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Es ist ein ganz löblicher und jedenfalls sehr tugendhafter Standpunkt, wenn man selbst in Kannibalenländer nur tadellose Leute schicken will. Allein es ist ein sehr unpraktischer Standpunkt und grenzt in der Wirklichkeit des Lebens an kurzsichtige und engherzige Bürokratie. Wir haben uns nie dazu entschließen können, vorbestrafte Leute nach Afrika zu schicken oder gar aus Wilddieben, Schmugglern und anderen Sündern eine Fremdenlegion zusammenzustellen. Erst im Kriege sind Wilddiebe und zwar mit dem allerbesten Erfolge in das Heer eingereiht worden. Ein einziger von ihnen hat als Scharfschütze 135 Feinde in wenigen Wochen zur Strecke gebracht. Was war nun die Folge unserer korrekten und tugendhaften Zurückhaltung? Daß alle die Elemente, die uns zu verwegen und anrüchig waren, anderswo ihre Abenteuerlust austobten und so beinahe zwangsläufig in fremde Dienste gerieten. Am häufigsten wurde die französische Fremdenlegion aufgesucht. Auch gibt es über sie die meisten Schilderungen. Ich erwähne nur Erwin Rosen, den zweifellos hervorragendsten Erzähler, der geradezu eine klassische Schilderung seiner afrikanischen Erlebnisse gibt und der auch gerade ein Zeuge dafür ist, daß keineswegs der Hang zum Verbrechen, sondern nur die Lust zum Abenteuer viele unserer Söhne hinaustreibt; ferner Artbauer, den bereits verfilmten Kirsch und die »Flucht aus der Fremdenlegion« von Kühnau. Es gibt aber noch eine stattliche Reihe anderer Schriften. Sie hatten übrigens nicht selten, gleich den Vorträgen, die Selbsterlebtes auf diesem Gebiete brachten, die unerwartete Folge, daß sie, statt abzuschrecken, im Gegenteil einen Anreiz dazu gaben, Legionär zu werden; ja es heißt sogar, daß derartige Vorträge und Veröffentlichungen mitunter von den Franzosen insgeheim unterstützt wurden. Ich habe selbst einen Heidelberger gekannt (sein Name ist mir entfallen), der – es war vor dem Kriege – nach einer Reihe stark besuchter Vorträge von unserer politischen Polizei plötzlich verhaftet wurde.
Den Anlaß dazu, eine Fremdenlegion zu errichten, gab die Eroberung der Stadt Algier 1830. Ermutigt durch ihren Erfolg gegen den Dey von Algier beschlossen die Franzosen, ein Kolonialreich in Afrika zusammenzuerobern. Zu dem Behufe gründeten sie die Legion. Die Offiziere und Korporale waren Franzosen, die Mannschaften waren aus allen möglichen anderen Volkheiten zusammengesetzt. Zunächst war die Legion 5000 Mann stark.
Besonders lebhaft war der Zustrom von Polen, die wieder einmal eine ihrer häufigen unglücklichen Revolutionen hinter sich hatten. Damals stellten sich auch viele Franzosen; ihre Zahl ist aber im Laufe der Jahrzehnte immer mehr gesunken. Die neue Truppe nahm an allen bedeutenden Waffentaten des Okkupationsheeres teil, wurde unweigerlich an die gefährlichsten Posten gestellt, und fiel allgemein durch ihre tollkühne Tapferkeit auf. Entsprechend waren denn auch die Verluste auf den Schlachtfeldern. Da in der Zeit unmittelbar nach der ersten Okkupation nicht allzuviel zu tun war, so übermachten die Franzosen ihre Legion durch Vertrag 1835 an Spanien. Die Legionäre wurden dabei gar nicht gefragt, sondern einfach gezwungen, zu den Spaniern überzugehen. Am 16. August des Jahres landete die Legion in Taragona und operierte in Aragonien. Dann kamen sie unter den Oberbefehl des Generals Cordova nach Navarra. Der Anführer der Legion, ein General Bernette, erhielt in der Folge den Befehl über das ganze Operationskorps dortselbst. Durch Werbungen in Pau, in Südfrankreich, erhielt die Legion neuerlichen Zuwachs und wurde der Schrecken ihrer Feinde. Von der spanischen Regierung dagegen wurde sie schmählich behandelt. Der Geist des liederlichen Gesindels, das nur durch strengste Zucht in Zaum gehalten werden konnte, verschlechterte sich bald. Es kam zu Ausschweifungen und Überläufereien. Da mußte wieder ein Deutscher Ordnung