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Unter den deutschen Virginiern im Tale des Schenandoa war Peter Mühlenberg lutherischer Pfarrer. Er hatte in Deutschland studiert. Als die Yankees beschlossen, sich von England frei zu machen, da predigte Mühlenberg in der Kirche die Unabhängigkeit. Auf der Kanzel stehend, riß er sich den Talar des Geistlichen ab, und stand in vollem Waffenschmucke da. Er selbst brachte ein Regiment zusammen in einem einzigen Tage und rückte als dessen Oberst ins Feld. Er focht stets an der Seite Washingtons, so bei dem Sturm auf Yorktown. Er galt für besonders tapfer und verwegen. Auch wurde er General. Washington sagte: wenn er sich auf keinen verlassen könne, dann könne er es doch auf Mühlenberg. Später wurde dieser Virginier Senator, zog sich aber dann nach Pennsylvanien zurück. Andere deutsche Generäle, die für die Yankees kämpften, waren Joseph Hiester, Elbert und Harmar. Ein besonders abenteuerlicher Kriegsknecht war Christoph Ludwig; der Sohn eines Bäckers in Gießen, ließ er sich schon in seinem 17. Jahre in die kaiserliche Armee gegen die Türken anwerben, und war vier Jahre im Orient. Er nahm 1740 an der Belagerung Prags teil, dann verließ er die Österreicher und ging zu Friedrich dem Großen. Hierauf begab er sich nach London und auf dreieinhalb Jahre nach Ostindien. Endlich wollte er sich wieder einmal seine Heimat ansehen. Er fand, daß seine Eltern gestorben; es verblieb ihm ein Erbteil von 500 Gulden. Er reiste abermals nach London und brachte sein Geld durch bis zum letzten Heller. Jetzt wurde er sieben Jahre lang englischer Matrose. Dann versuchte er wieder etwas anderes, nämlich den Kleiderhandel, und zwar in Philadelphia. Schließlich kehrte er aber doch zu seiner Bäckerei zurück und erwarb sich so viel, daß er beim Beginn des Freiheitskrieges neun Häuser in Philadelphia, ein Landgut bei German Town und 3500 Pfund in pennsylvanischer Münze besaß. Sein ganzes Vermögen opferte er aber für die Freiheit seiner neuen Heimat. Während des Krieges wurde er Oberbäcker und Leiter der gesamten Feldbäckerei. Als der Krieg zu Ende war, hatte er kein Bett mehr, sich zu wärmen: so uneigennützig hatte er seines Amtes gewaltet. Durch Fleiß brachte er sich jedoch abermals empor und hinterließ, als er im 80. Jahre starb, ein ansehnliches Vermögen. Ein anderer Deutscher, der in den Krieg eingriff, jedoch auf französischer Seite, war der Graf Versen, der Vertraute des Marschalls Rochambeau. Es scheint, daß die Versen ganz besonders den Wandertrieb im Blute hatten, wenn anders die heutigen Freiherrn von Versen dem Geschlechte des Grafen verwandt sind. Ein Versen wurde von dem Diktator Paraguays, Lopez, in ein übles Gefängnis geworfen, weil er seiner Geliebten, der Engländerin Lynch, nicht ehrenvoll genug begegnet war. Der Gleiche war deutscher Militärattaché bei dem Kriege gegen die Karlisten und wurde von den letzteren beinahe getötet. Ein Sohn von ihm machte die Chinaexpedition während des Boxerkrieges und den berühmten Zug der zehn Reiteroffiziere gegen Sianfu, wohin sich die Kaiserin Tsy-Hsi geflüchtet hatte, mit. Von Deutschland herüber kamen ferner der Heidelberger David Ziegler, der früher bei den Russen gedient hatte, der Freiherr von Glaßbeck, der Freiherr von Kalb, der bei Österreichern und Franzosen das Kriegshandwerk erlernt hatte, und Steuben, ein Schüler Friedrichs des Großen. Beide, Kalb und Steuben, waren Männer von echtem Schrot und Korn, würdevoll im Umgange, unbestechlich, klug überlegend bei dem Kriegsrat, und mäßig im Zelte, aber stürmisch tapfer auf dem Schlachtfelde. Beide waren schon Generäle, als sie sich zu Washington gesellten. Sie erst haben die zügellosen und recht untauglichen Yankeetruppen zu einem richtigen Heere umgewandelt, haben die amerikanischen Offiziere in der Kriegskunst unterrichtet, und haben trotz der kleinlichen Eifersucht, die sie fortwährend verfolgte, die Yankees zum Siege geführt. Washington hat nie mit seinem Lobe für die beiden gekargt. Er hat Steuben sogar gegen Lafayette in Schutz genommen. Nach Friedensschluß schenkte Pennsylvanien, und ebenso New Jersey große Ländereien an Steuben. Der Staat Neuyork schloß sich einige Jahre später an und übermachte ihm 16 000 Äcker des fruchtbarsten Landes. Auf diesen Äckern verlebte der alte Held den Rest seiner Tage. – Er starb 1794. »Er hatte ausgebreitete Kenntnisse, einen hellen Verstand und ein gesundes Urteil. Die Natur hatte sein Herz offen für all ihre Kinder geschaffen, und nie verschloß er es ihnen. Nie fand ich ihn einer unwürdigen Handlung schuldig, und nie sah ich ihn eine gute unterlassen.«