der Jungfrau Leib und Seele Hat zu Grunde richten wollen. Wie Ihr den bedungnen Sold ihm Für den Rattenfang geweigert, Da erbat er einen Kuß nur Von des Bürgermeisters Tochter, Und als ihm auch der verwehrt ward, Wollt' er mit besondern Künsten Ihn erzwingen; er gebrauchte Zauberkräfte, aber weiter Ging nicht seines Herzens Trachten, Als mit dem Triumph des Kusses Sich an Edlem Rath zu rächen.« »Schöffe Ethelerus,« sagte Ernst und streng der greise Schultheiß, »Was in Menschenherzen vorgeht, Der Allwissende nur weiß es; Er in seiner ew'gen Gnade Möge Wunsch und Willen prüfen, Doch der Richter hier auf Erden Wägt die Schuld und rächt Gescheh'nes. Schöffen auf der Bank, ich frag' Euch: Ist der Mann da vor Euch schuldig, Mit geheimen Hexenkünsten Nach der Bürgermeisters Tochter Herz und Sinn gezielt zu haben?« »Schuldig!« sprachen sechs von sieben, Ethelerus einzig schwieg. Da vom Sitz stand auf der Richter Unterm Hagedorn; mit Würde Nahm er seinen Hut vom Haupte, Und die Tausend auf dem Hügel Fielen alle auf die Knie, Während er das Urtheil kundgab, Nur die Schöffen blieben sitzen. Also sprach Herr Sunneborne: »Singuf, höre deinen Spruch jetzt; Nennst dich Hunold, Unhold bist du! Ich verfehme und verführe Dich in Königsbann und Wette, Friedensbrecher du! ich werfe Aus dem Frieden dich in Unfried, Setze dich aus allen Rechten In das allgemeine Unrecht, So daß Niemand an dir frevelt Und wo Alle Frieden haben, Sollst du keinen Frieden haben, Nicht zu Wasser, nicht zu Lande, Nicht zu Schiffe, nicht zu Klippe, Nicht zu Fuße, nicht zu Rosse, Nicht im Hause, nicht im Grabe. Ich vermaledei' und künde Dich von heut' auf ew'ge Tage Ehrlos, wehrlos, echtlos, rechtlos, Soweit über grüner Erde Sonne auf- und untergehet, Mond scheint, Regen sprüht und Schnee schmilzt, Reif starrt, Donner rollt und Blitz fährt, Schiffe schreiten, Schilde blinken, Feuer brennt und Feder flieget, Wasser geht zur See und Männer Korn sä'n in die braune Scholle, Soweit Kind schreit nach der Mutter, Mutter Kind gebiert, der Himmel Hoch sich wölbt, die Welt gebaut ist, Föhre wächst und Habicht flieget, Und am langen Frühlingstage Unter beiden seinen Flügeln Steht der Wind, der graue Wald Auf den Bergen braust im Sturme, Krummer Bach im Thale rauschet, Rost'ger Spieß trifft, Mann daher kommt, Christenmenschen gehn zur Kirche, Heidenleut' im Tempel opfern, Sterne wandeln, Erde feststeht. – Ich verdamme dich zum Tode, Auf dem Holzstoß sollst du brennen, Deinen Leib soll Feuer fressen, Gott sei deiner Seele gnädig!« »Gnädig!« rief zurück das Echo Hin zu seinem guten Engel, Doch des Fischers Haus und Garten Schritte nahen; an der Pforte Aus des alten Mannes Armen, |