schaffen. Im November 1836 erhielt den Oberbefehl ein geborener Elsässer, Konrad, der fast alle Feldzüge unter Napoleon in Spanien und Deutschland mitgemacht hatte. Obwohl der drückendste Mangel an den unentbehrlichsten Dingen herrschte, obwohl die Pflichtvergessenheit der spanischen Regierung den meuterischen Geist der Legion zur Empörung reizte, obwohl endlich durch Gefechte, Krankheiten und Ausreißerei die Legion täglich zusammenschmolz, tat Konrad Wunder mit den Trümmern seiner Truppe. Er wurde der Division des Generals Sarsfield – es gab in der damaligen Zeit viele britische Reisläufer auf der iberischen Halbinsel – beigegeben. Wenn ich nicht irre, hat den Krieg gegen die Karlisten ein v. Goeben mitgemacht. Die Goeben neigen anscheinend zur Weltbummelei; einen traf ich, zusammen mit einem Herrn Droste von Vischering und zwei ostpreußischen ehemaligen Dragonern, vor einer Bar in Johannisburg im Transvaal. Das Gefecht von Huesca rieb vollends die Legion auf, daß sie zuletzt nur mehr 600 Mann zählte. Bei Barbarstro wurde der Rest der Legion von den Spaniern verlassen, durch die Karlisten eingeschlossen und niedergehauen, bis auf 150 Mann, die sich nach Pampeluna retteten. Konrad fiel. Jahrelang sind noch die letzten der Legionäre, die in Spitälern dahinsiechten, von jeder Hilfe entblößt, zumal ihnen der rückständige Sold von Madrid nicht ausgezahlt wurde, in Spanien geblieben, im größten Elend schmachtend, bis sie endlich die Erlaubnis zur Abreise bekamen. So ist die alte Fremdenlegion in der iberischen Halbinsel zugrunde gegangen. Inzwischen war jedoch in Algier eine neue gebildet worden, die bald auf 2000 Mann stieg und an den Zügen nach Konstantine und Biskra teilnahm.
Wenn es nicht besonders erstaunlich war, daß in den Zeiten der Kleinstaaterei und drückender Bürokratie, in einer Zeit, da auch, zumal nach dem Hambacher Feste und nach dem badischen Aufruhre von 1849, eine Massenauswanderung nach Amerika einsetzte, viele Deutsche sich in die Fremdenlegion einreihen ließen, kann es aber wohl erstaunen und empören, daß sogar nach 1870 dieser Zustrom nicht aufhörte. Abenteuerlustige und Gescheiterte aus allen Ständen wandten sich der Legion zu, als da waren frühere Offiziere und Studenten, Ärzte, Handwerker und Bauernsöhne. Sogar ein Prinz soll dabei gewesen sein. Es fehlte nicht an Leuten, die beträchtlichen Zuschuß von daheim erhielten und außerhalb des Dienstes wie ein Grandseigneur lebten. Einmal hat sich ein norddeutscher Bürgermeister (ich glaube von Travemünde) in einem Zustande von Geistesverwirrung zur Legion begeben, ist aber durch die Bemühungen des Auswärtigen Amtes wieder freigelassen worden. Der Zauber des Orients war über uns. Gar manche sind lediglich deshalb nach Afrika, um die Welt zu sehen. So erzählt Kühnau: »Ein Unterschied bestand zwischen mir und anderen Legionären. Diese hatte zum Teil der Dalles der Wanderschaft, die Abenteuerlust und die Unzulänglichsten die Furcht vor der Dienstzeit in die Arme der Legion getrieben, abgesehen von den Fahnenflüchtigen und den wenigen Verbrechern, die Unterschlupf suchten und der heimischen Polizei zu entgehen suchten. Mich leitete lediglich der Wunsch, Afrika kennen zu lernen. Als Fabrikarbeiter hatte ich nicht genug Geld zusammentragen können, vier Jahre Militärdienst waren auch nicht geeignet, Schätze für große Reisen zu sammeln. So fand ich denn nach vielem Überlegen nur den Weg in die Fremdenlegion als gangbar für mich. Ich wollte keineswegs länger als sechs Monate Legionärssuppe löffeln. Illusionen machte ich mir keine über das Leben in der französischen Söldnertruppe. Ich wußte schon vorher, daß das Märchen von den 200 Franken Werbegeld eben nichts weiter als ein Märchen war und daß mit täglich vier Pfennig Löhnung sich kein Kommerzienratsleben führen läßt, wurde mir ohne alles weitere Überlegen klar. Aber ich wollte Afrika sehen und das war ausschlaggebend.
Ende September 1903 wanderte ich nach Nancy, wurde dort für würdig befunden, Frankreich zu dienen und kam bald mit mehreren Schicksalsgenossen über Marseille nach Oran.«
Das Licht des Ostens ist aber nur zu oft ein Irrlicht geworden. Das Klima von Algerien, wie überhaupt des inneren Nordafrika, ist zwar noch einigermaßen gesund; sonst aber ist der Orient eine Brutstätte von Fiebern und anderen Krankheiten, die denn auch insgemein der Legion gefährlicher wurden als die meisten Feinde. Deutsche fochten in den fieberdurchseuchten Gegenden von Kambodscha, Tonkin, Madagaskar und Senegambien, wie auf der Krim. Die Legion jedoch verzagte nie. Ihre sprichwörtliche Unerschrockenheit ist nicht zum geringsten auf den starken deutschen Bestandteil zurückzuführen. Daß dieser Bestandteil unverhältnismäßig beträchtlich war, geht aus einer Geschichte hervor, die ein französischer Leutnant über den Feldzug auf Formosa (1885) veröffentlicht hat. Er sagt darin: Wenn man in die Legion kam, hörte man immer nur zwei Wörter: Ja und Also. Man kann ohne Übertreibung erklären, daß die Franzosen die Eroberung Marokkos den deutschen Fremdenlegionären verdanken. Übrigens sind auch richtige deutsche Dörfer in Afrika entstanden, nämlich in Westalgerien; es waren das Elsässer, die für Frankreich optierten, und die in der algerischen Kolonie angesiedelt wurden. Nachdem sie geraume Zeit ihre Eigenart behauptet hatten, sind sie zuletzt doch nebst Deutsch-Schweizern, die sich dazugesellten, verfranzt worden. Jetzt ist abermals das deutsche Element der Legion ins Kraut geschossen. Der Weltkrieg ist für uns unglücklich ausgegangen. Freiwillig haben sich viele unserer Landsleute vor den heimischen Zuständen in die Legion geflüchtet. Einmal aber habe ich sogar noch während des Krieges, Ende 1916, in den westlichen Schützengräben einen Landsmann getroffen, der früher in der Legion gedient hatte, und der, obwohl jetzt deutscher Soldat, bereits die Absicht aussprach, nach Kriegsende wieder in die Legion zurückzukehren! Dazu kommt aber in der Gegenwart geheime oder auch ganz öffentliche Pressung. In jedem Falle sind die Legionäre für die Heimat verloren. Wer kann ermessen, wieviele Tausende seit Ende 1919 ihren Weg nach Algerien und anderen französischen Kolonien gefunden haben. Schon sind in vielen deutschen Städten französische Werbebüros in dieser oder jener Form eingerichtet worden. Alles das kommt aber gar nicht in Betracht gegen die Tatsache, daß von den drei Millionen Elsässern und Lothringern, die jetzt unter die französische Herrschaft geraten sind, zwangsweise die Landeskinder zu der regulären Armee Frankreichs ausgehoben werden.
Dem Drang zur Fremdenlegion steht die Flucht aus ihr entgegen. Unaufhörlich machen die Legionäre, einerlei ob Deutsche oder andere, einerlei, ob sie ursprünglich freiwillig oder gepreßt zu ihr gegangen sind, den Versuch, ihren Klauen zu entrinnen. Einige entspringen schon auf dem Schiff, wenn es in einen afrikanischen Hafen kommt, stürzen sich ins Meer und versuchen, zu einem fremdstaatlichen Schiffe hinüberzuschwimmen. Meist aber erfolgt die Flucht von Sidi bel Abbes, dem Hauptlager der Legionäre, im Innern des Oranais, zu Lande. Der Weg geht fast stets nach Marokko. Ein großer Teil wird eingeholt, zurückgeholt und schwer bestraft. Ein anderer, geringer Teil wird von den Kabylen getötet; nur der kleinste Teil kommt durch, entweder nach dem spanischen Melilla oder gar nach Fez. Die Spanier, die stets, besonders in Afrika, den Franzosen abhold waren, haben die Flüchtlinge unverändert freundlich aufgenommen. In der jüngsten Zeit geschieht das gleiche seitens der Kabylen. Da eine starke panislamische Welle die mohammedanischen Länder durchflutet, da insbesondere die Aufstände in Marokko noch fortdauern, so werden deutsche Flüchtlinge von den Kabylen gut behandelt und häufig sofort in die Scharen der Aufständigen eingereiht.
Die Flucht aus der Fremdenlegion ist mit großen Gefahren und Entbehrungen verknüpft. Ein anschauliches Bild gibt davon der schon genannte Kühnau. Er hat nicht weniger als vier Fluchtversuche unternommen, die alle mißlangen. Erst der fünfte war erfolgreich. Er erzählt, wie er zunächst die Kaserne zu Sidi del Abbes nach langen Vorbereitungen und mit vielem Proviant unbemerkt verließ und in rabenschwarzer Nacht sich mit seinen Gefährten durch die Araberdörfer schlich, und wie er über Nemours, die letzte algerische Stadt im Westen am Meere, nach aufregenden Zwischenfällen mit Gendarmen auf marokkanisches Gebiet kam. Es ging der Muluja zu. Die vor Durst halb Verschmachteten waren schon in der Nähe des Flusses, da »standen zwei Marokkaner wie aus der Erde gewachsen vor uns. Sie hatten in einer Bodenfalte geschlafen und wir waren gerade auf sie zugelaufen. Sie begannen sofort lebhaft auf uns einzusprechen. Von der Harka Armee. des Sultans, von Buhamara Einem Prätendenten. und Franzosen war die Rede, ohne daß wir bei unseren mangelhaften Kenntnissen des Arabischen einen Zusammenhang herausfinden konnten. Zum Schluß kam die Aufforderung, ihnen zu folgen. Das war aber ganz und gar nicht unsere Absicht. Wir ließen die beiden Rifkoten ruhig stehen und gingen nach dem Flusse zu. Da faßte mich der eine dieser Banditen an der Brust und griff nach seinem Messer. Ich war aber geschwinder. Ehe er das Messer fassen konnte, stieß ich ihm mein Knie in den Leib und gab ihm einen gewaltigen Kopfstoß ins Gesicht und als er, mich loslassend, zurücktaumelte, schlug ich ihn mit einem Hieb meines Stockes zu Boden. Sein Begleiter, der zuerst Miene gemacht hatte, sich auf meinen Gefährten zu stürzen, lief eilends und schreiend davon, als er seinen Kameraden zu Boden stürzen sah. Mein Begleiter, Vinzenz, warf ihm noch einen Stein ins Kreuz und dann liefen wir wie Windhunde nach dem Wasser. Auf das Geschrei des entfliehenden Marokkaners hin tauchten mehrere Reiter aus dem Boden auf und jagten hinter uns her. Wir hatten das Ufer des Flusses erreicht und sprangen mit Kopfsprung in das vierzig bis fünfzig Meter breite Wasser, um uns durch Schwimmen zu retten. Anstatt durch tiefes Wasser, fuhr ich mit dem Kopf in weichen Sand. Das Wasser war trotz des steilen Ufers kaum anderthalb Meter tief. Ich tauchte auf, um Luft zu schnaufen. Kaum hatte ich mir den Sand aus den Augen gewischt und mehrere Reiter bemerkt, als ich einen Schlag über den Schädel erhielt. Ich fiel wieder zurück, wurde empor und nach dem Ufer gerissen, derweilen hagelten Schläge auf mich nieder. Mit emporgehobenem Arm suchte ich die Schläge vom Kopf zu wehren und hatte in kurzer Zeit mein Messer aus der Tasche gezogen, um mich wenigstens noch gründlich zu wehren, bevor ich totgeschlagen würde. Da nahte sich uns Rettung in Gestalt eines Reiters im flatternden roten Mantel, der unseren Peinigern etliche Worte zurief. Sofort hörten sie auf, uns zu schlagen, wir wurden auf das Ufer geschleppt, und sofort ausgeplündert. Die Bande teilte sich in unsere Habseligkeiten. Nur das Hemd ließ man uns.«
Wir schreiben 1921.
Der Oberpfälzer Joseph S. sucht in einer rheinischen Stadt nach Arbeit. Ein Werber bot sich ihm an und bat seinen neuen Freund, Name und Wohnung in ein Notizbuch einzutragen. Das geschah. Unter dem weißen Blatt des Notizbüchleins lag aber Pauspapier und darunter der Vertrag für die Legion. »Zufällig« wurde er nun von zwei Franzosen und dem Werber an der französischen Kaserne vorbeigeleitet. Zwei Franzosen erschienen, wiesen ihn auf den unterschriebenen Vertrag und forderten ihn auf, auf die Kaserne zu kommen. Dort fand er bereits zwanzig Deutsche vor, die von anderen »guten Freunden« hierhergelockt waren. Unser Oberpfälzer wird in einem Fort von Metz untergebracht. Er hört sagen: Jeden Tag zweihundert bis dreihundert Boches. Das Geschäft geht! Er will den Vertrag nicht anerkennen, da wird mit Schlägen, Kasemattenhaft und Hunger nachgeholfen: Der Legionär kommt nach Afrika. Da bot sich eine Gelegenheit, zu desertieren. Im September 1921 ging das Bataillon, dem der Oberpfälzer eingereiht worden, nach dem Busen von Alexandrette, um in Zilizien gegen die Türken angesetzt zu werden. Das Bataillon wurde auf dem früher österreichischen Schiff Salzburg verladen. Schon auf der Fahrt nach Kleinasien sprangen mehrere Legionäre vom Schiff, wenn dieses in der Nähe der Küste fuhr. Nach der Landung in Alexandrette nahmen die Desertionen dermaßen überhand, daß Spahis ein engmaschiges Netz von Posten um die Legion zogen. Trotzdem liefen in sechs Tagen über 200 Mann davon. Die meisten gingen jedoch auf der Flucht durch die Berge zugrunde. Sie wurden entweder von französischen Suchmannschaften erschossen oder von räubernden Arabern abgeschlachtet oder aber starben unterwegs an Entbehrungen und Typhus. S. erreichte mit zwölf anderen Deutschen Marasch im Innern Ostanatoliens. Dort halfen ihnen türkische Bewohner. Weiter aber ging die rastlose Flucht durch den unwegsamen, hochalpinen Taurus, oft ohne Wasser, fast immer ohne Nahrung und schließlich ohne Schuhe, da diese ihnen von Banditen geraubt wurden. Wenn man im Zweifel war und ihnen nicht gleich glaubte, daß sie Deutsche waren, so bewiesen sie das dadurch, daß sie aus einem deutschen Gewehr den Verschluß herausnahmen, ihn zerlegten und wieder zusammen- und einsetzten: das rettete ihnen zu wiederholten Malen das Leben. In Kaiserijeh suchten sich die Franzosen der Deserteure zu bemächtigen. Die einheimischen Behörden zeigten sich nachgiebig und schickten eine Begleitmannschaft, um die Legionäre auszuliefern. Die Mannschaft verschwand indessen unterwegs, und die Flucht konnte fortgesetzt werden. Die Flüchtlinge gelangten nach Siwas in Ostanatolien und erlabten sich dort in Teehäusern und Kinos. Mittlerweile war es Winter geworden. Mit der Kälte, mit Hunger und Krankheit kämpfend, erreichten die Deserteure endlich Samsun am Schwarzen Meer. Statt sich aber von hier den nächsten Weg auszusuchen und über Odessa oder Konstantinopel zu reisen, wo die Entente herrscht und strenge Kontrolle übt, zogen sie es vor, mit einem italienischen Schiff nach Trapezunt zu fahren und von da nach Batum, in die Gegend, wo einst Schildtberger seine Flucht bewerkstelligt hat. Durch Rußland kamen sie endlich nach der deutschen Heimat zurück.